Zum
zweiten Mal hintereinander haben deutsche Richter dem deutschen
Verfassungsschutz in ein und derselben Sache bescheinigt, dass er seinen
Namen zu Unrecht trägt: Er schützt die Verfassung nicht, sondern
beschädigt sie unentwegt. Andere hätte man als Verfassungsfeinde längst
politisch kaltgestellt, aber die Schlapphüte können weitermachen, als
sei nichts geschehen – unter dem neuen Bundesinnenminister Horst
Seehofer vermutlich unangefochtener denn je.
Was ist passiert? Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster hat am 13. März entschieden, dass die seit fast vier Jahrzehnten andauernde geheimdienstliche Überwachung des Bremer Rechtsanwalts, Bürgerrechtlers, Publizisten und Ossietzky-Mitherausgebers Rolf Gössner unverhältnismäßig und rechtswidrig war. Es verwarf damit die Berufung der Bundesregierung und des Bundesamtes für Verfassungsschutz gegen das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts Köln aus dem Jahr 2011, das ebenfalls zugunsten von Gössner entschieden hatte (s. unter anderem Ossietzky 22/2010, 2/2012, 24/2015).
Das Oberverwaltungsgericht kam zu dem Schluss, dass es im gesamten Beobachtungszeitraum von 1970 bis 2008 keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen Rolf Gössners gegeben habe. Es fehlten auch Anhaltspunkte dafür, dass er angeblich linksextremistische Organisationen oder deren verfassungsfeindliche Ziele nachdrücklich unterstützte habe. Seine Beobachtung sei wegen der damit verbundenen Eingriffe in seine Grundrechte unverhältnismäßig gewesen.
Gössners Anwalt Udo Kauß bezeichnete beide Gerichtsentscheidungen als Meilensteine im Kampf gegen einen übergriffigen Inlandsgeheimdienst. Ein Geheimdienst habe im Meinungsbereich nichts zu suchen. Der Bremer Bürgerrechtler nannte das Urteil des Oberverwaltungsgerichts einen gerichtlichen Sieg über geheimdienstliche Verleumdungen und Willkür, eine Entscheidung zugunsten der Meinungs-, Presse- und Berufsfreiheit.
Wegen »grundsätzlicher Bedeutung« der Rechtssache ließ das Gericht die Revision beim Bundesverwaltungsgericht zu. Ein Ende der nach den Worten von Kauß absurden Überwachungsgeschichte und ihrer gerichtlichen Aufarbeitung ist damit noch nicht in Sicht. Wie absurd sie ist, lässt sich unter anderem daran ablesen, dass sie sich gegen einen Mann richtet, von dem die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, bei der Verleihung der Theodor-Heuss-Medaille sagte, er habe die Auszeichnung für »vorbildliches demokratisches Verhalten und beispielhaften Einsatz für das Allgemeinwohl« sowie für seinen Warnungen »vor einem weiteren Ausbau des Überwachungsstaates und einer schleichenden Erosion der Grundrechte« erhalten.
In einer persönlichen Erklärung machte Rolf Gössner vor dem Oberverwaltungsgericht deutlich, welche Folgen das Verhalten des Verfassungsschutzes für ihn gehabt habe. Viele Menschen seien in ungläubiges Staunen verfallen, wenn sie von der rekordverdächtigen Überwachungsgeschichte gehört hätten. Sie hätten sich gefragt, was jemand getan haben müsse, um vom 22. bis zum 61. Lebensjahr von einem Geheimdienst beobachtet und ausgeforscht zu werden. Ohne seine Klage gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz hätte seine Überwachung vermutlich nie ein Ende gefunden. »Ich bedauere es sehr, dass durch diese unsinnige und absurde Überwachungsgeschichte so viel Lebenszeit und -kraft vergeudet wurde.«
Um die Anmaßung des Verfassungsschutzes in ihrem ganzen skandalösen Umfang begreifen zu können, muss man wissen, dass seine Leute die Schnüffelei auf das gesamte Lebenswerk des Publizisten Rolf Gössner ausgedehnt und ihn damit nicht nur in seinen Rechten, sondern auch in seiner Menschenwürde verletzt haben. Dabei stehen selbst »Systemveränderer« unter richterlichem Schutz. Am 20. Juli 1954 entschied das Bundesverfassungsgericht: »Die gegenwärtige Wirtschafts- und Sozialordnung ist zwar eine nach dem Grundgesetz mögliche, keineswegs aber die allein mögliche. Sie beruht auf einer vom Willen des Gesetzgebers getragenen wirtschafts- und sozialpolitischen Entscheidung, die durch eine andere Entscheidung ersetzt oder durchbrochen werden kann.« Haben die Schlapphüte davon jemals gehört?
Was ist passiert? Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster hat am 13. März entschieden, dass die seit fast vier Jahrzehnten andauernde geheimdienstliche Überwachung des Bremer Rechtsanwalts, Bürgerrechtlers, Publizisten und Ossietzky-Mitherausgebers Rolf Gössner unverhältnismäßig und rechtswidrig war. Es verwarf damit die Berufung der Bundesregierung und des Bundesamtes für Verfassungsschutz gegen das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts Köln aus dem Jahr 2011, das ebenfalls zugunsten von Gössner entschieden hatte (s. unter anderem Ossietzky 22/2010, 2/2012, 24/2015).
Das Oberverwaltungsgericht kam zu dem Schluss, dass es im gesamten Beobachtungszeitraum von 1970 bis 2008 keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen Rolf Gössners gegeben habe. Es fehlten auch Anhaltspunkte dafür, dass er angeblich linksextremistische Organisationen oder deren verfassungsfeindliche Ziele nachdrücklich unterstützte habe. Seine Beobachtung sei wegen der damit verbundenen Eingriffe in seine Grundrechte unverhältnismäßig gewesen.
Gössners Anwalt Udo Kauß bezeichnete beide Gerichtsentscheidungen als Meilensteine im Kampf gegen einen übergriffigen Inlandsgeheimdienst. Ein Geheimdienst habe im Meinungsbereich nichts zu suchen. Der Bremer Bürgerrechtler nannte das Urteil des Oberverwaltungsgerichts einen gerichtlichen Sieg über geheimdienstliche Verleumdungen und Willkür, eine Entscheidung zugunsten der Meinungs-, Presse- und Berufsfreiheit.
Wegen »grundsätzlicher Bedeutung« der Rechtssache ließ das Gericht die Revision beim Bundesverwaltungsgericht zu. Ein Ende der nach den Worten von Kauß absurden Überwachungsgeschichte und ihrer gerichtlichen Aufarbeitung ist damit noch nicht in Sicht. Wie absurd sie ist, lässt sich unter anderem daran ablesen, dass sie sich gegen einen Mann richtet, von dem die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, bei der Verleihung der Theodor-Heuss-Medaille sagte, er habe die Auszeichnung für »vorbildliches demokratisches Verhalten und beispielhaften Einsatz für das Allgemeinwohl« sowie für seinen Warnungen »vor einem weiteren Ausbau des Überwachungsstaates und einer schleichenden Erosion der Grundrechte« erhalten.
In einer persönlichen Erklärung machte Rolf Gössner vor dem Oberverwaltungsgericht deutlich, welche Folgen das Verhalten des Verfassungsschutzes für ihn gehabt habe. Viele Menschen seien in ungläubiges Staunen verfallen, wenn sie von der rekordverdächtigen Überwachungsgeschichte gehört hätten. Sie hätten sich gefragt, was jemand getan haben müsse, um vom 22. bis zum 61. Lebensjahr von einem Geheimdienst beobachtet und ausgeforscht zu werden. Ohne seine Klage gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz hätte seine Überwachung vermutlich nie ein Ende gefunden. »Ich bedauere es sehr, dass durch diese unsinnige und absurde Überwachungsgeschichte so viel Lebenszeit und -kraft vergeudet wurde.«
Um die Anmaßung des Verfassungsschutzes in ihrem ganzen skandalösen Umfang begreifen zu können, muss man wissen, dass seine Leute die Schnüffelei auf das gesamte Lebenswerk des Publizisten Rolf Gössner ausgedehnt und ihn damit nicht nur in seinen Rechten, sondern auch in seiner Menschenwürde verletzt haben. Dabei stehen selbst »Systemveränderer« unter richterlichem Schutz. Am 20. Juli 1954 entschied das Bundesverfassungsgericht: »Die gegenwärtige Wirtschafts- und Sozialordnung ist zwar eine nach dem Grundgesetz mögliche, keineswegs aber die allein mögliche. Sie beruht auf einer vom Willen des Gesetzgebers getragenen wirtschafts- und sozialpolitischen Entscheidung, die durch eine andere Entscheidung ersetzt oder durchbrochen werden kann.« Haben die Schlapphüte davon jemals gehört?
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