Montag, 6. Januar 2020

Antiziganismus per Polizeidatenbank

„… Für Sinti*zze und Roma*nja gehören Anfeindungen zum Alltag. Auch bei Ermittlungsbehörden stehen sie unter Generalverdacht: Es steht zu befürchten, dass die Polizei in unterschiedlichen Bundesländern rechtswidrig Daten zu ethnischer Herkunft erhebt und veröffentlicht. Warum ist es so gefährlich, ethnische Herkunft in Polizeidatenbanken zu erfassen? Und was für Konsequenzen hat es, sie in Berichterstattung zu erwähnen? Wann darf die Polizei überhaupt Daten zu ethnischer Herkunft erheben? Und wann und mit welchen Methoden tut sie es vielleicht trotz Verbots? Für Sinti*zze und Roma*nja gehören auch in Deutschland Anfeindungen in allen Lebenslagen zum Alltag. Auch bei Ermittlungsbehörden stehen sie unter Generalverdacht: In Pressemitteilungen der Polizei tauchen immer wieder Hinweise auf die ethnische Herkunft auf, vor allem bei Tatverdächtigen, seltener bei Opfern oder Zeug*innen. Die Berliner Polizei hat in der Kriminalstatistik 2017 den Hinweis veröffentlicht, dass die Mehrheit der Tatverdächtigen von „Trickdiebstahl in Wohnungen“ Angehörige der Volksgruppe Sinti und Roma seien: Dass es rechtswidrig ist, wenn die Polizei die zugrunde liegenden Daten tatsächlich erhebt, ist unstreitig. In Kooperation mit dem Zentralrat hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) im Fall der Berliner Polizeikriminalstatistik bei der Berliner Landesdatenschutzbeauftragten ein Beschwerdeverfahren wegen des Verdachts auf Diskriminierung von Sinti*zze und Roma*nja lanciert. Beide Organisationen prüfen gemeinsam weitere rechtliche Möglichkeiten…“ aus dem Begleittext zur Videoaufzeichnung des Vortrags „Polizei-Datenbanken und Minderheiten: Staatliche Stigmatisierung und Diskriminierung von Sinti und Roma“ von Lea Beckmann und Anja Reuss am 28. Dezember 2019 externer Link  beim 36. Chaos Communication Congress (CCC) in Leipzig. Siehe dazu auch einen Beitrag, der über diesen Vortrag berichtet:
  • „Tradition Antiziganismus“ von Marc Bebenroth am 03. Januar 2020 in der jungen welt externer Link fasst die Ergebnisse des Vortrags einleitend so zusammen: „… An die lange Tradition ihrer staatlichen Stigmatisierung und Diskriminierung erinnerte ein Beitrag im Rahmen des 36. Chaos Communication Congress. Anja Reuss, politische Referentin des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, und die Juristin Lea Beckmann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) informierten am Samstag in Leipzig über die bis heute ungebrochene Praxis der polizeilichen Erfassung dieser ethnischen Minderheit. Dahinter stecke Reuss zufolge das bis heute weit verbreitete rassistische Vorurteil, wonach Sinti und Roma eine Neigung zur Kriminalität aufweisen. Sie verwies dazu auf die 2018 vorgelegte »Autoritarismus«-Studie der Universität Leipzig, die einen leichten Anstieg der Zustimmung zu entsprechenden Aussagen festgestellt hatte. Bejahten im Jahr 2014 bereits 56 Prozent der Befragten den Satz »Sinti und Roma neigen zur Kriminalität«, stimmten dem zwei Jahre später bereits 59 Prozent zu. 2018 stieg der Anteil auf 60 Prozent. Dies sei Reuss zufolge nicht allein mit der Verankerung rassistischer Vorurteile in der Bevölkerung zu erklären. Hinzu käme auch ein »polizeiliches Framing« auf der Grundlage antiziganistischer »Wissensbestände«. Die Polizei in der BRD arbeite »weitestgehend systematisch« aufgrund rassistischer Annahmen über Sinti und Roma, kritisierten Reuss und Beckmann…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=160143

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