Dienstag, 3. April 2018

Sozialprotest armer Leute zwischen traditionellen und unorthodoxen Widerstand


"... Wer Widerstand ausschließlich als sichtbaren Protest 
identifiziert und Führungspersönlichkeiten benötigt, um überhaupt 
inhaltliche Positionen dieser kleinen Initiativen wahrzunehmen, bleibt 
politisch blind gegenüber tagtäglichem realen Aufbegehrens. Aber dies 
ist nur ein Aspekt  warum Arme z.B. bei der Debatte über 
Klassenpolitik schlichtweg „vergessen“ werden. Es gibt eine 
gesellschaftlich bestimmte und geförderte Verachtung von Armen, 
insbesondere wenn es sich um Personen handelt die auf 
Unterstützungsgelder angewiesen sind. (...) Arme Menschen werden arm 
gehalten, sie werden unter Druck gesetzt jede Arbeit, unabhängig von 
beruflichen Perspektiven und von der Lohnhöhe, anzunehmen, sie werden 
ihrer sozialen Rechte beraubt (Recht auf Wohnung und Recht auf 
Bildung), ihr Aufbegehren wird als Sozialschmarotzertum diskreditiert 
und sie werden bei anhaltendem Widerstand aus dem Leistungsbezug 
katapultiert. Auch innerhalb der linken Theorie und Praxis spielen 
Arme eine untergeordnete Rolle, es wird sich zwar auf ihre Interessen 
bezogen, aber nur in negativer Weise. (...) Diese oft verinnerlichte 
Arbeitsmoral, verbunden mit bürgerlichen Wertvorstellungen (sie ja 
nicht alle schlecht sein müssen), bringen Menschen in ihren 
alltäglichen Lebenssituationen in Distanz zu den weniger 
„Leistungsfähigen“. Letztendlich wird trotz anhaltender eigener Kritik 
an kapitalistischen Lebens- und Arbeitsweisen das Prinzip der 
Leistungsgesellschaft auch von uns immer wieder selbst reproduziert. 
(...) Die verschiedenartigen stillen und lauten Widerstandsweisen von 
armen Leuten orientieren sich an wesentlichen Formen des Miteinanders: 
dem Willen nach einem selbstbestimmten Leben, der Forderung nach 
Gerechtigkeit und der Einhaltung von Würde. Alle drei Formen des 
Miteinanders sind mit Lohnarbeit nicht vereinbar!" Artikel von Harald 
Rein vom März 2018 - er erschien in gekürzter Form und mit einem etwas 
anderen Titel „Ringen um Würde. Sozialprotest in emanzipatorischer 
Form sollte die Einsichten und die Widerständigkeit armer Leute 
aufgreifen“ in der aktuellen Nummer 636 des ak vom 20.3.2018 - wir 
danken!
http://www.labournet.de/?p=129882

Wir erinnern an das Buch von Harald Rein: Wenn arme Leute sich nicht 
mehr fügen…! Bemerkungen über den Zusammenhang von Alltag und Protest
http://www.labournet.de/?p=122598

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