Mir
ging das Lied »La Paloma« tagelang nicht aus dem Sinn, und ich musste
etwas tun, was in solchen Situationen schon oft geholfen hatte: Das Lied
bewusst anhören. Es fehlt aber in meiner Sammlung. In der CD-Etage
eines Kaufhauses wurde ich fündig. Der Verkäufer fragte, welche Version
ich haben wolle, es gebe hunderte, und viele seien vorrätig. Ich bat um
jene von Freddy Quinn. Unter YouTube fand ich zahlreiche
weitere Versionen von »La Paloma«. Der erste Deutsche, der das Lied sehr
verbreitet hatte, war Hans Albers. Den Traum vom Enteilen aus dem Lande
und dem Glück in der Ferne, den besang er. Und zwar im Krieg, 1944.
Freddy Quinn landete dann in den 50ern mit dem Lied einen Hit. Hans
Albers dankten die Leute für die Ablenkung vom Krieg, und Freddy Quinn
kam so gut an, weil die Ferne – und auch die alte Heimat – den Menschen
in der Nachkriegszeit verlockend erschien. Sie begannen, unter großen
Schwierigkeiten vieles gerade erst wiederzuerlangen.
Als wir noch zur Schule gingen, waren wir fasziniert von jenem Sänger Freddy, der mit »Heimatlos« seinen ersten großen Erfolg hatte. Auf der jetzt gekauften CD und einer zweiten fand ich 50 Freddy-Titel, die fast alle dieses Heimatthema haben. Und von der See handelten und der schönen Ferne und dann von der Rückkehr in die Heimat zur Mutter, zur Liebsten. Solche Lieder von der Sehnsucht nach der Heimat waren in jener Zeit besonders beliebt bei den Vertriebenen, die sich zu Hunderttausenden trafen und Gebietsforderungen aufstellten. Freddy spielte also seine Rolle im Kalten Krieg. Aber da er auch die Rückkehr in unser Hamburg besang, waren wir von ihm angetan.
Während ich dies schreibe, kommt mir in den Sinn, dass das Heimatthema wieder »in« ist. Wir haben jetzt einen CSU-Minister für Inneres und Heimat. Was soll das? Der Mann war bisher nur damit aufgefallen, dass er Bayern als seine Heimat hochhielt und damit nervte. Gleichzeitig beschwor er die Grenzen seiner Heimat, die gefälligst zu schließen seien für die Fremden, Flüchtlinge, die uns seines Erachtens nur ausnutzen wollen. Er hat sogar Anstandsregeln aufgestellt, die vorsehen, dass alle in Bayern Lebenden solche Gefühle für die Heimat zu entwickeln haben, wie die CSU sie liebt und braucht, und alle anderen sollen wegbleiben. Und der hat nun was zu sagen über uns alle und über die Grenzsicherung gegen andere und über die »Obergrenze«.
Für diesen Seehofer hatte ich mir allerdings bisher einen winzigen Rest von Zustimmung bewahrt. Er hatte mal in einer Talkshow über Gerhard Schröder gesagt, dieser habe der SPD die Seele genommen. Er sagte es als Vorwurf, aber heute weiß ich, dass die Union dankbar ist für den schröderschen Diebstahl. Sie brauchte so nicht selbst den Krieg gegen Serbien zu führen, und sie brauchte Hartz IV, die Agenda 2010 und die Senkung der Steuern für reiche Leute nur von Gerhard Schröder (SPD) und Joseph Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) zu übernehmen und später mit der SPD in der GroKo fortzuführen, wobei darauf zu achten ist, dass bei Wahlen immer die SPD dafür die Dresche kriegt.
Und das ist nun wieder geschehen.
Und auch dies: Mit der Fortsetzung der Großen Koalition geht die Politik der Aufrüstung und militärischen Einmischung Deutschlands und die des Rüstungsexports weiter. Die Führung der parlamentarischen Opposition ging aufgrund der Fraktionsgröße von den Linken an die rassistisch-völkische militaristische AfD über. Da ist es dringend notwendig, dass die außerparlamentarische und demokratische Opposition wächst. Damit können wir zu Ostern bei den Friedensmärschen beginnen!
Dass die SPD sich von den eigenen führenden Leuten die »Seele« hat rauben lassen, das erinnert mich an ein Buch von Emil Carlebach, das ich wieder hervorholte: »Hitler war kein Betriebsunfall«. Carlebach beschreibt darin, wie Heinrich Brüning (Zentrumspartei) in seinen Memoiren sich damit brüstet, die SPD »verbraucht« zu haben. Brüning gebrauchte tatsächlich das Wort »verbraucht«. Er hatte seit 1930 alles daran gesetzt, die SPD auszuschalten, aber er hat sie an sich gebunden, und zwar mit dem Argument, er und dann Reichspräsident Hindenburg seien jene, die Hitler verhinderten. Das ging so weit, dass die SPD jeden antimilitaristischen Vorbehalt aufgab und sozialem Protest abschwor, Gemeinsamkeiten mit der KPD wurden sowieso abgewiesen. Brüning schildert seine Absprachen mit Hitler seit 1930, die soweit gingen, dass er noch nach Hitlers »Machtergreifung« diesem half, die Ängste des Auslands, Hitler könnte Krieg wollen, zu zerstreuen. Franz von Papen hatte eine kriegerische Rede gehalten, mit der der Vizekanzler ungewollt den Kanzler Hitler bloßstellte. Und Brüning eilte zu Hitler, um diesem bei der Abfassung einer »Friedensrede« Hilfestellung zu geben und ihm zu versprechen, dafür zu sorgen, dass auch die SPD von der Friedfertigkeit des neuen Deutschlands faseln werde, was auch gelang: Die SPD stimmte im Reichstag der hitlerschen Außenpolitik zu. Sie war endgültig verbraucht. Und sie wurde dann verboten.
Heute wird sie wieder verbraucht.
Und was wird mit den Linken? Bei ihnen mangelt es an der notwendigen Einheit im Kampf gegen rechts. Wenn auch die Kampagne »Aufstehen gegen Rassismus!« schon Beachtliches zutage brachte (https://www.aufstehen-gegen-rassismus.de/kampagne/aufruf/). Besonders Gewerkschafter machen mit. Schon 7000 ließen sich zu Stammtischkämpfern gegen rechts ausbilden.
Zusammen mit der Meldung von der Wiedereroberung des Bundesinnenministeriums durch die CSU – zuletzt war Hans-Peter Friedrich von 2011 bis 2013 in der Position – erreichte mich eine Mail, dass die bayerische VVN-BdA laut oberstem Landesverwaltungsgericht endgültig im Verfassungsschutzbericht Bayerns stehen soll – mit allen Konsequenzen. Und dies dank des Einflusses solcher Leute wie ich, der als verfassungsfeindlich einzustufen sei. Das sind ja schöne Aussichten für unsere antifaschistische Bewegung. Manche Leute sagten mir: Da kannst du stolz sein, dass du vom Gegner als so gefährlich angesehen wirst. Ich bin es nicht!
Ostermarschtermine: https://www.friedenskooperative.de/termine/ostermarsch
Als wir noch zur Schule gingen, waren wir fasziniert von jenem Sänger Freddy, der mit »Heimatlos« seinen ersten großen Erfolg hatte. Auf der jetzt gekauften CD und einer zweiten fand ich 50 Freddy-Titel, die fast alle dieses Heimatthema haben. Und von der See handelten und der schönen Ferne und dann von der Rückkehr in die Heimat zur Mutter, zur Liebsten. Solche Lieder von der Sehnsucht nach der Heimat waren in jener Zeit besonders beliebt bei den Vertriebenen, die sich zu Hunderttausenden trafen und Gebietsforderungen aufstellten. Freddy spielte also seine Rolle im Kalten Krieg. Aber da er auch die Rückkehr in unser Hamburg besang, waren wir von ihm angetan.
Während ich dies schreibe, kommt mir in den Sinn, dass das Heimatthema wieder »in« ist. Wir haben jetzt einen CSU-Minister für Inneres und Heimat. Was soll das? Der Mann war bisher nur damit aufgefallen, dass er Bayern als seine Heimat hochhielt und damit nervte. Gleichzeitig beschwor er die Grenzen seiner Heimat, die gefälligst zu schließen seien für die Fremden, Flüchtlinge, die uns seines Erachtens nur ausnutzen wollen. Er hat sogar Anstandsregeln aufgestellt, die vorsehen, dass alle in Bayern Lebenden solche Gefühle für die Heimat zu entwickeln haben, wie die CSU sie liebt und braucht, und alle anderen sollen wegbleiben. Und der hat nun was zu sagen über uns alle und über die Grenzsicherung gegen andere und über die »Obergrenze«.
Für diesen Seehofer hatte ich mir allerdings bisher einen winzigen Rest von Zustimmung bewahrt. Er hatte mal in einer Talkshow über Gerhard Schröder gesagt, dieser habe der SPD die Seele genommen. Er sagte es als Vorwurf, aber heute weiß ich, dass die Union dankbar ist für den schröderschen Diebstahl. Sie brauchte so nicht selbst den Krieg gegen Serbien zu führen, und sie brauchte Hartz IV, die Agenda 2010 und die Senkung der Steuern für reiche Leute nur von Gerhard Schröder (SPD) und Joseph Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) zu übernehmen und später mit der SPD in der GroKo fortzuführen, wobei darauf zu achten ist, dass bei Wahlen immer die SPD dafür die Dresche kriegt.
Und das ist nun wieder geschehen.
Und auch dies: Mit der Fortsetzung der Großen Koalition geht die Politik der Aufrüstung und militärischen Einmischung Deutschlands und die des Rüstungsexports weiter. Die Führung der parlamentarischen Opposition ging aufgrund der Fraktionsgröße von den Linken an die rassistisch-völkische militaristische AfD über. Da ist es dringend notwendig, dass die außerparlamentarische und demokratische Opposition wächst. Damit können wir zu Ostern bei den Friedensmärschen beginnen!
Dass die SPD sich von den eigenen führenden Leuten die »Seele« hat rauben lassen, das erinnert mich an ein Buch von Emil Carlebach, das ich wieder hervorholte: »Hitler war kein Betriebsunfall«. Carlebach beschreibt darin, wie Heinrich Brüning (Zentrumspartei) in seinen Memoiren sich damit brüstet, die SPD »verbraucht« zu haben. Brüning gebrauchte tatsächlich das Wort »verbraucht«. Er hatte seit 1930 alles daran gesetzt, die SPD auszuschalten, aber er hat sie an sich gebunden, und zwar mit dem Argument, er und dann Reichspräsident Hindenburg seien jene, die Hitler verhinderten. Das ging so weit, dass die SPD jeden antimilitaristischen Vorbehalt aufgab und sozialem Protest abschwor, Gemeinsamkeiten mit der KPD wurden sowieso abgewiesen. Brüning schildert seine Absprachen mit Hitler seit 1930, die soweit gingen, dass er noch nach Hitlers »Machtergreifung« diesem half, die Ängste des Auslands, Hitler könnte Krieg wollen, zu zerstreuen. Franz von Papen hatte eine kriegerische Rede gehalten, mit der der Vizekanzler ungewollt den Kanzler Hitler bloßstellte. Und Brüning eilte zu Hitler, um diesem bei der Abfassung einer »Friedensrede« Hilfestellung zu geben und ihm zu versprechen, dafür zu sorgen, dass auch die SPD von der Friedfertigkeit des neuen Deutschlands faseln werde, was auch gelang: Die SPD stimmte im Reichstag der hitlerschen Außenpolitik zu. Sie war endgültig verbraucht. Und sie wurde dann verboten.
Heute wird sie wieder verbraucht.
Und was wird mit den Linken? Bei ihnen mangelt es an der notwendigen Einheit im Kampf gegen rechts. Wenn auch die Kampagne »Aufstehen gegen Rassismus!« schon Beachtliches zutage brachte (https://www.aufstehen-gegen-rassismus.de/kampagne/aufruf/). Besonders Gewerkschafter machen mit. Schon 7000 ließen sich zu Stammtischkämpfern gegen rechts ausbilden.
Zusammen mit der Meldung von der Wiedereroberung des Bundesinnenministeriums durch die CSU – zuletzt war Hans-Peter Friedrich von 2011 bis 2013 in der Position – erreichte mich eine Mail, dass die bayerische VVN-BdA laut oberstem Landesverwaltungsgericht endgültig im Verfassungsschutzbericht Bayerns stehen soll – mit allen Konsequenzen. Und dies dank des Einflusses solcher Leute wie ich, der als verfassungsfeindlich einzustufen sei. Das sind ja schöne Aussichten für unsere antifaschistische Bewegung. Manche Leute sagten mir: Da kannst du stolz sein, dass du vom Gegner als so gefährlich angesehen wirst. Ich bin es nicht!
Ostermarschtermine: https://www.friedenskooperative.de/termine/ostermarsch
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen