Unerwünschte Sticker: AfD bekämpft Antifa Altona Ost in Hamburgs Ida Ehre Schule
Dossier
“
Hamburgs
Schulaufsicht hat Antifa-Aufkleber an einer Schule entfernen lassen –
auf Betreiben der AfD. Die Hinweise kamen über deren Meldeportal. Die
Wände in der Ida Ehre Schule dürften wieder sauber und einheitlich sein.
Nach einer Begehung des Oberstufengebäudes der Schule in Harvestehude
hat die Schulaufsicht veranlasst, dass Aufkleber in einem Klassenraum
und hinter der Eingangstür entfernt werden und eine „Wandaufschrift“
übermalt wird. Anlass für die Aktion war eine schriftliche Kleine
Anfrage der AfD-Fraktion. Seit September vergangenen Jahres betreibt die
Fraktion die Online-Plattform „Neutrale Schulen Hamburg“, auf der
„Verdachtsfälle“ auf Verstöße gegen das Neutralitätsgebot gemeldet
werden sollen. Über das Portal hat die AfD nach eigenen Angaben Hinweise
über eine „Art Kaderschmiede“ für Linksextremisten an der Ida Ehre
Schule erhalten. Im Visier der Partei sind jetzt Lehrkräfte, die
Schulleitung und die „Antifa Altona Ost“, eine ihrer Meinung nach dem
gewaltbereiten, autonomen Spektrum zugeordnete Gruppierung. Der
Hamburger Verfassungsschutz beobachtet die Antifa Altona Ost. Ihm liegen
aber keine Informationen vor, dass die Gruppe gewaltbereit ist, Gewalt
befürwortet oder an gewalttätigen Ausschreitungen beteiligt war. Das
geht aus der Antwort auf eine andere Anfrage der AfD hervor…”
Artikel von Marthe Ruddat vom 20.3.2019 in der taz online – siehe dazu:
- Bombendrohung gegen Ida Ehre Schule
“Die Ida Ehre Schule in Eimsbüttel kommt nicht zur Ruhe: Nach der
Behauptung der AfD, dort werde für linksextremistische Positionen
geworben, hat es am Donnerstag eine Bombendrohung gegeben. Das Gebäude
sei daraufhin evakuiert worden, teilte die Stadtteilschule über Twitter
mit. Allerdings habe wegen einer Ganztageskonferenz sowieso kein
Unterricht stattgefunden. (…) Die Polizei gab nach einer halben Stunde
Entwarnung. Die per Mail eingegangene Drohung sei nicht ernst zu nehmen,
habe eine Prüfung durch das Landeskriminalamt ergeben, sagte ein
Polizeisprecher. Nach Angaben der Schule hatte die Drohung “ganz klar”
einen rechtsextremen Hintergrund. Von dem Absender der Mail sind laut
Polizei in jüngster Zeit bereits mehrere Bombendrohungen in Deutschland
ausgegangen. Die Hamburger Polizei habe die Sache darum an das Berliner
Landeskriminalamt abgegeben. Nach Informationen der Linken in der
Bürgerschaft war die Mail mit dem Namen eines verstorbenen
österreichischen Nazi-Verbrechers unterzeichnet. Die Drohung habe sich
explizit auf die antifaschistischen Aufkleber bezogen und gegen die
“rote Schule” gehetzt…” NDR-Meldung vom 28.03.2019
- Stellungnahme der Schulleitung zu den Pressemitteilungen der vergangenen Tage
“In den vergangenen Tagen wurden auf Basis einer Schriftlichen
Kleinen Anfrage (SKA) der Fraktion der hamburgischen AFD mit dem Betreff
„Verfassungsfeindliche linksextremistische Aktivitäten an der Ida Ehre
Schule unter Duldung des Lehrerkollegiums und der Schulleitung” in der
Presse diverse Spekulationen vorgenommen, bei denen teilweise die
Sichtweise der AFD übernommen worden ist. Die Schulleitung hat sich
weder von Seiten der Presse noch von der Politik dazu hinreißen lassen,
„aus dem Bauch heraus” eine Beurteilung der Situation abzugeben. Wir
sind an einer faktenbasierten, unaufgeregten Stellungnahme zu dem
vorliegenden Thema interessiert. und hätten uns dies auch von dritter
Seite gewünscht, anstatt sich in Spekulationen zu ergehen. Zunächst zur
Chronologie der Ereignisse (…) Die Ida Ehre Schule ist stolz auf ihre
Schüler*innen, die sich politisch äußern, betätigen und positionieren.
Nicht ohne Grund haben unsere Schüler*innen mehrfach den Bertini-Preis
gewonnen, einen der renommiertesten Preise, der junge Menschen mit
Zivilcourage auszeichnet. (…) Wie oben erwähnt wurden unsere
Schüler*innen in der Presse kriminalisiert und unsere Kolleg*innen
entweder als naiv oder linksextrem bezeichnet. Wir verwahren uns gegen
derartige Darstellungen und halten fest, dass wir als Schulleitung stolz
sind, Teil einer politischen, antifaschistischen Schulgemeinschaft zu
sein, die alles daran setzt, im Rahmen einer „Schule ohne
Diskriminierung“ dazu beizutragen, Schüler*innen zu befähigen, die
Geschicke der Welt als mündige Bürger*innen im Rahmen einer
freiheitlichen, demokratischen Grundordnung zu einem Besseren zu
entwickeln...” Stellungnahme der Schulleitung auf der Homepage der Schule , dort auch die Stellungnahmen des Elternrates und des Ida Ehre Kulturvereins
- Behörde lässt AfDler auf Schüler los
“… Neuer Ärger für die Hamburger Schulbehörde wegen ihres Umgangs
mit der AfD: Gestern Mittag haben Schüler*innen der umliegenden Schulen
eine Protestkundgebung vor dem Eimsbüttler Helene Lange Gymnasium
abgehalten. Grund war ein Vortrag des Hamburger AfD-Fraktionschefs
Alexander Wolf in einer 10. Klasse. Der Erfinder des umstrittenen
Lehrerprangers „Neutrale Schule“ gilt selber als stramm rechts, wurde
nun aber eingeladen, um im Rahmen eines „EU-Projekttages“ über
„Extremismus und dessen Prävention“ sowie „Menschenrechts- und
Demokratiefeindlichkeit“ zu sprechen – vermittelt durch die
Schulbehörde. Bekannt gemacht hatte dies das Hamburger „Bündnis gegen
Rechts“. Diesem lag ein schulinternes Schreiben vor, aus dem hervorgeht,
dass die Hamburger Schulbehörde (BSB) Wolf der Klasse empfohlen hat,
die an dem besagten EU-Projekttag teilnehmen wollte. „Nun wurde uns von
der BSB Herr Dr. Wolf als Experte vermittelt“, heißt es in dem Schreiben
an die Eltern, das auch der taz vorliegt. Mit ihrer Empfehlung mache
die Schulbehörde „den Bock zum Gärtner“, kritisiert Bündnis-Sprecher
Felix Krebs. (…) Der Vorgang fällt in eine Zeit, in der Schulsenator
Ties Rabe (SPD) ohnehin wegen seines Umgangs mit der AfD in der Kritik
steht. Wie berichtet, hat seine Behörde in den Märzferien
Antifa-Aufkleber von der Pinnwand einer 12. Klasse der Ida Ehre Schule
entfernen lassen, nachdem Alexander Wolf diese in einer Anfrage unter
dem Titel „linksextremistische Aktivitäten“ unter „Duldung des
Lehrerkollegiums und der Schulleitung“ angeprangert hatte. (…) Laut
Behörde war Wolf nicht der einzige Politiker, der an Schulen
„koordiniert“ wurde. Die Linke Abgeordnete Sabine Boeddinghaus hakt nun
mit einer Anfrage nach, um genau zu erfahren, welche „Expert*innen“ zu
welchen Themen das waren. Sollte es zutreffen, dass die von Schulsenator
Rabe geleitete Behörde Wolf für Extremismus-Prävention zuteilte, frage
sie sich, ob er „noch der Richtige ist“. Beitrag von Andreas Speit vom 27. März 2019 bei der taz online
- AfD gegen Antifa
“In Hamburg hetzt die »Alternative für Deutschland« gegen
antifaschistisches Engagement an der Ida-Ehre-Schule – und ein
vielstimmiger Chor von SPD bis Massenmedien stimmt ein. Antifaschismus
müsste eigentlich, gerade in Deutschland, ein Begriff sein mit dem sich
von Konservativen über Progressive bis zu revolutionären Gruppen jede*r
identifizieren kann und sollte. In einem Land, in dem wir uns tagtäglich
und zum Teil direkt vor unserer Tür mit den Verbrechen des Faschismus
konfrontiert sehen, sollte es oberste Bürger*innenpflicht sein, sich
offen antifaschistisch zu positionieren. Leider ist dem nicht so. Schon
in der Gründungszeit der BRD wurde die Entnazifizierung halbherzig
abgewickelt, brauchte man doch die Richter*innen, Staatsanwält*innen und
kollaborierenden Politiker*innen um den neuen Staat aufzubauen. Die
Linie war: Bei Nazis nicht so genau hinschauen. Antifaschismus zu
verurteilen und zu kriminalisieren, zieht sich hingegen konstant durch
die jüngere deutsche Geschichte…” Gastbeitrag von Max Schröder, Aktivist der Antifa Altona Ost, vom 27. März 2019 beim Lower Class Magazine
- Antifa-Aufkleber als „Gewalt-Propaganda“ – Hamburger Medien machen Schul-Pranger der AfD zum Erfolg
“Die AfD betreibt ein anonymes Meldeportal, das vermeintlich
„neutralen Schulen“ dienen soll. Monate nach seiner Einrichtung hat es
kaum nennenswerte Verstöße gegen das politische Neutralitätsgebot an
Schulen hervorgebracht. Jetzt kann die Partei endlich einen Erfolg für
sich reklamieren – vor allem dank der Medien. Denn das „Hamburger
Abendblatt“ hat aus Antifa-Aufklebern, die in einer Schule gefunden
wurden, eine ganz große Geschichte gemacht, und dabei zunächst
Interpretation und Wortwahl der AfD in größeren Teilen übernommen.
„Linksextremisten betreiben ungestört Propaganda an Schule“, lautete
eine der Schlagzeilen. In einer Kleinen Anfrage an den Hamburger Senat
hat die AfD ihre Vorwürfe formuliert und verschiedene Informationen, die
auf dem Meldeportal beruhen, zu einer Mischung zusammen gerührt, der
angeblich ein „linksextremistisches Netzwerk“ an der Hamburger
Ida-Ehre-Schule belegen soll. (…) Die Hamburger Schulbehörde hat
aufgrund der AfD-Anfrage in den Schulferien einige linksgerichtete
Aufkleber und Schmierereien entfernen lassen – und einer
Fachlehrerkonferenz aufgegeben, sich damit zu beschäftigen, inwieweit
das politische Neutralitätsgebot und der sogenannte „Beutelsbacher
Konsens“ an der Schule eingehalten werden…” Bericht von Andrej Reisin vom 25. März 2019 bei Übermedien online
- AfD-Petze wird zum Bumerang: Schüler solidarisieren sich mit Ida-Ehre-Schule
“Das
nennt man wohl ein klassisches Eigentor. Die AfD hatte einen
vermeintlichen Erfolg mit ihrem Petz-Portal erzielt und von
Antifa-Stickern in der Ida-Ehre-Schule (Hoheluft-Ost) erfahren. Über die
zugehörige Senatsanfrage der Partei berichteten die Medien. Jetzt der
Bumerang: Schüler des Gymnasium Allee (Altona) solidarisieren sich mit
der Ida-Ehre-Schule. Und deren Schulleitung stellt klar: die Sticker
waren ganz normaler Teil des Politik-Unterrichts. „Wir, die
Schüler*innen des Gymnasium Alllee, solidarisieren uns mit den von der
AfD diffamierten Schüler*innen und Lehrer*innen der Ida-Ehre-Schule“,
heißt es im Statement der Altonaer Schüler. Dazu gibt es ein Foto, das
eine offenbar recht große Zahl von Schülern zeigt. In der Hand
Antifa-Sticker, die ja der Stein des Anstoßes waren, im Vordergrund ein
großes Banner mit der Aufschrift „Antifa Area überall“ (…) Auch die
Leitung der Ida-Ehre-Schule hat sich mit einer Stellungnahme
positioniert. Dort wird deutlich: Die von der AfD monierte Pinnwand war
offenbar Teil eines Projekts, in dem verschiedene künstlerische Zugänge
zu politischem Handeln thematisiert wurden…” Artikel von Kristian Meyer vom 21.03.19 bei der Hamburger Morgenpost online
- [Interview mit AktivistInnen der Antifa Altona Ost] Klimarevolution – gesellschaftskritisch aufbereiten …
“… Karlson und Matilda gehören zu den AktivistInnen der Antifa
Altona Ost, die am 15. März einen der vier Demonstrationszüge
organisiert haben, die sich in der Hamburger Innenstadt zur
Großkundgebung Klimarevolution mit rund 10.000 Menschen vereinigten...” Karlson und Matilda im Gespräch mit und beim Schattenblick am 15. März 2019 : “…
K: Ich finde es sehr begrüßenswert, daß es eine jüngere Generation
gibt, die frischen Wind in die Bewegung bringt. Das hat meines Erachtens
in den letzten Jahren gefehlt. Daher halte ich es für großartig, daß
jetzt weltweit so viele junge Leute auf die Straße gehen. Ich hoffe, daß
es kein Kampf ist, der nur ein Buschfeuer bleibt, das bald wieder
verlöscht und dessen Wirkung verpufft, sondern daß er sich langfristig
halten und etablieren kann und noch stärker wird. Matilda: Kann man den
Jugendlichen die Radikalität nehmen? Ich glaube, daß es erst einmal eine
ganz wesentliche Strategie ist, den Jugendlichen Probleme aufzuzeigen,
die sie selbst betreffen. Das gilt für den Klimawandel, weil wir die
jungen Leute sind, die später darunter leiden werden, hier in
Deutschland noch nicht einmal so sehr wie die Menschen in anderen
Ländern. Ich bin jedenfalls der Überzeugung, daß man das sehr gut für
sich nutzen kann. Man kann aufzeigen, daß es dieses Problem gibt, aber
daß es nicht einfach aus sich selbst heraus entsteht oder aus
natürlichen Ursachen herrührt, sondern deswegen das Leben auf diesem
Planeten bedroht, weil wir ein Wirtschaftssystem haben, das solche
Umweltzerstörungen und Klimafolgen verursacht. Deswegen gehe ich davon
aus, daß dieser Zusammenhang ein guter Ansatzpunkt ist, um Leute zu
radikalisieren. Niemand kann ihnen die Radikalität nehmen, wenn man
ihnen aufzeigt, was wirklich hinter dieser Problematik steckt…”
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