Es sind offizielle Zahlen der Internationalen Arbeitsorganisation
(ILO): Täglich sterben 6.500 Menschen an Berufskrankheiten und 1.000
bei Arbeitsunfällen. Und niemand sollte den Fehler machen, die ILO als
parteiische Beschäftigtenorganisation zu sehen: Der materialisierte
Dreibund zählt nur die Opfer jener Krankheiten, die – oft genug nach
langem Kampf gegen den Widerstand der Unternehmen – als
Berufskrankheiten „anerkannt“ sind. Und jene Unfälle, die offiziell
registriert wurden. Aus dem soeben veröffentlichten Jahresbericht der
ILO zum 28. April 2019 „Safety and Health at the heart of the Future
of Work: Building on 100 years of experience„ geht aber sowohl hervor,
dass die „Digitalisierung der Arbeit“ auch neue Risiken und Gefahren
mit sich bringt, als auch, dass die „alten Erbschaften“ (Asbest!) nach
wie vor tödlich wirken. Neue Gefahren? Der chinesische Digitalkonzern
Ali Baba z.B. reagiert auf den Protest aus der Belegschaft gegen „996“
(von 9 bis 9 an sechs Tagen die Woche arbeiten) mit der Bekundung, wer
das nicht wolle, könne ja woanders arbeiten. In Japan werden die
Möglichkeiten geschaffen, nahezu unbegrenzt Überstunden zu diktieren.
In der Türkei wird auf Proteste gegen Arbeitsbedingungen in der
Baubranche mit Polizei reagiert. Ob Todesopfer im „wilden“ Bergbau von
Myanmar oder bei Indiens Latrinenmenschen – das sind Beispiele, die
noch am ehesten bekannt sind, weil sie ab und zu in größeren Medien
als Sensationsmeldung auftauchen – vom Schiffe abwracken in Asien,
über die Müllentsorger Europas in Afrika bis zu den Beschäftigten
giftiger Sojaplantagen in Brasilien ist die Liste endlos. Und gerade
deswegen machen wir in unserem diesjährigen, inzwischen ja schon
traditionellen, Überblick zum 28. April etwas Anderes: Einen genaueren
Blick in drei europäische Länder werfen, nicht weil europäische Leben
wertvoller wären, sondern um deutlich zu machen, dass dies kein
Problem von „Entwicklungsländern“ oder, blöder noch, von
„Mentalitäten“ ist, sondern: Kapitalismus, sei es altmodisch oder
modern. Italien, Frankreich und Spanien stehen in unserem diesjährigen
Dossier im Mittelpunkt, mit ihren tödlichen Alltäglichkeiten – und den
Versuchen, sich dagegen zu wehren.
http://www.labournet.de/?p=147801
Siehe die Materialsammlungen der letzten Jahre in unserem Dossier zum
alljährlichen Workers Memorial Day
http://www.labournet.de/?p=32334
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