Montag, 10. September 2012
Das gezeichnete Schlachtfeld
Wave and Smile: Comics ziehen in den Krieg
Die Story – Der Hintergrund – Die Produktion
„Comics ziehen in den Krieg“, war der Titel eines Themenabends
des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders ARTE im Januar 2012.1
Nach dem irankritischen Animationsfilm „Persepolis“ (2007) und
dem Animationsfilm „Waltz with Bashir“ (2008), der die traumati-
schen Erlebnisse eines israelischen Soldaten während des Libanon-
kriegs Anfang der 1980er Jahre thematisiert, wurde der italienische
Dokumentarfilm „Comics ziehen in den Krieg“ (2008) gezeigt.
Regisseur Mark Daniels stellt darin mehrere Künstler vor, die sich
der dokumentarischen Darstellung realer Kriege in ihren Arbeiten
widmen.2 Die Comics bilden ein relatives neues, „Graphic Novel“
genanntes Genre der Medien mit journalistisch-dokumentarischem
Anspruch. In Deutschland ist mit dem im Juli erschienenen „Wave
and Smile“ nun ein erstes Comic-Buch, das den Versuch unter-
nimmt Krieg – und zwar den der Bundeswehr in Afghanistan – in
gezeichneter Form zu thematisieren, erschienen: „Mit Arne Jysch
wendet sich der erste deutsche Zeichner dem Thema Afghanistan
zu. Gekonnt erzählt und inszeniert er eine spannende Geschichte
in den Wirren des Bundeswehreinsatzes, die von Freundschaft und
Verantwortung handelt. Gleichzeitig vermittelt Arne Jysch dem
Leser eine wirklichkeitsgetreue Darstellung des Alltags in diesem
remden Land und was es für einen deutschen Soldaten heißt, dort
Dienst zu tun. Das alles schafft er, ohne ideologisch oder belehrend
zu sein. Es ist einfach nur - spannend“, wirbt der Carlsen-Comic-
Verlag für sein Buch.3 Doch wird der Bundeswehr-Comic, dessen
Produktion die deutsche Armee unterstützte, diesem Anspruch
gerecht? Wie viel Fiktion steckt in der gezeichneten Geschichte und
welchen Hintergrund hat sie?
Nachdem die Geschichte von „Wave and Smile“ vorgestellt
wurde, wird eine inhaltliche Analyse vorgenommen: Welche Aus-
gangslage thematisiert der Comic? Welche Akteure werden wie dar-
gestellt? Welche – auch politischen – Aussagen werden dem Leser
und Betrachter vermittelt? Danach kommt ein kurzes Kapitel über
die Produktion des Comics, an dem das deutsche Militär beteiligt
war, gefolgt von einem abschließenden Fazit.
1. Die Story
„Wave and Smile“ erzählt eine im Sommer 2009 in der afghani-
schen Provinz Kunduz beginnende Geschichte um den deutschen
Bundeswehr-Hauptmann Chris Menger – und beginnt imposant:
das Fahrzeugzeug des Hauptmanns gerät in einen Hinterhalt von
Aufständischen und wird heftig beschossen: „Deckungsfeuer –
rechte Flanke! Alle Feuer und raus! Raus! Raus!“ schreit Haupt-
mann Menger (Seite 9). Beim nachfolgenden Gefecht muss der
Bundeswehr-Trupp den geordneten Rückzug antreten. Dabei fährt
ein Radfahrzeug vom Typ „Dingo“ auf eine Sprengfalle und wird
vollkommen zerstört (S. 12). Drei deutsche Soldaten lassen in dem
Gefecht ihr Leben (S. 13). Die Szene erinnert an das Karfreitags-
Gefecht vom 2. April 2010, bei dem eine Bundeswehr-Patrouille
im Distrikt Chahar Dara in einen Hinterhalt von Taliban geriet
und – wie in „Wave and Smile“ – drei deutsche Soldaten starben
und mehrere zum Teil schwer verletzt wurden.4 Beim Rückzug der
ISAF-Einheit der NATO fuhr dabei – wie im Comic – ein Bundes-
wehr-Fahrzeug vom Typ „Dingo“ auf eine Sprengfalle. Arne Jysch
griff dabei für die Bebilderung (S. 13) allerdings auf ein Bild eines
im März 2008 von Taliban zerstörten und auf der rechten Seite
liegenden Bundeswehr-„Dingo“ zurück.5
Einen Tag später im Bundeswehr-Feldlager muss sich Hauptmann
Menger anderen Problemen stellen: die Heeresleitung will wissen,
ob das automatische Maschinengewehr auf dem Dach des ange-
sprengten „Dingos“ ordnungsgemäß ausgebaut wurde, bevor die
Truppe das Fahrzeug zurück ließ: „Das ist doch nicht wahr, oder?
Wir haben da draußen drei Mann verloren. Der Rest ist gerade
mal so davongekommen und die wollen allen erstes wissen, ob wir
die Lafette ausgebaut haben?“, erbost sich Menger (S. 22ff). Der
Oberst beruhigt ihn: es tue ihm leid, er müsse eben etwas melden,
werde sich aber selbst ein Bild vom Wrack machen. „Aber ohne
meine Männer! Ich trage die Verantwortung für sie und das kann
und will ich ihnen nicht zumuten. Unter keinen Umständen“,
erklärt Hauptmann Menger deutlich mit verschränkten Armen.
„Und wenn ich ihnen den Befehl dazu gebe?“, droht der Oberst.
„Dann werde ich ihn verweigern und sie haben eine Menge Papier-
kram“, kontert Menger.
Mit einem Bundeswehr-Flugzeug trifft die junge Fotojournalistin
Anni bei der deutschen ISAF-Truppe ein: „Presse ist ja wohl das
Letzte was wir hier jetzt brauchen!“, kommentiert ein Soldat (S.
29). Hauptfeldwebel Marco hingegen wirft gleich ein Auge auf die
gutaussehende und kesse Journalistin (S. 31ff). Anni, die Haupt-
mann Chris Menger noch von einer Truppenübung – die Bundes-
wehr bietet für Journalisten Kurse zum Verhalten in Krisengebieten
an – kennt, darf gleich mit auf eine Patrouille in die nächste Stadt
(S. 37ff): „Als wir hier 2001 auftauchten waren die Meisten erst
ganz happy. Aber in letzter Zeit....wir können eben nicht so helfen,
wie sich das viele erhofft haben. Und wegen der erhöhten Gefähr-
dungslage gehen wir nicht mehr so entspannt auf die Leute zu...
naja...und nach acht Jahren....viele sind enttäuscht. Das spürt
man“, erklärt Menger der Journalistin (S. 43). Die macht während-
dessen Fotos von den herumlaufenden Menschen und deutschen
Soldaten: „Das werden bestimmt gute Fotos. Aber ich glaube nicht,
dass sie helfen können unseren Auftrag besser zu verkaufen“, kom-
mentiert Menger (S. 44). Anni entgegnet: „Propaganda ist auch
nicht mein Job! Ich versuche alle Seiten darzustellen und möglichst
neutral zu bleiben.“ „Neutrale Bilder als embedded Journalist...?
Ist das nicht ein bisschen naiv?“, fragt Menger und bekommt von
der Journalistin eine Gegenfrage als Antwort: „Ist es nicht naiv, in
einem Land, das fünftausend Kilometer weit weg ist, sein Leben für
eine Mission ohne Ziel zu riskieren?“ Anni geht, die Soldaten sehen
sich an - die Diskussion endet für beide Seiten unbefriedigend.
Am Abend zurück im Feldlager Kunduz trinken die Soldaten
mit Anni erst mal einen Tequilla auf „Fallschirmjäger“-Art. Deut-
sche Soldaten machen Witze über Taliban und Marco spricht vor
dem Gebäude mit Anni über ihren Beruf und warum sie nach
Afghanistan gekommen ist. Er habe Hauptmann Chris umstim-
men können und dafür gesorgt, dass Anni die Soldaten bei ihrer
nächsten Mission begleiten dürfe (S. 51). Das freut Anni zwar, sie
will – das vermittelt sie energisch – aber keine Schutzbedürftige der
Soldaten sein, sondern könne auf sich selbst aufpassen.
Die Mission beginnt: mit zwei CH53-Hubschraubern fliegen die
deutschen Soldaten und Anni in ein zuvor von Scharfschützen aus-
gespähtes Dorf, um eine Wasserkraft-Turbine abzuliefern – damit
soll in dem Dorf Strom für die dankbaren Bewohner gewonnen
werden. Hauptmann Menger trinkt noch einen Tee mit dem Dorf-
vorsteher. Anni, die eigentlich bei den Soldaten bleiben sollte, ist
währenddessen bei einer Runde afghanischer Frauen zu Gast: „Oh
mein Gott! Ist das süß!“, freut sie sich über den Anblick eines klei-
nen Babys (S. 61). Da Anni fehlt, können die Deutschen erst mit
Verspätung wieder abfliegen: „Anni! Du hast den ganzen Zeitplan
platzen lassen! So was darf nie wieder vorkommen! Ist das Klar?“,
schreit Menger die Journalistin an (S. 62).
Auf dem Flug zurück ins Lager wird ein Hubschrauber der Ein-
heit – der mit Menger, Marco und Anni an Bord – von Taliban mit
Handfeuerwaffen und Raketen beschossen, getroffen und stürzt
ab (S. 65ff). Der Doorgunner – der Soldat am Maschinengewehr
des Hubschraubers – wurde tödlich von Kugeln getroffen: „Ich...
ich will nach Hause...“ sind die letzten Worte des blutverschmier-
ten, sterbenden Soldaten: „Aaahhhh!! Scheiss Ziegenficker!!! ...Ich
mach‘ euch alle fertig!!“, schreit ein deutscher Soldat nach dem Tod
des Kameraden heraus (S. 76). Aufgrund der unübersichtlichen
Lage kann der zweite CH53-Hubschrauber die Verunglückten
nicht aufnehmen. Eine „Heron“-Aufklärungsdrohne soll zunächst
aufklären, ob sich noch immer Taliban in dem Gebiet befinden.
Dann soll ein in der Nähe befindlicher – aber dennoch einige Stun-
den entfernter – motorisierter Bundeswehr-Trupp die Kameraden
und die Journalistin aufnehmen. So lange müssen die Verunglück-
ten am Absturzort ausharren – und haben Zeit zu reden. Anni
fragt Marco, warum er zur Armee gegangen ist. Der Soldatenbe-
ruf liege bei ihm in der Familie und er habe nicht gewusst, was
er nach der Schule machen sollte. Heute sei es aber etwas anderes
Soldat zu sein als noch im Kalten Krieg: „Dass wir bei 40 Grad im
Sand hocken, gegen die ‚Schmutzfüße‘, konnte ja bis 2001 noch
keiner ahnen“, so Hauptfeldwebel Marco (S. 83). Die Bundeswehr
sei naiv nach Afghanistan gegangen und musste durch Anschläge
wie dem auf einen Omnibus voller Soldaten in Kabul 2003 erst
schmerzlich lernen wie gefährlich der Einsatz ist: „Das ist Krieg,
Mann!“, spricht es ein Soldat aus (S. 85). Dass Zivilisten sterben,
sei deshalb auch unvermeidlich: „Entweder man steht dazu, dass
m Krieg auch Unschuldige getötet werden...man akzeptiert das...
oder man hält sich von Anfang an raus aus dem Scheiss“, so der
Soldat weiter. Für ihn sei klar, „lieber vor Gericht wegen 10 toter
Zivilisten, als nur einmal zu wenig geschossen und dadurch einen
Kameraden verloren zu haben.“ Es folgt eine Forderung: „Die
Regierung muss einfach eine klare Aussage machen, was das hier
ist...weil sonst....wenn dann wieder welche von uns oder Zivilisten
abkratzen, und das werden noch ‘ne Menge sein, ist das Gejammer
zu Hause wieder groß.“
Bewaffnete nähern sich dem Absturzort – die deutschen Solda-
ten sind materiell schlecht ausgestattet. Der Dolmetscher nimmt
Kontakt auf (S. 89): es handelt sich um verbündete Tadschiken,
die ehemals der Nordallianz angehörten und noch immer gegen
die Taliban kämpfen. Sie laden den Trupp in ihr Dorf ein, wo der
Anführer Mohammed Fahrid Kahn sie empfängt. Kahn soll mit
dem CIA zusammenarbeiten und für die Ermordung und Vertrei-
bung tausender Paschtunen verantwortlich sein, erklärt Haupt-
mann Menger seinen Soldaten auf der Fahrt mit Jeeps ins Dorf
– ganz geheuer ist den Soldaten die Einladung nicht (S. 93). Wie
in einer Diskussion mit Menger klar wird, hat Kahn eine durchaus
differenzierte Sichtweise auf den westlichen Militäreinsatz in dem
Land: die Deutschen seien nicht stark genug gegen die Taliban vor-
gegangen, die daher immer stärker würden: „For the Germans, the
most important thing ist o come home alive...do you know what
the British and the Americans call it? They call it the ‚German atti-
tude‘... you got to war, but you don’t dare to kill...or get killed“,
schmäht Mohammed Fahrid Kahn die deutsche Politik (S. 97).
Kurz nach dem Gespräch greifen die Taliban, die auf der Suche
nach den Bundeswehr-Soldaten sind, das Dorf an.
Die deutschen Soldaten kämpfen gemeinsam mit Kahns Leuten
gegen die Eindringlinge: „Runter!“, schreit Marco und schießt auf
Bewaffnete (S. 106). „Das sind doch Taliban? Das sind doch Tali-
ban, oder?“, fragt er danach verwirrt seinen Kameraden (S. 107)
– sowohl die Leute von Kahn als auch die Taliban sind gleich –
afghanisch – gekleidet und nicht unterscheidbar. Die Szene bleibt
offen, denn schon muss der Trupp weiter fliehen: mit Granaten
und Schüssen aus ihren G36-Gewehren kämpfen sich die deut-
schen Soldaten und die begleitende Fotojournalistin auf ein Dach
vor. Ein Deutscher mit dem Namen Rocker wird bei der Aktion
von Kugeln getroffen: „Rocker, ich kann dich hier nicht versor-
gen!“, erklärt Marco ihm (S. 110). Rocker zeigt sich heldenhaft:
„Ja, geh und pass auf deine Journalistin auf! Ich komme nach!“
Am Boden liegend tötet der schwerverletzte Soldat noch einen
Taliban, bevor er von einer Rakete getroffen wird. Bei der weite-
ren Flucht bricht Anni durch das Dach eines Gebäudes und wird
von Taliban gefangen genommen (S. 112/115). Marco setzt sich
von seiner Truppe ab, um die Journalistin zu suchen. Hauptmann
Menger und der restliche Trupp umstellen derweil ein Gebäude,
in dem sie die gefangene Journalistin vermuten (S. 117). Sie treten
die Tür ein, erschießen die drei Taliban-Geiselnehmer und können
Anni befreien (S. 119). Der motorisierte Bundeswehr-Trupp, der
nach dem Hubschrauber-Absturz alarmiert wurde, ist nun end-
lich im Dorf angekommen. Die deutschen ISAF-Soldaten wollen
abziehen – aber Hauptfeldwebel Marco fehlt. Bei seiner Suche nach
Anni wurde er von den Taliban aufgegriffen und verschleppt – der
deutsche Trupp muss ohne ihn abziehen, die Lage ist zu gefährlich:
„Vielen Dank für schützen meine Familie. I never saw ISAF soldiers
fighting as bravely as you did“, bedankt sich Mohammed Fahrid
Kahn kurz vor Abmarsch der Bundeswehr-Soldaten (S. 123).
Hauptmann Chris Menger plagt der Gedanke seinen Kameraden
im Stich gelassen zu haben (S. 125). Zu allem Überfluss wurde
er zur Erholung vorzeitig zurück nach Deutschland geschickt,
wo er sich zwar freut seine Tochter zu sehen, seine Frau ihm aber
klar macht, dass es zwischen beiden aus ist: „Wir waren uns doch
einig, dass die...naja, die Trennung erst mal nur auf Probe ist –
oder nicht?“ „Aber nun bist du viel früher wieder hier als geplant“,
erklärt ihm seine Frau Kathrin. Sie hätte noch Zeit gebraucht.
Drei Monate später. Chris Menger sitzt bei einer Psychologin, um
über seinen Einsatz und seine Familie zu sprechen – mit seiner Frau
ist er nicht mehr zusammen, sie hat schon einen neuen Freund
und er muss mit ansehen, wie dieser den Geburtstag seiner Tochter
feiert. Menger traut sich nicht ins Haus. Er sieht seine Tochter aber
noch öfters und berichtet von einem Zwischenfall in einem Café:
dort hört ein junger Mann den Hauptmann mit seiner Tochter über
den Einsatz in Kunduz sprechen. Dem jungen Mann fällt an der
Kasse ein Geldstück hin, Menger hebt es auf und will es ihm zurück
geben: „Nein, ich nehme nichts aus Mörderhänden“, so der junge
Mann (S. 132). Menger wird aggressiv, packt den Mann, der seinen
Kaffeebecher fallen lässt und fordert ihn auf das Gesagte nochmal
zu wiederholen: „Ist doch so...Bomben auf Kinder werfen, die
Benzin klauen. Das könnt ihr...und kriegt auch noch Kohle dafür.
Und dann soll ich Mitleid haben, wenn einer von euch drauf-
geht? ...ohne mich! Aber dies ist ein freies Land und das ist meine
Meinung...und jetzt möchte ich einen neuen Kaffee“ (S. 133f ).
Menger schlägt den jungen Mann zu Boden, drückt ihn nieder und
verdreht seinen Arm: „...Ich will ja gar keinen Respekt dafür, dass
meine Jungs und ich da unten unseren Kopf hinhalten....das hab
ich längst aufgegeben...aber können so Idioten wie du nicht mal
im richtigen Moment die Klappe halten? Ist das zu viel verlangt?“
(S. 134). Menger realisiert, dass seine Tochter geschockt neben
ihm steht – er leidet unter einer Posttraumatischen Belastungsstö-
rung (PTBS). Er kann es sich immer noch nicht verzeihen, Marco
zurückgelassen zu haben und beschließt, ihn auf eigene Faust zu
suchen.
Er reist als Zivilist nach Kabul, um dort Anni und den Übersetzer
– Quasim – seiner Bundeswehr-Einheit zu treffen. Ein Kontakt-
mann namens Abdul will Menger gegen Bezahlung helfen seinen
Kameraden aufzuspüren und besorgt ihm eine Handy-SIM-Karte
vom Schwarzmarkt sowie einen Pass und einen internationalen
Presseausweis eines toten Deutschen, um seine Identität zu ver-
schleiern (S. 146). Quasim fährt Abdul und Menger nach Pakistan,
wo Menger – getarnt als deutscher Journalist einer „linksradikalen
Zeitung“ aus Berlin (S. 153) – sich mit Taliban-Führern treffen soll.
Die Grenzkontrolle kann trotz viel pakistanischen Militärs ohne
Probleme überwunden werden: „Nördlich von hier hat es wieder
einen Drohnenangriff der Amerikaner gegeben. Ein Al-Qaida-Füh-
rer wurde dabei getötet...seine ganze Familie wurde ausgelöscht.
Alle Frauen und Kinder“, erklärt ein Grenzsoldat (S. 152). Nach
einem Fahrzeugwechsel und einem Aufenthalt in einem kleinen
Dorf, brechen die Drei in der Nacht zum Treffen mit der Taliban-
Führung auf.
An einer Straße empfängt sie ein Taliban und fährt das Auto zu
einem Haus in einem Wald. Sie müssen ihre Mobiltelefone abge-
ben – Quasim hat seins zuvor unter den Rücksitz des Autos gelegt
(S. 159). Kommandant Abdullah, der Talibanführer der Provinz,
empfängt Menger, Abdul und Quasim. Auch andere Köpfe der
Taliban kommen zu dem Treffen: „Ist es nicht sehr riskant, so
viele führende Kämpfer zu versammeln?“, fragt Menger in Hin-
sicht auf US-Drohnenangriffe. „Ja, Bomben aus der Luft, das ist
der einzige Grund, warum wir die Amerikaner noch nicht besiegt
haben. Es wäre wirklich ein guter Zeitpunkt für sie anzugreifen.
Normalerweise halten wir uns nicht zusammen an einem Ort auf.
Aber viele meiner Leute hier sind extra über drei Stunden gelau-
fen, um mit einem deutschen Journalisten sprechen zu können“,
erklärt Kommandant Abdullah (S. 162). Der Taliban erklärt, dass
die Bombardements der USA viele Zivilisten töten würden und sie
nur noch auf die Raketen warten, um US-Flugzeuge abschießen
zu können. Dann wäre Afghanistan schnell eingenommen. Und
weiter: „Das Verhältnis zu den Deutschen war immer sehr gut. Wir
sind alle arischen Ursprungs. Zu Zeiten unserer Urgroßväter habt
ihr uns im Kampf gegen die Engländer zur Seite gestanden. Und
auch gegen die Zionisten habt ihr Stärke bewiesen. Aber das Pro-
blem ist jetzt, dass ihr mit den Amerikanern ins Land gekommen
seid...und wenn die schlecht handeln, denken die Menschen, es
waren die Deutschen“ (S. 164). Die Bösen seien nur die USA, zu
deren Vasallen sich die schwache und feige Bundeswehr gemacht
habe. Menger entgegnet: „Nein, die Bundeswehrsoldaten leisten so
viel Widerstand, wie sie dürfen – sie sind nicht feige! Die deut-
sche Regierung lässt sie nicht kämpfen, weil...weil die Mehrheit
der Deutschen gegen einen Krieg ist...“ (S. 165). Menger fragt,
ob die Taliban denn keinen Frieden haben wollen. Kommandant
Abdullah erklärt ihm, dass er zwei Söhne habe, die er aber nicht
oft sehe, da es ihnen sonst schwerer fallen würde, wenn sein Vater
einmal getötet werde – schon sein Urgroßvater, Großvater und
Vater seien durch Kugeln gestorben (S. 166). Den Kampf will
Abdullah nicht aufgeben und als Märtyrer sterben. Danach zeigt
Menger ihm ein Foto von Hauptfeldwebel Marco und fragt, ob er
wisse, wo er den Mann finden könne. Ein Taliban meint ihn bei
einer Taliban-Gruppe gesehen zu haben, die aber bei einem US-
Angriff vollkommen aufgerieben worden sei. Die Taliban-Führer
werden aber zunehmend Misstrauisch gegenüber ihren Besuchern.
Sie beschließen, eine Pause zu machen und zu beten. Quasim
und Menger verlassen das Gebäude: „Allah wird unser Schicksal
lenken“, versucht Quasim den Deutschen aufzumuntern. Menger
geht kurz hinter den nächsten Busch, um sich kurz zu erleichtern,
da bricht die Hölle los.
Eine C130-Spooky der US-Armee hat Quasims Mobiltelefon
geortet – scheinbar hat der Übersetzer das Handy absichtlich im
Auto versteckt zurückgelassen, um eine Ortung zu ermöglichen –
und greift nun das Haus an. Menger wird weggeschleudert und
kommt erst am nächsten Morgen zu sich: Apache-Kampfhub-
schrauber der USA kreisen über ihm: „Stop! ... Stay where you
are!“, ruft jemand ihm von hinten zu (S. 175). US-Soldaten packen
Menger rüde an und nehmen ihn gefangen. Auf seine Worte, er sei
deutscher Soldat, reagieren sie nicht: „German? German jihad? Are
you a fuckin‘ German jihad Mujahid? Makes no difference to me,
eh!“, so ein US-Soldat mit Sonnenbrille (S. 176). Sie ziehen ihm
einen Beutel über den Kopf und fliegen ihn aus.
Er kommt in ein US-Gefangenenlager, wird in eine Zelle gesperrt
und später auch verhört: „Hören Sie, Herr Menger, oder soll ig
sagen Mayer?...Mig interessiert nigt so sehr, woher sie haben den
Pass von eine doitsche 2008 in Pakistan getötete Entwicklungshel-
fer, sondern viel mehr, was sie haben zu tun in die Versteck eines
von die berügtigsten Taliban Cammanders von Takhar, Abdullah
Al-Sarqawi?“, fragt ein US-Soldat Menger während des Verhörs
(S. 181). Seine Geschichte glauben sie ihm nicht. Doch wollen
sie probieren, ihn zu einem anderen Deutschen zu sperren, um so
vielleicht Informationen zu bekommen. Dieser andere Deutsche ist
Marco (S. 186)! Er hat den Angriff auf den Taliban-Trupp, der ihn
entführt hat, überlebt und wurde von US-Kräften aufgegriffen. Sie
glaubten ihm seine Geschichte aber ebenfalls nicht und so ist er
schon seit drei Monaten in US-Haft. Menger verspricht Marco,
dass sie schnell aus der Haft kommen.
Drei Wochen später wurde das deutsche Verteidigungsministe-
rium von den USA informiert und eine Bestätigung, dass es sich
bei den beiden Deutschen um Bundeswehr-Soldaten handelt,
ausgestellt – Marco und Menger sind frei und werden ins Camp
Warehouse nach Kabul geflogen (S. 191). Anni freut sich, Haupt-
feldwebel Marco wiederzusehen. Danach sitzen Menger und Marco
vor einem Blatt Papier – sie werden aufgefordert eine Geheimhal-
tungserklärung zu unterzeichnen: „Es dient Ihrer eigenen Sicher-
heit...nur so können wir Ihnen die Presse vom Leib halten und
Ihre Anonymität und die Ihrer Angehörigen gewährleisten“, erklärt
ein Anzugträger den Soldaten (S. 194). Währenddessen findet
eine Pressekonferenz statt: „Letztendlich ist es nur dem selbstlosen
Einsatz von Bundeswehrhauptmann Chris M. zu verdanken, dass
die Suchaktion erfolgreich war. Nicht zuletzt dank unserer ame-
rikanischen Verbündeten konnte der vermisste Hauptfeldwebel
Marco S. endlich lokalisiert und wohlbehalten zu seiner Truppe
zurückgeführt werden“, erklärt ein Bundeswehr-Sprecher vor Jour-
nalisten (S. 193). „Bei der hervorragenden Zusammenarbeit der
Sicherungskräfte, auch mit den afghanischen Behörden, wurde die
Hoffnung bestärkt, dass ein baldiges Ende unseres gemeinsamen
Engagements in Afghanistan und damit auch der Übergang in die
Eigenverantwortlichkeit des afghanischen Staates in greifbare Nähe
gelangt ist“, so der Sprecher weiter (S. 194). Anni fragt, ob es richtig
sei, dass die beiden deutschen Soldaten völkerrechtswidrig im US-
Gefangenenlager Bagram festgehalten wurden, doch der Sprecher
wiegelt ab: „Dabei handelt es sich lediglich um einen zweitägigen
Gewahrsam für medizinische Untersuchungen und für die Erstel-
lung eines internationalen Gutachtens...reine Routine.“ Winkend
steigen Menger und Marco ins Flugzeug nach Deutschland.
2. Der Hintergrund
Nach dem Inhalt, nun die Analyse: Welche – auch politischen
– Aussagen vermittelt Arne Jysch dem Leser und Betrachter von
„Wave and Smile“? Dabei soll schrittweise vorangegangen werden.
Zunächst soll ein Blick auf den realen Einsatz der Bundeswehr in
Afghanistan geworfen werden ,um den Hintergrund der ganzen
Geschichte zu beleuchten. Anschließend werden die Hauptfi-
guren – Hauptmann Chris Menger, Hauptfeldwebel Marco, die
Fotojournalistin Anni und die zwar nur wenig vorkommende,
aber für den Inhalt wichtige Figur des afghanischen Dolmetschers
Quasim – näher vorgestellt werden. Danach folgen die verschie-
denen Kriegsakteure: die Bundeswehr, die US-Armee, die Taliban
und Mohammed Fahrid Kahn als quasi Warlord einer Region. In
einem dritten Abschnitt werden einige der wesentlichen Kernbot-
schaften behandelt.
2.1 Der Afghanistan-Krieg
Die Geschichte des Comics spielt vor dem Hintergrund des
Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr in seinem achten Jahr.
Von den 64.500 ISAF-Soldaten in dem Land am Hindukusch
waren 4.050 Bundeswehr-Angehörige.6 Im Sommer 2009, dem
Zeitpunkt, an dem „Wave and Smile“ einsetzt, führt die Bundes-
wehr mit der „Operation Adler“ eine mit schwerem Militärgerät
vorangetriebene Offensive gegen Aufständische im Raum Kunduz,
dort wo auch der Comic spielt, durch. Zudem wurden die Anwei-
sungen für die deutschen Soldaten im Umgang mit eventuellen
Feinden gelockert – auch präventive Angriffe wurden erlaubt. Mit
diesen Verschärfungen reagierte die Bundeswehr auf zunehmenden
Widerstand durch Aufständische: allein im ersten Quartal 2009
gab es doppelt so viele Zusammenstöße zwischen Aufständischen
und westlichen-ISAF-Truppen als im Vergleichszeitraum 2008. Ein
weiteres Zeichen für die Zuspitzung des Konflikts ist die zuneh-
mende „Einigelung“ der ISAF-Truppen: fuhren die deutschen
Soldaten einst mit ungeschützten Fahrzeugen herum und zeigten
offen in Städten Präsenz, verbargen sich die Soldaten zunehmend
hinter dem vor Angriffen sicheren Panzerstahl ihrer Fahrzeuge –
diesem Umstand wird auch in einer Szene von „Wave and Smile“
Rechnung getragen (S. 32). Die Lage in dem Land verschärfte sich
nach 2009, dem Jahr in dem ein Bundeswehr-Oberst den Befehl
gab, zwei von Aufständischen entführte Tanklastwagen zu bombar-
dieren wobei über 140 Menschen, darunter auch Kinder, starben,
weiter.
Seinen Ursprung hat der deutsche Afghanistan-Einsatz in dem am
5. Dezember 2001 beschlossenen „Petersberger Abkommen“ der
ersten Afghanistan-Konferenz in Bonn. Darin wurde die Aufstel-
lung einer „Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe“ (kurz
ISAF) als Sicherheits- und Aufbaumission unter NATO-Führung
nach Eroberung Afghanistans durch die USA und Truppen der
„Nordallianz“ in Folge der Terroranschläge vom 11. September
2001 in New York und Washington beschlossen. War die ISAF-
Mission zunächst nur auf die afghanische Hauptstadt Kabul
begrenzt, weitete sie sich immer mehr auf den Osten und Norden
Afghanistans aus. Die deutsche Armee ist dabei einer der größten
Truppensteller. Doch je mehr sich der ISAF-Einsatz ausweitete
und zu einem Krieg wurde, desto größer wurde auch die Kritik
in der deutschen Bevölkerung an dem Einsatz: seit 2007 verzeich-
nen Meinungsforschungsinstitute eine konstante Ablehnung des
Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr in der deutschen Bevölke-
rung von über 55 Prozent.7 Die Kosten des Einsatzes explodieren,
immer mehr deutsche Soldaten sterben oder werden verletzt, Zivi-
listen werden bei den deutschen Militärschlägen in Mitleidenschaft
gezogen, immer wieder erschüttern Skandale die Heimatfront und
Erfolge erzielt die ISAF-Mission höchstens punktuell. Ein Bild,
dass auch Arne Jysch in „Wave and Smile“ zeichnet, dabei aber
auch ganz andere Aussagen verbreitet.
2.2 Hauptcharaktere
Die Deutschen werden in dem Comic-Buch sehr gefühlvoll
gezeigt: Hauptmann Menger führt nach dem Anschlag am Anfang
des Buchs einen Videochat mit seiner Frau und seiner jungen Toch-
ter (S. 20). Das Mädchen vermisst ihren Vater, im Gespräch mit
seiner Frau werden Eheprobleme deutlich. Für Menger scheint es
im weiteren Verlauf kein Problem zu sein, sich seine Posttraumati-
sche Belastungsstörung einzugestehen – in der Realität ist das nicht
immer der Fall und es gibt innerhalb der Bundeswehr eine nicht
geringe Dunkelziffer.8 Trotz dieser gezeigten Schwäche bzw. einfach
Menschlichkeit – vor allem beim Übergriff auf den Bundeswehr-
Kritiker im Café – wird Menger als starker Kämpfer gezeigt, der
sich zum Schutz seiner Untergebenen auch mit Vorgesetzten anlegt
(S. 22f ) und vor Gefahr nicht zurückschreckt: das wird besonders
bei seiner eigenmächtigen Suche nach Marco deutlich.
Hauptfeldwebel Marco selbst bricht in einer Szene nach dem
anfänglichen Anschlag beim Gespräch mit seinem Freund Haupt-
mann Menger psychisch zusammen, weint und verspricht trotz
Vorbehalten zur Psychologin zu gehen (S. 25). Doch auch er
scheint keine Angst zu haben, wenn Gefahr droht und versucht
Anni bei ihrer kurzweiligen Entführung selbstlos zu finden und
zu retten – was schief geht. Doch auf seine Kameraden kann er
sich verlassen: „Nein, es ist anders als Freundschaft...Das ist es,
was Kameradschaft für mich bedeutet. Man muss sich nicht mal
mögen wie Freunde, aber jeder würde sein Leben für den Anderen
einsetzen. Jemand der das nicht erlebt hat, hat keine Vorstellung
davon“, erklärt Marco der Journalistin Anni nach dem Hubschrau-
ber-Absturz (S. 86).
Fotojournalistin Anni hat ähnliche Charakter-Eigenschaften
wie die zwei Soldaten: einerseits ist sie die junge, attraktive und
tapfere Karriere-Journalistin, andererseits erbricht sie nach dem
Flugzeugabsturz und dem Tod eines Soldaten (S. 76), zeigt ihre
Zuneigung zu Marco und schläft in einer Szene mit Hauptmann
Menger und schmiegt sich an ihn (S. 142).
Die drei Hauptcharaktere in „Wave and Smile“ dienen durchaus
zur Identifikation durch den Leser. Alle Drei sind sehr sympathisch
– selbst der Übergriff von Hauptmann Menger auf den jungen
Mann im Café kann aus seiner Perspektive durchaus nachvollzo-
gen werden. Mit der attraktiven, abenteuerlustigen, tapferen und
begehrten Fotojournalistin Anni, bekommt die Geschichte noch
einen Hauch Erotik hinzu.
Der Dolmetscher Quasim hat in der Graphic Novel nur eine kleine
– aber eben doch sehr wichtige – Rolle. Ein wirklicher Charakter
ist nicht herausgebildet, Quasim bleibt dem Leser ein Mysterium –
besonders wegen seiner Tat: er versteckte absichtlich ein eingeschal-
tetes Mobiltelefon im Auto, das zum Treffpunkt mit den Taliban
fuhr (S. 159). Die US-Armee ortete das Handy und beschoss das
Treffen. Die letzten Worte des scheinbar mit der US-Armee oder
dem CIA zusammenarbeitenden Quasim im Buch könnten auch
als Abschiedsworte gedeutet werden: „Allah wird unser Schicksal
lenken“ (S. 170). Er wusste scheinbar, dass die Zerstörung des Tali-
ban-Verstecks naht. Wäre er geflohen, hätte die Aktion auffliegen
können. So kann Quasim für die Undurchsichtigkeit des Krieges
stehen: wer Freund, wer Feind ist und für welche Interessen jeder
kämpft, ist im Krieg nicht immer eindeutig zu erkennen. Dies gilt
in „Wave and Smile“ auch für den weiter unten vorgestellten War-
lord Mohammed Fahrid Kahn.
2.3 Kriegsfraktionen
Von Bundeswehr und Verteidigungsministerium zeichnet Arne
Jysch ein eher positives Bild – wenn auch nicht vollkommen unkri-
tisch. Die Bundeswehr-Soldaten an der Basis werden als Helfer
präsentiert, die mit guten Absichten nach Afghanistan gekommen
sind. Neben den Hauptcharakteren werden in dem Comic auch
andere deutsche Soldaten gezeigt oder kommen zu Wort – etwa der
bereits erwähnte Soldat Rocker (dazu später mehr). Auch trinken
die Soldaten im Feldlager gerne mal etwas Alkohol und machen
Scherze (S. 46ff). Die Bundeswehr-Basis wird sehr menschlich und
umgänglich dargestellt. Mit der Führung ist das anders, wie etwa
die bereits geschilderte Szene über das nicht ausgebaute Maschi-
nengewehr des Radpanzers untermauert. Die Armee wird als
Bürokratie-Monster dargestellt: zwar gibt es im Feldlager Kunduz
aufgestellte Laternen, wie Hauptfeldwebel Marco der Journalistin
Anni aber erklärt, habe man dann festgestellt, dass das Lager durch
die Beleuchtung viel zu einfach für Feinde zu orten sei (S. 49).
Die in ein Dorf gebrachte Wasserkraftturbine muss sich Haupt-
mann Menger vom Dorfvorsteher quittieren lassen (S. 60). Ganz
falsch ist diese Darstellung allerdings nicht: in der Vergangenheit
gab es zahlreiche Fälle von Bürokratie, die den deutschen Soldaten
in Afghanistan zu schaffen machten.9 Dennoch erzeugt die Aussage
über die deutsche Militärführung am Ende von „Wave and Smile“
ein sehr überspitztes Bild, das helfen soll, eine der Kernaussagen
des Comic zu betonen (dazu später mehr): Hauptmann Menger
und Hauptfeldwebel Marco werden von einem Anzugträger (mut-
maßlich jemandem vom Verteidigungsministerium) dazu gedrängt,
eine Geheimhaltungsvereinbarung zu unterzeichnen (und tun dies
auch), während der Sprecher der Bundeswehr auf der gleichzeitig
stattfindenden Pressekonferenz schlicht falsche Tatsache über den
Vorfall des entführten und von Menger gefunden Hauptfeldwebel
Marco verbreitet. Während die kämpfenden Bundeswehr-Soldaten
in „Wave and Smile“ sehr positiv dargestellt werden, wird die poli-
tische Ebene des deutschen Militärs als heuchlerisch präsentiert.
Sie verraten ihre eigenen Soldaten, um in der Presse selbst gut da
zustehen, in der deutschen Bevölkerung Rückhalt für sich und den
Einsatz zu gewinnen oder auch, um diplomatische Konflikte mit –
etwa – den USA zu vermeiden.
„Rücksichtlose Rambos“, dies ist wohl eine gute Beschreibung
für die Darstellung der USA bzw. der US-Army und des CIA in
„Wave and Smile“. Ein pakistanischer Grenzsoldat berichtet von
einem US-Drohnenangriff, bei dem neben der Zielperson auch
die Familie des Aufständischen getötet worden sei (S. 152). Auf
der anderen Seite müssen an zwei Stellen im Buch die Deutschen
einen Close-Air-Support – einen Luftangriff – von US-Kampfjets
absagen, weil die deutschen Soldaten Rücksicht auf die Zivilisten
vor Ort nehmen (S. 11 und 114) und keine zivilen Opfer wollen.
Der US-Auslandsgeheimdienst CIA ist für die deutschen Solda-
ten undurchsichtig: „2001, kurz nach dem Rückzug der Taliban,
hat die CIA den Warlords Millionen von Dollar in den Hintern
geschoben, weil die Amis dachten, sie könnten so das Land sta-
bilisieren. Sie wollten die Provinzherrscher an der Macht halten,
weil sie dann mit kleinen Einheiten nach Al-Qaida-Nestern suchen
konnten. Ganz ohne großen Militäreinsatz“, berichtet Hauptmann
Menger auf der Fahrt in das Dorf von Mohammed Fahrid Kahn,
der so ein vom CIA bezahlter Warlord sei (S. 93). Und überhaupt
sind die Deutschen in „Wave and Smile“ die gute Kriegspartei,
während die USA zwar befreundet sind, aber einen ganz anderen
und grausamen Krieg in Afghanistan führen. Oder wie es Taliban-
Führer Abdullah sagt: Deutschland ist in Afghanistan nur ein Vasall
der USA, die ihren eigenen rücksichtslosen Krieg führen (S. 164f )
– ein Bild, das in „Wave and Smile“ nicht ausgeräumt wird. Ganz
im Gegenteil sogar. Den Höhepunkt der negativen US-Darstellung
bildet die Gefangennahme und Inhaftierung Hauptmann Mengers
nach dem Angriff auf das Taliban-Versteck. Die US-Verhör-Spezia-
listen wollen ihm seine Geschichte nicht glauben, halten ihn – und
Marco – ohne Anklage fest und sagen der Bundeswehr bzw. dem
Verteidigungsministerium noch nicht einmal über die Gefangen-
nahme zweier (möglicher) Bundeswehr-Soldaten Bescheid oder
fragen bei den Deutschen nach.
Wie in allen deutschen (Unterhaltungs-)Medien bleibt der Feind,
gegen den die deutsche Armee am Hindukusch kämpft, undeutlich
und mysteriös. Obwohl die Taliban in „Wave and Smile“ in Person
von Anführer Abdullah zu Wort kommen, bleibt ihr Motiv für den
Kampf im Unklaren. Hingegen schreibt der Comic den Taliban
massive Selbstüberschätzung – Abdullah behauptet, die Taliban
könnten halb Afghanistan an einem Tag einnehmen, wenn die US-
Luftstreitkräfte ausgeschaltet seien (S. 162) – und ein fatalistisches
Weltbild zu, in dem jeder früher oder später als Märtyrer sterben
wird (S. 166). Dass Abdullah die Deutschen lobt, da sie gegen die
Zionisten gekämpft hätten – womit Abdullah das Deutschland
unter Adolf Hitler lobt –, ist eine sehr einfache Methode, um die
Taliban dem deutschen Betrachter unsympathisch zu machen (S.
164). Eine auch nur ansatzweise in die Tiefe gehende Auseinander-
setzung über die Motive, weshalb sich in Afghanistan derart viele
Menschen entschieden haben, sich dem Widerstand anzuschließen,
unterbleibt. Tatsächlich sind die Motive – vor allem soziale Depri-
vilegierung und die vielen Zivilopfer des Kriegs – weit komplexer
als es das im Comic, aber auch das generell transportierte Bild vom
fanatisierten Taliban sträflich vereinfachend nahelegt.10
Der wahrscheinlich vom CIA finanzierte, ehemalige Nordallianz-
Milizenführer Mohammed Fahrid Kahn wird in „Wave and Smile“
als jemand präsentiert, der zwar ein Verbündeter ist, aber eben auch
keinen westlichen Wertevorstellungen anhängt. Ein Warlord, bei
dem man nicht genau weiß, mit wem man es zu tun hat und für
wen oder was er und seine Leute kämpfen. Ein durchaus realisti-
sches Bild.11
Wie sind die gezeichneten Bilder der Kriegsakteure nun zu
bewerten? Sicherlich unterstützen sie zumindest Stereotype – die
rücksichtslose US-Army, die selbstmörderischen Taliban, der
undurchsichtige Warlord und viele mehr. Zudem bedingt die
sehr menschliche Darstellung der ISAF-Soldaten bei gleichzeitiger
Mystifizierung der feindlichen Kämpfer eine Identifikation mit
den Deutschen. Dies alles ist soweit keine große Überraschung,
sondern Standard für westliche Unterhaltungsmedien. Einzig die
Darstellung der Bundeswehr und des Verteidigungsministeriums
fällt – zumindest etwas – aus dem Rahmen. Statt die Bundeswehr
in „Wave and Smile“ als eine Institution zu präsentieren, zeigt Arne
Jysch einen Schnitt zwischen guten, kämpfenden Soldaten und
heuchlerischer, bürokratischer bzw. politischer Führungsebene des
Militärs. Diese Trennung führt auch dazu, dass die deutsche Solda-
ten im Comic von jeder politischen Überzeugung gegenüber dem
Hindukusch-Einsatzes entbunden sind: die Soldaten sind reine
Werkzeuge der Politik und können selber nichts dafür, in Afghani-
stan Krieg führen zu müssen. Dass jeder Soldat – nicht zuletzt auf-
grund der Erfahrungen aus dem Dritten Reich – gehalten ist, sein
eigenes Handeln kritisch zu hinterfragen und ggf. Konsequenzen
daraus zu ziehen, spielt in dem Comic keine Rolle. Diese Kriegs-
führung von Menger, Marco und den anderen deutschen Soldaten
ohne eigenes Hinterfragen des Einsatzes ist wichtig, um dem Leser
– denn zu denen gehören mutmaßlich auch Kritiker des Einsatzes –
die Charaktere sympathischer zu machen. Dass jeder Soldat – nicht
zuletzt aufgrund der Erfahrungen aus dem Dritten Reich – gehal-
ten ist, sein eigenes Handeln kritisch zu hinterfragen und ggf. Kon-
sequenzen daraus zu ziehen, spielt in dem Comic leider keine Rolle.
2.4 Wenn Krieg, dann richtig
Neben den gezeigten Darstellungen ist es vor allem eine Aussage,
die in „Wave and Smile“ oft wiederholt wird und sich schon im
Titel befindet: statt einen Krieg zu führen und damit auch für
einen ausreichenden eigenen Schutz der Soldaten zu sorgen, wird
nur „gewunken und gelächelt“ – dies gilt sowohl für den Auftrag
der deutschen Soldaten am Hindukusch als auch für die desin-
teressierte Heimatfront. Der ehemalige Bundespräsident Hort
Köhler sprach einmal von einem „freundlichen Desinteresse“ der
deutschen Bevölkerung an ihrer Armee12, sein Nachfolger Joachim
Gauck beklagte unlängst eine „gewisse Ignoranz“ gegenüber den
Streitkräften. Gewalt könne „notwendig und sinnvoll sein, um
ihrerseits Gewalt zu überwinden oder zu unterbinden.“13
Besonders die Worte des deutschen Soldaten Rocker nach dem
Hubschrauberabsturz im Comic – der Soldat wird später von Tali-
ban getötet – sind klar politisch behaftet: „Entweder richtig rein,
die Schweine ausschalten...oder gar nicht. Was wir hier machen, ist
doch Kinderkacke“ (S. 84). Danach formuliert der Soldat eine ein-
deutige Forderung: „Die Regierung muss einfach eine klare Aussage
machen, was das hier ist...weil sonst....wenn dann wieder welche
von uns oder Zivilisten abkratzen, und das werden noch ‘ne Menge
sein, ist das Gejammer zu Hause wieder groß. Dann schreien alle:
Abzug! Abzug! Dabei haben Sie die Typen gewählt, die uns hier
runterschicken. Der Fisch stinkt vom Kopf her, sag‘ ich nur“ (S.
85). Es fehlt also die grundlegend positive Haltung der deutschen
Bevölkerung zum Einsatz in Afghanistan, so die Kernbotschaft. Die
Politiker trauen sich nicht eindeutige Befehle zu erteilen, um es sich
beim Wahlvolk nicht zu verscherzen. Die Leidtragenden sind die
Soldaten vor Ort, was in „Wave and Smile“ gerade Soldat Rocker
kurz darauf erfahren muss. So vermittelt der Comic die Botschaft,
dass mehr Rückhalt an der Heimatfront geschaffen werden muss,
um im Ausland – vorgeblich natürlich nur zum Schutz der eigenen
Soldaten - härter durchgreifen zu können.
Die Heimat lässt die Soldaten im Stich: Hauptmann Menger wird
nach dem Hubschrauberabsturz und dem Chaos danach vorzeitig
zurück nach Deutschland geschickt. Statt freudig empfangen zu
werden, trennt sich seine Frau noch von ihm (S. 128). Während
seines Einsatzes erlitt der Hauptmann eine Traumatisierung. Doch
auch damit bekommt er keine Hilfe, sondern wird in einem Café
noch als Mörder bezeichnet (S. 134). So wirbt „Wave and Smile“
auch um eine Unterstützung der Afghanistan-Heimkehrer durch
die deutsche Bevölkerung in der Realität. Die Heimatfront soll den
(verletzten) Bundeswehr-Soldaten helfen, statt sie quasi noch zu
bestrafen. Es gibt aber zwei Möglichkeiten PTBS zu bekämpfen:
Entweder man stellt mehr Psychologen ein oder man beseitigt die
Ursache, indem man keine Kriege führt. Es werden in „Wave and
Smile“ an einigen Stellen – das darf nicht vergessen werden – auch
Einschätzungen laut, die den Einsatz von Anfang an als Fehler ein-
stufen – etwa von Journalistin Anni, die der Bundeswehr vorwirft,
eine Mission ohne Ziel zu verfolgen (S. 44) –, doch im Gegen-
satz zu der Forderung weiter Auslandseinsätze durchzuführen, aber
dann eben mit voller Kraft, ist diese friedliche Haltung wenig im
Comic vertreten.
3. Die Produktion
Dafür, dass die Bundeswehr und das Verteidigungsministerium
am „Wave and Smile“-Comic beteiligt waren, ist die Darstellung
des deutschen Militärs zumindest an einigen Stellen recht kritisch
– immerhin unterstützt die Armee nur Medienprojekte, in denen
sie einen positiven Nutzen für sich sieht. Am Ende des Buchs dankt
Arne Jysch, der das Projekt 2009 begann, auf einer Seite verschie-
denen Unterstützern des Comic-Projekts. Einer Journalistin dankt
er für ihre „vielen Fotos und genauen Beobachtungen“ (S. 199),
die ihm ein detailliertes Bild der Truppe in Afghanistan vermittelt
haben. Und: „Ebenso konkrete Hilfe mit persönlichen Erzählun-
gen und vielen Fotos bekam ich im Pressezentrum des Einsatzfüh-
rungskommandos der Bundeswehr in Potsdam. Der Presse- und
Informationsdienst des Bundesministeriums der Verteidigung in
Berlin hat mir den Kontakt vermittelt und lieferte ebenfalls Bild-
material und Informationen. Bei den Mitarbeitern der Bundeswehr
bedanke ich mich für das Vertrauen, das sie mir entgegengebracht
und die Zeit, die sie sich für mich genommen haben“ (S. 199). Wie
die Hilfe konkret aussah und an welche Forderung sie seitens der
Bundeswehr geknüpft wurde, ist nicht bekannt. Zumindest ging
sie nicht so weit, dass Arne Jysch mit der Bundeswehr nach Afgha-
nistan geflogen ist, wie es etwa schon bei von der Armee unter-
stützten Filmproduktionen der Fall war.14 Arne Jysch war noch nie
in Afghanistan, der Comic basiert daher auf Sekundärquellen und
orientierte sich an anderen Medien zum Thema15: „Die Geschichte
ist von realen Ereignissen inspiriert, die Handlung ist jedoch frei
erfunden. Jede Ähnlichkeit mit existierenden Personen, Namen
und konkreten Geschehnissen ist nicht beabsichtigt und wäre
reiner Zufall“, steht am Ende des „Wave and Smile“-Comics (S.
197). Und auch die Zeichnungen sind nur eine Orientierung an
der Realität: „Militärische Vorgehensweisen und Ausstattung sind
aus künstlerischen und dramaturgischen Gründen teilweise verän-
dert dargestellt und können von der der Realität abweichen“ (S.
197). Letztlich bleiben die gezeichneten Bilder Interpretationen des
Zeichners.
4. Fazit: „Wave and Smile: Das
gezeichnete Schlachtfeld“
„Wave and Smile“ lautet der Titel des Comics von Arne Jysch.
Der Autor selbst interpretiert ihn so: „Ich finde der Titel zeigt die
Tragik. Die ersten Jahren (sic) liefen doch recht positiv. Die Solda-
ten wurden herzlich aufgenommen und es gab viele Hoffnungen.
Doch jetzt hat es sich verändert. Man kann eben nicht mehr von
dem ruhigen Norden in Afghanistan reden, denn die deutschen
Soldaten sind regelrecht in eine Art Guerilla-Krieg geschlittert. Der
Titel soll dieses Gegenbild zeigen, wenn auch auf eine zynische
Weise.“16 Genau diese Taktik von „Winken und Lachen“ wird im
Buch mit Blick auf die realen Verhältnisse des deutschen Afgha-
nistan-Einsatzes 2009 kritisiert: statt dass Politik und Gesellschaft
eingestehen, dass sich die Bundeswehr in Afghanistan in einem
Krieg befindet und deswegen – getreu dem Spruch „wenn schon,
denn schon“ – auch härter durchgreifen muss, behindern Büro-
kratie und die Rücksicht auf zivile Opfer oder das Verhältnis zu
befreundeten Staaten den Einsatz vor Ort. Krieg kann gut sein,
man muss ihn dann halt eben auch „gut“ - sprich: mit aller Härte
– durchführen, so die problematische Kernbotschaft des Comic.
Die Leidtragenden sind deutsche Soldaten, die selbst von ihrer
eigenen Führung betrogen werden. Nachdem sein Kamerad
Hauptfeldwebel Marco von Taliban entführt wurde, muss Haupt-
mann Menger allein an den Hindukusch reisen, um ihn zu befreien
– die eigene Politik hat sich nicht gekümmert. Dabei hätte sie nur
bei der US-Armee, die Marco aus den Händen der Taliban befreit
hat aber ihn als vermeintlichen deutschen Islamisten in Haft hielt,
nachfragen müssen. Während der Leser die wahre Geschichte der
sympathischen Hauptcharaktere im Buch kennt, besteht die offizi-
elle Stellungnahme der Bundeswehr-Führung zu dem Vorfall aus
Lügen und Heuchelei.
Daneben verbreitet der Comic allerlei Stereotype: Mohammed
Fahrid Kahn ist ein undurchsichtiger Warlord, der vom CIA unter-
stützt wird, aber seine eigenen Interessen vertritt. Dem Dolmet-
scher Quasim ist nicht zu trauen, da er scheinbar ohne das Wissen
seiner Mitstreiter mit den USA zusammenarbeitet und dafür sogar
bewusst in den Tod geht. Die Taliban wiederum kennen und wollen
gar nichts Anderes als den Märtyrer-Tod und sind ihrem Fanatis-
mus vollkommen – aber ohne jede politische Forderung – erlegen.
Und während die Bundeswehr einen rücksichtsvollen Militärein-
satz am Hindukusch führt, um den Menschen zu helfen, agiert die
US-Armee in Wild-West-Manier. Die deutschen hätten zwar auch
Fehler gemacht – an zwei Stellen im Buch (S. 133 und 164) wird
das Kunduz-Massaker, die von einem deutschen Oberst befohlene
Bombardierung zweier von Taliban gestohlener Tanklastwagen mit
über einhundert Toten, darunter auch Kinder –, diese seien aber
nichts gegen das Verhalten der USA.
Den in der anfänglich genannten Werbebotschaft vom Carlsen-
Comic-Verlag gestellten Anspruch erfüllt „Wave and Smile“ nur
zum Teil: ja, es werden sterbende Soldaten gezeigt, dem Leser
werden Probleme der fern der Heimat stationierten Deutschen
nahegebracht. Dennoch ist die Geschichte von „Wave and Smile“
zu reißerisch, um einen Anspruch auf Realismus erheben zu
können. Ist die erste Szene – der Angriff von Aufständischen auf
eine Bundeswehr-Patrouille – noch nah an realen Vorkommnissen
dran, erinnern der Hubschrauberabsturz, die Aufnahme der Deut-
schen in das Dorf Mohammed Fahrid Kahns, die Entführung von
Hauptfeldwebel Marco und die eigenwillige Suche Hauptmann
Mengers eher an eine Hollywood-Inszenierung. „Wave and Smile“
gibt zwar vor, realistisch am ISAF-Einsatz der Bundeswehr orien-
tiert zu sein, ist es aber nicht. Dieses Problem betrifft allerdings
das gesamte Genre der Graphic Novels: sie geben immer nur den
künstlerischen Blick des Zeichners wieder, sind Fiktion und gehö-
ren mehr der Literatur, als dem dokumentarischen Journalismus
an.
Dennoch – oder wohl besswebseer: gerade deswegen, denn eine
realistische, wäre zugleich gezwungenermaßen eine kriegskritische
Schilderung – freut sich die deutsche Armee über den Comic und
wirbt sogar in ihren Medien dafür: „Wave and Smile ist eine super
spannend erzählte Geschichte aus dem Einsatzalltag in Afghani-
stan. Die Zeichnungen von Arne Jysch vermitteln mehr Einsatzrea-
lität als so mancher Dokumentarfilm. Das ist umso erstaunlicher,
als Arne Jysch weder Wehrdienst geleistet hat noch im Einsatz
war. Das Buch ist sein erster Comic und die Recherche hat ihn
zum ersten Mal in direkten Kontakt zur Bundeswehr gebracht“,
lautet das Fazit der Rezension auf der Website der Bundeswehr.17
Für die Armee ist „Wave and Smile“ ein Glücksfall: auch wenn
die Militärführung in dem Comic nicht gut wegkommt und Kritik
an der Bürokratie in der Armee geübt wird, war Arne Jyschs Buch
ein medialer Werbe-Coup der Bundeswehr. Nahezu alle großen
deutschen Medien haben sehr positiv über die Veröffentlichung
und damit auch über den Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch
berichtet – damit unterstützt „Wave and Smile“ die Bundeswehr
bei der Bekämpfung des „freundlichen Desinteresses“ ihnen und
ihrem Einsatz gegenüber.
Anmerkungen:
1 N. N.: TV-Programm, Mittwoch, 25. Januar ab 20.15Uhr – Comics
ziehen in den Krieg, in: www.arte.tv – letzter Zugriff am 25. Juli 2012.
2 N. N.: Comics ziehen in den Krieg, in: www.programm.ard.de – letzter
Zugriff am 25. Juli 2012.
3 N. N.: Wave and Smile von Arne Jysch, in: www.carlsen.de – letzter
Zugriff am 25. Juli 2012.
4 Gebauer, Matthias/Najafizada, Shoib: Taliban-Angriff auf die Bundes-
wehr – Blutiger Karfreitag in Camp Kunduz, in: www.spiegel.de, 2.
April 2010 – letzter Zugriff am 25. Juli 2012.
5 N. N.: Chronologie: Anschläge auf Bundeswehr in Afghanistan, in:
www.n24.de, 27. August 2008 – letzter Zugriff am 25. Juli 2012.
6 N. N.: IMI-Fact-Sheet Afghanistan: Das Drama in Zahlen – in: www.
imi-online.de, 17. September 2009 – letzter Zugriff am 31. Juli 2012.
7 N. N.: IMI-Fact-Sheet Afghanistan: Das Drama in Zahlen – in: www.
imi-online.de, 28. Oktober 2011 – letzter Zugriff am 31. Juli 2012.
8 Friedrichs, Hauke: Bundeswehr – Ein traumatisierter Soldat kämpft mit
seiner Armee, in: www.zeit.de, 16. Juni 2010 – letzter Zugriff am 25.
Juli 2012.
9 N. N.: Bundeswehr in Afghanistan – Bürokratie verhindert sichere Aus-
rüstung, in: www.stern.de, 23. Juli 2010 – letzter Zugriff am 26. Juli
2012.
10 Vgl. zu den Motiven der afghanischen Kämpfer Haid, Michael u.a.:
Experimentierfeld Afghanistan. Zehn Jahre Krieg und kein Ende in
Sicht, IMI-Studie 2011/16, S. 36.
11 N. N.: Korruption in Afghanistan – US-Militär zahlt Schutzgeld an
Warlords, in: www.spiegel.de, 22. Juni 2010 – letzter Zugriff am 26.
Juli 2012 und Hangen, Claudia: Die Macht der afghanischen War-
lords, in: www.telepolis.de, 26. Juli 2008 – letzter Zugriff am 26. Juli
2012.
12 Köhler, Horst: „Einsatz für Freiheit und Sicherheit“ – Rede von Bun-
despräsident Horst Köhler auf der Kommandeurtagung der Bunde-
wehr, Bonn, 10. Oktober 2005.
13 N. N.: Gauck wirbt für Auslandseinsätze der Bundeswehr, www.spiegel.
de, 12. Juni 2012 – letzter Zugriff am 27. Juli 2012.
14 Schulze von Glaßer, Michael: An der Heimatfront – Öffentlichkeitsar-
beit und Nachwuchswerbung der Bundeswehr, Köln 2010.
15 Jaeck, Sylvia: Wave and Smile: Wie der Comic entstand, in: www.bun-
deswehr.de, 10. Juli 2012 – letzter Zugriff am 26. Juli 2012.
16 Ebenda.
17 Lopez, Susanne: Wave and Smile – Der Afghanistan-Einsatz als Comic,
in: www.bundeswehr.de, 3. Juli 2012 – letzter Zugriff am 26. Juli 2012.
Die Informationsstelle Militarisierung (IMI) ist ein eingetrage-
ner und als gemeinnützig anerkannter Verein. Ihre Arbeit trägt
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