„… Auch blieb unklar, auf welche Weise und wie schwer verletzt der Beamte wurde. Ab Mittwochabend schrieben zahlreiche Medien unter Berufung auf Polizeikreise von einer schweren Ohrverletzung und weiteren Kopfverletzungen. “Leipziger Polizist fast das Ohr weggesprengt“, schlagzeilte Focus Online. In Krankenhauskreisen zeigte sich man sich verwundert über diese Darstellung und die Polizeimeldung von einer „Notoperation“. Von dort erfuhr die taz, dass es einen Eingriff an der Ohrmuschel des Beamten unter lokaler Betäubung gegeben habe. Der Mann sollte demnach am Donnerstag oder Freitag wieder entlassen werden. Lebensgefahr oder drohender Gehörverlust hätten nicht bestanden. (…) Die Polizei wiederum verteilte schon vor der Silvesternacht Flugblätter in Connewitz, in denen sie einen „Polizeieinsatz zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit“ ankündigte. Am Abend dann kreiste sie mit einem Hubschrauber über dem Stadtteil und führte laut Augenzeugen verdachtsunabhängige Kontrollen durch. Am Ende stand die erwartete Eskalation. Und nun folgt die politische Debatte. Als eine der ersten forderte die Leipziger CDU Konsequenzen…“ – aus dem Artikel „Eskalation mit Ansage“ von Konrad Litschko und Aiko Kempen am 02. Januar 2020 in der taz online – worin die erste Welle der Polizeipropaganda relativiert wird. Siehe dazu weitere Beiträge zur medial gestützten Propagandakampagne der Polizei und der Kritik daran:
- Obwohl die Polizei inzwischen zugibt, gelogen zu haben: Die Propagandakampagne für den Polizeistaat nach dem „Leipziger Sylvester“ wird weiter geführt…
„… Die sächsische Polizei hat frühere Angaben über die Vorgänge in der Leipziger Silvesternacht korrigiert. Anders als in einer Polizeimeldung am Neujahrstag berichtet, musste ein verletzter Polizist demzufolge doch nicht notoperiert werden. Das sagte Polizeisprecher Andreas Loepki dem MDR. In der Silvesternacht sei der Kenntnisstand gewesen, so Loepki, dass ein verletzter Beamter notoperiert worden sei. Eine lebensbedrohliche Verletzung habe aber nicht vorgelegen. Die Polizei müsse sich nun den “Schuh anziehen, dass es sicherlich besser gewesen wäre von einer operativen Maßnahme zu sprechen, statt von Not-OP”, sagte Loepki. Dem SPIEGEL sagte Loepki, der operative Eingriff sei “dringend erforderlich” gewesen, weil sonst “bleibende Schäden nicht auszuschließen gewesen wären”. Der Begriff Not-OP sei “im weiteren Sinne nicht falsch”. Es sei aber der Eindruck entstanden, nur durch die OP habe das Leben des Kollegen gerettet werden können. “Das stimmt nicht.”...“ aus der Meldung „Polizei zieht Aussage über angebliche Notoperation zurück“ am 03. Januar 2020 im Spiegel online – woraus auch noch deutlich wird, dass die Polizei diese „Korrektur“ (Lügen-Eingeständnis mag man es dort wohl nicht nennen) erst vorgenommen hat, nachdem das Krankenhauspersonal ganz anderes berichtete als jene Medien, die einmal mehr die Arbeit der Polizeipressestelle verwendeten. Siehe dazu vier weitere aktuelle Beiträge, die deutlich machen, dass die Kampagne unabhängig von den wirklichen Ereignissen fortgeführt wird:- „Nebel über Connewitz“ von Konrad Litschko am 03. Januar 2020 in der taz online zum polizeilichen Eingeständnis – das ohne Folgen bleiben soll: „… Ein Sprecher der Leipziger Polizei räumte ein, dass der Begriff Notoperation missverständlich gewesen sei. Er sei aufgrund eines ersten Kenntnisstands gewählt worden. Gemeint gewesen sei eine „dringliche Operation“, die schnell habe erledigt werden müssen. Auch habe tatsächlich keine lebensbedrohliche Verletzung vorgelegen. Dennoch sei der Polizist schwer verletzt worden, so der Sprecher. Der Mann sei „bewusstlos und blutend von der Kreuzung geschleift worden“. Die Verletzungen beträfen „nicht nur einen Riss am Ohrläppchen“. Sachsens Polizeipräsident Horst Kretzschmar wies Vorwürfe zurück, er habe den Vorfall aufgebauscht: „Die Polizei wird nie Falschmeldungen verbreiten.“ Zu der Verletzung und dem Tathergang wollte sich Kretzschmar indes nicht weiter äußern. Dies würden die Ermittlungen zeigen. Der Polizeichef bestätigte aber, dass der 38-Jährige am Freitag aus dem Krankenhaus entlassen wurde. (…) Die Leipziger Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Angriffs weiter wegen versuchten Mordes. Tatverdächtige konnten dazu laut LKA bisher nicht ermittelt werden. Das Leipziger Amtsgericht erließ am Freitag aber Haftbefehl gegen vier Männer, 27 bis 32 Jahre alt, die in der Silvesternacht weitere Angriffe auf Polizisten verübt haben sollen...“ – woraus nicht nur deutlich wird, dass die Polizei die Verbreitung von Falschmeldungen lieber ihren medialen Hilfstruppen überlässt, sondern auch – einmal mehr – dass sächsische Beamte, vor allem, wenn sie Staatsanwälte sind, sich mit „so etwas“ wie Falschmeldungen nicht aufhalten. Wenn es gegen Linke geht…
- „Betrachtungen zur Silvesternacht in Connewitz“ am 03. Januar 2020 bei de.indymedia hebt unter vielem anderen hervor: „… Dennoch gingen die staatlichen Angriffe auf das Viertel weiter und äußerten sich in dauerhaft hoher Streifenpräsenz und lächerlichen Pressemitteilungen, in denen sich darüber beklagt wurde, dass Bullen im Viertel unerwünscht sind. Dabei wurde absurderweise immer wieder das Linxxnet in den medialen Fokus gerückt; das zwar eine linke Einrichtung ist, in der Menschen teilweise für eine bessere Gesellschaft streiten, das jedoch als Institution staatstragend und nicht polizeifeindlich ausgerichtet ist. Dies zeigt wie undifferenziert von polizeilicher Seite gegen alles vorgegangen wird, was nicht in die eigene Vorstellung von Sicherheit und Ordnung passt. Dabei war auffallend, wie sehr die Leipziger Polizei Pressemitteilungen mittlerweile dazu nutzt, um politische Akzente zu setzen und den öffentlichen Diskurs in ihrem Sinne und entgegen linker Politik zu beeinflussen. Die Bullen treten also zunehmend als eigenständiger politischer Akteur in Erscheinung. Dies ist nicht nur als ein Leipziger Phänomen zu betrachten, zieht sich hier aber auffallend durch die gesamte bisherige Amtszeit des neuen Leipziger Bullenchefs Torsten Schultze. Dieser fällt durch andauerndes Rumjammern über den Unmut, der ihm und seinen Kollegen aufgrund deren Berufswahl aus der Bevölkerung entgegen schlägt, auf. Als im Oktober Polizeikräfte ins Viertel einfielen, um Leute vom geselligen Beisammensein an der Straße abzuhalten und durch massive Präsenz Stärke demonstrieren wollten, war die Empörung groß. Die Leute waren entschlossen, dies nicht hinzunehmen und den Schweinen durch einige Wurfgeschosse klar zumachen, dass sie im Viertel noch immer unerwünscht sind. Nach einigen Selbstverteidigungsaktionen, die sich gegen Akteure und Profiteure der Aufwertung und kapitalistischen Umgestaltung des Viertels richteten, wurde ins große Horn der Repression geblasen. Zum unzähligen Mal war auf staatlicher Seite von einer neuen Qualität der Gewalt die Rede, wurde irgendetwas von neuen RAF-Gruppen gefaselt, zum unzähligen Mal wurde irgendeine neue Ermittlungsgruppe (Soko LinX) gegründet und vom “Aufräumen in Connewitz” geredet – man wolle jetzt auch gegen Müll und Graffiti stärker vorgehen. Der Hort des Linksextremismus solle endlich stillgelegt werden…“
- „Gedanken zu den Ereignissen an Silvester in Connewitz“ von Geppetto ebenfalls am 03. Januar 2020 bei de.indymedia unterstreicht die Kontinuität der Propagandalügen: „… Die Leipziger Bullen haben neben der Lüge der vermeintlichen Notoperation weitere Fakenews in Umlauf gebracht und damit bewusst das mediale und politische Klima beeinflusst. Ein brennender, als Polizeifahrzeug gestalteter Einkaufswagen wurde auf eine Kreuzung geschoben und kam dort zum Erliegen. Bullen waren zu diesem Zeitpunkt nicht in der Nähe des Einkaufwagens Es gab keinen Hinterhalt, in den die Cops gelockt wurden. Nach einem Angriff auf Bullen in der Selneckerstraße rannten zwei Bullen im Jagdfieber und einer davon ohne Helm mindestens einer Person hinterher, um diese festzunehmen. Ein kleines Stück dahinter folgte ein dritter Bulle. Den beiden Cops gelang es eine Person kurzzeitig festzunehmen, dies führte zu spontanem solidarischen Handeln Umstehender und durch direkte körperliche Angriffe auf die drei Cops konnte die Person befreit werden. Die Bullen haben ihren Festnahmeversuch voreilig und ohne Rücksicht auf ihren Selbstschutz gestartet. Der wegen Körperverletzung im Amt vorbestrafte BFE-Truppenführer Golze wird wahrscheinlich so schnell nicht wieder ohne Helm Zugriffsversuche starten. Die von Ronny Golze geäußerte Kritik in einer Polizeiübung: „Die Annäherung war noch zu langsam”, kann man in diesem Fall auch getrost zurückweisen. Die Bullen sind nicht erst seit Kurzem ein eigener politischer Akteur geworden, der die Deutungshoheit über politische Ereignisse und Auseinandersetzungen, teilweise mit Lügen und Übertreibungen, zu erlangen versucht. Sie generieren eigene Wahrheiten und schaffen ein Klima, das Politiker*innen aller Parteien zu einem Distanzierungsmarathon gegenüber vermeintlich linker Gewalt zwingt, auch wenn sich im Nachhinein das meiste als gelogen herausstellt. Die Bullen arbeiten damit ganz bewusst mit an einer Verschiebung der Diskurse nach Rechts, liefern Wasser auf die Mühlen derer, die seit jeher mit ihren autoritären Polizeistaatssehnsüchten glänzen und fördern letztlich damit auch Gewalt von Rechts. Und während sich Bullen, Medien (dem Narrativ der Bullen unkritisch folgend) und Politiker*innen aller Parteien gegenseitig mit catchy Schlagworten wie „linker Terrorismus“ und „Mordversuch“ und absurden RAF-Vergleichen überbieten, um maximale Aufmerksamkeit zu generieren, sind immer noch Menschen, die am Kreuz festgenommen wurden, eingesperrt, lag oder liegt ein Mensch in Folge der Polizeigewalt an Silvester im Krankenhaus… Wer mit Worten wie „Terrorismus“ und „Mord“ um sich wirft, relativiert den Tod jener, die nicht nur im vergangenen Jahr rechten Tätern zum Opfer fielen und stellt alle, die am Silvesterabend gegen die Brutalität, Schikanen und Anwesenheit der Sächsischen Nazibullen intervenierten, mit diesen tatsächlichen rechten Terroristen auf eine Stufe…“
- „»Polizei geht repressiv gegen die Bevölkerung vor«“ am 04. Januar 2020 in der jungen welt ist ein Interview von Gitta Düpertal mit Juliane Nagel, in dem die sächsische Landtagsabgeordnete der Fraktion Die Linke zu den Ereignissen in ihrem Wahlkreis unterstreicht: „… Die »Soko Linx« wurde gegründet, weil sich konservative Politiker ständig auf Connewitz als Problemstadtteil fokussieren. Wie vielerorts gibt es hier einen angespannten Wohnungsmarkt, mit der Folge, dass sich normale Menschen die steigenden Mieten nicht mehr leisten können. Dagegen richteten sich politische Kritik ebensowie militante Aktionen, etwa Angriffe auf teure Neubauprojekte. Es gab Baustellenbrände, Attacken auf Kräne, Maschinen, zuletzt ein Überfall auf eine Mitarbeiterin einer in Connewitz aktiven Leipziger Immobilienfirma. Nach einem Bekennerschreiben auf dem Portal »Indymedia« und einer in den Medien aufgebauschten Kampagne wurde dann aber nicht mehr differenziert. Es folgte ein Versuch, die gesamte linke Szene in Connewitz einzuschüchtern. Die Rechte hat offenbar ihr Hassobjekt gefunden, und die Polizei stimmt mit ein. / Woher bezieht der Stadtteil sein linksalternatives Image? / Ähnlich wie im Berliner Bezirk Kreuzberg wurden dort Häuser besetzt, eine linke Kulturszene ließ sich nieder. Neonazis starteten Übergriffe auf deren Zentren, die Ordnungsbehörde wollte räumen. All das führte in der Vergangenheit zu Straßenschlachten. Insofern gibt es eine ausgeprägte linke politische Szene. Die Bevölkerung des Stadtteils ist auf Selbstbestimmung aus, geht kritisch mit der Polizei um. Die wiederum geht besonders repressiv gegen die Bevölkerung vor – nicht nur zu Silvester...“
- „In Leipzig gab es zu Silvester laut Tag24 “super linksautonome Chaoten”, die können von BFE-Einheiten einzelne Polizisten “isolieren” und versuchen sie zu “töten”“ am 02. Januar 2020 im Twitter-Kanal von “Rassismus tötet” konfrontiert die Propagandaschlacht mit – ihrer eigenen – Realität: Den Lügen wird ein Video der Bild (!) gegenüber gestellt, das ganz anderes zeigt, als die Behauptungen…
- „Der Polizeipräsident nutzt Medieninformation für politische Stimmungsmache“ am 02. Januar 2020 beim Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz ist eine Pressemitteilung des Netzwerkes zur Polizeipropaganda, in der es unter anderem heißt: „… Neue Qualität bei Polizei Leipzig. Der Polizeipräsident nutzt Medieninformation, welche zur neutralen Berichterstattung über Geschehnisse gedacht ist, für politische Stimmungsmache. Schon die massive Polizeipräsenz zu den Minidemos von Herrn Poggenberg war unserer Meinung nach überzogen und in der Konsequenz eine steuerverschwendende Machtdemonstration durch die Polizei. Auch die eskalierende Einsatztaktik zu Silvester am Connewitzer Kreuz ging für viele Beteiligte, auch für die eingesetzten Beamt*innen, nach hinten los. Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Ihnen wünschen wir baldige Genesung. Aber die Instrumentalisierung von privaten Tweets einzelner Bürger*innen, inklusive Namensnennung, überschreitet die Funktion einer amtlichen Medieninformation. Wir fordern Herrn Polizeipräsidenten Torsten Schultze auf, den Namen sofort aus der öffentlichen Medieninformation zu entfernen und sich bei dem betroffenen Bürger zu entschuldigen. Die Polizei hat Recht und Gesetz zu schützen und sich selbst auch im Rahmen dessen zu bewegen…“
- Siehe bei Twitter auch #Connewitz und die Berichterstattung von @luna_le sowie das namentliche Outing von @4CLXI durch die Polizei…
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen