Samstag, 25. August 2012
Bergbau – der neue große Konflikt in Mexiko
Eine Übersicht über Ressourcenkonflikte in Mexiko
Von Peter Clausing
amerika21.de, 16.08.2012
Berichte über Proteste gegen Bergbauprojekte, über die Ermordung von Umweltaktivisten und über die Unterdrückung sozialer Bewegungen, die gegen die zerstörerischen Auswirkungen solcher Projekte mobilisieren, gibt es in den letzten Monaten häufiger als früher (vgl. Liste am Ende). Die Konflikte der 1990er Jahre, die Al Gedicks in seinem Buch "Resource Rebels" vor allem für die Territorien der U.S. amerikanischen Ureinwohner beschrieben hatte, greifen jetzt in Mexiko um sich.1
Der Konflikt ist nicht neu. Umweltzerstörung und die Vertreibung von Menschen durch die extraktive Industrie sind bereits seit den 1970er Jahren Teil der Entwicklungspolitik mexikanischer Regierungen. Doch die Änderungen des Bergbaugesetzes, die der damalige Präsident Carlos Salinas de Gortari im gleichen Jahr (1992) vornahm, als er die Änderung des Artikels 27 der mexikanischen Verfassung veranlasste, mit der der Verkauf kollektiven Landeigentums ermöglicht wurde, fand wesentlich weniger Beachtung. Später trat das nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) in Kraft, das ausländische Direktinvestitionen erleichterte und die Steuern auf Bergbauaktivitäten wurden abgeschafft.
Weder die Landkreise (Municipios) noch die Bundesstaaten dürfen Abgaben für die bergbauliche Nutzung von Flächen erheben. Die mexikanische Bundesregierung vergibt Konzessionen für ein Butterbrot. Carlos Fernandez-Vega, verantwortlich für die Wirtschaftskolumne der Tageszeitung La Jornada, fand heraus, dass Bergbaukonzerne, die im Jahr 2010 Werte in Höhe von 15 Milliarden Dollar extrahierten, dafür Konzessionsgebühren von 20 Millionen Dollar zahlten – ein 750- facher Unterschied. Am Ende der Amtszeit von Präsident Fox waren Konzessionen für 26 Millionen Hektar vergeben worden, eine Fläche, die sich in den ersten vier Jahren der Calderón-Regierung auf 51 Millionen Hektar faktisch verdoppelte – 26 Prozent des nationalen Territoriums wurden an Bergbaufirmen vergeben.
Insbesondere kanadische Konzerne tun sich bei der Ausnutzung dieser Profitmöglichkeiten hervor. Fortuna Silver Inc. operiert unter anderem nahe der Ortschaft San Jose del Progreso in Oaxaca, wo es gewaltsame Auseinandersetzungen gab und Killerkomandos am 15. März 2012 den führenden lokalen Aktivisten Bernardo Vasquez umbrachten. Zugleich wurden sein Bruder Andres und seine Cousine Rosalinda Canseco verwundet. Ein weiteres kanadisches Bergbauunternehmen, Continuum Resources, operiert ebenfalls in Oaxaca – auf 50.000 Hektar überwiegend kommunalem Land in der Nähe von Capulalpam de Mendez. Das Unternehmen wird unter anderem beschuldigt, die für die Region lebenswichtigen Grundwasserspeicher beschädigt und das Wasser verunreinigt zu haben.
Goldcorp Resources, ebenfalls ein kanadisches Unternehmen, betreibt zwei riesige Tagebaue in Veracruz, wo wie bei 90 Prozent aller betreffenden Minen weltweit Gold und Silber unter Verwendung hochgiftiger Zyanidverbindungen aus dem Erz heraus gelöst werden. Einer der beiden Standorte Caballo Blanco würde bei vollem Betrieb jährlich 1,12 Millionen Kubikmeter Wasser für den Auswaschprozess verbrauchen – das Aus für die Grundwasserspeicher und somit für die Landwirtschaft der Region. Zusätzliche Gefahren lauern in dem einzigen Atommeiler Mexikos, der sich weniger als 20 Kilometer von Caballo Blanco entfernt befindet. Es wird befürchtet, dass durch die ständigen Explosionen zur Lösung des Erzes in der Nähe befindliche, schlafende Vulkane (Orizaba und Cofre de Perote) geweckt werden – mit allen Konsequenzen, die sich aus deren Ausbruch nahe des Atomkraftwerks ergeben würden.
Im Februar 2012 hat sich eine Koalition gegen giftigen Bergbau im gesamten Bundesstaat Veracruz gegründet. Die Mobilisierungen werden unterstützt von der REMA (Red Mexicana de Afectados por la Minería) und RMALC (Red Mexicana de Acción frente al Libre Comercio). Selbst der Gouverneur von Veracruz, Javier Duarte de Ocho, verkündete am 28. Dezember 2011 seine Opposition gegen das Caballo Blanco-Projekt. Doch die Entscheidungsgewlt über derartige Vorhaben liegt in den Händen der mexikanischen Bundesregierung. Es lässt sich leicht ausrechnen, dass diese Konflikte in Zukunft weiter zunehmen werden.
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