»Wer
angibt, hat’s nötig«, sagt der Volksmund. Die Lebenserfahrung spricht
dafür, Skepsis gegenüber Menschen und Institutionen zu wahren, die
meinen, ihre Glaubwürdigkeit ständig betonen oder gar »beweisen« zu
müssen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten tragen ihren
Anspruch auf Seriosität neuerdings so überaus sichtbar vor sich her,
dass das Publikum alarmiert sein sollte. Der NDR, zuständig für ARD-aktuell, macht es (V. B.: »Selbstwertgefühl zu Marktpreisen«, Ossietzky 4/2016), der WDR, das ZDF...
Die Verantwortlichen entblöden sich nicht, sogenannte
Glaubwürdigkeitsstudien in Auftrag zu geben und
Meinungsforschungsinstitute ermitteln zu lassen, was das längst sorgsam
desinformierte Publikum von ihnen hält. Sie haben es tatsächlich nötig.
Die jüngste Marktschreierei: »WDR-Studie: Glaubwürdigkeit der Informationsangebote deutscher Medien deutlich gestiegen«. Text: »65 Prozent der deutschen Bürgerinnen und Bürger schätzen das Informationsangebot von Radio, Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland als glaubwürdig ein. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie, die Infratest dimap im Auftrag des WDR durchgeführt hat. Die Befragung der Medien erfolgte in dieser Form nach 2015 und 2016 zum dritten Mal. Im Vergleich zur Studie von 2016 stieg die Glaubwürdigkeit der deutschen Medien um 8 Prozent, im Vergleich zur Studie von 2015 sogar um 13 Prozent ...«
Den Rest des unverschämten Eigenlobs kann sich jeder Interessierte selbst per Suchmaschine auf den Schirm holen. Infratest dimap ist das gleiche kommerzielle Institut, das für die ARD den »Deutschlandtrend« ermittelt und damit einen lukrativen Auftrag hat, finanziert aus Gebührengeldern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Weitere Volksweisheit: »Wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing‘«. Methodisch sauber ist der von Infratest dimap vorgenommene Vergleich (»Glaubwürdigkeit um 13 Prozent gestiegen«) schon deshalb nicht, weil 2017 nicht exakt die gleichen Personen befragt wurden wie 2015.
Die Öffentlich-Rechtlichen bestätigen sich selbst und behaupten angesichts wachsender Zuschauer- beziehungsweise Zuhörerkritik und entsprechender Reichweitenverluste unverdrossen, ihre Produkte seien nach wie vor glaubhaft und vertrauenswürdig. Als Beleg dienen angeblich wissenschaftlich erhobene und interpretierte Umfragedaten. Das Ergebnis ist so aussagefähig wie die Reklame eines US-amerikanischen Limonadenherstellers.
Das Sprachrohr der Transatlantiker und Bellizisten, Die Zeit, berichtete schon vor gut einem Jahr über eine ähnlich qualifizierte Forschungsarbeit der Universität Mainz: »Studie: Vertrauen in Medien steigt«. Besagter Studie zufolge fänden »... 40 Prozent der Deutschen, dass man den Medien in wichtigen Fragen eher oder voll und ganz vertrauen könne. 2008 hatte der Aussage nur knapp jeder Dritte zugestimmt.« Auch die Mainzer untersuchten nicht-identische Vergleichsgruppen, ein Prinzipienverstoß gegen die Methodik sozialwissenschaftlich sauberer Empirie.
Das verantwortliche Demoskopie-Unternehmen »Ifak« schreibt über sich: »Medienforschung ist so vielseitig wie deren Nutzung. Wir forschen vielseitig und erforschen die Vielseitigkeit. Wir sind ein dynamisches, forschungsneugieriges und erfahrenes Team ... Andere benötigen ein methodisch anspruchsvolles Studiendesign: Wir greifen auf unser breites Erfahrungsspektrum zurück ...« Mit dem Aberglauben an Repräsentativität bestellter Meinungsumfragen lässt sich eben Geld verdienen.
Betrachtet man die Ergebnisse der Ifak-Studie für die Universität Mainz und die der Infratest-dimap-Untersuchung für den WDR, dann ergibt sich bezüglich der Vertrauens-Prozentsätze ein geradezu absurder Unterschied: 40 Prozent (Uni Mainz) gegenüber 65 Prozent (WDR/ARD). Verblüffend und entlarvend selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass die Datenerhebung für die Uni Mainz im November 2016 stattfand, die Befragung für den WDR aber erst ein Jahr später.
Nichtsdestotrotz dienen die gekauften »Studien« den öffentlich-rechtlichen Sendern im Kampf gegen den Verlust ihrer Glaubwürdigkeit und der politischen Deutungshoheit – für die Sender eine existenzielle Frage. In der direkt-demokratischen Schweiz mündete sie sogar in den Volksentscheid über die Notwendigkeit gebührenfinanzierter Rundfunkanstalten. Rund 72 Prozent der Stimmen waren für Beibehalt des Gebührensystems. Allerdings lag die Beteiligung am Entscheid nur bei 54 Prozent. Das heißt, dass sich konkret nur rund 39 Prozent der stimmberechtigten Schweizer für den gebührenfinanzierten Rundfunk ausgesprochen haben. Kein Grund zum Jubel, schon gar nicht für die deutschen Exponenten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelmi und ZDF-Intendant Thomas Bellut hätten allen Grund zur Nachdenklichkeit. Hierzulande hat die AfD bereits die Existenzberechtigung der ARD, des ZDF und des DLF infrage gestellt. Aus CDU-Kreisen gab es Vorstöße, die Doppelstrukturen der ARD-und ZDF-Programme zu beseitigen. Die Glaubwürdigkeitsverluste des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mögen hartnäckig ignoriert und gar geleugnet werden, zu beseitigen sind sie mit dem »Weiter so!« jedenfalls nicht.
Demoskopische Untersuchungen der Rundfunkteilnehmer zur Programmqualität sind nicht abstrakt auf ein einziges Angebot zu begrenzen, zum Beispiel das der »Tagesschau«. Sinnvoll werden sie erst im Vergleich zu den Parallelangeboten. Dabei kann aber beträchtlich manipuliert und getäuscht werden.
Wenn ein Trend ermittelt werden soll – Vertrauen gestiegen oder gefallen? – müssen Mittelwerte aus zwei absolut gleichen Befragungen im absolut gleichen Personenkreis errechnet werden. Werden nur die jeweiligen Extremwerte gegenübergestellt (»volles Vertrauen / gar kein Vertrauen«) dann wurde ein beträchtlicher »Graubereich« ignoriert oder in willkürlicher Aufteilung den beiden Extremaussagen zugeschlagen. Wenn man, wie in der Auswertung der WDR-Studie geschehen, in erheblichem und nicht mehr differenzierbarem Umfang »graue« Antworten dem positiven Ergebnis zuordnet, dann kann man wie die Kölner behaupten, dass zwei Dritteln der Verbraucher die Brötchen schmecken, über die sie im Auftrag der Bäckerinnung befragt wurden.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist nicht daran zu hindern, sich in die Tasche zu lügen, das Publikum zu veralbern und dafür noch Gebührengelder zu verschwenden. Wissenschaftlichen Anspruch erfüllen seine bisherigen Glaubwürdigkeitsuntersuchungen nicht. Den auf Wahrhaftigkeit auch nicht. Wo Geld im Spiel ist und Machtfragen entschieden werden, geht der journalistische Anstand flöten.
Die jüngste Marktschreierei: »WDR-Studie: Glaubwürdigkeit der Informationsangebote deutscher Medien deutlich gestiegen«. Text: »65 Prozent der deutschen Bürgerinnen und Bürger schätzen das Informationsangebot von Radio, Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland als glaubwürdig ein. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie, die Infratest dimap im Auftrag des WDR durchgeführt hat. Die Befragung der Medien erfolgte in dieser Form nach 2015 und 2016 zum dritten Mal. Im Vergleich zur Studie von 2016 stieg die Glaubwürdigkeit der deutschen Medien um 8 Prozent, im Vergleich zur Studie von 2015 sogar um 13 Prozent ...«
Den Rest des unverschämten Eigenlobs kann sich jeder Interessierte selbst per Suchmaschine auf den Schirm holen. Infratest dimap ist das gleiche kommerzielle Institut, das für die ARD den »Deutschlandtrend« ermittelt und damit einen lukrativen Auftrag hat, finanziert aus Gebührengeldern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Weitere Volksweisheit: »Wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing‘«. Methodisch sauber ist der von Infratest dimap vorgenommene Vergleich (»Glaubwürdigkeit um 13 Prozent gestiegen«) schon deshalb nicht, weil 2017 nicht exakt die gleichen Personen befragt wurden wie 2015.
Die Öffentlich-Rechtlichen bestätigen sich selbst und behaupten angesichts wachsender Zuschauer- beziehungsweise Zuhörerkritik und entsprechender Reichweitenverluste unverdrossen, ihre Produkte seien nach wie vor glaubhaft und vertrauenswürdig. Als Beleg dienen angeblich wissenschaftlich erhobene und interpretierte Umfragedaten. Das Ergebnis ist so aussagefähig wie die Reklame eines US-amerikanischen Limonadenherstellers.
Das Sprachrohr der Transatlantiker und Bellizisten, Die Zeit, berichtete schon vor gut einem Jahr über eine ähnlich qualifizierte Forschungsarbeit der Universität Mainz: »Studie: Vertrauen in Medien steigt«. Besagter Studie zufolge fänden »... 40 Prozent der Deutschen, dass man den Medien in wichtigen Fragen eher oder voll und ganz vertrauen könne. 2008 hatte der Aussage nur knapp jeder Dritte zugestimmt.« Auch die Mainzer untersuchten nicht-identische Vergleichsgruppen, ein Prinzipienverstoß gegen die Methodik sozialwissenschaftlich sauberer Empirie.
Das verantwortliche Demoskopie-Unternehmen »Ifak« schreibt über sich: »Medienforschung ist so vielseitig wie deren Nutzung. Wir forschen vielseitig und erforschen die Vielseitigkeit. Wir sind ein dynamisches, forschungsneugieriges und erfahrenes Team ... Andere benötigen ein methodisch anspruchsvolles Studiendesign: Wir greifen auf unser breites Erfahrungsspektrum zurück ...« Mit dem Aberglauben an Repräsentativität bestellter Meinungsumfragen lässt sich eben Geld verdienen.
Betrachtet man die Ergebnisse der Ifak-Studie für die Universität Mainz und die der Infratest-dimap-Untersuchung für den WDR, dann ergibt sich bezüglich der Vertrauens-Prozentsätze ein geradezu absurder Unterschied: 40 Prozent (Uni Mainz) gegenüber 65 Prozent (WDR/ARD). Verblüffend und entlarvend selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass die Datenerhebung für die Uni Mainz im November 2016 stattfand, die Befragung für den WDR aber erst ein Jahr später.
Nichtsdestotrotz dienen die gekauften »Studien« den öffentlich-rechtlichen Sendern im Kampf gegen den Verlust ihrer Glaubwürdigkeit und der politischen Deutungshoheit – für die Sender eine existenzielle Frage. In der direkt-demokratischen Schweiz mündete sie sogar in den Volksentscheid über die Notwendigkeit gebührenfinanzierter Rundfunkanstalten. Rund 72 Prozent der Stimmen waren für Beibehalt des Gebührensystems. Allerdings lag die Beteiligung am Entscheid nur bei 54 Prozent. Das heißt, dass sich konkret nur rund 39 Prozent der stimmberechtigten Schweizer für den gebührenfinanzierten Rundfunk ausgesprochen haben. Kein Grund zum Jubel, schon gar nicht für die deutschen Exponenten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelmi und ZDF-Intendant Thomas Bellut hätten allen Grund zur Nachdenklichkeit. Hierzulande hat die AfD bereits die Existenzberechtigung der ARD, des ZDF und des DLF infrage gestellt. Aus CDU-Kreisen gab es Vorstöße, die Doppelstrukturen der ARD-und ZDF-Programme zu beseitigen. Die Glaubwürdigkeitsverluste des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mögen hartnäckig ignoriert und gar geleugnet werden, zu beseitigen sind sie mit dem »Weiter so!« jedenfalls nicht.
Demoskopische Untersuchungen der Rundfunkteilnehmer zur Programmqualität sind nicht abstrakt auf ein einziges Angebot zu begrenzen, zum Beispiel das der »Tagesschau«. Sinnvoll werden sie erst im Vergleich zu den Parallelangeboten. Dabei kann aber beträchtlich manipuliert und getäuscht werden.
Wenn ein Trend ermittelt werden soll – Vertrauen gestiegen oder gefallen? – müssen Mittelwerte aus zwei absolut gleichen Befragungen im absolut gleichen Personenkreis errechnet werden. Werden nur die jeweiligen Extremwerte gegenübergestellt (»volles Vertrauen / gar kein Vertrauen«) dann wurde ein beträchtlicher »Graubereich« ignoriert oder in willkürlicher Aufteilung den beiden Extremaussagen zugeschlagen. Wenn man, wie in der Auswertung der WDR-Studie geschehen, in erheblichem und nicht mehr differenzierbarem Umfang »graue« Antworten dem positiven Ergebnis zuordnet, dann kann man wie die Kölner behaupten, dass zwei Dritteln der Verbraucher die Brötchen schmecken, über die sie im Auftrag der Bäckerinnung befragt wurden.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist nicht daran zu hindern, sich in die Tasche zu lügen, das Publikum zu veralbern und dafür noch Gebührengelder zu verschwenden. Wissenschaftlichen Anspruch erfüllen seine bisherigen Glaubwürdigkeitsuntersuchungen nicht. Den auf Wahrhaftigkeit auch nicht. Wo Geld im Spiel ist und Machtfragen entschieden werden, geht der journalistische Anstand flöten.
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