Freitag, 14. September 2012
Armut steigt in Deutschland weiter an - regierungsamtlich programmiert
14.09.12 - Die Regierungspolitiker brüsten sich gerne mit den durch Hartz IV "neu in Arbeit gebrachten" Menschen. So ist die offizielle Arbeitslosenzahl seit 2005 um mehrere hunderttausend zurück gegangen. Zugleich ist die Armut in Deutschland erheblich angestiegen. Das geht aus Zahlen hervor, die das Statistische Bundesamt jetzt veröffentlicht hat. Lag die sogenannte "Armutsgefährdungsquote" im bundesweiten Durchschnitt 2005 noch bei 14,7 Prozent und 2010 bei 14,5 Prozent der Bevölkerung, stieg sie vor allem im letzten Jahr auf 15,1 Prozent weiter an.
Der statistische Begriff der "Armutsgefährdung" verharmlost dabei noch die tatsächlich wachsende soziale Not vieler Menschen. "Armutsgefährdet" sind laut EU-Definition alle Menschen, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verdienen. Dieser Wert lag 2011 bei nur 848 Euro für einen Einpersonen-Haushalt.
Auch wenn die Armutsgefährdung in den östlichen Bundesländern einschließlich Berlin mit 19,5 Prozent im Durchschnitt über der in den westlichen Ländern mit 14 Prozent lag, stieg sie auch in einzelnen Städten und Bundesländern des Westens stark an. Für Bremen wurde mit 22,3 Prozent der Bevölkerung sogar die höchste Armutsgefährdung errechnet. Besonders stark stieg die Armutsgefährdungsquote seit 2010 in Berlin an, um 1,9 Prozentpunkte auf 21,1 Prozent, sowie in Nordrhein-Westfalen um 1,2 Prozentpunkte auf 16,6 Prozent. In beiden Ländern nimmt dieser Wert seit Jahren kontinuierlich zu.
Nun rätseln die Statistiker, wie dieser starke Anstieg vor allem im letzten Jahr zu erklären ist, angesichts des Rückgangs der offiziellen Arbeitslosigkeit im gleichen Zeitraum. Markus Grabka, Verteilungsforscher am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), sieht einen "möglichen Grund" in der Zunahme "prekärer" Beschäftigung. Was er so umständlich und vorsichtig umschreibt, ist längst Gegenstand einer wachsenden Massenkritik, gerade im Zusammenhang mit der zunehmenden Altersarmut. Der Grund dafür ist die Politik der Ausdehnung des Niedriglohnbereichs und der Unterbeschäftigung, der Förderung der Arbeitsplatzvernichtung und der systematischen Rentenkürzungen, wie sie von allen Regierungskoalitionen der letzten Jahre betrieben wird.
Jeder fünfte Beschäftigte (20,6 Prozent) in Deutschland muss laut Statistischem Bundesamt zu Niedriglöhnen unter 10,36 Euro die Stunde arbeiten. Jeder Vierte ist mit einem befristeten Arbeitsvertrag oder als Minijobber, Leiharbeiter sowie in Teilzeit beschäftigt. Vor vier Jahren lag der Anteil der Niedriglöhner an allen Beschäftigten erst bei 18,7 Prozent.
Jetzt überbieten sich die Heuchler von CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen gegenseitig in der angeblichen Sorge um die wachsende Altersarmut und Armut überhaupt, obwohl sie selbst die Gesetze dafür gemacht haben. Viele fortschrittliche Kräfte haben von Anfang an kritisiert, dass diese Politik auf massenhafte Verarmung hinauslaufen wird. Die bundesweite Montagsdemo-Bewegung führt seit acht Jahren einen unermüdlichen Kampf dagegen.
Die aktuelle Entwicklung bestätigt, dass ihre Forderungen nach Abschaffung der Hartz-Gesetze, Rücknahme der "Rente mit 67" und einem Mindestlohn von 10 Euro genau richtig sind. Die bundesweite Herbstdemonstration der Montagsdemo-Bewegung am 6. Oktober in Berlin ist eine gute Gelegenheit, das in der Öffentlichkeit am Sitz der Regierung deutlich zu machen (siehe www.bundesweite-montagsdemo.com).
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