Sonntag, 12. Oktober 2014
Neonaziverdacht in bayerischer Justiz: Der rechte Herr Richter
Bayerns Justizministerium ist alarmiert: Ein Amtsrichter in Franken steht im Verdacht, eine bewegte Karriere in einer Neonazi-Band gehabt zu haben. In Songs schwadronierte er offenbar auch von der Vernichtung Israels.
Als Maik B. vor rund einem Jahr seinen Dienst aufnahm, waren die Kollegen am Amtsgericht Lichtenfels in Oberfranken erleichtert. Endlich entspannte sich die schwierige Personalsituation. Man freute sich über den Berufsanfänger, der von der Universität Berlin kam.
Inzwischen wird diese Freude einem ziemlichen Schrecken gewichen sein: Der Zivilrichter, der sich noch in der Probezeit befindet, steht nach Angaben des bayerischen Justizministeriums im Verdacht, "einen rechtsextremen Hintergrund" zu haben. Weil in der bayerischen Justiz kein Platz "für Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit jedweder Art" sei, habe man eine unverzügliche Anhörung des Betroffenen veranlasst, erklärte das Ministerium.
Auslöser für die Aktivitäten im Justizministerium dürfte unter anderem ein Bericht der "Abendzeitung" gewesen sein, die mit der Schlagzeile "Ein rechter Jurist im Amtsgericht?" am Freitag den Fall öffentlich gemacht hatte. Die Angelegenheit beschäftigt inzwischen auch den bayerischen Landtag: Grüne und SPD fordern eine schnelle Aufklärung.
Maik B., der zuletzt aus Brandenburg in den Freistaat gezogen war, gilt als wichtigste Figur der rechtsextremen Band "Hassgesang". Sie wird seit Jahren im brandenburgischen Verfassungsschutzbericht erwähnt, zuletzt 2013. Maik B. sei den brandenburgischen Sicherheitsbehörden "als aktiver Rechtsextremist bekannt", erklärte Ingo Decker, Sprecher des Innenministeriums in Brandenburg.
"Atomraketen auf Israel"
Die Liedtexte von "Hassgesang" machen deutlich, dass es sich bei der Band um eine Gruppe mit eindeutig rechtsextremer und antizionistischer Ideologie handelt: "Adolf Hitler, du machtest es uns vor! Adolf Hitler, Sieg Heil tönt zu dir empor", heißt es etwa in einem Song. In einem anderen: "Heilig sei allen Völkern der Befehl, Atomraketen auf Israel".
Als Urheber der Texte gilt Maik B.: "Hassgesang" sei "eher ein Projekt eines einzelnen Rechtsextremisten aus Brandenburg, der im Studio die Dinge meistens alleine einspielt" und der sich dann für Live-Auftritte passende Musiker suche - so referierte es ein brandenburgischer Verfassungsschützer im Sommer 2011 auf einer Fachtagung in Potsdam.
Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE reichte das braune Engagement von Maik B. aber noch viel weiter. So mischte er auch bei der Neonazi-Organisation "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" mit, die als "Spreelichter" firmierte und 2012 vom brandenburgischen Innenminister verboten wurde. B. hatte damals Klage gegen die vereinsrechtliche Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung erhoben, weil er weder Vereinsmitglied sei noch eine anderweitige Rolle für den Verein spiele. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg kam in einem Beschluss dagegen zu dem Ergebnis, dass es sich bei Maik B . "um einen Hintermann des Vereins" handele.
Maik B. war in seinem Einstellungsverfahren für die Richterlaufbahn in Bayern offenbar unauffällig geblieben. Dem Justizministerium zufolge wird bei Bewerbern geprüft, ob sie "jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung" eintreten. Anfragen beim Landesamt für Verfassungsschutz erfolgen dem Ministerium zufolge nur dann, wenn es Zweifel an der Verfassungstreue des Kandidaten geben würde. Geprüft würde zudem, ob der Kandidat "in der Vergangenheit einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten ist".
In Brandenburg verurteilt
Ein unbeschriebenes Blatt war Maik B. allerdings kaum: Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE wurde er 2004 vom Amtsgericht Cottbus zu einer Geldstrafe verurteilt. Grund dafür war, dass B. vervielfältigungsfähige Musiktitel mit volksverhetzenden und zu Straftaten auffordernden Texten eingespielt hatte. Es ging dabei um die CD "B.Z.L.T.B." - die Abkürzung im Titel der indizierten CD soll für "Bis zum letzten Tropfen Blut" stehen.
Auch dem bayerischen Verfassungsschutz war Maik B. bekannt: Wenige Wochen nach dessen Umzug informierte der brandenburgische Verfassungsschutz die Kollegen im Freistaat in einer sogenannten Erkenntnismitteilung über den Mann, der damals in Lichtenfels noch der nette Herr Richter war.
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