Sonntag, 29. September 2013

Warnung vor Eskalation in Syrien

Von Rainer Rupp JungeWelt vom 25.09.2013 Es liegt im Interesse der USA zu erkennen, daß für den Fall eines Scheiterns der Diplomatie bei der chemischen Entwaffnung Syriens auf US-Militärschläge mit ziemlicher Sicherheit russische Vergeltungsmaßnahme gegen ein breites Spektrum strategischer US-Interessen folgen werden und die Möglichkeit einer Eskalation erheblich sein wird«. Diese Warnung verschickte der private US-Nachrichtendienst Lignet kürzlich an seine zahlenden Abonnenten und hob sie im Originaltext durch fette Buchstaben besonders hervor. Die Kunden sind wie beim Konkurrenzunternehmen Stratfor vor allem international operierende Konzerne, Nichtregierungsorganisationen und Denkfabriken. Die Analysen und Einschätzungen werden zumeist von ehemaligen Mitarbeitern der diversen US-amerikanischer Geheimdienste gefertigt, als Lignets Chefberater fungiert der ehemalige Vier-Sterne-General Michael Hayden, früher zunächst Chef der NSA, später der CIA. Auch wenn es in den kriegslüsternen US-Medien nicht diskutiert wird, wissen die Eingeweihten in der US-Regierung, in Administration und Kongreß offensichtlich sehr wohl Bescheid, welch gefährliches Vabanquespiel sie in der von ihnen geschürten Syrien-Krise begonnen haben. Auch die russische Duma warnte in an den US-Kongreß gerichteten, einstimmig verabschiedeten Erklärungen vor einem Militärschlag gegen Syrien, weil das zu einer Ausweitung des Krieges führen werde. Sogar von einem Dritten Weltkrieg war die Rede, offensichtlich vor dem Hintergrund, daß inzwischen zehn große Kriegsschiffe Rußlands vor der Küste Syriens operieren. Zugleich machte die Duma klar, daß Moskau auf einen US-Angriff gegen Syrien mit Vergeltungsmaßnahmen gegen US-Interessen antworten werde. Dazu gehört demnach z. B. die Aussetzung der Zusammenarbeit mit den USA bei der Versorgung der US-Truppen in Afghanistan. Da die Route über Pakistan zu gefährlich geworden ist, läuft ein Großteil der logistischen Unterstützung für die US- und NATO-Streitkräfte derzeit über Rußland. Das wird für den vorgesehenen Teilabzug vom Hindukusch 2014 besonders wichtig. Die Duma erwähnte auch die mögliche massive Belieferung Syriens und Irans mit modernsten Defensivwaffen, wie z. B. dem S-300 Flugabwehr- und Antiraketen­system. Jede Militärintervention der westlichen Abenteurer würde so einen weitaus höheren Blutzoll und unkalkulierbare Kosten nach sich ziehen. Obwohl die Duma-Erklärung in Rußland weit verbreitet wurde, wird sie von US- und westlichen Medien ignoriert. Ähnliches gilt für die Delegation des russischen Parlaments, die in Washington war. Lignet dagegen schließt seine Analyse mit den Worten: »Die russischen Drohungen, US-Angriffe in Syrien zu vergelten, sind glaubwürdig. Wie im Jahr 1914 könnten die Eskalationsmöglichkeiten die Erwartungen und Vorstellungen aller Beteiligten überschreiten«.

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