Sonntag, 12. Oktober 2014
Kirsan Iljumschinow
Kirsan Nikolajewitsch Iljumschinow (russisch Кирсан Николаевич Илюмжинов; * 5. April 1962 in Elista) war in den Jahren 1993 bis 2010 Oberhaupt der Republik Kalmückien in der Russischen Föderation und seit 1995 ist er Präsident des Weltschachbundes FIDE.
In seiner Jugend erzielte er Erfolge im Schach, das er mit vier Jahren erlernte, und im Boxen. Nach seinem Schulabschluss arbeitete er zwei Jahre in einer Fabrik, diente dann in der Sowjetarmee, die er als Unteroffizier verließ, und absolvierte ein Studium am Institut für Außenpolitik in Moskau, durch das er gute Verbindungen zu Mitgliedern der sowjetischen Nomenklatura aufbaute. Danach arbeitete er als Manager für eine sowjetisch-japanische Handelsgesellschaft im Automobilsektor und kam dadurch zu einem beträchtlichen Vermögen.
Iljumschinow gewann die erste Wahl nach der Wende 1993 mit einem Stimmenanteil von 65 %. Bei vorgezogenen Präsidentenwahlen 1995 erhielt er 85 %, was viele Beobachter überraschte, da seine Politik als umstritten galt. 1998 wurde er, unter anderem von der Oppositionspartei Jabloko, verdächtigt, in den Mord an der regierungskritischen Journalistin Larisa Judina verwickelt zu sein. 2002 wurde er in seinem Amt bestätigt. Anfang Oktober 2005 bot er seinen Rücktritt an, wurde aber von Wladimir Wladimirowitsch Putin für eine weitere vierjährige Amtszeit nominiert. Am 24. Oktober 2010 lief Iljumschinows Präsidentschaft aus, wobei Iljumschinow nicht mehr für die Präsidentschaft kandidieren wollte. Er kündigte im September 2010 an, sich auch ohne politisches Amt weiterhin für Kalmückien einsetzen zu wollen. Sein Nachfolger als Präsident Kalmückiens ist seit Herbst 2010 Alexei Maratowitsch Orlow.
Iljumschinow ist seit 1995 Präsident des Weltschachbundes FIDE. Er finanzierte zahlreiche Schachveranstaltungen aus eigenen Mitteln. Für die Schacholympiade 1998 in Elista ließ er eigens eine „Schachstadt“ errichten. Am 2. Juni 2006 wurde er für eine weitere vierjährige Amtszeit als FIDE-Präsident wiedergewählt, sein Gegenkandidat bei dieser Wahl war Bessel Kok. In seiner Amtszeit erreichte Iljumschinow den Wiedervereinigungskampf zwischen Wladimir Kramnik und Wesselin Topalow und beendete die seit 1993 andauernde Spaltung zwischen FIDE und PCA/Braingames im Jahre 2006. Im September 2010 wurde er für eine weitere Amtsperiode gewählt. Er gewann die Abstimmung gegen seinen Kontrahenten Anatoli Karpow bei 3 Enthaltungen mit 95 zu 55 Stimmen.Im August 2014 wurde Iljumschinow erneut wiedergewählt. Er gewann mit 110 zu 61 Delegiertenstimmen gegen seinen Herausforderer, den ehemaligen Schachweltmeister Garri Kasparow. Auf gegen ihn erhobene Korruptionsvorwürfe erwiderte Iljumschinow, er habe während seiner Präsidentschaft kein Geld verdient, sondern mehr als 80 Millionen US-Dollar seines Privatvermögens zur Förderung des Schachs ausgegeben.
Im September 2010 bot er 10 Millionen US-Dollar für ein Grundstück in der Nähe von Ground Zero in New York, um dort ein Schachzentrum errichten zu lassen.
Iljumschinow versteht sich auch als Förderer der Religion und hat in seinem überwiegend buddhistischen Land nicht nur die Russisch-Orthodoxe Kirche (ca. ein Drittel der Bevölkerung), sondern auch den Bau einer Synagoge, einer Moschee und einer katholischen Kirche unterstützt. Im Gedenken an die Opfer der Kalmückendeportation während des Zweiten Weltkriegs eröffnete er am 27. Dezember 2005 den neu gebauten Goldenen Tempel in Elista. Sowohl der Tempel als auch die darin befindliche Buddhastatue gelten nun als die jeweils größten ihrer Art in Europa.
Im April 2010 behauptete Kirsan Iljumschinow in einem TV-Interview, dass er 1997 von außerirdischen Wesen entführt worden sei.
Der Asteroid (5570) Kirsan wurde am 20. Juni 1997 nach ihm benannt.
Im Juni 2011 zeigte er sich während des Bürgerkriegs in Libyen bei einer Schachpartie mit Diktator Muammar al-Gaddafi.
Neue Züricher Zeitung, 14.12.2005: Heilsverkünder oder Sesselkleber? Die Machenschaften des Fide-Präsidenten
rfo. Seit zehn Jahren ist Kirsan Iljumschinow Präsident des Weltschachbundes (Fide). Er scheint am Amt Gefallen gefunden zu haben. Der schwerreiche russische Autokrat, der über die bitterarme autonome Republik Kalmückien regiert und eben erst von seinem Freund Putin im Amt bestätigt worden ist, möchte auch in Zukunft die Geschicke der Fide leiten. Dies stösst nicht überall auf Zustimmung, denn von verschiedenen Seiten wird ihm und dem allmächtigen Generalsekretär Makropoulos vorgeworfen, demokratische Gepflogenheiten zu missachten und den Profis mit unpopulären und unzureichend geprüften Neuerungen das Leben schwer zu machen. In der Tat hat das Gespann Iljumschinow/Makropoulos in Sachen unausgegorene Ideen und voreilige Ankündigungen einen selten hohen Massstab gesetzt. Mit dem Hinweis auf die über 50 Millionen Dollar, die Iljumschinow im letzten Jahrzehnt aus der eigenen Tasche in den Schachsport investiert haben will, lässt er jede Kritik an sich abprallen. Dass potenzielle Sponsoren durch undurchsichtige und teilweise zweifelhafte Machenschaften des Fide-Führungsgremiums allenfalls abgeschreckt werden - wodurch sich die Abhängigkeit von der Munifizenz des Präsidenten vergrössert -, scheint diesen nicht zu kümmern.
Im Sommer 2006 stehen in Turin an der Schacholympiade Wahlen an, wobei (erneut) verschiedene Gegenkandidaten ihr Glück versuchen wollen - mit geringen Erfolgsaussichten notabene. Iljumschinow scheint die Konkurrenz aber ungewöhnlich ernst zu nehmen. Konnte er das letzte Mal den einzigen Gegenkandidaten mit dem Versprechen auf einen Posten zum Rückzug bewegen, hat er nun verkündet, alle Kandidaturen für 2006 hätten ein Deposit von 1 Million Dollar zu hinterlegen. Nach einer Niederlage des Kandidaten behielte die Fide 20 Prozent davon, im Fall eines Sieges die ganze Summe. Das Geld würde für die Förderung von Schach für Kinder und in Drittweltländern eingesetzt. Lässt man die Frage nach der Legalität des Ansinnens beiseite, stellt sich noch jene, ob sich Iljumschinow als grosser Heilsverkünder der Schachgöttin Caïssa erweist oder ob er schlicht an seinem Posten klebt?
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