Montag, 16. April 2018
Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien
Katalonien schaut nach Berlin: Wie weit geht die Zusammenarbeit mit
der spanischen Rechtsregierung, die mit Ausnahmezustand,
Maulkorbgesetz und Traditionspflege Zeichen setzt?
„Die Regierung Merkel billigt die kompromisslose Härte Mariano Rajoys
gegen die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien, weil ihr daran
gelegen ist, die mit Spanien mutmaßlich verbürgte Stabilität in
Südeuropa vorbehaltlos zu stützen. Der konservative Premier gilt in
Berlin und Brüssel als verlässlicher Anwalt mustergültiger Austerität.
Sie wurde als Königsweg dafür erachtet, die Finanzkrise zu beherrschen
und gesellschaftliche Unruheherde in Schach zu halten. Aber ein Kurs,
der stets auf eiserne Stabilität bedacht ist, lässt sich nicht ewig
halten. Irgendwann kracht das Staatsschiff gegen ein Riff. Genau dies
ist Spanien mit Katalonien geschehen. Jahrelang verschloss die
Politik-Elite in Madrid die Augen davor, dass es in Katalonien gärte.
Der Wandel des Strebens nach Unabhängigkeit von einer Randerscheinung
zur Massenbewegung hat ein Datum: den Juni 2010, als Spaniens
Verfassungsgericht Kataloniens neues Estatut d’Autonomia, eine per
Plebiszit verabschiedete Regionalverfassung, derart beschnitten hat,
dass es viele Katalanen erzürnte. Die Richter sprachen der „nationalen
Realität“ Kataloniens jede effektive politische und juristische
Gültigkeit ab, was all jene verletzte, die (noch) nicht die
Independència befürworteten, aber ihre Geschichte, Kultur und Sprache,
ihren Status als Nation anerkannt sehen wollten. Dieses instinktlose
Urteil ging auf eine Klage der Konservativen zurück, damals noch in
der Opposition, aber schon von Rajoy geführt. Mit einer
Unterschriftensammlung wurde für „die Verteidigung der spanischen
Nation“ Stimmungsmache betrieben“ – aus dem Beitrag „Asyl statt
Auslieferung“ von Conrad Lluis Martell in der Ausgabe 13/2018 des
Freitag – worin darauf verzichtet wird, zu erwähnen, dass deutsche
Behörden bereits einmal einen katalonischen Ministerpräsidenten an
eine spanische Regierung auslieferten (von besonders schamlosen
Verteidigern der Bundesregierung wird diese schlichte historische
Tatsache als „Russenpropaganda“ verleumdet): Im August 1940 aus
Frankreich Lluís Companys i Jover. Zwei Monate später nach eintägigem
Prozess vom Franco-System ermordet.
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/asyl-statt-auslieferung
Siehe zu Protesten und Debatten um die Festnahme Puigdemonts durch die
BRD-Behörden fünf weitere aktuelle Beiträge, eine gemeinsame Erklärung
der regionalen Gewerkschaften in Spanien zu dieser Festnahme und zwei
Beiträge zum reaktionären Charakter der Regierung Rajoy, sowie einen
Demonstrationsbericht aus der BRD - sowie aktuell als Update vom 4.
April zwei Beiträge zum Vorgehen der Staatsanwaltschaft
Schleswig-Holstein
http://www.labournet.de/?p=129986
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