28.06.20
Seit nunmehr 100 Tagen dürfen sich in Baden-Württemberg Gefängnis-Insassinnen und -Insassen nicht mehr besuchen lassen. Ab dem 29.Juni 2020 werden nun wieder Besuchspersonen eingelassen – jedoch nur Angehörige!
Das total Besuchsverbot
Seit über drei Monaten wird den Inhaftierten (aber auch all deren Angehörigen und FreundInnen) ein totales Besuchsverbot zugemutet. Der durch die Inhaftierung bedingte hohe Stresspegel wird dadurch zusätzlich erhöht und hier in der JVA Freiburg nahm in den letzten Wochen der Unmut immer mehr zu. Die Ausweitung von Telefonzeiten half nur bedingt, denn Beziehungen leben existenziell vom unmittelbaren Gegenüber. Selbst als dann Skype eingeführt wurde (eine technische Revolution für die Justiz: man mag es kaum glauben, aber selbst in CSU-Bayern können bspw. Sicherheitsverwahrte schon seit 2015 skypen), galt dies im Regelfall nur für Angehörige und beschränkte sich auf 30 min/Monat, was zuletzt auf 60 min/Monat erhöht wurde.
Weniger als die Hälfte hatte vor einigen Wochen dieses Angebot genutzt, denn vielfach fehlt es an der technischen Infrastruktur bei den Angehörigen.
Besuche ab dem 29.Juni 2020
Per Auszug wurde am 23.06.2020 informiert, dass Besuche wieder möglich sein sollen – ab dem 29.06.2020. Etwas kryptisch wurde aber in Fettdruck auf „§11 Abs. 1 StGB“ verwiesen – ein Glückspilz wer das Strafgesetzbuch kennt, denn dieses kleine, aber in der Wirkung recht fiese Verweis bedeutet nichts anderes, als dass der Großteil der BesucherInnen ausgeschlossen bleibt. Nur Angehörige dürfen die Anstalt zu Besuchszwecken betreten – nun ja, immerhin. Besser als die bisherige Praxis. Aber im Ergebnis werden viele Inhaftierte unfreiwillig weiter auf Besuche verzichten müssen, denn sie haben keine Angehörigen (mehr) die sie besuchen. Und der Freundeskreis, den sie sich vielleicht aufgebaut haben, der ist – wie erwähnt – vom Zutritt zur JVA ausgeschlossen.
Klage gegen diese Restriktion
Mit Schriftsatz vom 23.06.2020 habe ich nun beim Landgericht Freiburg, der 13. Strafvollstreckungskammer, die vorläufige Außervollzugsetzung dieser Beschränkung beantragt. Da ich selbst seit 1996 inhaftiert (und seit 2013 in Sicherheitsverwahrung befindlich) bin, verwies ich auf die sozial desintegrierende Wirkung, wenn Menschen über lange Zeiträume von Freundinnen und Freunden ferngehalten werden. In einer Nebenbemerkung verwies ich auf die Genese der Sicherheitsverwahrung: eingeführt mit Gesetz vom 24.11.1933, d.h. von den Nationalsozialisten. Das damalige Menschenbild erscheint bis heute zumindest partiell fortzuwirken, aber das wäre dann ein anderes Thema.
Nun bleibt abzuwarten, ob angesichts der in Freiburg sehr, sehr geringen Fallzahlen an Corona-Neuinfektionen (in der JVA soweit ersichtlich sogar gar keine Fälle) das Gericht die Maßnahme der Anstalt aufheben wird.
Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV)
Hermann-Herder-Str.8, 79104 Freiburg
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