“Für das Osterwochenende hatte ver.di an zahlreichen Standorten zum Streik aufgerufen. Außenstehenden mag der Arbeitskampf bei Amazon als müßig erscheinen. Seit Jahren kämpfen tapfere Frauen und Männer vergeblich für einen Tarifvertrag. Der erscheint heute so weit weg zu sein wie zu Beginn der organisierenden Arbeit. (…) Die Streiks haben (…) Amazon heute schon verändert. Entfristungen, Weihnachtsgeld, Lohnerhöhungen, neue Kantine – vieles, was ein Tarifvertrag abschließend und zu oft unbefriedigend klären würde, ist zweifellos erstreikt worden, ganz ohne die im deutschen Arbeitsrecht drohende Friedenspflicht mitzeichnen zu müssen. (…) Was wäre in den letzten Jahren alles nicht geschehen, wenn sich Amazon in Deutschland zum Abschluss eines Tarifvertrags durchgerungen hätte: kein Streik am Frauenkampftag, keine Solidarisierung an gemeinsamen Streiktagen mit Kolleg*innen der Post, keine internationale Vernetzung von der Basis aus mit Kolleg*innen bei Amazon in Polen (…) und Spanien. Tatsächlich gibt es bei Amazon mittlerweile Hunderte proletarisch geprägte Aktivist*innen, die eine Ahnung davon geben, wie eine revitalisierte Arbeiter*innenbewegung aussehen wird. So platt das von der Riege aller orthodoxen, marxistischen wie anarchistischen Traditionen überzeichnete und überstrapazierte Bild des Streiks als Ort der massenhaften Entwicklung von Klassenbewusstsein ist, so deutlich zeigt sich, welche Potenziale dieser Klasse heute innewohnen, wenn sie weder von der Gegenseite herzlich umarmt ihren Biss verliert, noch von den eigenen Leuten in ein allzu bürokratisches und legalistisches Korsett gesteckt wird…” Artikel von Violetta Bock vom 25. April 2019 bei neues Deutschland online
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