Freitag, 26. April 2013
Wie die SPD im Wahlkampf die "Rente mit 67" zu rechtfertigen versucht
25.04.13 - Die SPD hat auf ihrem Bundesparteitag am 14. April in Augsburg ein "Wahlprogramm 2013" beschlossen. Es enthält auch Forderungen zur "Rente mit 67", die angeblich dem drohenden Absturz in die Altersarmut entgegenwirken sollen, wenn zukünftig viele Menschen gar nicht mehr so lange arbeiten können. Nur wer 45 Versicherungsjahre nachweisen kann, soll abschlagsfrei ab 63 Jahren in Rente gehen können. Aber wer kann das heute noch? Da die "Rente mit 67" erst 2029 allgemeingültig wird, ist es auch ein reines Lippenbekenntnis, wenn die SPD erklärt, dass das Renteneintrittsalter vorerst nicht angehoben werden und die Rente mit 67 erst dann verbindlich eingeführt werden soll, wenn "mindestens die Hälfte der 60- bis 64-jährigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt" sind.
Solche Forderungen dienen vor allem der Spurenverwischung. Die SPD möchte am liebsten vergessen machen, dass sie selbst die "Rente mit 67" in der Großen Koalition 2007 maßgeblich mit durchgesetzt hat. Abgelenkt werden soll dadurch aber auch davon, dass sie nach wie vor an diesem durch und durch unsozialen Rentensenkungsgesetz zu Gunsten der Profite von Großkonzernen und Banken festhält. Thomas Oppermann, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, gibt zu, die Partei habe damit deutlich definiert, dass "die Rente mit 67 kommt".
Die Anhebung des Renteneintrittsalters und die Senkung der Renten ist Bestandteil der früheren "Lissaboner Strategie" der EU und ihres jetzigen Planes "Europa 2020". Sie ist ein Kernstück der Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen in Europa. Daran will die SPD nicht rütteln.
Skandalös ist aber auch, dass die IG-Metall-Führung mit ihrer Kampagne "Gute Arbeit - gut in Rente" ganz auf der Linie des SPD-Parteitags auf die Unterstützung dieser Rentensenkung eingeschwenkt ist, statt an der Forderung "Weg mit der Rente mit 67" festzuhalten. Kurz nach dem SPD-Parteitag begründet der stellvertretende IGM-Vorsitzende Detlef Wetzel auf einer Pressekonferenz in Berlin am 17. April die Aufgabe der Kampfs gegen die "Rente mit 67" so: "Wir halten die Rente mit 67 für falsch, aber die Situation ist, wie sie ist. Also müssen alle dazu beitragen, dass die Menschen bis 67 arbeiten können." (Interview mit dem "Tagesspiegel")
Von der Masse der Gewerkschaftsmitglieder wird dies ganz anders gesehen. Sie wissen, dass das angesichts steigender Arbeitsbelastung in den Betrieben für die allermeisten Arbeiter und Angestellten keine reelle Option ist. Gegen die "Rente mit 67" führten zwischen 2007 und 2010 Hunderttausende Protestaktionen in Betrieben durch und gingen dafür auf die Straße. Auch auf dem IGM-Gewerkschaftstag im Oktober 2011 gab es 30 Anträge gegen die "Rente mit 67", davon 23, die sie abschaffen wollten. Die "Rente mit 67" bleibt neben den Hartz-Gesetzen eines der am meisten gehassten Gesetze in Deutschland.
Gesetze sind jedoch nicht in Stein gemeißelt. Die selbständigen Streiks gegen die Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall 1996 haben schon bewiesen, dass es nötig und möglich ist, bestehende Gesetze zu Fall zu bringen. Die "Rente mit 67" muss ohne Wenn und Aber vom Tisch. Das ist ein wirklicher "Prüfstein" im Interesse der Arbeiter für Parteien zur Bundestagswahl.
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