Freitag, 23. August 2013
Sollen wir auffordern SPD zu wählen?
Nein! Kommunisten machen kommunistische Politik und stärken damit die revolutionäre Partei der Arbeiterklasse – auch, wenn es die noch nicht gibt
Antwort des Roten Webmaster auf die Kritik von Ulrich aus Nikaragua (siehe)
Lieber Ulrich,
Ich teile deine Ansicht nicht. Da ich die genaue Quelle des Lenin-Textes nicht kenne, kann ich es auch nicht einschätzen. Aber Lenin bestand darauf, dass die wissenschaftliche Methode der konkreten Analyse der konkreten Situation beachtet werden muss, halte ich die Aufforderung Linkspartei zu wählen, damit die Menschen sehen, dass diese Partei nicht links ist, für unbrauchbar.
Ich kann doch nicht ernsthaft den Menschen die These verkaufen, dass die Linkspartei rechts ist, solle aber eben deshalb gewählt werden, dann sehe es jeder. Die Leute fühlen sich verscheißert. Auch kann ich nicht das Gegenteil dessen predigen, was ich will.
Wenn Kommunisten ja sagen, meinen sie ja, wenn sie nein sagen, meinen sie es auch so. Ein Jain oder sehn wir mal oder vielleicht. gibt es nicht. Das Wesen eines Dings, eines gesellschaftlichen Phänomens, eines gesellschaftlichen Prozesses oder auch das einer Partei muss klar benannt werden. Das ist, was Lenin in „Was tun?“ meinte, hineintragen sozialistischem Bewusstseins in die Arbeiterklasse. Sozialistisches Bewusstsein aber ist immer Wissen vom Wesen des kapitalistischen Systems und seiner Bewegungsgesetze.
Die Linkspartei ist ihrem Wesen nach eine Paktiererpartei, wie auch die SPD und es kommt darauf an, die Paktiererparteien zu isolieren. Sie sind Paktiererparteien nicht nur deshalb, weil sie mit dem Klassenfeind paktieren, das tun sie auch, sondern weil sie durch ihre Tätigkeit das Proletariat zum Paktieren mit dem Klassenfeind bringen und verhindern, dass sozialistisches Bewusstsein entstehen kann. Um aber das sozialistische Bewusstsein in die Arbeiterklasse hineintragen zu können, bedarf es der kommunistischen Partei. Auch, wenn es die nicht gibt und nur vereinzelte Kommunisten, werden die diese Aufgabe übernehmen müssen. Dass es die Partei (noch) nicht gibt, ist kein Argument. Sie gibt sie im Keim und das sind die (noch) vereinzelten Kommunisten. Auch jetzt gilt schon Stalins Forderung:
„Es ist natürlich, dass die Hauptschläge der Bolschewiki damals gegen diese Parteien gerichtet wurden, denn ohne diese Parteien isoliert zu haben, war es unmöglich, auf den Bruch der werktätigen Massen mit dem Imperialismus zu rechnen, ohne aber diesen Bruch herbeigeführt zu haben, war es unmöglich, auf den Sieg der Sowjetrevolution zu rechnen. Viele begriffen damals nicht diese Besonderheit der bolschewistischen Taktik und warfen den Bolschewiki „übermäßigen Hass“ gegen die Sozialrevolutionäre und Menschewiki sowie „Außerachtlassung“ des Hauptziels vor. Doch zeugt die ganze Periode der Vorbereitung des Oktobers in beredter Weise davon, dass die Bolschewiki nur durch diese Taktik den Sieg der Oktoberrevolution sicherstellen konnten.“ Siehe: „Stalin“ Werke Band 6, DIE OKTOBERREVOLUTION UND DIE TAKTIK DER RUSSISCHEN KOMMUNISTEN, ÜBER EINIGE BESONDERHEITEN DER TAKTIK DER BOLSCHEWIKI IN DER PERIODE DER VORBEREITUNG DES OKTOBER.
Heute in Deutschland ist, neben der SPD, die Partei Die Linke, die Paktiererpartei, die Kommunisten bekämpfen müssen. Deren Einfluss auf die Arbeiterklasse muss durch ideologischen Kampf zurück gedrängt und schließlich beseitigt werden.
Soweit im Allgemeinen. Konkret heißt das bei den Wahlen: Wir müssen versuchen den Massen klar zu machen, dass sie von der SPD und auch von der PdL, von ihren eigentlichen Interessen abgelenkt werden. Die PdL ist nicht nur im Osten relativ stark. Da, wo ich wohne, kam die PDS, der Vorläufer der PdL, seit 1999 immer als Fraktion in den Stadtrat, auch hier bekommt sie bei den Wahlen zweistellige Wahlergebnisse und das vor allem in traditionellen Arbeiterstadtteilen, wo immer die SPD vorn liegt. Meinst du nicht, wenn ich meinen Nachbarn sage, wählt PdL oder gar SPD, da seht ihr, wie sie euch verraten, dass der mich für meschugge hält? Ich denke ja.
Wie schon gesagt, ich kenne die Stelle bei Lenin nicht, wo er Labour wählen empfiehlt, aber mit Sicherheit nicht mit deiner Begründung. Ich müsste wissen, aus welcher Situation heraus er diese Empfehlung gab.
Aber sicher bin ich mir in der Einschätzung, dass es vollkommener Unsinn wäre, wenn wir jetzt sagen: „Wählt Gysi, damit ihr seht, welch ein Verräter er ist!“ Sagen wir das ohne die Begründung, wäre es noch schlimmer, denn dann stünde nur: „„Wählt Gysi!“
Stattdessen müssen wir anhand der Taten aufzeigen, wessen Geistes Kind er und seiner Partei ist. Es gibt in der PdL einige positive Kräfte, aber die bestimmen weder Inhalt noch Richtung der Partei. Sahra Wagenknecht, die einstige linke Frontfrau hat noch nie was getaugt und ist jetzt zur billigen Karrieristin verkommen, von den anderen Protagonisten der Kommunistischen Plattform der PdL ganz zu schweigen. Nein, lieber Ulrich, so wie du meinst geht es nicht.
In Europa ragt die KKE unter den revolutionär gebliebenen kommunistischen Parteien positiv hervor. Bei den letzten Parlamentswahlen in Griechenland wandte sie sich klar gegen ein Bündnis mit Syritza. Syritza isst eine sich links gebende sozialdemokratische Partei, ähnlich der PdL. Syritza zeigt in der Frage der EU eine ambivalente Haltung. Einerseits ist sie für die EU, will die aber verbessern. Die KKE ist gegen die EU und sagt, dass die EU ein Werk des Imperialismus ist, das man nicht verbessern kann und diese EU bekämpfen muss.
In Deutschland hat die KKE innerhalb der DKP und der PdL heftige Kritik erfahren. Ich meine aber, die KKE hat recht. Dass sie bei den letzten Wahlen wegen dieser Haltung Verluste erlitten hat, ist eine taktische Niederlage, aber strategisch war diese Haltung richtig. Die KKE wäre zum Anhängsel von Syritza geworden und hätte Syritza und der Pro-RU-Politik gestärkt.
Jetzt aber kann die KKE den Kampf gegen die EU und deren Parteien führen. Syritza ist das Werk der Herren der EU um in Griechenland den Widerstand gegen die Austeritätspolitik zu schwächen. Keine „menschlichere“ EU ist die Alternative, sondern weg mit der EU und alle Parteien, die für die EU sind, müssen bekämpft werden – auch dann, wenn sie sich links geben. Das gilt für Syritza und in Griechenland und das gilt auch für die PdL in Deutschland.
Sozialdemokratie stützen? Kann ich mir vorstellen, aber unter anderen Bedingungen. Wenn z.B. die Gefahr einer faschistischen Diktatur besteht, ist das klar, dass Kommunisten in der Phase nicht eine sozialdemokratische Regierung stürzen helfen – d.h. es kommt auf deren Politik an. Wenn diese Regierung den Faschisten in die Hände arbeitet, dann gibt es nur mit den Teilen der Sozialdemokratie eine Zusammenarbeit, die diese Politik nicht mit trägt. Den Fehler der KPD von vor 1933 mit der Sozialfaschismusthese war nicht, dass sie die Politik der SPD bekämpften. Das war richtig, aber sie verweigerten sich auf allem Ebenen einer Zusammenarbeit mit Sozialdemokraten. Noch im Februar 1933 trafen sich Torgler von der KPD und Breitscheid um zu beraten, was man gemeinsam gegen die Regierung Hitler unternehmen könne. Das Treffen brachte kein Ergebnis, dann sowohl Torgler verlangte von der SPD, dass sie die Schuld für Hitlers Machtergreifung selbstkritisch übernehmen solle, wie auch Breitscheid dies von der KPD verlangte. Man einigte sich nur darauf, sich später weiter beraten zu wollen – das hätte dann im KZ oder Zuchthaus stattfinden müssen.
Ich denke hier an die Volksfront-Regierung in Frankreich, aber auch die Regierung der Spanischen Republik oder heute die Bewegung um Chávez in Venezuela, in Bolivien und Ekuador. In den südamerikanischen Ländern gilt es den Einfluss der USA zurück zu drängen, also müssen die Kräfte gestärkt werden, die auch gegen die USA sind. Aber die KP-Venezuelas ist nie der Chavez-Partei in den Arsch gekrochen und aus Gründen Friede-Freude-Eierkuchen schon gar nicht.
Also, lieber Ulrich, ich finde, deine Meinung ist von soviel Taktikerei gekennzeichnet, dass sie niemand nach vollziehen kann. Letztlich macht sie uns, würden wir diese Linie vertreten, unglaubwürdig. Wir würden die positiven Kräfte in der PdL nicht gewinnen können, sondern eher das Gegenteil wäre der Fall. Selbst wenn es offenkundig geworden ist, dass die PdL die Menschen verrät, wie wäre die Wahlempfehlung danach? Wieder PdL wählen? Wie oft noch?
Oder meinst du gar, der PdL beizutreten, sie umfunktionieren? Nein, das machen schon die Trotzkisten und das zur Freude er Herrschenden.
Ich erinnere mich eines Beispiels aus den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Damals saß die SPD noch voll im Sattel und machte auf Opposition unter Adenauer, hatte aber bereits das Godesberger Programm verabschiedet. Damals gab es eine heftige Diskussion über die Rolle der SPD. Und genau jetzt, 1966, schrieb das ZK der SED an die Delegierten des SPD-Parteitages einen „Offenen Brief“ der mit den Worten begann: „Wir beiden großen deutschen Arbeiterparteien.“ Das eben mal sieben Jahre nach dem Parteitag von Godesberg, auf dem sich die SPD davon verabschiedet hatte, sich Arbeiterpartei zu nennen und offen für den Kapitalismus eintrat.
Wir waren damals entsetzt, kam es doch darauf an, der SPD die Maske vom Gesicht zu reißen und in dem Moment, bezeichnete die Führung der SED die SPD als Arbeiterpartei.
Die SPD hat die ganzen Schweinereien unter Schröder nur deshalb ohne große Widerstände machen können, weil sie im Bewusstsein der Arbeiter immer noch Arbeiterpartei ist. Schröder und seine Partei bekam aber eins aufs Maul und viele gingen von ihr weg. Zum Teil wählten sie gar nicht, zum Teil aber wählten sie PDS/PdL.
Und prompt entstand aus PDS und der linkssozialdemokratischen Gewerkschaftstruppe WASG die Partei die Linke. Die wurden von der bürgerlichen Presse hochgejubelt und überall waren Berichte über diesen Zusammenschluss. Man hatte bereits links von der SPD den Wall gegen links errichtet.
Wird der überwunden, wenn es gelänge, die PdL durch Unterstützung zum Offenbarungseid zu bringen, entstünde eine andere Partei usw. Wann aber machen wir kommunistische Agitprop?
Nein, lieber Ulrich. Dass es keine KPD in Deutschland gibt, ist bedauerlich und muss überwunden werden, aber nicht im Arsch der PdL, sondern in er Auseinandersetzung mit den Paktiererparteien und mit dem modernen Revisionismus entsteht die Partei. Das müssen wir schon jetzt angehen.
Rotfront
Der Rote Webmaster
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Meine Stellung zu diesem Artikel ist Folgende:
Der Autor hat vollkommen recht.
- Eine wirkliche kommunistische Partei gibt es heute (noch) nicht in Deutschland. Richtig!
- Wahlen ändert nichts. (Sonst wären sie schon längst verboten). Man kann mit dem Stimmzettel den Imperialismus nicht am Krieg hindern. Richtig!
- Oportunistische Parteien innerhalb der Arbeiterklasse, wie die „Linke“ z.B. paktieren mit der Bourgeoiseie und versuchen nur ihre Judassilberlinge zu vermehren. Richtig!
Und genau deswegen würde ich „Linke“ wählen, lebte ich in Deutschland. Jawohl! (Nein ich bin nicht verrückt geworden.) Und das gilt für mich solange es noch keinen Grund oder die Möglichkeit eine wirkliche kommunistische Partei zu wählen. Meine Gründe sind Folgende.
- Kein Grund wäre etwa, zu sagen, „Die Linke“ sei das „kleinere
Übel“. Das ist Unsinn. Das Übel ist der Imperialismus, das System an sich. Dieser Schwatzbude Parlament gestehe ich soviel Protagonismus gar nicht zu und das hat mich Lenin gelehrt.
- Den wirklichen Grund möchte ich so zusammenfassen: die Sozialdemokratie ist unter diesen Umständen einer fehlenden KPD, in der „Opposition“ wesentlich gefährlicher als an der Regierung. Warum? Sie hat ihren Wert für die Herrschaft des Kapitals in dem Spagat den sie macht, mit einem Bein im Proletariat und mit dem Anderen in der Bourgeoisie. Dieser Spagat muss so gross werden bis er schmerzhaft unhaltbar wird. Das geht aber nur in der Regierungsverantwortung – der öffentlichen Verantwortung vor der Bourgeoisie. Wenn wir davon ausgehen, dass das Kapital sowieso macht, was es will, und wir sowieso keine Alternative haben, egal wer da an die „Macht“ kommt, kann mir die Partei an der Regierung wurscht sein. Unser Hauptziel ist ja die Organiserung der Arbeiterklasse zum Sturz der Bourgeoisie und nicht etwa, uns Gedanken über die „Qualität“ einer ohnehin bourgeoisen Regierung zu machen Aber um das Haupthindernis innerhalb der Arbeiterklasse zu entlarven, dafür ist das Possenspielchen gut..
Das hat Lenin gemeint, als er sagte, dass man die Sozialdemokratie „stützen“ muss, wie der Strick den Gehängten stützt. Er empfahl damals den englischen Genossen „Labour“ zu wählen – genau aus diesen Gründen. In dieser Spagatsituation hat sich die SPD im Laufe der Jahre verschlissen. Sie hat deswegen sehr gerne ein paar Wahlen verloren. Umgekehrt gibt ihr die Bourgeoisie den Tritt, in dem Maße, indem sie den Einfluss bei der Arbeiterklasse verliert. Die Bourgeoisie „toleriert“ die Sozialdemokratie ganz genau um dieses Spielchens wegen. Wegen dem Verschleiß des bisherigen Rattenfängers musste ein Neuer her – die „Linke“. In der „Opositon“ wird sie sich immer als „linke“ Alternative profilieren können, weil – es kostet sie ja nichts. („Ich hätt´ ja gewollt, aber leider, leider …., immer starke radikale Worte, die, wie gesagt, nichts kosten. Links blinken, rechts abbiegen, vorne hui und hinten pfui. ). In der Regierungsverantwortung aber, da muss sie durch die Tat beweisen, wem sie nun wirklich verantwortlich ist, unserer Klasse oder der Ausbeuterklasse – und da muss ihr dann eingeheizt werden. Wenn sie da rechts abbiegt, geht das nicht ohne Verlust ihres „linken“ „Blinkers“ – und genau das wollen wir ja – und das hintere Pfui kommt dann auch nach vorne. Wenn dieses so kommode Bürokratenparkett zum ungemütlich wackelnden Boden wird, dann wird der Strick Arbeit bekommen. Inzwischen muss man weiter für den Aufbau einer KPD kämpfen.
Ulrich aus Nikaragua
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