Dienstag, 2. Oktober 2018

Umbenennung Mazedoniens

Votum der Verweigerung


Von Roland Zschächner
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Eine von wenigen: Eine Frau nimmt am 30. September in Skopje an dem Referendum teil
Die Menschen in Mazedonien haben sich nicht verrückt machen lassen. Weder von Premierminister Zoran Zaev noch durch dessen prominente Besucher, die für ihn die Werbetrommel rührten. Angela Merkel, Michael Pence und Jens Stoltenberg riefen in Skopje die Wähler dazu auf, bei dem Referendum am Sonntag für eine manipulative und illegitime Frage zu stimmen, in der drei Sachverhalte mit einander verknüpft waren: die Änderung des verfassungsmäßigen Staatsnamens, der Beitritt zur NATO und der zur Europäischen Union.
Es wäre ein einmaliger Akt der demokratisch bemäntelten Aufgabe der eigenen Souveränität gewesen. Doch die Wähler ließen Zaev im Regen stehen. Nur knapp 37 Prozent der Mazedonier beteiligten sich an dem »konsultativen Referendum«, das damit scheiterte. Der ehemalige Glanz der »euroatlantischen Integration« ist verschwunden, niemand scheint mehr an die von Zaev versprochene »goldene Zukunft« zu glauben. Das Bild der NATO ist zurecht gerückt als aggressiver Akteur zur Durchsetzung der Interessen der USA. Die EU ist, nüchtern betrachtet, eine von Berlin aus gelenkte Kolonialmacht zur Ausbeutung der europäischen Peripherie. Eine freiwillige Unterordnung käme einer bedingungslosen Kapitulation gleich.
Doch der Sozialdemokrat Zaev, der sich der Unterstützung aus Washington und Brüssel gewiss sein kann, betrachtet das Ergebnis des Referendums trotzdem als eine Bestätigung seiner »euroatlantischen« Integrationspolitik – schließlich haben sich mehr als 90 Prozent Wähler dafür ausgesprochen. Seine von den USA aufgetragene Aufgabe bleibt es, das Land so schnell wie möglich in die NATO zu bringen. Dafür wurde 2017 die rechtsnationalistische Regierung gestürzt und Zaev an die Macht gebracht. Dass er dafür wie seine geschasster Vorgänger die bürgerlichen Spielregeln über Bord wirft, zeichnet ihn für Washington aus und lässt erahnen, wie weit man in Brüssel und Washington bereit ist zu gehen.
Die USA haben ein Ziel: Ihre NATO soll den ganzen Balkan kontrollieren. Dazu sind alle Mittel recht. Washington sorgte dafür, dass sich Skopje im Juni dem Diktat Athens im Namensstreit unterwarf, einen Monat später folgte zum Dank die Einladung in die westliche Kriegsallianz. Für die USA ist es dagegen egal, ob und wann Mazedonien der EU beitritt. Dieser Prozess kann sich über Jahre hinziehen. Zudem mit ungewissem Ausgang. Viele EU-Staaten stehen einer neuen Osterweiterung skeptisch gegenüber. Ganz zu schweigen davon, ob es die EU bis 2025 überhaupt noch gibt. Der Balkan ist wie vor mehr als 100 Jahren der Schauplatz innerimperialistischer Konkurrenz und den Kampf um Einflusssphären.
Mit dem Fernbleiben von dem verlogenen Referendum haben die Bürger Mazedoniens ein klares Zeichen des Widerstand gesetzt: Sie wollen sich und ihr Land nicht den westlichen Mächten ausliefern.

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