Donnerstag, 4. Juni 2020

[IMI-List] [0567] Cyber Valley & IARPA / Fortsetzung Defender 2020 / Podcast / Mali & Nukleare Teilhabe

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Online-Zeitschrift "IMI-List"
Nummer 0567 .......... 23. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos)........ https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste/
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Liebe Freundinnen und Freunde,

1.)  Der Hinweis auf die soeben erschienene IMI-Studie „Cyber Valley,
MPG und US-Geheimdienste“;

2.)  Der IMI-Podcast 21/2020 (u.a. zu Bundeswehr & Corona);

3.) Hinweise auf weitere aktuelle IMI-Analysen u.a. zur Debatte um die
Nukleare Teilhabe und das neue Mali-Bundeswehrmandat;

4.) Ein IMI-Text zur für Juni geplanten Fortsetzung des Großmanövers
„Defender 2020“.


1.) IMI-Studie: „Cyber Valley, MPI und US-Geheimdienste“

Als vermeintlich progressiver dritter Weg in der KI-Forschung zwischen
China und USA wurde das Tübinger Cyber Valley angepriesen. Wie in der
aktuellen IMI-Studie „Cyber Valley, MPI und US-Geheimdienste“
herausgearbeitet wird, waren das angesichts der Teilfinanzierung durch
die US-Geheimdienstbehörde IARPA nur hohle Phrasen:

IMI-Studie 2020/03
Cyber Valley, MPI und US-Geheimdienste
Ein militärisch-forschungsindustrieller Komplex?
http://www.imi-online.de/2020/05/15/cyber-valley-mpi-und-us-geheimdienste/
Christoph Marischka (15. Mai 2020)

2.) Antimilitaristischer Podcast Nr. 21/2020

Eine neue Ausgabe des antimilitaristischen Podcasts ist erschienen.
http://www.imi-online.de/2020/05/14/antimilitaristischer-podcast-ausgabe-21/


Themen sind:
-- Bundeswehr und die Corona-Krise
-- Bundeswehr und die Youtube-Werbung „Rekrutinnen“:
-- Mali: Ausweitung des Mandates

http://www.imi-online.de/2020/05/14/antimilitaristischer-podcast-ausgabe-21/


3.) Neue IMI-Analysen

IMI-Analyse 2020/23
Grüne Offensive
Per Interventions- und Geopolitik Richtung Schwarz-Grün
http://www.imi-online.de/2020/05/13/gruene-offensive/
Jürgen Wagner (13. Mai 2020)

IMI-Analyse 2020/22 - in: Telepolis, 6.5.2020
Atomare US-Alleingänge und die Debatte um die Nukleare Teilhabe
http://www.imi-online.de/2020/05/07/atomare-us-alleingaenge-und-die-debatte-um-die-nukleare-teilhabe/

Jürgen Wagner (7. Mai 2020)

IMI-Standpunkt 2020/016
Mali: Mandatsausweitung bestätigt
http://www.imi-online.de/2020/05/06/mali-mandatsausweitung-bestaetigt/
Christoph Marischka (6. Mai 2020)

IMI-Standpunkt 2020/015
Bundeswehr: Per Corona auf RekrutInnenfang
http://www.imi-online.de/2020/05/04/bundeswehr-per-corona-auf-rekrutinnenfang/

Markus Pflüger (4. Mai 2020)


4.) Artikel: Defender 2020 wird fortgesetzt!

IMI-Standpunkt 2020/018 - in: Telepolis, 14.5.2020
Defender Europe 2020 Plus
Das US-Großmanöver wird fortgesetzt!
http://www.imi-online.de/2020/05/15/11658/
Jürgen Wagner (15. Mai 2020)

Die ursprünglich für den Zeitraum zwischen Januar und Juni 2020
terminierte US-Großübung „Defender Europe 2020“ war als zentraler
Baustein im allgegenwärtigen Säbelrasseln gegen Russland gedacht. Beim
größten US-Manöver seit 25 Jahren hätten eigentlich 20.000 US-Soldaten
aus den USA 4.000km quer durch Europa bis an die Grenze Russlands
verfrachtet werden sollen – insgesamt war von 37.000 beteiligten
Soldaten die Rede. Deutschland sollte dabei sowohl in einer Reihe
angegliederten NATO-Manöver, vor allem aber auch bei der logistischen
Unterstützung der US-Truppen eine zentrale Rolle spielen (siehe
Telepolis, 8.1.2020).

Dann machte die Corona-Krise den USA allerdings einen gründlichen Strich
durch die Manöverrechnung – Mitte März 2020 war der Presse zu entnehmen:
„Das war’s: Der Coronavirus hat das Mega-Manöver der USA endgültig zum
Erliegen gebracht. ‚Defender 2020‘ wird vorzeitig beendet.“ Bis zu
diesem Zeitpunkt waren nach NATO-Angaben bereits 6.000 US-Soldaten und
3.000 Fahrzeuge über den Atlantik transportiert worden. Obwohl dies
natürlich automatisch die Frage aufwarf, was mit diesen Truppen
geschehen würde, antwortete die Bundesregierung Anfang April 2020 auf
eine Anfrage der Linken, ob die ursprünglich für Mai im Zusammenhang mit
Defender 2020 stehenden Übungen „Allied Spirit XI“ und „Trojan
Footprint“ trotz der Corona-Krise stattfinden würden, dies sei „der
Bundesregierung nicht bekannt.“

Nun ist die Katze aber aus dem Sack: Zumindest Allied Spirit XI soll im
Juni 2020 ungeachtet der Umstände durchgezogen werden – auch die
Durchführung weiterer mit Defender 2020 in Verbindung stehender Manöver
wurde von der U.S. Army Europe angekündigt. Auch über das der Übung
zugrundeliegende Szenario ist inzwischen ein wenig mehr bekannt, wobei
die neuen Informationen im Wesentlichen bestätigen, was ohnehin bereits
auf der Hand lag: Dass das Manöver gegen Russland gerichtet ist.

Occasus-Szenario

Von offizieller Seite wurde bis zuletzt an einer gemeinsamen
Sprachregelung festgehalten: Defender 2020 sei ein rein defensives
Unterfangen, das keineswegs gegen einen bestimmten Staat gerichtet wäre.
Stellvertretend sei hier Martin Schelleis zitiert, der als Kommandeur
der Streitkräftebasis für die gesamte deutsche Logistikunterstützung der
US-Truppen zuständig war: „Sie [die Defender 2020-Übung] ist nicht gegen
Russland gerichtet.“

Natürlich glaubt das kein Mensch und Kommentatoren mit ein wenig mehr
rhetorischer Beinfreiheit hatten dies auch von Anfang an frank und frei
eingeräumt. Christian Mölling etwa von der „Deutschen Gesellschaft für
Auswärtige Politik“ gab an:

„Es geht insgesamt darum, Russland zu zeigen, dass man im Falle eines
Falles bereit und in der Lage ist, Nordosteuropa zu schützen. Denn das
ist zurzeit eine der wesentlichen Achillesfersen der NATO. Wir wissen,
dass wir mit den wenigen Verbänden, die wir da oben haben, nicht lange
durchhalten können. Das heißt, es wird alles darauf ankommen, die
Durchhaltefähigkeit zu erhöhen, indem man tatsächlich Verstärkung
schicken kann.“

Aus der Antwort auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Tobias
Pflüger (Linke) geht das Szenario hervor, auf dem die Großübung basiert:
„Nach Kenntnis der Bundesregierung liegt DEFENDER-Europe 20 und allen
darin integrierten oder damit verbundenen Übungsvorhaben das Szenario
OCCASUS zugrunde.“

Im gleichen Atemzug untermauerte die Bundesregierung allerdings, dass
sie darüber hinaus nicht gewillt war, allzu viele Details über das
Szenario herauszurücken: „Da sich die Frage auf eingestufte
Informationen von Verbündeten bezieht, kann hierzu keine Aussage
getroffen werden.“ Lediglich eine Sache wollte sie unbedingt noch
betonen: „Das Szenario der Übung ist fiktiv, Ableitungen auf reale
Gegebenheiten sind nicht möglich.“

Von einem fiktiven Szenario kann allerdings kaum die Rede sein, die Taz
schrieb Anfang Mai über Occasus:

„Der Kern des Konflikts: Eine Allianz rund um den fiktiven Staat Murinus
will die Nato schwächen und erhöht dafür ihre Militärpräsenz in der
Nachbarschaft des Bündnisgebiets. Dann greift sie eines der
Mitgliedsländer direkt an und nutzt dafür Mittel der hybriden
Kriegsführung. Die fiktive Allianz will also ihre eigene Rolle im
Konflikt verschleiern, indem sie beispielsweise Soldat*innen in
Uniformen ohne Hoheitsabzeichen in den Kampf schickt. Mittels einer
Propagandakampagne verbreitet sie zudem die Behauptung, dass der
angegriffene Nato-Staat eine ethnische Minderheit im Land unterdrücke.
Erinnert an die Rolle Russlands im Ukraine-Konflikt?“

Nun mag man die Rolle des Westens und Russlands im Ukraine-Konflikt
bewerten, wie man möchte, dass er dem Occasus-Szenario als Vorbild
dient, scheint recht offensichtlich. Und in diesem Zusammenhang sollte
über Defender 2020 der schnelle Truppentransport im Eskalationsfall
„optimiert“ werden, was im Übrigen sowohl defensiv wie auch offensiv
nutzbar ist. Insofern ist es fast amüsant, wenn die Bundesregierung
verwundert angibt, sie könne sich die ganze Aufregung auf russischer
Seite auch nicht erklären: „Die Übung wurde durch Vertreter der
Regierung der Russischen Föderation trotz ihres defensiven Charakters
und trotz der u. a. auch von Deutschland ursprünglich geplanten
freiwilligen Transparenzmaßnahmen erwartungsgemäß kritisiert.“

Jedenfalls hielten Teile des deutschen sicherheitspolitischen
Establishments die Übung für so bedeutend, dass sie sich mit der im
Raume stehenden Komplettabsage nicht abfinden wollten. Claudia Major und
Dominic Vogel etwa von der die Regierung beratenden „Stiftung
Wissenschaft und Politik“ machten sich vor einiger Zeit für eine
Wiederholung von Defender stark:

„[S]eit dem 16. März stehen die Räder still. […] Doch sobald die
Umstände es wieder zulassen, sollte die Übung wiederholt werden: Die
militärischen Herausforderungen bleiben unabhängig von der Pandemie
bestehen, von Russland bis Terrorismus. Bundeswehr und Nato-Verbündete
müssen unverändert in der Lage sein, einander Beistand zu leisten,
sollten sie Opfer eines bewaffneten Angriffs werden. Und so muss geprobt
werden, was viele europäische Länder verlernt haben: der schnelle und
sichere Transport über Staatsgrenzen hinweg. Dabei geht es um eine
interne Verfahrensübung, nicht um das Durchspielen eines Angriffsszenarios.“

Wie dargelegt, wird der Charakter der Übung in Russland
nachvollziehbarerweise gänzlich anders bewertet. In jedem Fall
unterstreicht die SWP-Forderung die Bedeutung, die dem Manöver
beigemessen wird. Eine vollständige Neuauflage noch in diesem Jahr
dürfte allerdings aufgrund neuer Aussagen der US-Armee, Teile der
beigeordneten Manöver nun verspätet durchexerzieren zu wollen, vom Tisch
sein.

Defender-Fortsetzung: Allied Spirit

Augenscheinlich wurden Teile von Defender 2020 nicht gänzlich abgesagt,
sondern lediglich auf Eis gelegt. Dies war allein insofern auch
naheliegend, da nirgends von einem Rücktransport der bereits nach Europa
verfrachteten US-Soldaten die Rede war. Am 13. Mai 2020 meldete die U.S.
Army Europe unter dem Titel „DEFENDER-Europe 20 Plus“ Teile des Manövers
würden in Kürze fortgesetzt:

„Nach sorgfältiger Beurteilung und Planung zwischen der U.S. Army Europe
und dem polnischen Verteidigungsministerium wird vom 5. bis 19. Juni auf
dem Truppenübungsplatz Drawsko Pomorskie in Polen die Übung Allied
Spirit stattfinden, eine Übung in Verbindung mit DEFENDER-Europe 20, die
ursprünglich für Mai geplant war. […] Etwa 6.000 US-amerikanische und
polnische Soldaten werden an der Übung teilnehmen. […] Die bilaterale
Übung zwischen den USA und Polen, die aufgrund von COVID-19 von ihrem
ursprünglichen Entwurf abgeändert wurde, um die Sicherheit der Soldaten
zu gewährleisten, wird eine polnische Luftlandeoperation und eine
amerikanisch-polnische Flussüberquerung in Divisionsgröße umfassen.“

Außerdem kündigte die U.S. Army Europe in derselben Pressemitteilung
auch noch eine Reihe weiterer im Zusammenhang mit Defender 2020
stehender Manöver für den Lauf des Jahres an:

„Die U.S. Army Europe plant für die nächsten Monate weitere Manöver.
Diese Manöver werden viele der ursprünglichen DEFENDER-Europe 20
Trainingsziele aufgreifen, um Einsatzbereitschaft und
Interoperationalität zwischen den USA, den Verbündeten und Militärs von
Partnern zu verbessern.“

Deutschland wird dabei wohl bei Allied Spirit XI keine Rolle spielen,
dürfte aber auf andere Weise involviert sein. Die U.S. Army Europe gibt
jedenfalls an, es existierten „Pläne, mit der Ausrüstung zu üben, die
bereits aus Lagern herausgeholt wurde“ und nennt dabei unter anderem
Gerät für eine „gepanzerte Kampfbrigade, das sich weiterhin am
Truppenübungsplatz Bergen-Hohne mit Unterstützung der deutschen
Streitkräftebasis befindet.“

Jedenfalls ist damit klar, dass der Defender-Spuk nicht einmal für
dieses Jahr erledigt ist – und für das kommende steht ja ohnehin bereits
die nächste Manöverrunde vor der Haustür.

Nach Defender ist vor Defender

Die USA haben eine Art Manöver-Doppelpack geschnürt: In diesem Jahr war
für die Europa-Variante ein großer Umfang mit einem Budget von 340 Mio.
Dollar (allein der US-Teil) geplant und für das ostasiatische Pendant
„Defender Pacific“ eine abgespeckte Version. Im kommenden Jahr soll es
dann genau umgekehrt sein: Für Defender Europe 2021 hat die US-Armee 150
Mio. Dollar beantragt (Defender Pacific ist mit 364 Mio. veranschlagt).
Das ist zwar deutlich geringer als die diesjährige Version, aber
immernoch genug, um Defender Europe 2021 im kommenden Jahr zu einem
Großereignis zu machen, dass erneut der Aufmerksamkeit der
Friedensbewegung bedarf.



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