Donnerstag, 23. Januar 2020

Bericht: Wirbel um angeblichen SPD-Ausschluss von Thilo Sarrazin

Widersprüchliche Angaben über Rauswurf des umstrittenen Berliner Ex-Finanzsenators / Berliner SPD bestätigt, dass es eine Entscheidung gab

  • 23.01.2020, 13:16 Uhr
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    • Berlin. Im erneuten Parteiausschlussverfahren gegen den früheren Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin gibt es widersprüchliche Aussagen über den Stand der Dinge. Der »Weser-Kurier« und die österreichische Nachrichtenagentur APA berichteten am Donnerstag, das Landesschiedsgericht der Berliner SPD habe den Parteiausschluss beschlossen. Die Entscheidung soll laut »Weser Kurier« am vergangenen Mittwoch gefallen sein. Dem widersprachen jedoch eine Sprecherin der Bundes-SPD sowie Sarrazin selbst und sein Anwalt.
      Im aktuellen Ausschlussverfahren hatte im Juli die Schiedskommission der SPD im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf dem Antrag der Parteispitze stattgegeben. Sarrazin zog daraufhin vor das Landesschiedsgericht der Partei, das am 10. Januar zu dem Fall tagte.
    • Eine Sprecherin der Berliner SPD bestätigte am Donnerstagmittag, dass eine Entscheidung gefallen sein. Auf Anfrage wollte sie jedoch nicht sagen, ob das Schiedsgericht den Ausschluss Sarrazins beschloss. Die Entscheidung müsse erst noch am Donnerstag per Boten den Verfahrensbeteiligten, dem Parteivorstand und Sarrazins Anwalt, zugestellt werden.
      Auch Sarrazins Anwalt Andreas Köhler sagte AFP, ihm sei bislang keine Entscheidung des Landesschiedsgerichts bekannt. Sarrazin selbst sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland: »Ich weiß von nichts, die SPD hat mir nichts mitgeteilt.«
      Sollten die Berichte zutreffen, werde er »auf jeden Fall Rechtsmittel« gegen die Entscheidung einlegen, sagte Sarrazin. »Ich ziehe vor das Bundesschiedsgericht - mein Anwalt hat schon den entsprechenden Auftrag.«
      Sarrazin ist in der SPD seit langem umstritten. Der Parteivorstand unternimmt den mittlerweile dritten Anlauf, ihn hinaus zu werfen. Im ersten Fall blieb das Vorhaben erfolglos, im zweiten Fall endete das Verfahren im Frühjahr 2011 mit einer Art Vergleich: Sarrazin versicherte, sich künftig an die Grundsätze der SPD zu halten, die Anträge auf Parteiausschluss wurden zurückgenommen.
      Im Sommer 2018 entflammte der Konflikt erneut, als Sarrazin sein neues Buch »Feindliche Übernahme: Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht« präsentierte. Daraufhin wurde das dritte Ausschlussverfahren gestartet.
      Sarrazin ist vor allem wegen migrationsfeindichen Äußerungen in seinen Büchern heftig umstritten. Kritiker werfen ihm Rassismus vor. Er sprach er Blick auf muslimische Zuwanderer schon 2009 von Menschen, »die ständig neue Kopftuchmädchen produzieren«. 2018 schrieb er, die »religiös gefärbte kulturelle Andersartigkeit der Mehrheit der Muslime« und deren steigende Geburtenzahlen gefährdeten die offene Gesellschaft, Demokratie und den Wohlstand hierzulande. Integration sei kaum möglich.
      Vor etwa zwei Wochen hatte Sarrzin erklärt, er glaube nicht an einen Rauswurf. »Ich habe wissenschaftliche Sachbücher geschrieben«, hatte der 74-Jährige am 10. Januar gegenüber der Deutschen Presse-Agentur erklärt. Bisher habe niemand aus der SPD-Führung belegen können, was daran sachlich falsch sei. »Ich lasse mir meinen Ruf als Sachbuchautor nicht kaputtmachen.« Agenturen/nd
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