Mittwoch, 12. September 2012
Bundeswehrreform
Paradigmenwechsel: Von der Verteidigung zur Intervention!
Nach den verheerenden Erfahrungen mit dem deutschen Militarismus im Zweiten Weltkrieg wurden die BRD und die DDR
zunächst ohne eine eigene Armee gegründet. Dieser Zustand hielt nicht lange an. Im Kontext des Kalten Kriegs wurden bereits 1955
die Bundeswehr und 1956 die NVA geschaffen. Die Rechtfertigung zur Aufstellung beider Armeen und der Wiedereinführung der
Wehrpflicht bestand in der Landes- bzw. Bündnisverteidigung im Rahmen der NATO bzw. des Warschauer Paktes. Mit dem Ende des
Ost-West-Konflikts erscheint ein militärischer Angriff auf Deutschland höchst unwahrscheinlich. Die NVA wurde in die Bundeswehr
überführt. Der ursprüngliche Zweck des Militärs nach dem Grundgesetz war somit entfallen. Anstatt unter dem Stichwort der Frie-
densdividende die historische Chance zu nutzen und die freigewordenen Ressourcen für den zivilen Bereich zu verwenden, erfolgte
schrittweise eine funktionale Neubestimmung der Bundeswehr: weg vom Prinzip der Verteidigung und hin zur gewaltsamen Inter-
vention in Konflikt- und Krisengebiete im Rahmen der NATO, des militärischen Teils der EU, der UN oder auch in rein nationalen
Evakuierungs- und Kommandooperationen.
Der Umbau der Bundeswehr
Für die Interventionsfähigkeit wurde die Bundeswehr sukzessive in Struktur, Ausbildung und Bewaffnung umgebildet. Ihre zahlen-
mäßige Verringerung ist kein Ausdruck einer Demilitarisierung. Denn dem Abbau der Mannschaftsstärken von 1990 495.000 Solda-
ten plus 155.000 Angehörigen der NVA auf die Zielgröße von circa 185.000 nach der aktuellen Reform der Bundeswehr, steht parallel
eine qualitative Aufrüstung zu einer Interventionsarmee gegenüber. Abgebaut wurde hauptsächlich der Anteil der Wehrpflichtigen,
welche für den neuen Streitkräftetyp unbrauchbar sind.
Daten & Fakten zur aktuellen Reform der Bundeswehr
Eine Reform der Bundeswehr wurde bereits im Koalitions-
vertrag von CDU/CSU und FDP vom Oktober 2009 ange-
kündigt. In der Haushaltsklausur des Bundeskabinetts Anfang
Juni 2010 wurde das Bundesverteidigungsministerium offiziell
beauftragt, die Machbarkeit des grundlegendsten Umbaus der
Bundeswehr seit ihrer Gründung zu prüfen. Dieser Reformauf-
trag hatte allerdings wenig mit den knappen Kassen der öffent-
lichen Haushalte aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise zu
tun, wie vielfach verlautbart wurde. Viel entscheidender war,
dass die Bundeswehr in der bisherigen Form „nur“ durchschnitt-
lich 7.000 Soldaten für Auslandseinsätze zur Verfügung stellen
konnte (siehe dazu den Auszug aus dem Gastbeitrag in der FAZ
von Hans Rühle). Damit drohte der erhöhte Machtanspruch der
Bundesregierung durch die Teilnahme an Militäreinsätzen der
NATO, der EU und der UN gefährdet zu werden. Im Mai 2011
wurden deshalb schließlich mit den „Verteidigungspolitischen
Richtlinien“ und mit den „Eckpunkten für die Neuausrichtung
der Bundeswehr“ sowie der erläuternden Rede im Bundestag
von Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) die
Grundlagen der Reform präsentiert: Der Umfang der Bundes-
wehr soll von gegenwärtig noch 220.000 auf 185.000 Soldaten
sowie 55.000 zivile Angestellte (heute 75.000) reduziert werden.
Diese Größenordnung werde sich aus 170.000 Berufs- und
Zeitsoldaten sowie Reservisten und 5.000-15.000 Freiwillige
zusammensetzen. Der Kern der Reform ist, die Anzahl der für
Interventionen einsatzbereiten Soldaten von 7.000 auf 10.000
zu steigern. Wenn der Rotationszyklus, alle vier Monate die
Einsatzkontingente auszutauschen, miteinberechnet wird, ist es
das Ziel der Reform, pro Jahr 30.000 Soldaten in den Einsatz
schicken zu können. Aber nicht nur die schlichte Anzahl der
Truppen soll erhöht werden, sondern auch ihre Fähigkeiten soll
auf das „hochintensive Gefecht“ optimiert werden. Das bedeu-
tet, dass das Profil der Einsatzkontingente von Kampftruppen
dominiert sein wird. Damit ist beabsichtigt, für die Bundeswehr
das Töten und Kämpfen ins Zentrum ihrer Aufgaben zu rücken.
Zukünftig dürfte die Bedeutung von Missionen zurückgehen,
mit denen die Bundeswehr als „bewaffnetes THW“ verbunden
wurde. Die noch vorhandenen Strukturen der Landesverteidi-
gung werden abgebaut. Im Zuge dessen wurde folgerichtig zum
1. Juli 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt. Die Reform soll mit
einem neuen Stationierungskonzept abgeschlossen werden, das
für Oktober 2011 erwartet wird.
„Clausewitz‘ Gedanke, dass Mittel zum erstrebten Zweck passen
sollten, lenkt den Blick auch auf die aktuelle Bundeswehrreform
unter Thomas de Maizière. (...) „Waffen ja, schießen nein“ macht
keinen Sinn. Ohne die Glaubhaftigkeit und Wahrscheinlichkeit
ihrer gewaltsamen Durchsetzung ergibt eine diplomatische Drohung
keinen Sinn. Wenn Politiker schon militärische Einsätze beschließen,
dann geht es ausschließlich um Gewalt. Für den Brunnenbau haben
wir das THW.“
Wosnek, Horst H.: Das Ziel eines Militäreinsatzes ist der Friede danach, in:
Zeit Online vom 24. Juni 2011. Der Autor ist Politikwissenschaftler und berät
Einzelpolitiker und Parteien.
Aussetzung der Wehr-
pflicht als Konsequenz der
„Armee im Einsatz“!
Zum 1. Juli 2011 wurde die allgemeine Wehrpflicht in
Deutschland als Teil der Reform der Bundeswehr ausge-
setzt. Sie war nach dem 2. Weltkrieg in der BRD 1956
und in der DDR 1962 wieder eingeführt worden. Die
Aussetzung dieses staatlichen Zwangsdienstes für junge
Männer ist sicherlich erfreulich. Diese Aussetzung geschah
jedoch nicht aus Gründen der Abrüstung oder mit Rück-
sichtnahme auf die Willensfreiheit der jungen Menschen.
Das Hauptmotiv der Entscheidung war ein nüchternes
Kosten-Nutzen-Kalkül. Der Streitkräftetyp einer Interven-
tionsarmee erfordert in Ausbildung, Fähigkeiten, Struktur
und der Beherrschung neuer Waffensysteme spezialisiertere
Soldaten als Wehrpflichtige, die hinsichtlich des neuen
Aufgabenprofils zunehmend unbrauchbar wurden. Maß-
geblich hierfür war, dass Wehrpflichtige nicht in den Aus-
landseinsatz geschickt werden durften. Dieser Verzicht war
unter den Fraktionen des Bundestages Konsens und dürfte
auf die Überlegung zurückgegangen sein, dass eine Ent-
sendung Wehrpflichtiger in ausländische Konfliktgebiete
öffentlich kaum zu rechtfertigen gewesen wäre. Zumal
das Bundesministerium der Verteidigung, zuletzt in den
„Eckpunkten für die Neuausrichtung der Bundeswehr“,
öffentlich zugab, dass die Aufrechterhaltung der Wehr-
pflicht in erster Linie der Nachwuchsgewinnung diente.
Aus diesen Gründen liegt es nahe, dass Wehrpflichtige mit
der Fokussierung auf Auslandseinsätze zum juristischen,
medialen und funktionalen Ballast für die „Armee im
Einsatz“ wurde. Aus Sicht der Bundesregierung wurde sie
nun konsequenterweise über Bord geworfen.
„Der radikale Umbau der deutschen Streitkräfte wird
unter anderem mit der Aussage begründet, die Bundeswehr
mit insgesamt 252.000 Soldatinnen und Soldaten könne
dauerhaft nur indiskutable 7.000 Soldaten ins Ausland
schicken. [...] Nur hat diese Rechnung einen Schönheitsfehler:
Sie ist falsch. [...] Die Eingreifkräfte, die man inzwischen
sogar von 35.000 auf 50.000 aufgestockt hatte, wurden in
dieser Diskussion unterschlagen. Ein Blick auf diese 50.000
Eingreifkräfte, die im Gegensatz zu den Stabilisierungskräften
nach Ausbildung und Ausrüstung die erste Kategorie darstel-
len, macht jedoch deutlich, dass die allenthalben beklagte Dis-
krepanz zwischen dem Gesamtumfang der Bundeswehr und
der geringen Zahl einsatzbereiter Soldaten eine Schimäre ist.
[...] Neben den nur noch zirka 35.000 einsatzfähigen Sta-
bilisierungskräften verfügt die Bundeswehr also über weitere
50.000 kriegsverwendungsfähige Eingreifkräfte, über die die
politische und militärische Führung verfügen kann. Zwar sind
sie auf reaktionsschnelle Einsätze von kurzer Dauer optimiert,
sie können aber auch über einen längeren Zeitraum außerhalb
Deutschlands eingesetzt werden. In Afghanistan sind Soldaten
der Eingreifkräfte bereits über Monate hinweg im Einsatz.
Die Bundeswehr hat das Problem, aus 70.000 Stabilisierungs-
kräften 7.000 dauerhaft einsetzbare Soldaten zu generieren.
Die Bundeswehr könnte aber unter Einbeziehung der 50.000
Eingreifkräfte weit mehr Soldaten in den Einsatz schicken.“
Hans Rühle: Die Bundeswehr kann mehr, in: Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 10. Mai 2011. Der Autor ist Ministerialdirigent im Bundes-
ministerium der Verteidigung.
Praxis von Auslandseinsätzen
steht im Widerspruch zum
Wortlaut des Grundgesetzes!
Eine ausdrückliche Zulassung, deutsche Soldaten im Ausland ein-
zusetzen, findet sich nach dem Wortlaut des Grundgesetzes nirgendwo.
Trotzdem erklärte das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil von
1994 den Einsatz der Bundeswehr für legal, wenn er im Rahmen eines
Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit stattfindet. Dazu zählte
die UN und sogar die NATO. Für das nordatlantische Bündnis ist
diese Einordnung höchst umstritten. Die EU erfüllt diese Anforde-
rung definitiv nicht. Heute ist jegliche Sensibilität für derlei Verfas-
sungsfragen abgestumpft. Die Bundeswehr ist im Rahmen aller drei
Organisationen im Einsatz. Gegebenenfalls greift sie auch unilateral
und ohne Bundestagsbeschluss ein, wie es zuletzt im Frühjahr 2011
mit der Militäroperation „Pegasus“ in Libyen geschehen ist. Das seit
2005 existierende Parlamentsbeteiligungsgesetz sieht hingegen vor, dass
der Bundestag bei jedem bewaffneten Einsatz deutscher Soldaten im
Ausland zustimmen muss.
Offensichtlich haben die Befürworter einer Politik, die den Einsatz
von Militär für ein probates Mittel der Außenpolitik halten, ein
Legitimationsproblem. Denn der Bundestag erteilt zwar regelmäßig
seine Zustimmung. Gleichzeitig jedoch lehnt eine deutliche Mehrheit
der Öffentlichkeit in Deutschland Auslandseinsätze -insbesondere den
Afghanistaneinsatz- ab. Dies belegen seit Jahren die Umfragewerte
aller Meinungsforschungsinstitute in Deutschland. Aus diesem Grund
haben die Koalitionsparteien aus CDU/CSU und FDP in ihrem
Koalitionsvertrag von 2009 die Absicht erklärt, das Parlamentsbeteili-
gungsgesetz ändern zu wollen oder es durch ein Vertrauensgremium zu
ersetzen. Ein solches Gremium, das aus wenigen ausgewählten Abge-
ordneten bestünde, würde das parlamentarische Kontrollrecht zu einer
bloßen Formalia herabstufen und letztendlich bedeutungslos werden
lassen. Es besteht folglich eine ernste Gefahr, dass die Entscheidung
über eine deutsche Beteiligung an einem bewaffneten Konflikt dem
Bundestag entzogen und gänzlich in die Hände der Exekutive gelegt
wird.
Charakteristisch für die heutige Außenpolitik ist, dass der Einsatz
militärischer Gewalt im Ausland für die Bundesregierung zur Durch-
setzung von „sicherheitspolitischen Interessen“ ein gewöhnliches Mittel
ihrer Außenpolitik geworden ist. Deshalb ist es konsequent, von einer
Militarisierung deutscher Außenpolitik zu sprechen.
Weit über 300.000 Bundeswehrangehörige wurden seit Beginn
der 1990er Jahre in das Ausland entsandt. Gegenwärtig befindet sich
die Bundeswehr auf drei Kontinenten in zwölf Auslandseinsätzen mit
über 7.000 Soldaten im Einsatz. Zum Einsatzgebiet der Bundesmari-
ne zählt das Mittelmeer, das Rote Meer, das Arabische Meer und der
Indische Ozean. Der Verfassungsauftrag der Verteidigung steht nur
noch auf dem Papier. Durch die Einsätze auf dem Balkan, in Afrika
und in Zentralasien ist in der Praxis eine geographische Entgrenzung
des Einsatzgebietes der Bundeswehr längst Realität geworden. Zu den
beschriebenen Einsätzen gehören auch militärische Beratergruppen,
Ausbilder und Führungsstäbe, die ebenfalls in ausländischen Konflikt-
gebieten eingesetzt werden.
Interessen
„Die Debatte über Auslandseinsätze der Bundeswehr ist so
alt wie die Einsätze selbst. Die Frage: ‚Was soll die Bundeswehr denn
da überhaupt?‘, muss jedes Mal neu beantwortet werden. (...) Die
Frage nur nach originär nationalen Interessen greift aber zu kurz.
Vielmehr müssen wir den Fokus auf eine umfassende Legitimation
von Auslandseinsätzen legen. Vergegenwärtigen wir uns die Maßstä-
be, nach denen bisher entschieden wurde, fallen in jedem Fall diesel-
ben drei Säulen auf: Die erste Säule ist die ethische Verantwortung.
(...) Allerdings wurden manchmal die Einsätze der Bundeswehr auch
moralisch überhöht begründet, wohl um leichter eine gesellschaftliche
Akzeptanz zu erreichen. Die zweite Säule ist die Frage von Inte-
ressen. Da kein Land heute allein für seine Sicherheit garantieren
kann, funktioniert dies nur in Bündnissen. Es gibt also keine primär
nationalen Sicherheitsinteressen mehr, sondern nur noch gemeinsame.
Hier aber gibt es Unterschiede, etwa besondere Verantwortung und
Verpflichtung aufgrund unmittelbarer Nachbarschaft oder kolonialer
Vergangenheit. Im Zusammenhang mit diesen Stabilitätsinteres-
sen dürfen durchaus auch wirtschaftliche Interessen angesprochen
werden. Um Missverständnisse zu vermeiden, muss aber deutlich
werden, dass es nicht um die Durchsetzung von Rohstoffinteressen mit
Waffengewalt geht: So ist zum Beispiel die Stabilität im Kongo eine
Voraussetzung dafür, dass die deutsche Wirtschaft dort fairen Handel
treiben kann, der letztlich uns und den Menschen im Kongo hilft und
verhindert, dass Kriminelle das Land weiter ausbeuten. Die dritte
Säule schließlich kommt häufig zu kurz: Es geht auch um politisches
Gewicht, das unser Land durch die Einsätze gewinnt. (...) Ich halte
es für richtig, dass wir uns auch offen zu diesen politischen Interessen
bekennen. Unser Land ist ein Schwergewicht in Europa und muss
den Anspruch haben, bei internationalen Abstimmungsprozessen mit
am Tisch zu sitzen, Entscheidungen mitzugestalten und damit auch
die internationalen Organisationen zu stärken. Diese drei Säulen
ändern je nach Situation ihre Bedeutung.“
Arnold, Rainer: Sicherheitspolitik auf drei Säulen. Kommentar zur Legitima-
tion deutscher Auslandseinsätze, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 13. September 2006.
Der Autor ist seit 2002 verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestags-
fraktion.
Am 31. Mai 2010 trat der damalige Bundespräsident
Horst Köhler aufgrund seiner Aussagen über die Hintergrün-
de deutscher Kriegseinsätze zurück. Wörtlich gab er in einem
Interview im Deutschlandradio Kultur zu Protokoll: „Meine
Einschätzung ist aber, dass (...) im Notfall auch militärischer Einsatz
notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie
Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhin-
dern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschla-
gen – negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen.“
Der „Einsatz von Soldaten“ könne auch dann erforder-
lich sein, „wenn keine unmittelbaren Interessen Deutschlands er-
kennbar sind. Für andere demokratische Nationen ist so etwas längst
als Teil internationaler Verantwortung selbstverständlich. Wohlstand
erfordert Verantwortung.“
Lothar de Maiziere in seiner Rede zur Neuausrichtung der Bundeswehr im
Deutschen Bundestag am 18. Mai 2011
Verantwortung
„Wenn die deutsche Diplomatie heute ihre ‚Bereitschaft‘
erklärt ‚mehr Verantwortung zu übernehmen‘, ist mit hoher Wahr-
scheinlichkeit davon auszugehen, dass es um den deutschen Machtan-
spruch auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat geht.“
„Von ‚Macht‘ ist (...) in deutschen Ansprachen zwar nach wie
vor nicht die Rede. Zu sehr erinnert dieser Begriff an frühere deutsche
‚Machtstaats‘-Traditionen, mit denen in Berlin niemand in Verbin-
dung gebracht werden will (...). Wenn die Bundesregierung in Brüs-
sel ‚selbstbewusst deutsche Interessen‘ wahrnimmt oder ihre ‚Bereit-
schaft‘ erklärt, international ‚mehr Verantwortung zu übernehmen‘,
ist allen Adressaten allerdings klar, dass hier im Kern Machtfragen
verhandelt werden.“
Hellmann, Gunther: Normativ abgerüstet, aber selbstbewusst. Deutsche
Außenpolitik im 20. Jahr nach der Vereinigung, gekürzt abgedruckt in: Internatio-
nale Politik, November 2010. Der Autor bekleidet eine Professur für Politikwissen-
schaft an der Universität Frankfurt a.M. mit dem Schwerpunkt Außenbeziehungen
Deutschlands und der Europäischen Union.
„Nachhaltige Krisenprävention und Krisenbewältigung
erfordern ein Miteinander von diplomatischen, entwicklungspoli-
tischen, polizeilichen, kulturpolitischen und militärischen Maßnah-
men [Vernetzte Sicherheit bzw. Zivil-Militärische Zusammenarbeit,
Anm. IMI]. Deutschland weiß um seine Verantwortung in der Welt.
Unser Wohlstand, den wir uns in einer freiheitlichen Weltordnung
erarbeiten konnten, unsere Interessen und unsere Werte verpflichten
uns dazu, Verantwortung zu übernehmen. Demokratie und Stabilität
weltweit zu stärken, liegt in einer eng vernetzten Welt in unserem
ureigenen Interesse. Das ist der Grund, warum wir heute weltweit
engagiert sind“
Angela Merkel in ihrer Rede „Deutschland weiß um seine Verantwortung in
der Welt“ anlässlich der Veranstaltung „50 Jahre Bergedorfer Gesprächskreis“ der
Körber-Stiftung am 9. September 2011 in Berlin zu Deutschlands außen- und
sicherheitspolitischem Fundament im 21. Jahrhundert.
Kriegswaffenexport in alle Welt
„Wenn wir, wie zum Beispiel nach den schlimmen Erfahrungen in Somalia 1993/94,
davor zurückschrecken, selbst in einen Konflikt einzugreifen, dann reicht es in der Regel
nicht, an andere Länder und Organisationen Worte der Ermutigung zu richten. Wir
müssen die Staaten, die bereit sind, sich zu engagieren, auch dazu befähigen. Ich sage
ausdrücklich: Das schließt auch den Export von Waffen mit ein – dies selbstverständlich
nur nach klaren und weithin anerkannten Prinzipien.“
Angela Merkel in ihrer Rede „Deutschland weiß um seine Verantwortung in der Welt“ anlässlich der Ver-
anstaltung „50 Jahre Bergedorfer Gesprächskreis“ der Körber-Stiftung am 9. September 2011 in Berlin zu
Deutschlands außen- und sicherheitspolitischem Fundament im 21. Jahrhundert.
„Streitkräfte sind unentbehrliches Instru-
ment der Außen- und Sicherheitspolitik
unseres Landes. Sie sind Grundlage unseres
Selbstbehauptungswillens [sic!] und unserer
Verteidigungsbereitschaft. Die Bundeswehr
muss deshalb für die heutigen Aufgaben und
die voraussichtlichen künftigen Entwick-
lungen neu ausgerichtet werden.“
Bundesministerium der Verteidigung (Hrsg.):
Eckpunkte für die Neuausrichtung der Bundes-
wehr. Nationale Interessen wahren – Internationale
Verantwortung übernehmen – Sicherheit gemeinsam
gestalten, Berlin, 27. Mai 2011, S. 1.
Die Bundeswehr wird kleiner, aber
nicht billiger
Aufgrund der Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise wurde
Anfang Juni 2010 per Beschluss des Bundeskabinetts festgelegt, dass bis
2014 der Bundeshaushalt rund 80 Milliarden Euro einsparen müsse. Davon
entfielen auf das BMVg rund 8,4 Milliarden Euro, die es bis 2015 zu
erbringen hat. Ob der Militärhaushalt seinen Beitrag wie die anderen (voll-
umfänglich) wird leisten müssen, erscheint zweifelhaft. Zumindest wurde
durch folgende Maßnahmen nach der Homepage des BMVg (abgerufen
am 8. September 2011), dem Haushaltsentwurf 2012 und dem Bundesfi-
nanzplan 2011-2015 dafür gesorgt, dass der Verteidigungsminister real pro
Jahr mehrere Milliarden Euro mehr zur Verfügung haben wird, als der
Verteidigungsetat ausweist:
1) die entfallenden Kosten durch die Aussetzung der Wehrpflicht,
2) der Abbau von rund 40.000 zivilen Angestellten,
3) die Reduzierung der Bundeswehr um circa 35.000 Zeit- und Berufs-
soldaten, - zu 2) und 3): der Wegfall von 12.000 bis 15.000 Stellen
entsprechen, je nach Besoldungsstufe, einer Einsparung von ungefähr
einer Milliarde Euro -
4) die Bereitstellung von zusätzlichen Geldern für das BMVg in Höhe von
bis zu einer Milliarde Euro ab 2012 und die Folgejahre,
5) die Auslagerung von bestimmten Kosten in fremde Ressorts.
6) Hinsichtlich der freiwillig Wehrdienstleistenden wurden bis 2015 pro
Jahr 5.000 Stellen im Verteidigungshaushalt eingestellt. Jeder freiwillig
Wehrdienstleistende mehr, bis zu einer Obergrenze von 12.500 pro Jahr,
wird aus einem anderen Haushalt bezahlt und kostet die Bundeswehr
gar nichts.
„Was die Etatplanung betrifft, hat sich einiges
verändert [gegenüber dem Beschluss des Bundeska-
binetts von Juni 2010, Anm. IMI]. Nach jetziger
Planung stehen für den Wehretat 2014 rund 30
Milliarden Euro zu Buche, rund drei Milliarden
mehr als zuvor veranschlagt. Das ist nicht schlecht
und vergrößert unseren Spielraum. Außerdem wer-
den Personalversorgungslasten ausgegliedert.“
Lothar de Maiziere in einem Interview mit der Ostsee-
Zeitung vom 30. August 2011
„Der von der Bundesregierung am 6. Juli be-
schlossene Entwurf des Verteidigungshaushalts um-
fasst mit rund 31,7 Milliarden Euro eine durchaus
stattliche Summe. (...) Nach der bisherigen Fi-
nanzplanung (...) wäre der Verteidigungshaushalt
in den nächsten Jahren kontinuierlich abgesunken
und hätte im Jahre 2015 einen Umfang von 27,6
Milliarden Euro erreicht. (...) Demgegenüber sind
nach der jetzt beschlossenen Finanzplanung die
Verteidigungsausgaben in diesem Zeitraum um
annähernd 8,6 Milliarden Euro höher. Davon
fließen zwar 3,5 Milliarden Euro an die BImA
(...), das ist wahr, aber es verbleibt gleichwohl ein
Substanzgewinn und damit ein solides Fundament
zur Finanzierung unserer Bundeswehr. (...) Ziel-
größe bei der Finanzplanung für das Jahr 2015
sind nicht mehr 27,65 Milliarden Euro, sondern
30,4 Milliarden Euro.“
Rede von Thomas de Maiziere zum Haushaltsgesetz
2012 vor dem Deutschen Bundestag am 7. September 2011
in Berlin, in: Bulletin der Bundesregierung Nr.86-3 vom 7.
September 2011, S.3 f..
Seit Jahren wird gebetsmühlenartig behauptet, die Bundes-
wehr sei chronisch unterfinanziert und könne die, an sie von der
Politik gestellten Aufgaben nicht ohne eine erhebliche Steigerung
ihres Finanzbudgets bewältigen. Tatsächlich ist diese Behauptung
unhaltbar. Welchen Stellenwert das Militär bei der Bundesregie-
rung einnimmt, lässt sich am deutlichsten am aktuellen Ent-
wurf zum Haushalt für 2012 ablesen (Bundestags-Drucksache
17/6600). Mit 31,682 Mrd. Euro verfügt das Bundesministeri-
um der Verteidigung (BMVg) über den drittgrößten Posten im
Bundeshaushalt. Das entspricht einem Anteil von rund 10,4 %
am Gesamthaushalt und würde um circa 130 Mio. Euro höher
liegen als das Budget von 2011 mit ungefähr 31,55 Mrd. Euro.
Nach den einheitlicheren Kriterien, nach denen die NATO die
Ausgaben ihrer Mitglieder berechnet, hatte Deutschland bereits
2009 Militärausgaben von 34,2 Mrd. Euro.
Laut dem ZDF-Politbarometer
vom 21. Mai 2010 sprechen
sich 82 Prozent der Befragten
für Einsparungen im Rü-
stungs- und Verteidigungsbe-
reich aus. Von den sieben für
Sparvorschläge zur Auswahl
gestellten Politikbereichen
(Bildung, Kinderbetreuung,
Gesundheit, Umweltschutz,
Sozialleistungen, Verkehr/
Straßenbau und Rüstung/Ver-
teidigung) wurde ausschließlich
der Rüstungs- und Verteidi-
gungsbereich mehrheitlich als
Einsparpotential gesehen.
Sparen durch die Abschaffung der
Wehrpflicht?
Die in der politischen Debatte häufig anzutreffende Argumentation des
Spareffekts dürfte stark übertrieben sein, wenn er mit den neuen Kosten einer
Freiwilligenarmee gegen gerechnet wird. Nach der Aussetzung der Wehrpflicht
wird sich die Nachwuchsgewinnung erheblich schwieriger gestalten. Diese
dürfte zu einem der zentralsten Probleme der Bundeswehr überhaupt werden.
Angesichts der demographischen Entwicklung und der Konkurrenz mit dem
privaten und dem zivilen öffentlichen Sektor suchen junge Menschen die
Bundeswehr als Arbeitgeberin nur mangels für sie akzeptabler Alternativen auf.
Nach Informationen des Spiegel haben von den 3.419 freiwillig Wehrdienstlei-
stenden, die zum 1. Juli diesen Jahres bei der Bundeswehr angefangen haben,
440 (13 %) noch im Laufe desselben Monats ihren Dienst wieder quittiert.
Deswegen ist bereits eine „Anschubfinanzierung“ zur Reform der Bundeswehr
im Gespräch und der Bundestag hat ein kostenintensives Paket zur „Steigerung
der Attraktivität“ des Truppendienstes beschlossen. Zusätzlich ist eine noch
intensivere Werbung als bisher an Schulen und Hochschulen sowie an Arbeitsa-
genturen und eine gesteigerte Präsenz im öffentlichen Raum zu erwarten.
Konversion
Die Reform der Bundeswehr wird zu erheblichen Standortschlie-
ßungen führen. Welche Standorte davon betroffen sein werden,
wird vom BMVg am 26. Oktober 2011 bekannt gegeben wer-
den. Häufig ist das Argument zu hören, Kasernenschließungen
seien wegen der drohenden Arbeitsplatzverluste für die betrof-
fene Kommune negativ. Eine solche Einschätzung ist einseitig
und führt in die Irre. Der Abzug des Militärs kann für die Regi-
on durchaus äußerst positive Effekte haben. Der Schlüsselbegriff
hierzu lautet Konversion. Damit ist die Umwandlung militärisch
genutzter Liegenschaften und Güter in eine zivile Nutzung sowie
die Umschulung von Soldaten für zivile Berufe gemeint. Ohne
das Militär vor Ort gehören erhebliche Lärmbelästigungen und
Verschmutzungen der Umgebung durch Munitionsabfälle etc.
der Vergangenheit an. Aus dem brach liegenden Militärgelände
können Naturschutzgebiete, Freizeitparks, sozialer Wohnraum
oder Gewerbegebiete entstehen, die neue Arbeitsplätze bieten.
Eine sehr lesenswerte Zusammenfassung über Militäranlagen
und ihre Auswirkungen sowie über die Chancen, aber auch
Risiken bietet der Reader des Regionalen Bündnisses für die
Konversion des Kriegsflughafens Spangdahlem (Hrsg.): Konver-
sion. Zivile Arbeitsplätze statt Kriegsunterstützung, Juli 2005,
downloadbar unter http://www.tacheles-regional.de/fileadmin/
media/pdf/readerkonversion2.pdf.
Bundeswehr im Innern
Die Bundeswehr wird aber nicht nur im Ausland eingesetzt, sondern auch im Innern.
Ob bei NATO- oder G 8-Gipfeln oder internationalen Sportereignissen wie der FIFA-Welt-
meisterschaft 2006 in Deutschland, stets waren AWACS-Aufklärungsflugzeuge mit Bundes-
wehrsoldaten an Bord mit dabei. Sie arbeitet der Polizei zu und stellt häufig die logistische
Unterstützung sowie die militärischen Aufklärungskapazitäten bei Großereignissen bereit.
Das Luftsicherheitsgesetz, das der Luftwaffe sogar unter bestimmten Voraussetzungen einen
Waffeneinsatz erlaubt hätte, wurde 2006 vom Bundesverfassungsgericht für grundgesetzwidrig
erklärt. Die Bundesregierung erhob die Vernetzte Sicherheit in ihrem Weißbuch von 2006
zum Leitkonzept ihrer Sicherheitspolitik. Es sieht vor, die Zuständigkeiten von Behörden der
inneren Sicherheit nicht mehr auf das Inland zu beschränken und setzt die Polizei auch im Aus-
land ein. Umgekehrt übernimmt die Bundeswehr zunehmend Unterstützungsaufgaben für die
Polizei im Inland. Eine Aufhebung der Trennung von innerer und äußerer Sicherheit ist höchst
problematisch.
Kein Job wie jeder andere
In der Theorie entscheidet sich heute jeder Mensch freiwillig
für oder gegen eine mit erheblichen körperlichen und psychischen
Risiken verbundene Tätigkeit bei der Bundeswehr. Der Beruf
in der Bundeswehr ist jedoch keineswegs mit zivilen Arbeitsbe-
reichen vergleichbar. Als Soldat muss man sich damit abfinden zu
töten und in einem Einsatz getötet oder verwundet zu werden.
Von den 99 seit 1992 im Ausland ums Leben gekommenen Bun-
deswehrangehörigen starben 19 (jeder Fünfte!) von eigener Hand,
wie eine Anfrage des SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Peter
Bartels an die Bundesregierung ergab. Diejenigen, die aus dem
Ausland zurückkehren, können mit Depressionen und Posttrau-
matischen Belastungsstörungen (PTBS) konfrontiert sein (siehe
die diesbezüglichen Tabellen). Von einer hohen Dunkelziffer ist
aber zudem sicherlich auszugehen!
Freiwillige unterliegen ökonomischen Zwängen!
So sind die tatsächlichen Gründe für den Eintritt in die Armee
häufig ökonomische Zwänge aufgrund fehlender tragbarer Alter-
nativen, mit denen Menschen in strukturschwachen Regionen
oft zu kämpfen haben. Stichwortartig sind zu nennen: drohende
Jugendarbeits- und Perspektivlosigkeit, Ausbildungsplatzmangel,
prekäre Arbeitsverhältnisse, Studiengebühren. All diese Faktoren
sind die Rekrutierungshelfer der Bundeswehr, die dazu beitragen,
dass junge Menschen sich keineswegs wirklich „freiwillig“ für den
Beruf des Soldaten entscheiden.
„Und die Art und Weise oder besser gesagt die Qualifikation
der Bewerber hängt sehr, sehr stark auch von der Wirtschaftslage
ab: Je miserabler die Wirtschaft ist, umso bessere Bewerber für die
Bundeswehr, und je besser die Wirtschaftslage, umso miserabler
die Bewerber für die Bundeswehr. Das ist eine Erfahrung, die wir
schon über die letzten Jahrzehnte gehabt haben, daran wird sich
im Prinzip nichts ändern.“
Martin Kutz im Gespräch mit Joachim Scholl „Bundeswehr droht
strukturgefährdendes Nachwuchsproblem“, in: Deutschlandradio vom 20. Juli
2011. Der Autor war wissenschaftlicher Direktor der Führungsakademie der
Bundeswehr
Bundeswehr &
Rechtsextremismus
Mit einer gewissen Regelmäßigkeit ist in den Medien von Vor-
kommnissen bei der Bundeswehr zu lesen, die einen klaren Bezug
zum Rechtsextremismus aufweisen. Das Einladen von rechtsex-
tremistischen Musikern und Referenten, Zusammenkünfte mit
Traditionsverbänden, ehemaligen Wehrmachts- und SS-Angehöri-
gen oder die Ausstattung der Einsatzfahrzeuge von Mitgliedern des
Kommandos Spezialkräfte (KSK) in Afghanistan mit Emblemen,
die Abzeichen des Afrikakorps aus dem 2. Weltkrieg stark äh-
nelten, sind Beispiele hierfür. Besonders dürfte Reinhard Günzel
in schlechter Erinnerung geblieben sein. Der damalige Komman-
deur des KSK wurde 2003 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt,
weil er auf Briefpapier der Bundeswehr ein Schreiben erstellte, das
die in der Öffentlichkeit als antisemitisch kritisierte Rede Martin
Hohmanns zum Tag der Deutschen Einheit lobte. Häufig werden
derlei Ereignisse von der Bundeswehrführung und der Politik ver-
harmlost. Es wird dargestellt, die Bundeswehr sei ein „Spiegel der
Gesellschaft“ und es handle sich um Einzelfälle. Diese Sichtweise
geht dem Problem bewusst aus dem Weg. Die Bundeswehr bietet
verschiedene Gründe, weshalb gerade dort solche Vorfälle gehäuft
vorkommen. Dazu zählt auch die Traditionspflege der Bundes-
wehr. Es gibt immer noch Kasernen, die nach Generalen des
Nationalsozialismus benannt sind. Weitergehende Informationen:
http://braunzonebw.blogsport.de/.
Werbeoffensive zur
Akzeptanz des Militärischen
Die Bundeswehr benötigt dringend Nachwuchs. In der Öf-
fentlichkeit ist das Image der Bundeswehr als Arbeitgeberin nicht
sonderlich gut. Ökonomischer Zwang ist die Hauptmotivation
für junge Menschen zur Bundeswehr zu gehen. Deshalb be-
müht sich die Bundeswehr verstärkt darum, ihre Attraktivität zu
steigern und ihr Image zu verbessern. Vor allem das Ansehen des
Soldatenberufs soll aufpoliert werden. Nach der Bundesregierung
dient dazu das „Informations- und Dialogangebot der Bundes-
wehr in Massenmedien, der Gesellschaft und sozialen Netzwerken
mit dem Ziel deutlich stärkerer Kenntnis, Sinn- und Wertver-
mittlung sowie Imagebildung und –steigerung zu intensivieren“
(Maßnahmenpaket, http://www.ag-friedensforschung.de/themen/
Bundeswehr/attraktiv.pdf, S.7). Im Jahr 2010 wurden eine Milli-
on sog. „Zielgruppenangehöriger“ erreicht. Darunter versteht die
Bundeswehr nicht nur die Jugendlichen und die jungen Erwach-
senen, sondern auch ihre Familie, Verwandte und Freunde. Die
Überlegung dabei ist, dass ein der Bundeswehr gegenüber positiv
eingestelltes Umfeld häufig erfolgreich dazu beiträgt, dass sich
junge Menschen bei der Armee verpflichten. Folglich gibt die
Bundesregierung immer mehr Geld für die Personalanwerbung
aus. Der Anteil der Werbung in den Medien stieg beispielsweise
von 3,9 Mio. Euro 2009 auf 5,7 Mio. Euro 2011. Mehr noch
wird in den neuen Medien wie in sozialen Netzwerken (Face-
book), im Internet (YouTube) sowie bei Sportveranstaltungen und
natürlich an Schulen und Hochschulen für den Soldatenberuf
geworben. Neben der Werbeoffensive in den neuen Medien wird
auch weiterhin auf alte militärische Traditionen gesetzt. So wurde
im September 2009 in Berlin das „Ehrenmal der Bundeswehr“
eröffnet. Auch in Zukunft wird es weiterhin öffentliche Gelöb-
nisse für die freiwillig Wehrdienstleistenden geben. Ebenso sollen
Zapfenstreiche und Musikveranstaltungen der Bundeswehr die
Akzeptanz und das Ansehen des Militärs in der Öffentlichkeit
steigern und die Präsenz des Militärischen im öffentlichen Raum
den Anschein von Normalität geben.
Mehr informationen gibt es bei vielen lokalen Gruppen - z.B.
Bundeswehr Wegtreten (http://www.bundeswehr-wegtreten.org/).
Wo kann ich mich weiter informieren?
Viele der angesprochenen Themen und noch weitere Infor-
mationen zum Militarismus auf europäischer und internationaler
Ebene finden sich ausführlicher auf http://www.imi-online.de.
Ebenfalls kritische Informationen zum Thema Bundeswehr bietet
das Projekt der Arbeitsstelle Frieden und Abrüstung e.V. (http://
www.bundeswehr-monitoring.de) und die AG Friedensforschung
(Friedensratschlag) (http://www.ag-friedensforschung.de/the-
men/Bundeswehr/Welcome.html). Für mehr Informationen zum
deutschen Waffenhandel: http://www.aufschrei-waffenhandel.de/
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