Von Gerd Goertz
(Mexiko-Stadt, 06. Dezember 2016, npl).- Das mexikanische
Verteidigungsministerium hat Ende November zum wiederholten Mal
ausgeschlossen, dass die Soldaten des 27. Infanteriebataillons von
Iguala direkt vor Mitgliedern der Interamerikanischen
Menschenrechtskommission (CIDH) zum Fall der 43 verschwundenen
Studenten von Ayotzinapa aussagen werden. Bis heute ist die Rolle
der zum Zeitpunkt des Verbrechens in der Nacht vom 26. auf den 27.
September 2014 in Iguala stationierten Militärs nicht eindeutig
geklärt. Das Mindeste, was dem Bataillon vorzuwerfen ist, ist eine
passive Haltung während der Attacke von lokaler Polizei und
Organisiertem Verbrechen auf die Studenten der ländlichen
Lehramtsuniversität von Ayotzinapa sowie unterlassene
Hilfeleistung für verletzte Studenten.
Hinweis auf Beteiligung des Militärs beim Vorgehen
gegen Studenten
Es gibt aber immer wieder Hinweise auf eine weitaus aktivere
Beteiligung der Militärs bei dem Vorgehen gegen die Studenten.
Zum Teil ist dies in den beiden umfassenden Berichten der
Interdisziplinären Unabhängigen Expert*innengruppe (GIEI) der
CIDH dokumentiert (deutsche Zusammenfassungen: http://mexicoviaberlin.org/wp-content/uploads/2014/11/2016_008_mvbagenda_giei_ayotzinapa1.pdf;
http://mexicoviaberlin.org/wp-content/uploads/2014/11/2016_009_mvbagenda_giei_ayotzinapa2.pdf
).
Mexikos Verteidigungsminister Salvador Cienfuegos erklärte die
Weigerung der Armeespitze, die Soldaten aussagen zu lassen,
damit, diese hätten bereits viermal vor der
Generalbundesstaatsanwaltschaft (PGR) Zeugnis abgelegt. Ein
nicht unbedingt schlagkräftiges Argument. In den vergangenen
Tagen wurden Einzelheiten einer internen PGR-Untersuchung
bekannt, in der faktisch zugegeben wird, dass die Behörde unter
Leitung des bis Ende Februar 2015 amtierenden
Generalbundesstaatsanwalts Jesús Murillo Karam viel dazu tat,
das Verbrechen nicht aufzuklären. Auch danach tat sich die
Ermittlungsbehörde mit energischem Vorgehen und Transparenz
schwer. Nicht umsonst besteht die CIDH ihrerseits darauf, die
Soldaten direkt befragen zu können.
Anabel Hernández: präsidentielle Anweisung bremste
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft aus
Laut der Version der mexikanischen Journalistin Anabel
Hernández in ihrem Buch La verdadera noche de Iguala
(auf Deutsch etwa: Was in der Nacht von Iguala wirklich geschah)
waren die Militärs in Iguala eindeutig in das Vorgehen gegen die
Studenten verwickelt. Hernández nimmt bei ihrer Analyse die
Hinweise auf eine Abstimmung zwischen Bataillonsführung und
einem Drogenboss auf, um eine versteckte Heroinladung im Wert
von zwei Millionen US-Dollar, die sich in zwei der von den
Studenten gekaperten Bussen befand, wieder unter ihre Kontrolle
zu bekommen. Die PGR soll laut Hernández durch eine präsidentielle Anweisung bei diesbezüglichen Ermittlungen
ausgebremst worden sein. In dieser Form wird die Darstellung
der Journalistin, abgesehen von dem bekannten Wochenmagazin
„proceso“, allerdings kaum von den mexikanischen Medien
aufgenommen.
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