Samstag, 25. August 2012
Imperialismus heute – Alte und neue Formen der imperialistischen Struktur des Weltkapitalismus
geschrieben von Winfried Wolf
Wenn heute die Frage gestellt wird: Ist die klassische Imperialismustheorie noch gültig, gibt es also noch
- ein Verhältnis der Abhängigkeit und Ausbeutung zwischen den hoch industrialisierten kapitalistischen - und imperialistischen - Ländern und den in Unterentwicklung gehaltenen Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika
- und gibt es gar noch so etwas wie einen Kolonialismus oder dann eben einen Neo-Kolonialismus?
- Gibt es also noch „Imperialismus heute",
dann fallen mir drei aktuelle Ereignisse ein, die bereits vordergründig diese Frage bejahen.
Erstens gibt es bereits innerhalb der Europäischen Union (EU) eine Art neues Verhältnis zwischen einem imperialistischen Zentrum und einer in einem abhängigen Status gehaltenen Randzone. Ich meine das Verhältnis zwischen Deutschland (mit engen Verbündeten wie Frankreich und den Beneluxstaaten) und den so genannten PIIGS-Staaten, wobei die Diffamierung der Staatsgruppe um Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien als Schweinebande bereits Bände spricht.
Wer noch vor drei Jahren behauptet hätte, dass sich eine derart krasse Ausdifferenzierung in der EU und sogar innerhalb der Euro-Zone herausbilden würde, wäre ausgelacht worden. Dabei ist es doch gerade der Euro als Einheitswährung, der in erheblichem Maß zu diesen neuen Abhängigkeiten beitrug. Und auch dies entspricht bereits wieder fast klassisch der Imperialismus-Theorie: Zwischen wirtschaftlich sehr ungleichen kapitalistischen Staaten wird nicht nur der Freihandel - als Grundlage der EU - eingeführt. Es wird auch eine Einheitswährung beschlossen - ohne dass dies mit einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik ergänzt worden wäre - just so, wie dies beim Verhältnis imperialistisches Zentrum und Kolonie oft erfolgte. Damit wurde den schwächeren Ländern das klassische Instrument der Abwertung ihrer Währungen aus der Hand geschlagen. In einer ersten Stufe wurden die „nationalen" Unternehmen der schwächeren Staaten in den Ruin getrieben oder übernommen. In der nächsten Phase wurde das Defizit in der Leistungsbilanz dieser schwächeren Länder groß und größer. In einer weiteren Phase wurden die Defizite unter anderem durch Auslandsverschuldung zeitweilig ausgeglichen. Auf diese Weise stieg die Verschuldungsquote - der Anteil der öffentlichen Schulden am Bruttoinlandsprodukt - kontinuierlich an. In Phase 4 spannte das imperialistische Zentrum einen „Rettungsschirm auf" - und forderte parallel von den schwächeren Staaten drakonische Sparprogramme. In Phase 5 schließlich sind es gerade diese Sparprogramme, die die PIIGS-BIPs abstürzen lassen, die die Schuldenquote beschleunigt anwachsen lassen und die Staatsbankrotte bzw. die komplette überführung dieser ökonomien in den Status von Protektoraten oder von Halbkolonien vorbereiten.
Zweitens. Länder wie Deutschland konnten sich relativ schnell aus der Krise 2008/2009 durch eine forcierte Exportoffensive befreien. Die ohnehin bereits hohe Exportquote wurde nochmals gesteigert. Die Binnennachfrage blieb und bleibt weiter gedämpft. Die Folge ist: Der Kampf um den Weltmarkt verschärft sich ein weiteres Mal bereits am Beginn des neuen Aufschwungs. Derzeit verhandelt die EU mit Indien über ein Freihandelsabkommen. Die entscheidende deutsche Forderung lautet: Alle Zollschranken müssen fallen. Insbesondere die deutsche Autoindustrie fordert den Wegfall von Importrestriktionen, weil der indische Markt nach China als wichtigster Exportmarkt eingeschätzt wird. Parallel mit dem Vorantreiben des Freihandels findet der Kapitalexport statt. Wieder am Beispiel Indien und am Beispiel der Fahrzeugbranche: VW und Daimler eröffneten mitten in der weltweiten Krise neue Autowerke in Indien. Vor allem aber beteiligte sich VW 2009 mit 19,5 Prozent an dem japanischen Hersteller Suzuki. Suzuki wiederum kontrolliert in Indien Maruti. Und Maruti kommt auf mehr als 50 Prozent Marktanteil bei allen in Indien verkauften Pkw.
Freihandel und Kapitalexport sind klassische Instrumente durch Durchdringung der schwachen kapitalistischen Länder durch die führenden imperialistischen ökonomien. Oder, um auch einmal mit Kurt Tucholsky, von dem wir die Erkenntnis haben „Was die Weltwirtschaft angeht, so ist sie verflochten", einen Nicht-ökonomen zu zitieren:
Unser Geld ist in allen Welten:
Kapital und Zinsen und Zubehör:
so lassen wir denn unser großes Malheur
nur einen, nur einen entgelten:
Den, der sich nicht wehren kann.
Den Angestellten, den Arbeitsmann. (...)
Unsere Inserate sind nur noch ein Hohn.
Was braucht denn auch eine deutsche Nation
sich Hemden und Schuhe zu kaufen?
Soll sie doch barfuß laufen!
Wir haben im Schädel nur ein Wort:
Export! Export! (...)
Wir haben die Lösung gefunden:
Krieg den eigenen Kunden!
Dieweil der deutsche Kapitalist
Gemüt hat und Exportkaufmann ist.
Als drittes fällt mir im genannten Zusammenhang das Verhältnis zwischen der deutschen Regierung und Libyen ein. Seit Jahrzehnten gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen den deutschen Regierungen und dem Gaddafi-Regime, den Bau einer Giftgasfabrik, die verdeckte Ausbildung von Elite-Einheiten und die Lieferung moderner Rüstungsgüter inbegriffen. Libyen ist das erste von der allgemeinen Revolte erfasste Land in Nordafrika und in der arabischen Region, das zugleich ein wichtiger öl- und Gasexporteur ist. Libyen ist insbesondere mit Italien und Deutschland wirtschaftlich eng verbunden.
Drei Wochen lang gab es in Libyen die Situation, dass große Teile des Landes von der Demokratie-Bewegung kontrolliert und eine Gegenregierung in Benghasi ausgerufen wurde. Der Westen unternahm nichts. Darauf reorganisierten Gaddafi & Sons die Truppen des Regimes und konnte zwei Wochen lang vormarschieren und den größten Teil des verloren gegangenen Terrains zurückerobern. Der Westen unternahm nichts. Einen Tag vor dem Fall Benghasis gab es das bekannte militärische Eingreifen - ohne direkte deutsche Beteiligung.
Es handelt sich hier sicher um eine politisch komplizierte Situation und es ist richtig, wenn eine Linke das militärische Eingreifen des Westens ablehnt und hinter demselben andere Interessen als die behaupteten erkennt. Doch es gab natürlich unterhalb der Schwelle eines direkten militärischen Eingreifens andere Möglichkeiten sinnvoller Interventionen. Es gab drei bis vier Wochen lang die Möglichkeit, die Gegenregierung in Benghasi anzuerkennen, diese materiell zu unterstützen, eine militärische Unterstützung durch Länder der Arabischen Liga und eine militärische Ausstattung der Einheiten der Gegenregierung anzuregen. All das erfolgte nicht - und es erfolgt bis heute überwiegend nicht. Der Westen will autonom militärisch eingreifen - und er verfolgt dabei selbstverständlich eigenständige Ziele, vor allem das Ziel eines direkten oder indirekten Zugriffs auf die libyschen öl- und Gasvorkommen.
Insbesondere aber wird der Bevölkerung in den ölexportländern im Allgemeinen und in dem ölexportland Nummer 1, in Saudi-Arabien, im Besonderen, signalisiert: Eure Demokratiebewegungen sind gut und recht. Allerdings muss das öl billig bleiben. Wer es zu weit treibt, kann nicht mit unserer Hilfe rechnen. Zuviel Demokratie verteuert das öl und kostet euch einen hohen Blutzoll. Siehe Libyen. Siehe Bahrein. Siehe ...
Klassischer Imperialismus
Wie sieht nun das grundsätzliche Verhältnis zwischen den klassischen imperialistischen Ländern und den „Ländern des Südens" aus? Ist die alte Imperialismus-Theorie noch lehrreich?
Besieht man sich die grundlegende Entwicklung zwischen Nord und Süd, so muss die Frage auf einer ersten oberflächlichen Ebene bejaht werden. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg, als nach und nach alle kolonialen Länder „in die Freiheit entlassen" wurden, gab es beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf eine scherenartige Auseinanderentwicklung zwischen Norden und Süden: In den reichen Ländern stieg das Bruttosozialprodukt pro Kopf von rund 2 000 US-Dollar im Jahr 1962 auf mehr als 30 000 Dollar je Kopf im Jahr 2005. In den armen Ländern lag dieser Wert 1992 bei weniger als 1 000 Dollar pro Kopf und stieg im gleichen Zeitraum nur sehr bescheiden - auf rund 1 500 Dollar je Kopf - an. Wenn bei den Ländern des Südens die Kategorie „emerging markets", also Länder wie China, Indien, Russland, Brasilien herausgenommen und getrennt aufgeführt werden würden, dann würde das BIP pro Kopf im armen Süden über das gesamte letzte halbe Jahrhundert real stagnieren.
Ein möglicherweise aussagekräftigerer Indikator für das Verhältnis Nord-Süd ist die Entwicklung des Hungers in der Welt, also die absolute Zahl der Hungernden und deren Anteil an der Weltbevölkerung. Wir erinnern an das „Millennium-Ziel" aus dem Jahr 2000, unter anderem ausgerufen von UNO und Weltbank. Danach sollte die Zahl der Hungernden radikal reduziert werden. Die reale Entwicklung nach UN-Angaben sieht wie folgt aus:
- 1990 gab es 842 Millionen Hungernde, die gemessen an der damaligen Weltbevölkerung von 5,3 Milliarden Menschen einen Anteil von 15 Prozent ausmachten.
- Bis 2003 gab es eine weitgehend gleich bleibende Zahl (848 Millionen) Hunger leidende Menschen, womit ihr Anteil an der Weltbevölkerung mit 6,1 Milliarden Menschen leicht auf 13,5 Prozent gesunken war.
- 2009 wurde jedoch die Zahl von 1,02 Milliarden Menschen, die Hunger leiden erreicht, womit der Anteil erneut auf 15 Prozent anstieg.
2011 erleben wir wieder einen massiven Anstieg der Lebensmittelpreise - was im übrigen ein Ausgangspunkt der Revolte in Arabien war und ist. Vor allem war dies ein entscheidender Grund für den Anstieg des Hungers in der Welt in den Jahren 2007 bis 2009. Wir müssen davon ausgehen, dass damit die Zahl der direkt vom Hungertod bedrohten Menschen selbst im aktuellen Aufschwungsjahr 2011 zumindest nicht sinkt, möglicherweise weiter ansteigt.
Im übrigen gibt es hier die interessante - und wieder für den Imperialismus typische - Feststellung: Je stärker Länder in den Weltmarkt integriert sind, desto ärmer sind sie. Von dem afrikanischen Kontinent heißt es oft, er sei im Lauf der Globalisierung „vom Weltmarkt abgehängt" worden. Das stimmt - aber nur aus Sicht des Nordens. Die gigantische Steigerung der Weltexporte führte dazu, dass die (ebenfalls, aber in geringerem Umfang wachsenden) Exporte Afrikas als Anteil am Weltexport rückläufig waren. Völlig anders das Bild aus afrikanischer Sicht. Die Exportquote Afrikas liegt inzwischen bei 45 Prozent; diejenige der ärmsten Region Afrikas - der Subsahara-Zone - sogar bei 50 Prozent. Gemeint sind hier die extra-regionalen Exporte, also die Exporte Afrikas in den „Rest der Welt" bzw. die Exporte der Subsahara-Zone in den „Rest der Welt"; die Exporte innerhalb der jeweiligen Region sind ausgeklammert. Zum Vergleich: Deutschland hat inzwischen zwar eine Exportquote von 45 Prozent, doch der größte Teil diese Exporte verbleibt in der Region Europa. Die extra-regionalen Exporte Deutschlands - deutsche Exporte in Länder und Regionen außerhalb Europas - machen nur 18 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus.
Krise und Imperialismus
Nun gibt es den Hinweis: Die Länder des Südens hätten sich in der jüngsten Wirtschaftskrise recht wacker geschlagen. Durch die Krise getroffen worden seien vor allem die hoch industrialisierten Länder. Das trifft im Großen und Ganzen zu. Tabelle 1 liefert dazu die Daten. Danach sackte das weltweite BIP im Jahr 2009 um 0,6 Prozent ein. Die Industrieländer waren davon mit - 3,4 Prozent massiv betroffen; einzelne Länder dieser Gruppe in besonderem Maß - so Deutschland mit - 4,7 Prozent und Japan sogar mit - 6,3 Prozent. Im „Rest der Welt" gab es in diesem Krisenjahr jedoch eine Steigerung des BIP um 2,6 Prozent, in Indien eine solche um 5,7 und in China eine solche um 9,2 Prozent.
Tabelle 1: Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts 2007-2011 in den reichen und ärmeren Ländern und strukturelle Gewichtung von reichen und ärmeren Ländern in der globalisierten ökonomie
Letztes Boomjahr
Abschwung
Krisenjahre
Aufschwung
Anteil im Jahr 2008 am
---- Wachstumsraten gegenüber dem Vorjahr in v. H. ----
------ --------- Anteile in v. H. ----------
Region
2007
2008
2009
2010
2011*
Welt-
BIP**
Welt-Export****
an der
Weltbevölkerung
Welt-BIP
5,2
3,0
- 0,6
5,0
4,4
-
-
-
Industrieländer
2,7
0,5
- 3,4
3,0
2,5
55,3
65,1
15,3
- USA
2,0
0,4
- 2,6
2,8
3,0
20,7
9,3
4,6
- Japan
2,4
- 1,2
- 6,3
4,3
1,6
1,8
4,5
1,9
- Deutschland
2,5
1,2
- 4,7
3,6
2,2
4,2
8,7
1,2
Rest der Welt = Schwellen- + Entwicklungsländer
8,3
6,1
2,6
7,1
6,5
44,7
34,9
84,7
Indien
9,3
7,3
5,7
9,7
8,4
4,8
1,4
18,1
China
13,0
9,6
9,2
10,3
9,6
11,4
8,4
20,2
Afrika***
6,2
5,2
1,8
3,9
4,6
3,1
2,7
12,9
- Südafrika
5,1
3,1
- 1,7
2,8
3,4
..
..
..
Lateinamerika
5,7
4,2
- 1,8
5,9
4,3
8,6
5,1
8,5
- Mexiko
3,3
1,3
- 6,8
5,2
4,2
2,9
1,2
2,9
- Brasilien
5,7
5,1
- 0,6
7,5
4,5
2,2
1,6
1,6
* Prognose OECD Januar 2011
** Based on the purchasing-power-parity (PPP) valuation of country GDPs - Nach Kaufkraftparitäten
*** ab 2009 ohne Subsahara und.ohne Südafrika
**** Export von Waren und Dienstleistungen; auf US-Dollar-Basis
Quelle: World Economic Outlook; April 2009 und Januar 2011
Hier sind jedoch einige Relativierungen angebracht. Zunächst ist es nicht völlig ungewöhnlich, dass in Zeiten schwerer Krise (in denen gewissermaßen die imperialistischen Länder „mit sich selbst beschäftigt" sind und in der diese teilweise nicht mehr ausreichend große Kräfte für ihre Angriffe auf die Länder des Südens haben) die armen Länder sich aus der imperialistischen Umklammerung teilweise befreien können.
Sodann sieht das Ergebnis vom „Rest der Welt" dann bereits deutlich anders aus, wenn die beiden Lokomotiven unter den „emerging markets", China und Indien, herausgenommen und getrennt behandelt werden. Dann liegt das Wachstum des „Rests der Welt" (ohne China und Indien) bei rund einem Prozent. Wird jetzt bedacht, dass es in dieser Region ein deutlich höheres Bevölkerungswachstum als das zitierte Wachstum des BIP gibt, dann gab es beim BIP im so definierten „Rest der Welt" einen deutlichen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf. Im übrigen gab es in einzelnen Ländern des Südens im Krisenjahr 2009 auch deutliche Einbrüche des Bruttoinlandsproduktes - so in Brasilien mit 0,6 Prozent, in Angola mit 3,6 Prozent und in Mexiko mit 6,8 Prozent.
Interessant bei der Betrachtung der Zahlen in Tabelle 1 ist allerdings das grundsätzliche Verhältnis zwischen Norden und Süden, wie dargestellt in den letzten drei Spalten dieser Tabelle. Danach entfielen im Jahr 2008 noch 55,3 Prozent des Welt-BIP nur auf die so genannten Industrieländer. Bei den Weltexporten sind es sogar 65,1 Prozent, die sich auf die Industrieländer konzentrieren. Dabei leben in den Industrieländern nur 15,3 Prozent der Weltbevölkerung. Der Anteil der Industrieländer am Welt-BIP ist also dreieinhalb Mal höher als der Anteil der Bevölkerung an der Weltbevölkerung. Im Fall des Welt-Exports liegt der Anteil der Industrieländer sogar mehr als vier Mal höher als es dem Anteil ihrer Bevölkerung an der Weltbevölkerung entspricht. Vereinfacht nennt man so etwas: Imperialismus. Dabei handelt es sich hier um eine Momentaufnahme; interessant ist in dieser Hinsicht sicher die Langzeitentwicklung. Darauf werden wir zurückkommen.
Fünf neue Formen von Imperialismus und Kolonialismus
Grundsätzlich, so meine Zwischenbilanz, ist der Imperialismus weiter existent; das vielfach beschriebene System ist „intakt". Es lässt sich auch sagen: Mehr noch - es existieren heute eine Reihe neuer (und neu-alter) Formen von Kolonialismus und Imperialismus. Im Folgenden seien fünf solcher neuer Verhältnisse der Ausbeutung des Südens durch den Norden angeführt.
1. Anbau agrarischer Rohstoffe
Seit dem Jahr 2000 hat sich die globale Agrokraftstoffherstellung versechsfacht. 20010 wurden im den USA bereits 30 Prozent der Maisanbaufläche für Agrokraftstoffe eingesetzt. Die Pläne in der EU für einen immer größeren Teil von Beimischung von Ethanol im Kraftstoff laufen darauf hinaus, dass in der EU spätestens bis 2020 eine Fläche von 70 000 Quadratkilometer für Agrokraftstoffe eingesetzt wird. Das entspricht der Größe Irlands oder der doppelten Größe von Belgien.
Diese Politik dient allein dem Ziel, den „peak oil" hinauszuzögern oder die ersten Wirkungen von „peak oil" abzuschwächen, um die Weltflotte von 800 Millionen Pkw länger weitgehend unbeschwert bewegen zu können. Dabei spiegelt die Verfügung über die weltweite Autoflotte ebenfalls das imperialistische Verhältnis. 550 Millionen Einheiten dieser globalen Flotte konzentrieren sich auf die imperialistischen Industriestaaten.
Ein wesentlicher Effekt der Agrokraftstoff-Politik besteht jedoch darin, dass Boden zum Anbau von Lebensmitteln verknappt wird - womit die Lebensmittelpreise weiter steigen und der Welthunger sich vergrößert. Analog zum Slogan „Pack den Tiger in den Tank" aus den 1970er und 1980er Jahre könnte man bevorzugt an den E10-Zapfsäulen Aufkleber mit dem Slogan ″Ich hab den Welthunger im Tank″ austeilen.
2. Neue Landnahme
Es kommt zu einem groß angelegten Aufkauf von Land im Süden durch Konzerne und Regierungen der imperialistischen Länder. Auf den aufgekauften Flächen wird bevorzugt der Anbau von Agrokraftstoffen, teilweise jedoch auch bereits der Anbau von Lebensmitteln - beides jeweils für den Norden - betrieben.
2009 kaufte Daewoo, eine Tochter von GM, beispielsweise in Madagaskar 1,3 Millionen Hektar für den Anbau von Mais und Palmöl auf. In diesem Fall trug diese Aktion zu einem Sturz der Regierung und einer Teilrückabwicklung des Ertrags bei. Zielregionen der Landaufkäufe sind der afrikanische Kontinent und Teile Asiens. Den höchsten Anteil von aufgekauftem Land an der gesamten Landesfläche weist inzwischen Laos auf.
Bis Mitte 2009 waren bereits 20 Millionen Hektar Landflächen im Süden an Interessenten im Norden verkauft worden. Das ist eine Fläche, die einem Viertel der gesamten landwirtschaftlichen Anbaufläche Europas entspricht.
Die Demagogie dieser Politik wurde trefflich in einer Rede des US-Präsidenten Barack Obama, die dieser vor dem Parlament in Accra, Ghana, im Jahr 2009 hielt, auf den Punkt gebracht: „Ein Gebiet, das mit außerordentlichen Gefahren, aber auch mit Verheißungen verbunden ist, ist der Energiesektor. Afrika emittiert weniger Treibhausgase als jeder andere Teil der Welt, ist jedoch am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen. (...) Wir alle, vor allem jedoch die Industrieländer, stehen in der Verantwortung, diesen Trend zu reduzieren (...) durch die Art, wie wir Energie einsetzen. Hier können wir mit Afrika zusammenarbeiten, um aus dieser Krise eine Chance zu machen. (...) In großen Teilen Afrikas gibt es mächtige Winde, Solarkraft, geothermische Energie und Biokraftstoffe (...) Diese grenzenlosen natürlichen Geschenke können ihre eigene Macht entwickeln, indem profitable, saubere Energie ins Ausland exportiert wird."
3. Zerstörung von Subsistenzwirtschaften
In den letzten zweieinhalb Jahrzehnten wurden als Folge der Globalisierung, der Durchdringung der gesamten Welt und der Erfassung auch der letzten Winkel des Globus durch die kapitalistische Produktionsweise hunderte Millionen Subsistenzwirtschaften, die Nahrung oder auch nur ein kärgliches überleben für viele Hunderte Millionen Menschen boten, zerstört. Im gleichen Zeitraum verdoppelte sich die Zahl der Menschen, die auf der Welt in Slums leben, auf rund eine Milliarde Menschen. Bis zum Jahr 2030 soll es zu einer weiteren Verdopplung auf dann zwei Milliarden Favela- und Slum-Bewohner und -Bewohnerinnen kommen. In der Krise können diese Menschen nicht mehr auf das Land zurück - dieses ist unwiderruflich Teil der kapitalistischen Weltwirtschaft geworden. Möglicherweise werden auf dem Stück Land, das bisher eine Großfamilie ernährte, Agrokraftstoffe angebaut.
Ein wesentliches Mittel zur Zerstörung der Subsistenzwirtschaften ist die Subventionierung der Landwirtschaften in den Ländern des Nordens beziehungsweise die Subventionierung von Agrarexporten aus dem Norden in den Süden.
4. Neue Jagd nach neuen Rohstoffen
In der gegenwärtigen Phase industriell hoch entwickelter - oder auch pervers entwickelter - Produktionsweise geriet eine Reihe neuer Rohstoffe zu strategischen. Solche sind Lithium und die so genannten seltenen Erden (Lanthan, Neodym, Dysprosium). Diese Stoffe werden vor allem von der IT-Industrie und der Autoindustrie eingesetzt. U. a. sind diese Stoffe essentiell für die Batterietechnik, Windkraftanlagen, Magnete, Hybrid-Pkw. Japan beansprucht derzeit allein 17 Prozent des weltweiten Bedarfs an seltenen Erden. Japans Bevölkerung macht jedoch nur zwei Prozent der Weltbevölkerung aus. Der deutsche Bedarf an dem Stoff Neodym soll im Jahr 2030 sieben Mal so groß wie heute sein. Das entspricht jedoch bereits dem Doppelten der aktuellen weltweiten Förderung von Neodym. Um den deutschen Zugriff auf die neuen Rohstoffe zu koordinieren wurde die Deutsche Rohstoff-Agentur gegründet, eine Einrichtung, die fatal an klassisch imperialistische Einrichtungen zur Steuerung der Jagd nach Rohstoffen erinnert.
Die Förderung von Lithium und seltenen Erden ist extrem unweltschädlich. Die Stoffe müssen aus Gestein herausgelöst werden. Dabei kommen oft hochgiftige Substanzen zum Einsatz. Oft wird dabei auch Radioaktivität freigesetzt. In manchen Fällen müssen ganze Berge abgetragen und große Landflächen durchwühlt werden, so dass die Erde auf lange Zeit, oft für immer, vernarbt und verunstaltet, oft auch unbewohnbar gemacht sein wird. Die extreme Knappheit und lokale Konzentration der Stoffe weckt den klassischen imperialistischen Heißhunger.
Bei Lithium gibt es eine Parallele zu den Agrokraftstoffen. Die Entwicklung und der Bau von Elektro-Pkw dienen allein dem Zweck, das Ende des Auto- und ölzeitalters hinauszuzögern. Die öko-Bilanz des Elektro-Autos unterscheidet sich nicht von der eines Pkws mit herkömmlichem Antrieb. Die Jagd nach Lithium ist vergleichbar der Jagd nach Kautschuk (für Autoreifen), die es in einem früheren Stadium des Imperialismus gab, was unter anderem zur Bildung der ersten US-Kolonie, die auf den Philippinen, führte.
5. Klimawandel
Die Entwicklung der Treibhausgase und die Erwärmung des Globus sind direkte Resultate des „modernen Kapitalismus", von dem in erster Linie die reichen, die imperialistischen Länder profitieren. Der dadurch ausgelöste Klimawandel fügt in erster Linie den armen Länder massiven Schaden zu. Die Mittel, die die imperialistischen Länder zur Anwendung bringen, um eine Reduktion der Treibhausgase zu entwickeln, beschränken sich auf Marktmechanismen, die erstens - global betrachtet - unwirksam sind, die zweitens einen gewaltigen Betrug mit zusätzlichen jährlichen Extraprofiten in Höhe Dutzender Milliarden US-Dollar für große Konzerne mit sich bringen, und die drittens ein zusätzliches Instrument zur Manipulation, zum Abhängigmachen und zur Unterdrückung des Südens darstellen (Emissionshandel).
Unterstellt, es käme nur zu einer Erderwärmung von durchschnittlich zwei Grad Celsius - was die optimistischste unter allen Annahmen und die offizielle Zielsetzung des UN-Weltklimarats (IPCC) ist, dann sehen die Folgen für einzelne Weltregionen wie folgt aus:
- In Pakistan wird der Ernteertrag um 20 Prozent reduziert werden
- in Nordwestindien, in Nordafrika (dem Maghreb) wird der Ernteertrag um rund 30 Prozent sinken
- im Norden wird der Ernteertrag um durchschnittlich 8 Prozent gesteigert werden.
Solche krassen Veränderungen hinsichtlich der Ernährungsmöglichkeiten müssen die imperialistischen Macht- und Gewaltverhältnisse verstärken. Deutlich und langfristig steigende Preise für agrarische Erzeugnisse - und damit einhergehende Hungerrevolten und gewaltige Flüchtlingsbewegungen - werden Folgen der Klimaveränderung sein.
Bilanz: Die neuen Formen kolonialer Ausbeutung verstärken den Grundcharakter der imperialistischen Zweiteilung der Welt in reiche Industrieländer und in Länder, die in Unterentwicklung gehalten werden.
Emerging markets
Der Begriff und die relativ neue Kategorie der „emerging markets" ist hinsichtlich der Erfassung der kapitalistischen Wirklichkeit vernebelnd. Er unterstellt ähnlich wie im Fall des Begriffs „Entwicklungsländer" eine allmähliche Herauslösung von Ländern aus der Gruppe der armen Länder des Südens in die Gruppe der reichen Industrienationen - eben mit dem zwischenzeitlich erreichten Status von so genannten „aufsteigenden Märkten".
Im Grunde lässt sich die Debatte über die „emerging markets" auf das Thema Hegemoniekrise oder auf die Frage reduzieren: Wird China zu einer imperialistischen Macht, die die USA auf Rang 1 der imperialistischen Mächte ablösen kann? China ist tatsächlich dasjenige Land in der genannten Staatengruppe, das aus dem Rahmen fällt. Tabelle 2 illustriert dies. Dort ist der Welthandel ohne die Ausfuhren und Importe innerhalb der Blöcke Nafta (USA, Kanada und Mexiko) und der EU abgebildet. Danach lag der Anteil Chinas an einem so - und damit realistisch - gerechneten Welthandel bereits im Jahr 207 mit 13 Prozent auf Rang 2 - nur noch übertroffen von den Ausfuhren der EU in den Rest der Welt, die bei 18,1 Prozent lagen. Inzwischen und als Folge der Verschiebungen in der Krise dürften China und die EU nach diesem Maßstab weitgehend gleichauf liegen. Weit abgeschlagen liegen bereits die USA und Japan.
Tabelle 2: Struktur des Welthandels im Jahr 2007 nach Machtblöcken (ohne Intra-EU-27-Exporte und ohne Intra Nafta-Exporte)
Region
2007
in Milliarden Dollar
Anteile in % an allen Exporten
Extra-EU-27-Exporte
1698
18,1 %
China
1218
13,0 %
Extra-NAFTA-Exporte
902
9,6 %
Japan
713
7,6 %
Weltexporte (ohne EU-27-interne und ohne Nafta-interne Exporte)
9.376
100 %
Quelle: WTO, World Trade Developments, 2008; eigene Berechnungen auf Basis der nationalen Exporte der einzelnen EU- und NAFTA-Länder sowie der Struktur der Zielländer der jeweiligen Exporte derselben.
Thema dieses Beitrags ist nicht die Debatte der Hegemoniekrise. Daher nur kurz in drei Sätzen: Alles spricht dafür, dass der Niedergang der USA und Japans als imperialistische Mächte sich fortsetzen wird. Wenig spricht dafür, dass sich die EU zu einem einheitlichen imperialistischen Block weiter entwickelt; einiges jedoch dafür, dass die innere Krise der EU sich verschärft (Eurokrise; Staatsbankrotte). Unter diesen Bedingungen hat China ernsthafte Chancen, nach den Niederlanden (1620 bis 1760), nach Großbritannien (das gesamte 19. Jahrhundert hindurch) und nach den USA (seit 1944; Bretton Woods) zur neuen imperialistischen Hegemoniemacht aufzusteigen. Das würde am Grundverhältnis einer imperialistischen Struktur des weltweiten Kapitalismus nichts ändern. Die Erfahrungen mit den vorausgegangenen übergängen zu einem neu strukturierten imperialistischen Weltkapitalismus lehren uns allerdings, dass es sich dabei nicht um eine Art friedliche übergabe des Staffelholzes mit der Aufschrift „Hegemoniemacht" handelt. Vielmehr lagen zwischen dem Ende der niederländischen hegemonialen Phase und dem Antritt des britischen Empires drei britisch-niederländische Kriege. Die USA stiegen zur neuen imperialistischen Macht Nummer 1 auf den Trümmern der Weltwirtschaftskrise und des Zweiten Weltkriegs auf. So angeschlagen die USA als Wirtschaftsmacht sind, so brüchig der US-Dollar als Weltwährung sein mag - weiterhin sind die USA die mit Abstand stärkste Militärmacht. Wobei die relative Schwäche ihrer Bodentruppen letzten Endes kompensiert werden könnte durch den Einsatz nuklearer Waffen.
Bereits das zweitgrößte Land, das zur Gruppe der „emerging markets" gerechnet wird, Indien, weist überwiegend neokoloniale Strukturen auf. Das Land musste sich nach einer Schuldenkrise im Jahr 1990 (mit der Verpfändung des indischen Goldschatzes!) den imperialistischen Mächten weitgehend öffnen. Es gibt seither einen umfassenden Prozess von Liberalisierung und Privatisierungen. Die Armut in Indien erfasst den überwältigenden Teil der Bevölkerung; nach Angaben der Weltbank leben 830 Millionen Inderinnen und Inder von 20 Rupien am Tag (oder 35 Euro-Cent).
Werfen wir einen Blick auf die Autoindustrie des Landes, und zwar auf die in Indien gefertigten und verkauften Pkw, dann sieht das Ergebnis wie folgt aus: Auf Rang 1 ist Maruti mit rund 51 Prozent Marktanteil platziert. Es folgen Hyundai (25 Prozent), Tata und Mahindra & Mahindra (zusammen rund 20 Prozent). Das klingt mehrheitlich ziemlich indisch. Tatsächlich wird jedoch Maruti von dem japanischen Autokonzern Suzuki beherrscht. An Suzuki wiederum hält VW einen Marktanteil von knapp 20 Prozent. Damit werden bereits drei Viertel der indischen Autoherstellung von ausländischen Konzernen kontrolliert.
Langzeitentwicklung - klassischer Imperialismus
Natürlich gibt es tief greifende Veränderungen in der imperialistischen Struktur des Weltkapitalismus. Verblüffend ist allerdings doch auch das Gleichbleibende bei diesen Verhältnissen. Tabelle 3 dokumentiert die Entwicklung des Welthandels und dabei der Weltmarktanteile seit 1948. Danach lag der Anteil der imperialistischen Staaten - Nordamerika, Europa und Japan - an den weltweiten Exporten im Jahr 1968 bei 63,6 Prozent und im Jahr 2007 erneut bei 61,2 Prozent. Die Verschiebungen innerhalb der Gruppe der imperialistischen Länder glichen sich weitgehend aus. In der Summe entfallen im 60-Jahres-Zeitraum knapp zwei Drittel aller Exporte auf diese kleine Gruppe imperialistischer Staaten, in denen 1948 immerhin noch rund ein Viertel der Weltbevölkerung lebte, heute jedoch nur noch weniger als 15 Prozent. So gesehen sind heute die imperialistischen Machtverhältnisse noch stärker ausgeprägt als vor sechs Jahrzehnten.
Tabelle 3
Tabelle 3: Langfristige Betrachtung - der Welthandel 1948-2007: Weltmarktanteile im Warenexport der führenden Exportnationen
Land/Region
1948
1953
1963
1973
1983
1993
2003
2007
USA
21,7 %
18,8 %
14,9 %
12,3 %
11,2 %
12,6 %
9,8 %
8,5 %
Kanada
5,5 %
5,2 %
4,3 %
4,6 %
4,2 %
4,0 %
3,7 %
3,1 %
Mexiko
0,9 %
0,7 %
0,6 %
0,4 %
1,4 %
1,4 %
2,2 %
2,0 %
Nordamerika
28,1 %
24,8 %
19,9 %
17,3 %
16,8 %
18,0 %
15,8 %
13,6 %
Deutschland *
1,4 %
5,3 %
9,3 %
11,6 %
9,2 %
10.3 %
10,2 %
9,7 %
Frankreich
3,4 %
4,8 %
5,2 %
6,3 %
5,2 %
6,0 %
5,3 %
4,1 %
Italien
1,8 %
1,8 %
3,2 %
3,8 %
5,0 %
4,9 %
4,1 %
3,6 %
Großbritannien
11,3 %
9,0 %
7,8 %
5,1 %
4,0 %
4,6 %
4,1 %
3,6 %
Europa**
35,1 %
39,4 %
47,8 %
50.9 %
43,5 %
45,4 %
45,9 %
42,4 %
Japan
0,4 %
1,5 %
3,5 %
6,4 %
8,0 %
9,9 %
6,4 %
5,2 %
Summe NA+EU+Japan
63,6 %
65,8 %
71,2 %
74,6 %
68,3 %
73,3 %
68,1 %
61,2 %
UdSSR - Russland/GUS
2,2 %
3,5 %
4,6 %
3,7 %
5,0 %
1,5 %
2,6 %
3,7 %
Mittel- u. Südamerika
11,3 %
9,7 %
6,4 %
4,3 %
4,4 %
3,0 %
3,0 %
3,7 %
China
0,9 %
1,2 %
1,3 %
1,0 %
1,2 %
2,5 %
5,9 %
8,9 %
Indien
2,2 %
1,3 %
1,0 %
0,5 %
0,5 %
0,6%
0,8 %
1,1 %
Asien + Australien***
14,0 %
13,4 %
12,5%
14,9 %
19,1 %
26,1 %
26,2 %
27,9 %
Naher Osten
2,0 %
2,7 %
3,2 %
4,1 %
6,8 %
3,5 %
4,1 %
5,6 %
Afrika
7,3 %
6,5 %
5,7 %
4,8 %
4,5 %
2,5 %
2,4 %
3,1 %
Welthandel in Mrd. US-$
59
84
157
579
1838
3675
7375
13619
, Tabelle 1.6. Die Addition der fettgedruckten Zeilen ergibt 100 % .
* Die WTO-Zahlen beziehen sich im Zeitraum 1948-1983 nur auf Westdeutschland
** Offensichtlich ist hier in der Periode 1948-1983 ganz Europa, also auch der Comecon-Bereich (Warschauer-Vertrags-Sektor), mit erfasst
*** Bei der Regionalisierung schlägt die WTO-Statistik Australien/Neuseeland zu Asien. Allerdings liegt der australisch-neuseeländische Anteil am Welthandel nur bei 1,2 % (2007).
Eine solche ernüchternde Bilanz ist notwendig. Sie sollte uns jedoch als Hintergrund für unser emanzipatives Engagement dienen und uns nicht entmutigen - im Sinne dessen, was Mike Davis als Bilanz seiner Betrachtungen zur Klimaveränderung und der Verstärkung der imperialistischen Strukturen als Folge dieses Prozesses schrieb:
„In der Tat gibt es kaum Hoffnung, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, solange sich die Bewegung zur Kontrolle der Erderwärmung nicht mit dem Kampf für die Verbesserung des Lebensstandards und die globale Beseitigung der Armut verbindet. Im wahren Leben, jenseits der grob vereinfachenden Szenarien des IPCC, bedeutet das die Teilnahme am Kampf für eine demokratische Kontrolle über städtische Räume, Kapitalflüsse, Ressourcen und Massenproduktionsmittel. Natürlich spreche ich als ein in die Jahre gekommener Sozialist, der nach wie vor mit Inbrunst an die Selbstemanzipation der Arbeiterinnen und Arbeiter glaubt. Aber Utopismus bedeutet nicht zwangsläufig Millennialismus und ist auch nicht auf Volksreden und Kanzeln beschränkt. Immer mehr Experten vertreten die Ansicht, dass uns jetzt nur noch diese Alternative bleibt: die Umsetzung ‚unmöglicher\' Lösungen für die immer komplexeren Probleme der Armut in Städten und der Klimaveränderung."
„Imperialismus heute", so lautete der Titel eines Buch aus dem Jahr 1965. Es handelte sich nicht um das Lehrbuch, mit dem ich lernte, Kapitalismus und Imperialismus zu verstehen und zu durchdringen. Doch ich verstand die Arbeit als Pflichtlektüre und fand, dass in dieser Arbeit viele Fakten zum BRD-Imperialismus zusammengetragen wurden, die wichtig zum Verständnis des frühen westdeutschen Imperialismus waren.
Ausführlich: Winfried Wolf, Die Automotorisierung von Indien. VW, Suzuki/Maruti und Tata, in: Lunapark21, Heft 13.
Kurt Tucholsky, Gedicht „Die Lösung" aus dem Jahr 1931, in: Kurt Tucholsky, Gedichte in einem Band, herausgegeben von Ute Mack und Andrea Spingler, Frankfurt am Main 2006, S. 943 f. Das vorausgegangene Zitate von K. Tucholsky zur Weltwirtschaft nach: Kurt Tucholsky, Schnipsel, Hamburg 1983, S. 86.
In Libyen sind die deutschen Konzerne BASF/Wintershall und. RWE, der österreichische ölkonzern OMV und der italienische öl- und Gaskonzern ENI im Energiesektor engagiert. Staatliches libysches Kapital ist u. a. beteiligt an ENI und Finn mecchanica (italienischer Rüstungskonzern) und an Unicredit, der siebtgrößten Bank der EU.
Zu den widersprüchlichen deutschen und übrigen westlichen Interessen in Libyen schrieb ich ausführlich in: Winfried -Wolf XXXX, junge Welt vom XXX ; zum Bau einer Giftgasfabrik in Libyen siehe: Winfried Wolf, deutsche Giftgasfabrik in Libyen, in: Lunapark21, Zeitschrift zur Kritik der globalen ökonomie, Heft 13, März 2011.
Quelle: Atlas der Globalisierung; Winfried Wolf, Sieben Krisen - ein Crash,Wien 2009 (Promedia); S. 126.
Zitiert bei Huffington Post vom 11. 7. 2009.
In Wolf, Sieben Krisen - ein Crash, sind mehrere Beispiele der Subventionierung von Agrarexporten in der EU und in der Nafta angeführt, die jeweils zur Vernichtung von landwirtschaftlichen Strukturen in Mexiko respektive in Afrika führten (A. a. O., S. 133ff.).
Ausführlich zum Thema Hegemoniekrise siehe: Winfried Wolf, Sieben Krisen - ein Crash, a. a. O., S. 164 (Kapitel: ″Die Hegemoniekrise. Oder: Haste mal Renminbi für mich? ″ Natürlich ist China nicht völlig gleichzusetzen mit den Niederlanden, mit Großbritannien oder mit den USA zum Zeitpunkt ihres Aufstiegs zur neuen Hegemoniemacht. Der These jedoch, China gehe eine Art „Dritten Weg", kann ich nicht folgen. Vor allem ist eine solche Sicht primär von Voluntarismus und Hoffnung und wenig von einer nüchternen Analyse der materiellen und Klassenstrukturen in China geprägt. Bereits das extrem unverantwortliche Energieprogramm der VR China, das prioritäre Setzen auf neue Großstaudämme und auf einen beschleunigten Ausbau der Atomenergie (der Mitte März abgeschlossene Volkskongress beschloss einen entsprechenden Fünf-Jahres-Plan so gut wie einstimmig auch vor dem Hintergrund der atomaren Katastrophe in Fukushima) zeigen, dass hier kein anderer Weg gegangen wird. Das setzt sich fort mit der Förderung der Elektro-Automobilität. Es ist deprimierend, wenn in jüngeren Publikationen von linken Gruppierungen diese umweltpolitisch katastrophalen Aspekte ähnlich „übersehen" oder bagatellisiert werden wie früher Teile der westdeutschen Linken mit Blick auf die sowjetischen Atomkraftwerke argumentierten.
Kaufkraftbereinigt entspricht das etwa zwei Dollar am Tag und damit der von der Weltbank definierten Armutsgrenze. Oft wird hier als Maßstab der Betrag von einem US-Dollar je Tag angeführt, was jedoch Ausdruck extremen Elends ist.
Mike Davis, „Das Klima, die soziale Frage und die Notwendigkeit der Utopie", in: Lunapark21, Heft 8, S. 59.
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