Donnerstag, 2. August 2012
Erbschaftssteuer: "Erben ist ein großer Anreiz"
Familienunternehmer Lutz Goebel streitet mit Katja Kipping, Chefin der Linkspartei, über faire Abgaben.
DIE ZEIT: Herr Goebel, wären Sie persönlich von der Kipping-Steuer betroffen?
Lutz Goebel: Wovon?
ZEIT: Frau Kipping meint, dass niemand mehr als 40.000 Euro im Monat verdienen sollte. Jeder Euro mehr sollte in die Staatskasse fließen.
Goebel: Das würde mich nicht treffen, aber sicher viele andere Familienunternehmer. Die Einkommensteuer ist für viele Unternehmer vor allem eine Unternehmensteuer, wer daran schraubt, trifft das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.
Katja Kipping: Einspruch. Es ging bei meinem Vorschlag nicht um eine steuerpolitische Intervention. Es ging mir um die Demokratie. Wenn man es damit ernst meint, muss es für jeden Menschen ein Mindestmaß an materieller Absicherung geben und auch ein Höchstmaß. Es sollte jeder wenigstens 1.000 Euro im Monat für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung haben. Und wenn jemand mehr als 40.000 Euro verdient, bringt ihm das wahrscheinlich nicht mehr Lebensqualität.
ZEIT: Deswegen soll der Staat dann das Zuviel beschlagnahmen?
Kipping: Ich weiß, dass auch das Verfassungsgericht eine hundertprozentige Besteuerung nicht zulässt. Doch angesichts der Krise müssen wir über die Verbesserung der Einnahmenseite des Staates, über höhere Steuern bei extremem Reichtum diskutieren. Schon heute verfügen die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung über fast zwei Drittel des Vermögens, die anderen neunzig Prozent teilen sich den Rest. Diese Schere wird durch die Erbschaftswelle noch weiter aufgehen.
ZEIT: Herr Goebel, in Deutschland wird in den kommenden Jahren mehr Wohlstand vererbt als jemals zuvor. Davon profitieren vor allem die Kinder der Reichen. Ist das gerecht so?
Goebel: Man stellt sich unter den Reichen oft die Formel-1-Fahrer, die Fußballspieler oder besondere Schauspieler vor. Aber es gibt unter den Erben eben auch viele Familienunternehmer, wie ich es bin. Deren Vermögen steckt im Unternehmen. Sie sind dann zwar auf dem Papier reich, aber in Wirklichkeit mehren sie mit ihren Betrieben den Wohlstand Deutschlands in der ganzen Breite der Bevölkerung und sorgen für viel Beschäftigung.
Kipping: Da stimme ich Ihnen zu. Es ist etwas anderes, ob jemand ein Familienunternehmen erbt oder ein Privatvermögen. Deswegen ist es auch sinnvoll, dass die Erben von Unternehmen, die den Betrieb weiterführen und die Lohnsumme konstant halten, keine Erbschaftsteuer zahlen müssen.
ZEIT: Die Wissenschaftler im Beirat des Bundesfinanzministeriums halten diese Begünstigung für nicht gerechtfertigt. Gut möglich, dass das Verfassungsgericht diese Steuerbefreiung einkassieren wird.
Kipping: Wir wollen das nicht ohne Bedingungen. Wir reden von Familienunternehmen, in denen keine Arbeitsplätze abgebaut werden. Die sollen auch nach einem Todesfall in der Substanz weiter bestehen, nicht durch Erbschaftsteuern beschädigt werden.
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