Montag, 22. April 2013
„Noch immer lebt Marx und verändert die Welt“
Von Manuel E. Yepe
„People’s Voice“ , Zeitung der Kommunistischen Partei Kanadas Ausgabe vom 16. April 2013
„Karl Marx wurde für tot und begraben gehalten. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und Chinas großem Sprung nach vorn in den Kapitalismus schien die Klassenauseinandersetzung, von der Marx glaubte, dass sie den Gang der Geschichte bestimme, in einem blühenden Zeitalter des Freihandels und der freien Marktwirtschaft dahinzuschmelzen.“ Nach Annahme und Berichterstattung der US-Monopolmedien entsprach die Weltkulisse ebendieser simplen Idee, doch die trotzige Wirklichkeit hat andere Analysen erzwungen, etwa jene von Michael Schuman, die am 27. März im TIME-Magazin veröffentlicht wurde und mit dem oben zitierten Absatz beginnt.
Was der Artikel als Chinas großen Sprung nach vorn in den Kapitalismus bezeichnet, ist eigentlich das Wirtschaftswunder, mit dem der asiatische Gigant die menschheitsgeschichtliche Höchstleistung auf dem Gebiet der Armutsbekämpfung errungen hat – auf der Grundlage einer Entwicklungsstrategie seines sozialistischen Projekts, die in weiterem Rahmen und intensiver als früher die Instrumente von Markt, Eigeninitiative und Auslandsinvestionen wie auch die Möglichkeiten und den großen Wirkungsbereich, die von der Globalisierung geboten werden, nutzt.
Der TIME-Artikel besagt, dass man, obwohl Marxens Theorie von der Diktatur des Proletariats nicht recht wie geplant funktioniert habe, akzeptieren müsse, dass das, was Marx vorausgesagt habe, angesichts der heutigen zunehmenden Ungerechtigkeit gerechtfertigt und der Klassenkampf auf der ganzen Welt zurück sei. TIME erkennt an, dass die Reichen in den USA immer reicher werden, während die Mittelschicht und die Armen den Preis dafür zahlen. Es warnt davor, dass Marxens scharfe Kapitalismuskritik, das System sei von Natur aus ungerecht und selbstzerstörerisch, hinsichtlich einer Weltwirtschaft, die in einer langwierigen Krise steckt und einer Arbeiterschaft, die weltweit mit Arbeitslosigkeit, Schulden und Lohnstagnation belastet wird, nicht so einfach abgetan werden könne. Die Zukunft deute auf eine verschärfte Auseinandersetzung zwischen den Reichen und den arbeitenden Klassen, legte das US-Monopolmedium nahe.
„Die Proletarier aller Länder werden immer verärgerter und fordern von der Weltwirtschaft ihren gerechten Anteil. Vom Plenarsaal des US-Kongresses über die Straßen von Athen zu den Fließbändern Südchinas wird politisches und wirtschaftliches Geschehen von eskalierenden Spannungen zwischen Kapital und Arbeit in einem solchen Maße, wie es seit den kommunistischen Revolutionen des 20. Jahrhunderts nicht mehr gesehen wurde, geprägt. Die Spannungen zwischen den wirtschaftlichen Klassen in den USA sind klar im Zunehmen. Die Gesellschaft ist als Kluft zwischen den ’99%‘ (dem einfachen Volk, das kämpft, um über die Runden zu kommen) und dem ’einen Prozent‘ (den einflussreichen und privilegierten Superreichen, die von Tag zu Tag reicher werden) wahrgenommen worden“, erklärt die US-Publikation.
In einer Umfrage, die im vergangenen Jahr vom Pew-Forschungszentrum veröffentlicht wurde, glaubten zwei Drittel der Befragten, die USA litten unter einem „starken“ oder „sehr starken“ Konflikt zwischen Arm und Reich – eine bedeutsame Zunahme um 19 Prozentpunkte seit 2009. Im erwähnten Votum wurde der Konflikt zwischen Arm und Reich somit als die wichtigste Spaltung in der Gesellschaft eingestuft.
Der TIME-Artikel warnt davor, dass die Klassenauseinandersetzung die amerikanische Politik dominiert und zeigt sich überzeugt, dass „die Parteienschlacht um die Art und Weise, wie das Haushaltsdefizit der Nation zu bekämpfen ist, in hohem Grade ein Klassenkampf gewesen ist. Wann immer Präsident Barack Obama von Steuererhöhungen für die vermögendsten Amerikaner zur Schließung der Haushaltslücke spricht, schreien Konservative, er führe einen ’Klassenkrieg‘ gegen die Wohlhabenden.“ Er untermauert seine Äußerungen mit der Tatsache, dass Obama einen großen Teil seiner Wiederwahlkampagne darauf stützte, die Republikaner als hartherzig gegenüber den arbeitenden Klassen zu charakterisieren.
Es gibt Anzeichen, dass die Werktätigen der Welt im Zusammenhang mit ihren dürftigen Perspektiven zunehmend ungeduldiger werden. Zehntausende sind in Städten wie Madrid und Athen auf die Straße gegangen, um gegen astronomisch hohe Arbeitslosigkeit und alles verschlimmernde Sparmaßnahmen zu demonstrieren. Der TIME-Artikel erinnert uns daran, dass die US-amerikanische und europäische politische Linke seit dem marktradikalen Angriff Margaret Thatchers und Ronald Reagans nach rechts geschleift wurde, weist jedoch darauf hin, dass sie beginnt, einen glaubwürdigen alternativen Kurs zu entwickeln.
Der Essay schließt mit der Aussage, dass Marx nicht nur die Fehler des Kapitalismus, sondern auch deren Folgen analysiert habe: „Wenn politische Entscheidungsträger keine neuen Methoden zur Sicherstellung wirtschaftlicher Chancengerechtigkeit entdecken sollten, mögen sich die Proletarier aller Länder tatsächlich vereinigen. Marx mag noch seine Rache nehmen.“
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