Montag, 3. September 2012

„Es sollte nicht täglich gefoltert und erniedrigt werden“

Interview mit einem protestierenden republikanischen Gefangenen in Maghaberry rsf-international.org (auf Kommunisten-online am 1. September 2012) – Damien McLaughlin ist der erste republikanische Gefangene, der öffentlich über den anhalten sog. Schmutzprotest im größten Gefängnis des besetzten Nordens von Irland gesprochen hat. Der 35-jährige wurde wegen Mitgliedschaft in einer paramilitärischen, irisch-republikanischen Organisation verurteilt und nun nach der Verbüßung seiner Haft aus dem britischen Hochsicherheitsgefängnis Maghaberry entlassen. Er hatte sich an dem derzeitigen Protest beteiligt, bei dem die politischen Gefangenen sich etwa weigern, Sanitäreinrichtungen aufzusuchen und deshalb den Urin und die Exkremente in den Zellen verteilen müssen. Diese Taktik war von inhaftierten IRA-Mitgliedern bereits in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren angewendet worden. Sie weigerten sich auch sich zu waschen und ließen sich lange Bärte wachsen. In Maghaberry werden ähnliche Methoden seit Mai 2011 von ungefähr dreißig Gefangenen angewendet. Anstatt Exkremente in den Zellen zu verschmieren, werfen die meisten von ihnen sie hinaus auf die Gänge vor den Zellen. Gefängniswärter im republikanischen Flügel müssen Schutzanzüge, Latexhandschuhe und Geschichtsmasken tragen. Der Protest der Gefangenen richtet sich gegen die häufig stattfindenden erzwungenen Nacktdurchsuchungen. McLaughlin, der aus der Grafschaft Tyrone stammt, gibt an, die Prozedur der brutalen und erniedrigenden Durchsuchungen während seiner Haftzeit 24-mal erlebt zu haben. Er wurde inhaftiert, nachdem er des illegalen Besitzes zweier Gewehre, einer abgesägten Schrotflinte und über 100 Schuss Munition für schuldig befunden worden war. In einem Interview mit der britischen BBC sprach er erstmals über den Protest im Gefängnis. Was ist ihr Problem mit Nacktdurchsuchungen? Es ist eine Form der Erniedrigung. Und es gibt auch keine Notwendigkeit dafür. Es gibt einen technischen Ersatz, den sogenannten BOSS-Stuhl, einen Körperscanner, vergleichbar jenen Geräten, die auf Flughäfen in Verwendung sind. Aber die Gefängnisleitung betrachtet sie und die anderen Gefangenen als extrem gefährlich und gibt an, bei den Durchsuchungen das menschliche Auge und den Tastsinn zu benötigen. Der BOSS-Stuhl ist ein System zur Durchleuchtung, das all die Dinge, die sie angeblich suchen, erkennen könnte. Menschen werden auch bevor sie ein Flugzeug besteigen mit diesen Geräten durchleuchtet. Dort muss man sich nicht ausziehen, und wir alle wissen, wie wichtig Sicherheit im Flugverkehr ist. Wie genau läuft der Protest im Gefängnis ab? Momentan vermischen die Gefangenen im Protest Urin und Exkremente und verteilen dies auf den Gängen. Das geht so seit dem 6. Mai letzten Jahres (2011, Anm. IRC). Die politischen Gefangenen leben momentan in ihrem eigenen Schmutz. Wann wird das enden? Ohne Einführung des BOSS-Stuhls wird der Protest weitergehen. So lange wie republikanische Gefangene gezwungen werden, sich Nacktdurchsuchungen zu unterziehen, werden sie auch protestieren. Wie waren die Haftbedingungen in dem Teil des Gefängnisses, in dem Sie untergebracht waren? Der Geruch ist das Erste, was einem auffällt, es schlägt einen förmlich ins Gesicht. Ich sprach mit einem, der kürzlich ins Gefängnis kam, und er sagte mir, als er den Flügel betrat, habe ihn der Geruch getroffen und es habe ihm die Tränen in die Augen getrieben. Es ist wirklich schlimm. Reinigungskräfte versuchen den ganzen Tag, den Flügel zu reinigen. Die Zellen schimmeln, es liegen menschlicher Abfall und Essensreste in den Ecken und um die Türen. Sie und die anderen Männer im Gefängnis werden für sehr gefährlich gehalten. Wo ist das Problem mit Nacktdurchsuchungen? Das Problem ist, dass der Gefangene von loyalistischen und britischen Gefängniswärtern gedemütigt und erniedrigt werden. Sie zwingen einen, die Zunge hin und her zu bewegen, auf einem Bein zu stehen, die Zehen zu bewegen, alle möglichen Erniedrigungen. Wenn sie einem mit Gewalt die Kleider vom Körper reißen, rücken sie in Kampfausrüstung an. Sie wurden wegen Besitzes von Waffen und Munition verurteilt – warum sollten Menschen Sympathie für Sie haben? Die Männer im Knast haben ihre Freiheit verloren, das ist schlimm genug. Es sollte im Gefängnis nicht täglich gefoltert und erniedrigt werden. Es sollte seine Strafe abgesessen werden und das war es. Bereuen sie, was sie getan haben? Kein Kommentar. Der Artikel basiert auf einem Interview von Mark Simpson, Irland-Korrespondent der BBC. Published by the Sinn Féin Poblachtach International Bureau, www.rsf-international.org

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