Sonntag, 8. Februar 2015

Deutsche Wahl (Arno Klönne)

Die Griechen stehen vor der Wahl eines neuen Parlaments. Der Wahlkampf wurde diesmal vor allem von Deutschland aus geführt. Tag für Tag bekamen Bürgerinnen und Bürger Griechenlands, in dem laut Geschichtsbuch die »Wiege der Demokratie« stand, dramatische Mahnbotschaften hiesiger Politiker und Finanzmarktstrategen. Demokratische Wahlen enthalten nämlich ein massives Risiko: Die Leute können falsch wählen. Also braucht es strenge Anweisungen externer Machtinhaber. Im aktuellen Fall: Nur nicht die Stimme an die linke Partei Syriza geben! Bekommt diese eine Mehrheit, dann sind harte Strafen fällig: kein Euro Kredit mehr für Griechenland. Oder gleich raus mit dem Land aus dem Euro-Währungssystem. Der Internationale Währungsfonds hat schon vorsorglich Mittel gesperrt, und die deutsche Kanzlerin mitsamt ihrem Finanzminister war wahlpropagandistisch tätig – virtueller Einsatz out of area. Ebenso die meinungsleitenden deutschen Medien. Prominente deutsche Sozialdemokraten stimmten in diesen Chor ein, rieten nur zu leiseren Tönen. Demokratie? Aber nicht für die Hellenen ... Demagogisch sind solche Botschaften gerade in der Bundesrepublik einsetzbar; der hiesigen Bevölkerung wurde suggeriert, die Griechen seien undankbare Menschen, vergeudend gingen sie um mit den großzügigen Hilfsgeldern deutscher Steuerzahler. Nun müsse ihnen endlich Sparsamkeit beigebracht werden, Syriza aber wolle sich diesem Erziehungsprogramm verweigern. Verschleiert werden bei alledem die Realitäten: daß an der Verschuldung Griechenlands ausländische unternehmerische Interessen heftig mitwirkten; daß die Finanz-»Hilfen« dazu dienten, ausländischen und auch griechischen Spekulanten ihre Renditen zu sichern; daß aus den korrupten Gewohnheiten in der griechischen Gesellschaft nicht jene Bevölkerungsgruppen Gewinn ziehen, die zur Wahl von Syriza neigen; daß politisch erzwungene Verarmung der Unterschichten dort alles andere als wirtschaftliche »Gesundung« des Landes erbringt. Der externe Druck auf griechisches Wahlverhalten ist ein Musterbeispiel für die jetzt in Einführung begriffene neue Europapolitik: Demokratische Verfahrensweisen als Ausübung von Volkssouveränität sollen nur noch Gnade finden, wenn sie den finanzmarktlichen Geschäftsbetrieb nicht stören. Oligarchie wurde eine solche Herrschaftsform im antiken Hellas genannt; nun hat sie internationales Format bekommen.

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