Freitag, 21. September 2012

Kleine Flugroboter in der Sicherheitstechnik: Möglichkeiten und Grenzen

21.09.12 Kleine unbemannte Flugg eräte (FIugroboter) werden mit jedem Jahr nicht nur leistungsfähiger, sondern auch günstiger und zugänglicher. Dementsprechend erweitern sich ihre Anwendungsgebiete und Einsatzbereiche. Im Bereich der Sicherheitstechnik sind die luftgestützte Erkundung und Überwachung von großen Liegenschaften, Infrastruktur und Veranstaltungen, aber auch in schwer zugänglichen Bereichen und in Katastrophengebieten nur einige Beispiele für aktuelle Anwendungen. Die Flugroboter dienen als fliegende Trägerplattformen für Kameras, Scanner, Mikrofone, Radiometer, Gasdetektoren und andere Sensoren. Daneben sammeln sie meteorologische Daten, dienen als Testobjekte für Sicherheitssysteme, aber auch als Transporter für kleine abzusetzende Sensoren etc. Zwei unterschiedliche Antriebsarten Bei Fluggeräten unterscheidet man anhand ihrer Auftriebsart zwischen Starrflüglern und Drehflüglern. Zu Starrflüglern zählen vor allem Propeller- und Strahlflugzeuge, deren Auftrieb hauptsächlich durch Luftströmungen an Flügeln entsteht. Starrflügler können nur vorwärts fliegen und dürfen eine vom Flugzeugtyp abhängige Minimalgeschwindigkeit nicht unterschreiten (sonst schwindet der Auftrieb), sind aber imstande, relativ große Entfernungen zurückzulegen. Sie brauchen relativ lange Start- und Landebahnen oder spezielle Vorrichtungen. Der Auftrieb eines Drehflüglers entsteht dagegen hauptsächlich durch mindestens einen, um eine vertikale Achse drehenden Rotor. Der Vortrieb kann sowohl von den motorisierten Rotoren als auch von zusätzlichen Propellern kommen. Drehflügler können vertikal starten und landen, sich in jede Richtung bewegen sowie eine statische Position in der Luft annehmen. Sie sind 1. d. R. langsamer als Starrflügler (bei gleicher Antriebsleistung) und auch witterungsempfindlicher. In den Medien wird für die Bezeichnung der unbemannten Fluggeräte gelegentlich der Sammelbegriff „Drohne“ verwendet. In zivilem Bereich ist aber die Abkürzung UAV (Unmanned Aerial Vehicle) wesentlich häufiger anzutreffen. Die Bezeichnung UAS (Unmanned Aircraft System) umfasst das Gesamtsystem aus dem fliegenden UAV, der (Boden-)Station zum Start und ggf. zur Landung sowie der Station zur Führung und Überwachung des FIuges. Steuerung und Navigation Ein UAV wird meist durch Funksignale ferngesteuert. Die Reichweite der Steuerung und der Datenübertragung übersteigt in zivilem Bereich selten zwei Kilometer — abgesehen von wenigen Spezialsystemen mit wesentlich stärkeren Sendern. Einige Systeme können auch vorgeplante Routen automatisch abfliegen — dabei kann die Reichweite auch mehrere Kilometer betragen. Zur Navigation wird üblicherweise GPS verwendet. Die Positionsgenauigkeit bei der GPS-basierten Navigation beträgt ca. drei Meter, was für viele Anwendungen ausreichend ist. Wird eine präzisere Navigation benötigt, können DGPS oder kamerabasierte Positionierung zum Einsatz kommen. Letztere ist aber noch teuer, braucht viel Rechenleistung und ist dazu relativ störungsanfällig. Größe und Leistungsfähigkeit Die Abmessungen der modernen UAVs reichen von einigen Millimetern bis zu über 60 Metern Spannweite. Im zivilen Bereich kommen am häufigsten kleine Drehflügler mit Abmessungen ca. ein Meter und Elektroantrieb zum Einsatz. Sie haben in der Regel vier, sechs oder acht Elektromotoren, wiegen ca. ein bis zwei Kilogramm sind sehr manövrierfähig, präzise steuerbar und können bis zu einem Kilogramm Nutzlast tragen – am häufigsten ist das eine Kamera. Die Fluggeschwindigkeiten betragen je nach Typ o-8o km/h, was bei einer Flughöhe weit über 100 Meter und der Flugdauer von bis ca. 30 min eine schnelle Erkundung auch größerer Gebiete ermöglicht. Es gibt „professionelle“ UAVs, deren Preise im Bereich von einigen zehntausend Euro liegen (1, 2), aber mittlerweile auch kostengünstige Systeme (häufig in Form von Bausätzen), die durchaus mit professionellen Systemen mithalten können (3, 4). In Abbildung 1 ist ein „OktokopterXL“ aus einem ca. 2.000 Euro teuren über Internet erhältlichen Bausatz der Firma „HiSystems“ zu sehen, der bei einem Eigengewicht von ca. 2.500 Gramm mit einer Nutzlast von über einem Kilogramm fliegen kann. Einsatzgebiete von UAVs UAVs unterschiedlicher Typen kommen bei Ordnungs- und Rettungskräften immer häufiger zum Einsatz. Vor allem ist ihre Fähigkeit gefragt, schnell, preiswert und auch relativ unauffällig einen Überblick von oben zu verschaffen – mit einer „normalen“ oder einer lnfrarotkamera. Die aufgenommenen Bilder oder Videos können zumeist über eine drahtlose Verbindung übertragen werden und ggf. über Internet autorisierten Benutzern zur Verfügung gestellt werden. Einzelne Bilder können automatisch zu einem Mosaik („Bildteppich“) fusioniert werden, was eine gute Grundlage zu operativer Lagedarstellung bietet (siehe Abbildung 2). Aber auch unter Brücken und in TunneIn, in direkter Nähe zu Hochspannungsleitungen, brennenden, giftigen, radioaktiven, absturzgefährdeten und anderen gefährlichen Objekten, wo bemannte Fahr- und Fluggeräte nur unter Gefährdung von Menschen eingesetzt werden können, sind UAVs imstande, dringend benötigte Information operativ und kostengünstig zu liefern. Die UAVs können mit unterschiedlichen Sensoren ausgestattet werden – wenn man z. B. schnell eine Gaskonzentration oder die Radioaktivität in einer Wolke messen möchte, ohne Menschenleben zu gefährden. Die möglichen Schäden bei einem Absturz, der leider bei keinem Fluggerät ganz ausgeschlossen werden kann, sind bei leichten UAV5 als gering einzuschätzen, was insbesondere in urbanem Umfeld eine erhebliche Rolle spielt. Die kleinen Drehflügler passen in den Kofferraum eines PKW, brauchen kaum Platz zum Starten und Landen und können auch in unmittelbarer Nähe zu Personen und Gebäuden eingesetzt werden. An dieser Stelle sei ausdrücklich auf den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre hingewiesen. Die Gesetzeslage im Bezug auf die Nutzung von kleinen UAVs ist allerdings noch nicht ganz klar und eindeutig – insbesondere bezüglich der Definition von Ausnahmesituationen. Entsprechende Ausarbeitungen werden aber zurzeit vorgenommen (5). Kleine UAVs unterliegen immer noch einer Reihe von wichtigen Einschränkungen. Von den relativ kurzen Flugzeiten abgesehen, lassen Zuverlässigkeit und die Robustheit selbst teurer professioneller Systeme noch stark zu wünschen übrig. Die Windabhängigkeit ist ebenfalls ein limitierender Faktor – nur bei Windgeschwindigkeiten bis ca. 10 m/s kann ein kleines UAV seine Position zuverlässig halten. Regen und Schnee gefährden die teilweise unzureichend geschützte Elektronik. Ein weiteres häufig anzutreffendes Problem stellt die Qualität der Radioübertragung von Steuer- und Sensorinformation inklusive GPS-Daten dar. Schon seit einigen Jahren überwiegen aber die Vorteile der Einsatzmöglichkeiten – die verbleibenden den Probleme werden Schritt für Schritt reduziert. Ein UAV kann insbesondere bei guten Sichtverhältnissen problemlos von einem Handgerät ferngesteuert werden. Ein Pilot benötigt dafür eine nur wenige Tage dauernde Schulung. Viel schwieriger wird die Aufgabe, wenn man mehrere (insbesondere unterschiedliche) Fluggeräte gleichzeitig einsetzen muss – z. B. bei der Überwachung größerer Gebiete oder der simultanen Nutzung unterschiedlicher Sensorik in Krisensituationen. Dafür werden spezielle Kontrollsysteme gebraucht, die es ermöglichen, heterogene Sensorik und Sensorträger gemeinsam zu kontrollieren, Sensordaten auszuwerten sowie Daten und Auswerteergebnisse bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen. Die Einsatzleitungen und Stäbe benötigen nicht alle verfügbaren, sondern nur verifizierte entscheidungsrelevante Informationen – am besten als kartenbezogene Lagebilder. Durch die gezielte Nutzung mehrerer Sensoren und Sensorträger können sich ergänzende und verifizierende Informationen zur Lage operativ gewonnen und ausgewertet werden. Das Kontrollsystem AMFIS An diesen Möglichkeiten arbeitet das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB. Das dort entwickelte Kontrollsystem AMFIS (Aufklärung mit mobilen und ortsfesten Sensoren im Verbund) besteht aus einer mobilen Kontrollstation, welche unterschiedlichste Luft-, Land- und Wasserfahrzeuge (Sensorträger) sowie stationäre Sensornetzwerke und Kameras über eine einheitliche, intuitive Bedienoberfläche steuern und koordinieren kann (siehe Abbildung 3) (6, 8): Zu den Hauptaufgaben des Systems gehören die automatische und manuelle Sensorträgerführung, automatische Sensorkontrolle, die örtliche und zeitliche Verknüpfung (Fusion) von Sensordaten, eine kartengestützte, dynamische Lagedarstellung und die Archivierung der Daten. Weitere Aufgaben umfassen die Koordination von Einsatzkräften, die Missionsplanung sowie die bedarfsgerechte Informationsdarstellung (z. B. als Lagebilder, Alarme, Videoströme, Bildteppiche). Eine leichte Vernetzung und Anbindung an bestehende Überwachungssysteme und Einsatzleitzentralen wird ebenso gewährleistet. Die Anpassung an unterschiedliche Szenarien wird durch eine Regel-Maschine unterstützt. AMFIS ist modular aufgebaut und daher mit neuen Sensoren und Trägersystemen einfach erweiterbar. Die Benutzungsoberfläche kann auf eine variable Anzahl von stationären und mobilen Arbeitsplätzen verteilt werden. Das System ist leicht zu transportieren und schnell einsatzbereit – nicht zuletzt dank drahtloser Steuerung und Datenübertragung. Drahtlose Kommunikation wird als Basisstandard eingesetzt, was eine Unabhängigkeit von der Kommunikationsinfrastruktur vor Ort gewährleistet. Ist eine größere Fläche zu erkunden, können auch mehrere Kontrollstationen vernetzt gemeinsam betrieben werden. Fazit Kleine UAVs können für sicherheitsrelevante Aufgaben auf unterschiedlichste Weise eingesetzt werden. Die Typenvielfalt, die Möglichkeiten und entsprechend die Verwendung dieser Systeme nehmen schnell zu – nicht zuletzt dank der Verbesserung ihrer Wirtschaftlichkeit. Der Nutzen der UAVs hängt von ihrer Art und Anwendung ab und muss situationsbezogen analysiert werden. Besonders schwierig ist ein koordinierter Einsatz mehrerer unter schiedlicher UAVs – dafür müssen spezielle Systeme eingesetzt werden, die heute noch Forschungsgegenstand sind. Dabei bildet die Interoperabilität bezüglich Daten und Schnittstellen eine besondere Herausforderung. Literatur 1. http://www.airrobot.com/ 2. http://www.hisystems.de/ 3. http://www.service-drone.de/ 4. http://aeroquad.com! 5. http://www.bundesrat.de/clnl6l/SharedDocs/TO/893/erl/4,tem plateld=raw,propertypublicationFile.pdf/4.pdf 6. Bürkle, A.: Collaborating Miniature Drones for Surveillance and Reconnaissance, Processings SPIE Europe Security÷Defence, Berlin, Germany, 2009. 7. Bürkle, A., Segor, F., Kollmann, M.: Towards Autonomous Micro UAV Swarms, Journal Intelligent Robot Systems, 2011,61(1-4): 339-353, Springer Science+Business Media B.V. 8. Segor, F., Bürkle, A., Kollmann, M. and Schönbein, R.: lnstantaneous Autonomous Aerial Reconnaissance for Civil Applications —A UAV based approach to support secunity and rescue forces, The 6th International Conference on Systems ICONS 2011, St. Maarten, The Netherlands Antilles.

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