Spätestens
als der katalanische Präsident Carles Puigdemont nach Belgien floh,
habe ich mich gefragt, was er eigentlich im Kopf hat. Denn sein Versuch,
die staatliche Unabhängigkeit Kataloniens zu erreichen, setzte ja genau
das voraus – den Begriff des Staates. Und ein Staat funktioniert nun
mal nicht ohne Gewalt über Polizei oder Armee. Also habe ich erwartet,
dass er seine Landespolizei im Griff hat und Aktivitäten der spanischen
Staatspolizei – der Guardia Civil – verhindern kann. Das war nicht der
Fall. Also wäre es um die Frage gegangen, ob der Zeitpunkt für die
Ausrufung der Unabhängigkeit Kataloniens richtig gewählt war. Mariano
Rajoy war, wie wir den deutschen Zeitungen entnehmen konnten, aufgrund
von Korruptionsvorwürfen in ernsthaften Schwierigkeiten. Es konnte ihm
eigentlich nichts Besseres passieren als die katalanische Unbotmäßigkeit
– zumal er ein willfähriges Verfassungsgericht an seiner Seite hatte.
Doch die Katalanen meinten wohl, die Schwäche von Rajoy ausnutzen zu
können – sie haben sich auch in diesem Punkt getäuscht.
Innerhalb des Systems hätte ihr gewaltfreier Widerstand nur durch eine Änderung der spanischen Verfassung eine Chance gehabt. In dem Augenblick, wo sie aus dem System ausbrachen, mussten sie damit rechnen, dass es seine Gewaltmöglichkeiten einsetzt, um sie zu stoppen. Gandhi hat genügend Instrumente gezeigt, ein System in gewaltfreier Weise zu ändern – aber sie führen durchs Gefängnis. Dazu waren Puigdemont und seine Mitstreiter nicht willens, und das ist schade. Nun müssen sie das Gefängnis ohne einen Plan erleiden, sie nutzen es nicht als Instrument, sondern sind seine Opfer.
Das Streben der Katalanen nach nationaler Unabhängigkeit hatte immer auch etwas Egoistisches, ähnlich den entsprechenden Bestrebungen in Norditalien. Katalonien ist nun mal die reichste Region Spaniens. Man kann aber nicht sagen, durch Madrids Ressourcenverteilung, selbst wenn sie ungerecht ist, sei Barcelona verarmt. Und auch hier gibt es Klassen. Der Stolz der Bürgerlichen, eine eigene Nation zu sein, ging immer zusammen mit der Ausbeutung der Fabrikarbeiter und zusätzlich der aus dem Süden zugereisten Fremdarbeiter, die zudem damit leben mussten, sprachlich ausgegrenzt zu werden.
Selbstverständlich hat Madrid alles getan, um die Katalanen zu demütigen. Der katalanische Konflikt hat aber alle Züge eines Scheinkonfliktes, einer Ablenkung von den eigentlichen Problemen – und das ist das Gefährliche daran.
Die katalanische Niederlage zeigt überdeutlich das Elend des vereinten Europas. Das Zusammenwachsen Europas habe ich mir immer so vorgestellt, dass die Nationalstaaten an Bedeutung verlieren und die Provinzen, die kleineren Einheiten, an Bedeutung gewinnen. Aber statt dessen ist die Union zu einem Club der Staatschefs geworden, die ihre Macht weder von der Kommission noch vom Europäischen Parlament beschneiden lassen wollen. Brüssel hat angesichts einer möglichen staatlichen Unabhängigkeit Kataloniens gleich gesagt, ein solch neuer Staat sei keineswegs automatisch Mitglied im Club, und das ist ja auch nur folgerichtig angesichts dieser Entwicklung. Die Katalanen baden es jetzt aus, während die Schotten von einer liberaleren britischen Gesetzgebung die Freiheit erhielten, zu ihrer staatlichen Unabhängigkeit Nein zu sagen – fatalerweise zu einem Zeitpunkt, als das Vereinigte Königreich selbst sich von Europa abwendet.
Innerhalb des Systems hätte ihr gewaltfreier Widerstand nur durch eine Änderung der spanischen Verfassung eine Chance gehabt. In dem Augenblick, wo sie aus dem System ausbrachen, mussten sie damit rechnen, dass es seine Gewaltmöglichkeiten einsetzt, um sie zu stoppen. Gandhi hat genügend Instrumente gezeigt, ein System in gewaltfreier Weise zu ändern – aber sie führen durchs Gefängnis. Dazu waren Puigdemont und seine Mitstreiter nicht willens, und das ist schade. Nun müssen sie das Gefängnis ohne einen Plan erleiden, sie nutzen es nicht als Instrument, sondern sind seine Opfer.
Das Streben der Katalanen nach nationaler Unabhängigkeit hatte immer auch etwas Egoistisches, ähnlich den entsprechenden Bestrebungen in Norditalien. Katalonien ist nun mal die reichste Region Spaniens. Man kann aber nicht sagen, durch Madrids Ressourcenverteilung, selbst wenn sie ungerecht ist, sei Barcelona verarmt. Und auch hier gibt es Klassen. Der Stolz der Bürgerlichen, eine eigene Nation zu sein, ging immer zusammen mit der Ausbeutung der Fabrikarbeiter und zusätzlich der aus dem Süden zugereisten Fremdarbeiter, die zudem damit leben mussten, sprachlich ausgegrenzt zu werden.
Selbstverständlich hat Madrid alles getan, um die Katalanen zu demütigen. Der katalanische Konflikt hat aber alle Züge eines Scheinkonfliktes, einer Ablenkung von den eigentlichen Problemen – und das ist das Gefährliche daran.
Die katalanische Niederlage zeigt überdeutlich das Elend des vereinten Europas. Das Zusammenwachsen Europas habe ich mir immer so vorgestellt, dass die Nationalstaaten an Bedeutung verlieren und die Provinzen, die kleineren Einheiten, an Bedeutung gewinnen. Aber statt dessen ist die Union zu einem Club der Staatschefs geworden, die ihre Macht weder von der Kommission noch vom Europäischen Parlament beschneiden lassen wollen. Brüssel hat angesichts einer möglichen staatlichen Unabhängigkeit Kataloniens gleich gesagt, ein solch neuer Staat sei keineswegs automatisch Mitglied im Club, und das ist ja auch nur folgerichtig angesichts dieser Entwicklung. Die Katalanen baden es jetzt aus, während die Schotten von einer liberaleren britischen Gesetzgebung die Freiheit erhielten, zu ihrer staatlichen Unabhängigkeit Nein zu sagen – fatalerweise zu einem Zeitpunkt, als das Vereinigte Königreich selbst sich von Europa abwendet.
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