"Am 29. Juni 2019 ist es in Berlin wieder soweit. Nein, liebe
Fußballfans, es geht nicht um das DFB-Pokalfinale. Diesmal tritt die
IG Metall in der deutschen Hauptstadt an. Gegen wen? Oder für was?
»FairWandel« heißt das Stichwort – oder wie man Online lesen kann: Die
soziale, ökologische und demokratische Transformation soll es nur mit
»uns« geben. Alles klar also? Nun sagen wir es frei heraus: nix ist
klar, denn selten haben sich Biederkeit, Opportunismus und
Elitengläubigkeit, die in der deutschen Arbeiterbewegung tiefe Wurzeln
haben, so deutlich gezeigt wie in dieser Demonstration. Da will eine
Gewerkschaft, die schon seit Jahrzehnten jeden konfrontativen Mut
verloren hat, also richtig mobil machen gegen die Vielzahl der
Damoklesschwerter, die gegenwärtig über uns hängen? Lobenswert, aber
halt! Eine Gewerkschaft, die die sozialen Verwerfungen bei
Outsourcing-Prozessen in den Betrieben seit Jahren nur begleitet und
die nie ernsthaft Stellung gegen die soziale Transformation mit dem
Namen Hartz IV bezogen hat? Eine Gewerkschaft, die unserer Umwelt mit
der Abwrackprämie 2008 einen besonderen Dienst erwies und die auch
sonst nicht auf die Idee kommt, sich zu fragen, wie eine ökologische
Konversionspolitik weg vom Auto tatsächlich aussehen könnte? Eine
Gewerkschaft schließlich, die die »demokratischen« Transformationen
nach 2008 in Griechenland, Spanien oder an anderen Rändern der EU
allenfalls altväterlich kritisiert und gar nicht auf die Idee kommt,
ihre ›Arbeit-Geber‹ zu kritisieren für deren schmutzige Geschäfte in
demokratischen Ländern wie Ungarn oder Brasilien? Und glaubt diese
Gewerkschaft ernsthaft, dass es irgendjemanden der gesellschaftlich
Verantwortlichen juckt, wenn da selbst Hunderttausende einen Sommertag
in Berlin genießen, mit Pfeifen, Fahnen, Stickern, Reden, Musik, mehr
oder weniger gutem Essen?..." Artikel von Toni Richter, erschienen in
express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit
4/2019
http://www.labournet.de/?p=147650
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