Sonntag, 15. September 2013

CIA, Pentagon, State Department und der Putsch in Chile

Nordamerikanische Monopole, State Department, Pentagon und CIA haben sich wegen der hohen Zustimmung zur Regierung Allende in der chilenischen Bevölkerung und der kontinentalen Ausstrahlung wesentlich an der Vorbereitung und Durchführung des Putsches gegen die Regierung der Unidad Popular beteiligt. Darüber liegen inzwischen zahlreiche Veröffentlichungen und Dokumentationen vor. Bereits am 6. April 1972 war in der Washington Post zu lesen, dass von der US-Regierung Agenten der CIA und des State Departments nach Chile entsandt worden waren. Die »Agentur für internationale Entwicklung« (AID) der USA versorgte die CIA mit den notwendigen Mitteln für den Kampf gegen die Unidad Popular und für die Finanzierung der verschiedenen oppositionellen Gruppierungen in Chile. Vom 5. Stockwerk des Gebäudes des US-Botschaft in der Calle Augustinas 1343 in der Hauptstadt Santiago organisierte die Zweigstelle der United States Information Agency (USIA) unter direkter Leitung von James J. Halsema, Botschaftssekretär und Direktor für Kultur und Presse, einen gezielten ideologischen Kampf gegen die Unidad Popular Regierung unter allen Bevölkerungsschichten in Chile. Zu diesem Zweck unterhielten die USIA-Mitarbeiter engen Kontakt zu chilenischen Rundfunk- und Presseeinrichtungen sowie zu einzelnen Journalisten, mit denen sie bereits unter der konservativen Frei-Regierung zusammengearbeitet hatten. Solche Personen wurden bevorzugt zu Kursen und Informationsreisen in die USA eingeladen. Bei der Vorbereitung des Umsturzes gingen die CIA und das State Department mit wissenschaftlicher Gründlichkeit zu Werke. Weitgehend stützten sie sich auf soziologische Studien (lies Spionageergebnisse), die in Chile wie in anderen lateinamerikanischen Ländern im Auftrag des Pentagon vom »Special Operations Research Office« (SORO) der Universität Washington durchgeführt worden waren. Studie über das chilenische Militär Bereits Anfang 1966 (!) veröffentlichte der Nordamerikaner Ray Allen Hansen mit Unterstützung der Ford-Stiftung Studien über die Situation in der chilenischen Armee. Nach dieser Studie waren die chilenischen Streitkräfte »eine Organisation in Dekadenz, was ihre Befehlsstäbe in einen Konflikt (mit den inneren Verhältnissen, d. Autor) führen, und sie veranlassen wird, sich politisch zu engagieren.« Der Verfall trage zu steigendem Misstrauen der Armee gegenüber den politischen Organisationen und Institutionen des Systems bei und zu den Überzeugung, die Führung der Nation sei bei den Militärs in besseren Händen. Hansen stellte eine ganze Reihe von Ermittlungen an, die für die Aktionen der CIA unmittelbare Bedeutung hatten, so z.B. über die Frage, ob das Militär für das Land als Hüter der Verfassung auch notwendig sei, wenn kein Kriegszustand herrsche. Von einer repräsentativen Anzahl chilenischer Offiziere bejahten 86% die Frage. 14% dagegen sagten nein. Entsprechend verhielt sich auch das Offizierskorps im September 1973, indem es als »Hüter der Verfassung« (obwohl es ihr zuwiderhandelte) ausgab, teils offen gegen die bürgerlich-demokratische Ordnung (Parlamentarismus, Gewerkschaften, Bildungswesen, Pressefreiheit usw.) zu Felde zog. Nach Hansen hatten 55% des höheren chilenischen Offizierskorps eine Ausbildung in den USA erhalten. 13% verfügten über eine sogenannte Ranger-Spezialausbildung, die sie in der früher von den USA kontrollierten Panamakanalzone erhalten hatten. Seit 1968 mussten alle Absolventen der chilenischen Militärakademie »Bernardi O-Higgins« einen zweimonatigen Lehrgang unter Kontrolle der »Boinas Verdes« (US-Green Baretts) besuchen. Der nordamerikanischen Presse zufolge haben die USA in den 60er und 70er Jahren für die Ausbildung chilenischer Offiziere mehr Geld ausgegeben, als für die Ausbildung in irgendeinem anderen Land der Welt. Allein 1972 betrugen die Mittel hierfür eine Million US-Dollar. Dieser Tatsache Rechnung tragend hatte das Pentagon eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Offiziere und Spezialisten der einzelnen Waffengattungen nach Chile entsandt, die wie folgt in der Botschaft eingegliedert waren: Defence Attaches Office, United States Military Group, Army Section, Navy Section, Air Section - mit etwa 50 (!) Mitarbeitern. Was die »demokratische Stabilität« der chilenischen Streitkräfte anlangt, so kam nach Hansen weder der Luftwaffe noch der Marine eine auch nur annähernd gleiche Bedeutung zu wie dem Landheer. Damit bestätigte er, was in der chilenischen Öffentlichkeit ohnehin bekannt war, dass vor allem die Kriegsmarine das traditionelle Zentrum der reaktionären Strömungen und Tendenzen innerhalb der chilenischen Militärkaste verkörperte. Die CIA war wichtiger Verbündeter Dass für diese Kräfte die CIA ein wichtiger Verbündeter zur Durchsetzung ihrer Bestrebungen war, wird schlagartig durch die Tatsache erhellt, dass auf jeder schwimmenden Einheit der chilenischen Marine, die »zufällig« am Tag des Putsches kombinierte Flottenmanöver durchführte, CIA-Offiziere anwesend waren. Aus den verschiedenen CIA-»Studien« ergab sich, dass es notwendig war, den rechten Kräften in der chilenischen Armee Vorwände zum militärischen Eingreifen als »Hüter der Verfassung« zu liefern, um vorhandene Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Streitkräfte zu überwinden und bei dem geplanten Putsch ein einigermaßen einheitliches Vorgehen zu sichern. Dazu erarbeitete der Wirtschaftsberater der chilenischen Junta im Außenministerium, Orlando Sáez (Präsident der Sociedad de Fomente Fabril - Gesellschaft zur Förderung des Handwerks) ein Dokument, in dem angesichts des »institutionellen Patts«, wie er die Unfähigkeit der chilenischen Großbourgeoisie bezeichnete, mit legalen Mitteln der demokratischen Entwicklung entgegentreten zu können, ein »Militärputsch als Alternative zum Bürgerkrieg« ins Auge gefasst wurde. Dieser Plan ging unmittelbar auf ein gemeinsames Projekt des nordamerikanischen Mammutkonzerns ITT und der CIA zurück, auf das Ende September 1973 der US-Senator Fulbright hinwies, nämlich einen regelrechten Wirtschaftskrieg gegen die chilenische Regierung zu organisieren, dessen erklärtes Ziel der Sturz der Regierung Allende war. Die reaktionären Kräfte begannen, Maßnahmen einzuleiten, mit deren Hilfe die Staatsstreichpolitik »gerechtfertigt« werden sollte. Im Mai 1973 kam es zur Gründung des »Commando Unico Gremial« der Transportunternehmer, Grundbesitzer, Industriellen, Kaufleuten, beruflichen Körperschaften und Berufsständen zur Organisierung des wirtschaftlichen Chaos. Zuvor war eingeschätzt worden, dass, wenn die Unidad Popular bei den Wahlen über 42% der Stimmen erringen würde, selbst die Staatsstreichvariante zur Beseitigung Allendes scheitern müsste, da der Argumentation der rechten Kräfte, die Unidad Popular Regierung verletze die Verfassung, bei einem solchen Wahlausgang jede Grundlage entzogen würde. Zu den Vorbereitungen für den Sturz Präsident Allendes äußerte sich später der Chef der Junta, General Pinochet, in einem Interview mit der Zeitschrift »Ercilla«: der Generalstab der Armee habe schon im April 1972 die »Materialisierung des unüberwindlichen Konflikts zwischen der exekutiven und legislativen Gewalt als nicht verfassungsmäßige Lösung« bezeichnet und am 23. Mai 1973 eine defensiv-offensive Planung beschlossen. Dazu gehörte - laut Pinochet - der sogenannte Plan Albora und der die Nachrichtenverbindungen betreffende Plan Silencio. An der Ausarbeitung des Plans Silencio beteiligten sich in besonderem Maße Pinochet selbst sowie der Operationschef des Heeres und Konteradmiral Patricio Carvajal - später Außenminister der faschistischen Junta. Dazu reisten der ehemalige Direktor der Militärakademie Bernardo O'Higgins, Oberst Alberto Labbé sowie General Alfredo Canales (ehemaliger Direktor der Militärinstitute des Heeres) mit Flugzeugen der brasilianischen Luftwaffe nach Brasilien. Beide Offiziere waren wegen aufrührerischer Aktivitäten und ihrer Verbindungen zur CIA von Präsident Allende in den Ruhestand versetzt worden. Direkte Verbindungen mit Washington Für direkte Verbindungen mit US-amerikanischen Institutionen (vor allem der CIA und dem State Department) sorgten in dieser Phase der Entwicklung die Führer der Unternehmerverbände wie Jorge Fontaine (Präsident der Confederación de la Producción y el Commercio - Verband für Produktion und Handel), der bereits erwähnte Orlando Sáez, Benjamin Matte (Präsident der Sociedad Nacional de Agricultura - Großgrundbesitzervereinigung), Pablo Rodríguez (Generalsekretär der offen faschistischen Partei »Patria y Libertad«), Sergio Onofre Jarpa (ehemaliger Senator der PN - Nationalpartei) und vor allem Eduardo Frei (ehemaliger Senator und Präsident der Republik, Parteiführer der christdemokratischen Partei PDC). Mit diesem Personenkreis erschöpften sich die Verbindungen zur CIA jedoch nicht. Der spätere Consejero e Difusión (Propagandarat, Pressechef) der Militärjunta, Alvaro Puga, war bis zum Tage des Staatsstreiches Direktor von Radio Sociedad Nacional de Agricultura und Leitartikler der Zeitung »La Segunbda« von der Publikationskette »El Mercurio«. Der Edwards-Clan dieses mehrere Zeitungen und Zeitschriften umfassenden Zeitungsmonopols unterhielt und unterhält enge Verbindungen zu einflussreichen nordamerikanischen wirtschaftlichen und politischen Kreisen. Puga ist Rechtsanwalt und Jurist, lebte in den Jahren 1967 bis 1970 in Kolumbien, wo er für die Botschaft der USA an verschiedenen Projektes des Geheimdienstes gearbeitet hatte. Seit 1964 in den Diensten der US-Regierung erfolgte sein erster Einsatz unter dem Presseattaché der USA-Botschaft in Santiago. Die Presseaktivitäten der Botschaften waren eng mit den Projekten der nordamerikanischen Kupferkonzerne Anaconda Copper, Kennecott Copper, Chile Exploration etc. gekoppelt. Puga beteiligte sich auch an der Organisation von Vereinigungen, die später die Unternehmerstreiks gegen die Regierung Allende durchführten. Erste zu diesem Zweck erforderliche Kontakte und Zusammenkünfte erfolgten auf Landgütern in der Nähe Santiagos unter Beteiligung von »Gremilalistas« (Angehörige von Berufsverbänden), darunter Jaime Guzmán (Rechtsanwalt der UC - Universidad Católica in Santiago), Jaime del Valle, Fernando Maturana (ehemalige Senatoren des PIR), Julio Durán Neumann, Raúl Morales Adriasolo, Sergio Onofre Jarpa, Sergio Diez, Rafael Moreno, Arturo Matte Larraín, Mario Arnello, Francisco Bulnes, General i.R. Alberto Labbé und Oberst i.R. Alfredo Canales. Andere in die Pläne einbezogene Personen hielten ständig Kontakt zu den genannten, vor allem aus Kreisen der christdemokratischen PDC über den Mittelsmann Claudio Orrega, Abgeordneter und ehemaliger Propagandarat der Regierung Frei (PDC). Orrega war Verbindungsmann zwischen Frei und den chilenischen Mitarbeitern der US-Botschaft. Später fanden die Zusammenkünfte im »Club de la Unión«, dem gesellschaftlichen Zentrum reicher Industrieller und Großgrundbesitzer, statt. In diesem Club versammelten sich jeden Freitag die Führer der Putschisten (»Club de los Viernes«) zur Koordinierung der politisch-militärischen Aktionen. Anwesend waren dabei auch der US-Botschaft Harry W. Shlauderman, der US-Generalkonsul und CIA-Agent Frederik D. Purdy oder Franklin Ponini, der vom Kulturattaché zum Presseattaché avancierte. Gelegentlich erschien auch der US-Botschafter, Nathaniel Davis, höchst persönlich. Der Priester Raúl Hazbun, Direktor der Fernsehstation Universidad Católica, nahm an den letzten Besprechungen im August 1973 ebenfalls teil. In Abstimmung bzw. in direktem Auftrag der USIA hetzte Hazbun in entsprechenden Fernsehprogrammen gegen die »Kräfte des Bösen« unter offener Anspielung auf die Unidad Popular und bereitete die Zuschauer auf die »Teilnahme an einem blutigen Gefecht« vor. Man müsse von Null an unter einem »christlichen Himmel beginnen«. US-Diplomaten involviert Die US-Diplomaten Davis, Shlauderman, Tonini, Villarearl sowie Purdy koordinierten die Aktionen der CIA mit chilenischen Politikern und Unternehmern, unter ihnen Benjamin Matte von der Sociedad Nacional de Agricultura, Orlando Sáenz von der Sociedad de Fomento Fabril, Julio Bazán von der Confederación de Colegios Profesionales de Chile, Jorge Fontaine von der Confederación de la Producción y el Comercio, León Vilarín von der Confederación de Dueos de Camiones, Rafael Cumsille von der Cámara de Comercio Detaillista sowie weitere Funktionäre chilenischer Berufsverbände. Die Journalisten Mario Carneyro und Rafael Otero nahmen aktiv am Putsch teil. Beide hatten direkten Kontakt zu Claude Villareal, ein US-«Diplomat«, der zuvor gleichartige Funktionen in Tunis (1979) und Brasilien (1962 bis 1967) ausübte, wo er aktiv am Sturz des Präsidenten Coulart beteiligt war. Sie hielten auch Verbindung zu Franklin Tonini, einem Sowjet«experten« bzw. »Sowjetologen« des State Department. Zusammen mit dem späteren Pressesekretär der Junta und Beauftragten für ausländische Korrespondenten, Frederico Willoughtby-Macdonald, installierte Rafael Otero mit nordamerikanischer Beratung und Unterstützung Abhörapparaturen im Präsidentenpalais und in Privatwohnungen von Funktionären der Unidad Popular Regierung. Willoughby-Macdonald hatte sich seine Qualifikationen als ehemaliger Geschäftsführer der Abteilung Public Relations der Ford Motor Company in Chile, als Redakteur der Zeitschrift »Diario Ilustrado« und Presseberater Allessandris bei dessen Präsidentschaftskandidatur erworben. Während der Vorbereitungen des Putsches unterhielt er ebenfalls enge Kontakte zur US-Botschaft. Er gehörte zudem einem Geheimkommando der faschistischen Organisation »Patria y Libertad« an. Zu den Vorbereitung des Militärputsches gehörte auch die Stationierung eines unmittelbar mit der Durchführung beauftragten Sonderteams in der US-Botschaft in Santiago. Allein zehn Personen, die im September 1973 in der Botschaft Dienst taten, waren Mitarbeiter der CIA. Zwei von ihnen hielten sich »natürlich rein zufällig« 1954 in Guatemala auf, als die Regierung Arbenz gestürzt wurde. Zwei weitere befanden sich 1965 während des Überfalls der USA auf die Dominikanische Republik im Lande. Spezialisten also. Am 11. Oktober 1973 bestätigte der damalige CIA-Direktor William Colby vor dem Unterausschuss für interamerikanische Fragen, dass während der Zeit der Vorbereitung und Durchführung des Putsches CIA-Agenten in Chile tätig waren. Es kann also kein Zweifel daran bestehen, dass die von der CIA und ihren chilenischen Helfern organisierte verdeckte nordamerikanische Aggression gegen das chilenische Volk in jeder Phase ihrer Entwicklung mit Wissen und Billigung der US-Regierung erfolgte. Der faschistische Militärputsch war zu keinem Zeitpunkt eine innere Angelegenheit der Republik Chile, sondern das Produkt der Machenschaften der USA gegen ein Land, das versucht hatte, sich der Ausbeutung durch übermächtige Konzerne wie ITT, Kennecott und Anaconda zu entziehen. Gegen die Unidad Popular Regierung hatten nordamerikanische Monopole, State Department, Pentagon und CIA von Spionen, Terror, Sabotage, Desinformationskampagnen bis hin zur ökonomischen Destabilisierung alle Register gezogen, um diese zu diskreditieren und schließlich mit Gewalt zu beseitigen. Wenn Pinochet angeklagt werden sollte, dann gehören die nordamerikanischen Drahtzieher seines Putsches sowie ihre chilenischen Helfershelfer mit auf die Anklagebank! Enrique Bermudez aus: http://www.infolinks.de/medien/geheim/1999/03/005.htm

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