»Ehe für alle« seit einem Jahr in Kraft. Politische Auseinandersetzungen darum gehen weiter
Von Markus Bernhardt
Vor allem SPD-Politikerinnen und Politiker versuchten in »sozialen Netzwerken« wie Twitter und Facebook, die Einführung der »Ehe für alle« als ihren Erfolg zu verkaufen
Foto: Ralf Hirschberger/dpa-Zentralbild/dpa
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Auch ein Jahr nach ihrer gesetzlichen Einführung sorgt die »Ehe für alle« für gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen. Zur Erinnerung: Am 30. Juni des letzten Jahres hatte der Bundestag das Gesetz »zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts« beschlossen. Am 1. Oktober 2017 trat es in Kraft. Seitdem vergeht kaum ein Tag, an dem Rechtskonservative, religiöse Fundamentalisten, extreme Rechte – und allen voran die AfD – nicht gegen diese weitgehende Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Partnerschaften mobil machen. Wie die Augsburger Allgemeine am Wochenende berichtete, will die AfD in die Bundestagssitzung am 11. Oktober einen Gesetzentwurf einbringen, mit dem sie die »Aufhebung der gleichgeschlechtlichen Ehe« beantragt.
Bisher existieren keine verlässlichen Statistiken darüber, wie viele gleichgeschlechtliche Paare bisher genau geheiratet haben. Eine in diesem Monat veröffentlichte Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) bei den Standesämtern hatte ergeben, dass sich seit Einführung des Gesetzes mindestens 7.000 gleichgeschlechtliche Paare hätten trauen lassen.
Während vor allem SPD-Politikerinnen und Politiker in »Sozialen Netzwerken« wie Twitter und Facebook versuchten, die Einführung der »Ehe für alle« als ihren Erfolg zu verkaufen, forderte die politische Konkurrenz weiteres Engagement im Kampf für eine vollumfassende Gleichstellung aller Lebensweisen und für den Abbau noch bestehender Benachteiligungen. »Zwei sich vermählende Gutverdienende haben durch das Ehegattensplitting ein paar tausend Euro mehr im Jahr zur Verfügung, aber ein Hartz-IV-Bezieher verliert all seine Ansprüche und ist auf Taschengeldalmosen des Ehepartners angewiesen«, kritisierte etwa Frank Laubenburg, Sprecher der »Bundesarbeitsgemeinschaft Die Linke. Queer«, am Montag gegenüber junge Welt. Die Öffnung der Ehe habe »zwar Gleichheit, aber keine Gerechtigkeit gebracht«. »Zudem gibt es Lebensweisen, die völlig ungeschützt sind, zum Beispiel Wohngemeinschaften im Mietrecht«, monierte der Linke-Politiker. Deshalb müsse das Eherecht zu einem Lebensweisenrecht transformiert werden: »Soziale Rechte ja, aber finanziell weder Vor- noch Nachteile für Beziehungsformen«, forderte er.
Unrealistisch ist dies keineswegs. So kündigte ausgerechnet der österreichische Justizminister Josef Moser – gewählt als Parteiloser auf der Liste der ÖVP, die nun mit der völkisch-nationalistischen FPÖ koaliert – Ende August gegenüber der Tageszeitung Die Presse an, künftig nicht nur die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen, sondern auch Heterosexuellen die Möglichkeit der »Eingetragenen Partnerschaft« einzuräumen, die bisher nur gleichgeschlechtlichen Paaren offensteht.
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