Montag, 3. Dezember 2012
Keine Patriots an die syrische Grenze! Stimmt im Bundestag mit NEIN!
Über 100 Mitglieder der Grünen Friedensinitiative haben die Bundestagsabgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen dazu aufgefordert, gegen die Stationierung von Patriot-Abwehrraketen an der türkisch-syrischen Grenze zu stimmen. Hier der Aufruf:
Keine Patriots an die syrische Grenze! Stimmt im Bundestag mit NEIN!
In Kürze wird im Bundestag über die Stationierung von Patriot-Verbänden der Bundeswehr an
der syrischen Grenze entschieden. Wir erwarten gerade von den GRÜNEN Abgeordneten, dass
sie ohne wenn und aber dagegen stimmen.
Formal:
Die Grüne BDK hat gerade am 16.11.2012 einen Syrien-Beschluss gefasst, der jedes militärisches
Eingreifen in den Syrien-Krieg in der Gesamtabwägung verwirft. Zwar hätten wir uns eine
klarere Formulierung gewünscht, aber dennoch gibt der Beschluss den GRÜNEN MdBs auf den
Weg, gegen jegliches militärisches Engagement der Bundeswehr in dem Syrien-Krieg zu
stimmen. Der erste Anwendungsfall ist die Stationierung der Patriot-Raketen an der syrischen
Grenze.
Inhaltlich:
Die Patriot-Raketen sollen angeblich die Türkei vor syrischen Angriffen schützen. Der GRÜNE
Abgeordnete Omid Nouripour stellt das zu Recht in Frage: „Sind die Patriots tatsächlich dazu da,
das Territorium der Türkei zu schützen? Mit denen kann man in der Tat in Syrien selbst einiges
anrichten, aber nicht in der Türkei selbst.“
Denn welches Interesse sollte das Assad-Regime daran haben, die Türkei anzugreifen und der
NATO so Anlass und Legitimation für eine Militärintervention zu liefern? Wenn interveniert die
Türkei in Syrien, aber nicht umgekehrt. Insofern markiert die Stationierung der Patriot-Raketen
den Beginn des eigenen militärischen Eingreifens der NATO in den syrischen Bürgerkrieg. Denn
bisher werden die Aufständischen lediglich politisch, logistisch und mit Waffenlieferungen
unterstützt. Auch Deutschland hilft den Aufständischen mit Spionageerkenntnissen, die u.a.
mittels eines BND-Flottendienstbootes im östlichen Mittelmeer generiert werden.
Die türkische Regierung versucht bereits seit längerer Zeit eine „Pufferzone“ im Norden Syriens
einzurichten. Aus vier Gründen:
1) Die „Pufferzone“ würde der Türkei ermöglichen gegen die mit der PKK verbündeten
syrischen Kurdenverbände militärisch vorzugehen und damit den eigenen Bürgerkrieg
über die Grenzen zu tragen.
2) Die über 100.000 syrischen Flüchtlinge in der Türkei könnten zurück nach Syrien
geschickt werden und müssten dann von der UNO versorgt werden. Die Türkei wäre
finanziell entlastet.
3) Das Hauptquartier der Freien Syrischen Armee könnte nach Syrien verlegt werden. Die
Pufferzone würde zum Sprungbrett weiterer Militäroperationen der Aufständischen, die
Front weiter an Damaskus herangeschoben.
4) Das Assad-Regime wäre weiter geschwächt, weil es die Kontrolle über ein großes Stück
Staatsgebiet endgültig verloren hätte.
Die Einrichtung der „Pufferzone“ nimmt militärische Eskalationsgefahren in Kauf. Denn diese
müsste nicht nur am Boden sondern auch in der Luft abgesichert werden. Um die Luftherrschaft
herzustellen, müssten zum einen Angriffswaffen wie Kampfbomber, Cruise Missiles und andere
Raketen etc. eingesetzt werden. Zum anderen gibt eine Absicherung durch Flugabwehrsysteme
Sinn. Hier sind die Patriot-Raketen einzuordnen. Die Durchsetzung einer solchen einseitigen
regionalen „Flugverbotszone“ bedeutet den Eintritt in den Krieg.
Nicht nur die Türkei, sondern führende arabische sowie die westlichen Länder treiben seit 2011
den Regime-Change in Damaskus voran. Nun soll der nächste Eskalationsschritt gemacht und
mit eigenen militärischen Mitteln eingegriffen werden. Politische Begleitung ist die Etablierung
einer syrischen Gegenregierung, die bereits von mehreren Staaten anerkannt wurde.
Die Golfstaaten Qatar und Saudiarabien (nicht unbedingt als Hort der Demokratie bekannt)
betreiben eine hegemoniale Regionalpolitik. Sie versuchen ihren eigenen Einfluss auszuweiten,
indem sie Aufständische verschiedener Couleur mit Waffen, Geld und Logistik unterstützen, um
so eine ihnen genehme Regierung in Damaskus zu installieren. Der Sturz des Assad-Regimes
wird seitens der USA vor allem betrieben, weil es mit dem Iran verbündet ist und dieser weiter
isoliert werden soll. Gleichzeitig würde der Einfluss Russlands geschwächt, das aktuell in Syrien
noch einen Militärstützpunkt unterhält.
Fakt ist aber auch: Vor ein paar Jahren haben die westlichen Staaten mit dem Regime in
Damaskus in Sachen Folter noch eng kooperiert. So wurde z.B. 2002 der deutsche Staatsbürger
Mohammed Haydar Zammar auf Betreiben der Bush-Regierung aus Marokko in die syrischen
Folterkeller verschleppt und in Damaskus von BND-Mitarbeitern 3 Tage lang vernommen.
Öffentlich wird das Eingreifen mit dem Schutz der syrischen Bevölkerung begründet. Die Lage
vor Ort ist jedoch etwas komplexer. Zweifellos haben die Truppen des Assad-Regimes und von
ihr unterstützte Milizen zahllose Verbrechen gegen die oppositionellen Teile der eigenen
Bevölkerung begangen, unabhängig davon, ob diese gewaltfrei demonstrierten oder mit
bewaffneten Mitteln das Regime bekämpften. Andere Teile der Bevölkerung z.B. Aleviten und
Christen unterstützen aber bis heute das Regime und haben Angst vor einer Machtübernahme
durch islamistische Gruppen.
Die viel beschworene „Schutzverantwortung“ wird vom Westen selektiv wahrgenommen: Die
westlichen Vetomächte blockieren im Sicherheitsrat die Verurteilung von Terroranschlägen, die
von Aufständischen zu verantworten sind, genauso wie Russland und China Maßnahmen gegen
das Assad-Regime blockieren. Es gibt keine „gute“ und eine „schlechte“ Verletzung der
Menschenrechte. Diese gelten universell.
Um den grausamen Bürgerkrieg mit inzwischen über 30.000 Toten zu beenden, gibt es keinen
anderen Weg als die Deeskalationsbemühungen des UN-Vermittlers Brahimi zu unterstützen.
Der erste Schritt ist ein Waffenstillstand, ein zweiter die Bildung einer Übergangsregierung aus
beiden Bürgerkriegsparteien, wie im Juni von der Syrien-Aktionsgruppe auf Vorschlag von
Annan unter Beteiligung aller 5 UN-Vetomächte bereits vereinbart wurde.
Deeskalation ist das Gebot der Stunde! Keine Patriots an die syrische Grenze!
UnterzeichnerInnen aus der GRÜNEN Partei:
Uli Cremer, KV Hamburg-Eimsbüttel
Wilhelm Achelpöhler, KV Münster
Unterstützung mit Angabe Name, Funktion/Kreisverband bitte senden an:
Uli Cremer cremer@gruene-friedensinitiative.de
Wilhelm Achelpöhler achelpoehler@gruene-friedensinitiative.de
124 UnterzeichnerInnen aus der GRÜNEN Partei (Stand 30.11.12, 17.00 Uhr):
Uli Cremer, KV Hamburg-Eimsbüttel
Wilhelm Achelpöhler, KV Münster
Dr. Ingo Lembke KV Hamburg-Altona
Wolfgang G. Wettach, KV Tübingen, Stv.Sprecher GRÜNE BAG Europa
Martina Lammers, KV Lüchow-Dannenberg
Mathias Wittmann, KV Dortmund
Antje Möller, KV Hamburg-Eimsbüttel, MdHB
Andrea Wist, KV Hamburg-Eimsbüttel
Anselm Laube, KV Ettlingen
Christel Opeker (KV Freiburg)
Andrea Schwarz KV Karlsruhe Land
Wolf Theilacker, KV Heilbronn
Alexander Schestag, KV Heidelberg
Simon Lissner, Mitglied des Kreisvorstand, Kreisverband Limburg-Weilburg
Ralf Henze, KV Odenwald-Kraichgau
Kalle Kreß, KV Bad Dürkheim
Roland Vogt, Mitglied der LAG Rheinland-Pfalz und der BAG Frieden & Internationales
Verena Fuchslocher, KV Mannheim,LAG und BAG FrauenPolitik
Manfred Lorentschat KV Cloppenburg
Florian Forster – Beisitzer im KV Hagen
Stephan Falk, KV Bitburg/Prüm , erw. Vorstand
Ulrich Laubach, Vorstandssprecher, KV Mönchengladbach
Jacob Zellmer, KV Treptow Köpenick
Claudia Laux, KV Bernkastel-Wittlich
Conni Stefanski KV Ostholstein
Dr. Frank Brozowski, KV Dessau-Roßlau, Vorstandsmitglied
Horst Schmidt, KV Main-Kinzig, Mitglied des Kreisvorstandes
Sebastian Heilmann, KV Lüneburg
Wolfgang Gruenwald, KV München Stadt
Carlos Echegoyen, KV Bonn
René El Saman, KV Bonn, Mitglied im AK Nord-Süd
Karl-W. Koch, KV Vulkaneifel
Jürgen Kost, KV Hamburg-Eimsbüttel
Cornelia Mertens, KV Hamburg-Eimsbüttel
Wilke Witte, KV Hamburg-Nord, Gewerkschaftsgrün
Olaf Weber, KV Weimar
Jörg Rupp, Parteirat BW, KV Karlsruhe-Land
Jörn Jensen, Bezirksbürgermeister a.D.von Berlin-Tiergarten, KV Berlin-Mitte
Barbara und Matthias Altmann, KV Weimarer Land
Dr. Ines Advena, KV Münster
Peter Nickels, Städteregion Aachen
Heinz D. Kappei, KV Friedrichshain-Kreuzberg
Mischa Dreesbach, KV Düsseldorf
Steffen Hoppe, KV Gütersloh OV Versmold- Sprecher
Rene Becker KV Düren
Tanja Kluth, KV Karlsruhe
Hans Schröder, KV Wandsbek, Sprecher der GRÜNEN im Regionalausschuss Walddörfer
Uwe Fleischhauer, KV Borken
Manfred Martin Drescher, KV Landshut Stadt
Andrea Piro KV Rhein-Sieg
Matthias van der Minde, KV Kassel-Land, Mitglied im Kreisvorstand
Ruth Birkle, KV Karlsruhe-Land
Norbert Dick, KV Schleswig-Flensburg
Heidi Kosche, KV Friedrichshain-Kreuzberg, MdA
Karen Haltaufderheide, KV Ennepe-Ruhr
Andreas Waldowsky, KV Hamburg-Wandsbek
Hartmut Rieg, KV Karlsruhe
Marc Buschlüter, KV Göppingen
Eva Pfannerstill, KV Erfurt
Johannes Schubert, KV Nürnberg, Koordinierender in der Grünen Jugend Nürnberg-Fürth
Volker Kraft, Mitglied Bezirksbeirat Bad Cannstatt, KV Stuttgart
Daniel Grix, OV Stuttgart Bad Cannstatt, KV Stuttgart
Victor Schiering, KV Nürnberg
Marco Petrikat, KV Köln
Frank Thyssen KV Städteregion Aachen
Marius Brodersen KV Bochum, Beisitzer im Vorstand Grüne Jugend Ruhr
Martin Conen, KV Aachen
Lucian Klaassen KV Oldenburg Stadt
René Bloch, KV Hamburg-Wandsbek
Ingo Götze/ KV Anhalt-Bitterfeld/ Funktion KV Vorstand: Beisitzer Pressearbeit/Facebook
Jörg Rutzen, KV Hannover
Ján H. Samo, KV Münster
Barbara Leps KV Wittenberg, Vorstandsmitglied
Michael Musil, KV Westerwald, Schatzmeister
Maike Pfuderer, KV Stuttgart, Co-Sprecherin der LAG Lesben, Schwule und Transgender BaWü
Herbert Kluth, KV Trier-Land
Charlotte Nieß-Mache, OV Meerbusch
Lutz Engelhardt, Kreisvorsitzender, KV Hohenlohe
Gerhard Weiherer, KV Cham
Trudis Fisch, KV Breisgau-Hochschwarzwald
Lutz Horn, KV Pforzheim und Enzkreis
Tobias Müller-Roden, KV Altenkirchen
Manfred Alban Pfeifer, Vorstandsvorsitzender OV Bobenheim-Roxheim, KV Rhein-Pfalz-Kreis,
stellvertr. Fraktionsvorsitzender
Mathias Heeb, KV Ahrweiler, Sprecher des Kreisverbandes
Krystyna Grendus KV Odenwald-Kraichgau
Ansgar Federhen, KV Neuwied
Juergen Engel, KV Kiel
Birgit Brachat-Winder, KV Konstanz
Rainer Müller-Held, Vorsitzender des Ortsverbandes Grüne Bad Oeynhausen
Bernhard Schwanzar, KV-Friesland
Rolf Wiederkehr, OV Senden
Meinhard Tegeler, Fraktionsvorsitzender im Rat der Gemeinde Nordkirchen / Kreis Coesfeld
Eike Heinicke, KV Kaiserslautern Land
Dietrich Bachmann, OV Langen
Uli Bütikofer LAG ChristInnen RLP, KV Speyer
Lisa Bröskamp , KV Neuwied
Anna Mebs, KV Kitzingen, Mitfrau Bezirkspräsidiu Ufr.
Pia Werner, KV Bad Dürkheim
Dirk Weber; KV Rhein-Berg
Michael Frey, KV Bonn
Andreas Markus, Sprecher KV Kaiserslautern-Land
Helga Hellwig KV Rheinberg
Winfried Held, KV Marburg
Günter Schlink, KV Schleswig-Flensburg; Gemeindevertreter
Merlin Demele, Stellvertretender Vorsitzender des Ortsverbandes in Lahntal
Werner Grimm, KV Darmstadt-Dieburg
Tommy Hellmuth, KV Braunschweig
Silke Gajek, KV Schwerin, MdL und 3. Vizepräsidentin des Landtages MV
Ingrid Täger, OV Waltrop , KV Recklinghausen Bündnis 90/Die GRÜNEN
Dr. Hans-Martin Hirt, Mitglied im KV Rems-Murr
Alex Maier, KV Göppingen, stellvertretender Kreisvorsitzender
Peter Unterberg, KV Tübingen
Linda Hanselmann, KV Tübingen
Heidemarie Markmann-Kersten, KV Tübingen
Michah Weissinger, KV Essen
Wolfgang Schindler, OV Oberes Murrtal, KV Rems-Murr
Carl-Bernhard von Heusinger, KV Koblenz, Vorstandssprecher
Efi Kaioglidou, Sprecherin KV Marburg-Biedenkopf
Sonja Wagner, KV Ammerland
Renate Bradatsch, Berlin, KV Friedrichshain-Kreuzberg
Michael Hoffmeier, Kreissprecher, KV Eichsfeld
Andreas Döring, KV Dresden
Merzan Hessou, KV Bonn
Windar Hessou, KV Bonn
Pressemitteilung der Kampagne TATORT Kurdistan, 22.11.2012
Mit der Absicht der Bundesregierung auf Anfrage der Türkei im Rahmen der NATO Flugabwehrraketen des Typs Patriot an der syrisch-türkischen Grenze zu stationieren, wird Deutschland endgültig Kriegspartei. Der Ankündigung von Bundeskanzlerin Merkel beim letzten Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan „Deutschland fühle sich für die Sicherheit der Türkei verantwortlich“, sollen nun Taten folgen. Sinn der Raketenabwehrstationierung sei angeblich, die Türkei vor syrischen Luftwaffen- und Raketenangriffen zu schützen. Dass dieses Szenario an den Haaren herbei gezogen ist, räumen sämtliche politischen Sachverständigen und Medienkommentatoren ein. Ein Angriff Syriens auf die Türkei wäre für den syrischen Präsidenten Assad in der aktuellen Situation Selbstmord. Die Patriot-Raketen dienen nicht dem Schutz der türkischen und kurdischen Bevölkerung im Grenzgebiet. Sie geben vielmehr der türkischen Armee Feuerschutz bei deren Unterstützung islamistischer Söldnerbanden insbesondere in den kurdischen Landesteilen Syriens. Damit leistet die Bundesregierung aktive Unterstützung bei der Vorbereitung neuer Massaker an der kurdischen Bevölkerung.
Auch wenn sich die Türkei aufgrund der Flüchtlinge aus Syrien und gelegentlicher Granateinschläge bislang unbekannten Ursprungs in Grenznähe als Opfer darstellt, ist sie als einer der hauptverantwortlichen Kriegstreiber für die desolate Situation in Syrien im hohen Maße mitverantwortlich. Nach kurzem Zögern zu Beginn der Proteste in Syrien setzte Ministerpräsident Erdogan auf den Sturz Assads in der Hoffnung, durch eine dortige Machtergreifung der mit seiner AK-Partei verbündeten sunnitischen Muslimbrüder den türkischen Einfluss in der Region auszubauen. Die Ausbildung und Aufrüstung der sogenannten Freien syrischen Armee (FSA) in türkischen Ausbildungslagern sowie logistische Unterstützung durch aus Katar und Saudi-Arabien finanzierte Waffenlieferungen sorgten in kurzer Zeit dafür, dass sich der anfängliche demokratische Aufstand der syrischen Bevölkerung in einen religiös-ethnischen Bürgerkrieg unter Beteiligung zahlreicher ausländischer djihadistischer Söldner verwandelt hat. Dieselbe Türkei, die sich nun als Opfer syrischer Aggression darstellt, bombardiert zudem regelmäßig völkerrechtswidrig Ziele im Nordirak und begeht im eigenen Land im Kampf gegen die kurdische Guerilla Kriegsverbrechen durch den Einsatz chemischer Waffen.
Die Gefahr einer direkten syrisch-türkischen militärischen Konfrontation geht eindeutig von der Türkei aus. Schon im Sommer ließ sich die türkische Regierung eine Militärintervention in Syrien per Parlamentsbeschluss absegnen und zog in den letzten Monaten massive Militärkräfte an der Grenze zusammen. Auf internationaler Bühne wird die Türkei nicht müde, nach libyschem Vorbild eine Flugverbotszone für Teile Syriens entlang der türkischen Grenze zu fordern. Dabei wird offen eingeräumt, dass diese Gebiete dann als ungestörtes Aufmarschgebiet der diffusen bewaffneten syrischen Oppositionskräfte und djihadistischen Banden dienen sollen, um den Sturz Assads zu beschleunigen. Hauptziel der Türkei ist es hier in dieser „Schutzzone“ die kurdischen Autonomiebestrebungen in Syrien von Anfang an zu ersticken, wobei sich die türkische Armee zurückhalten und wie schon jetzt die Drecksarbeit den Söldnereinheiten der FAS überlassen würde.
Ein solches Vorhaben traut sich die Türkei aber ohne die Unterstützung der NATO nicht zu. Aufgabe der in Aussicht gestellten Patriot-Abwehrraketen der Bundeswehr wäre es, diese Flugverbotszone abzusichern, sei es durch direkten Abschuss syrischer Kampfflugzeuge in Grenznähe oder durch die Abwehr zu erwartender syrischer Gegenangriffe. Da aufgrund der Haltung Russlands und Chinas kein UN-Mandat für ein direktes Eingreifen in Syrien zu erwarten ist, wäre zumindestens ein Einsatz im syrischen Luftraum eindeutig völkerrechtswidrig. Angesichts der Tatsache, dass sich eine große Mehrheit der türkischen Bevölkerung einschließlich der AKP-Anhänger gegen eine weitere militärische Eskalation mit Syrien ausspricht, verbietet es sich auch im Zusammenhang mit der geplanten Aufstellung der Patriot-Raketen von einem „Schutz der Türkei“ zu sprechen. Geschützt werden soll nicht die Bevölkerung, sondern das Hegemonialstreben der AKP-Regierung.
Mit ihrer einseitigen Parteinnahme und Aufrüstung der bewaffneten vom Ausland aus agierenden syrischen Opposition ist die Türkei nun an ihrer Grenze mit einem Bürgerkrieg konfrontiert. Als größte Gefahr betrachtet die Türkei vor allem die Entwicklung im kurdischen Teil Syriens, wo sich unter Vermeidung größeren Blutvergießens kurdische Selbstverwaltungsstrukturen etabliert haben, die sowohl zum Assad-Regime wie auch zu der von den Muslimbrüdern dominierten syrischen Opposition Abstand halten. In den weitgehend kriegsverschonten kurdischen Gebieten betreibt die Türkei eine aktive Destabilisierung, So hat sie etwa in die kurdische Stadt Serêkani (Ras al-Ain) Militante der „Freien Syrischen Armee gegen den Willen der Bevölkerung über die türkisch-syrische Grenze einmarschieren lassen und dadurch erst Gefechte mit der zuvor gar nicht mehr in dieser Stadt stationierten syrischen Armee provoziert. Die nachfolgenden Luftangriffe direkt am Grenzstreifen dienten unter anderem zur Rechtfertigung für die Anforderung von Patriot-Raketen.
Vor dem Einmarsch dieser djihadistischen Söldner nach Serêkani am 8. November räumte die türkische Armee eigens die Minen am Grenzstreifen. Am 19. November gab die türkische Armee den djihadistischen Kämpfern direkten Feuerschutz durch den Beschuss kurdischer Selbstverteidigungsmilizen mit Kurzstreckenraketen. Auch in den kurdischen Vierteln von Aleppo und in der Region Afrin erfolgten direkte Angriffe von türkeinahen FSA-Einheiten auf die dortige Bevölkerung.
Leider steht die Türkei mit ihrer Kriegspolitik nicht alleine da. Auf Betreiben des französischen Präsidenten Hollande soll die syrische Opposition (nun auch offiziell) mit Waffen beliefert werden, um das Baath-Regime zu stürzen. Die Verlegung deutscher Patriot-Raketen dient dem selben Zweck und hat mit defensiver Verteidigung nichts zu tun. Entgegen vorgetäuschten humanitären Argumenten sind die Hintergründe der westlich/türkisch/arabischen Intervention in Syrien geostrategischer Natur. Mit einer Schwächung Syriens – sei es durch „government change“ oder Bürgerkrieg – soll hauptsächlich dem Iran ein Bündnispartner genommen werden. Die Destabilisierung des Irans stünde dann als nächstes auf der Tagesordnung.
Als Kampagne Tatort Kurdistan kritisieren wir seit längerem die Menschenrechtsverletzungen und den Krieg im kurdischen Teil der Türkei sowie den Beitrag, den Deutschland dabei militärisch/politisch/wirtschaftlich leistet. Mit Sorge sehen wir nun, dass auch die Selbstverwaltungsstrukturen im kurdischen Teil Syriens von der Türkei bedroht werden und wiederum die deutsche Bundesregierung durch militärische und politische Unterstützung ihren Beitrag leistet.
Während die hiesige Presse die Kriegsverbrechen der verschiedenen unter dem Mantel der FSA agierenden Gruppen stillschweigend als Kolalateralschäden auf dem Weg zur Beseitigung Assads in Kauf nimmt, werden über die in Westkurdistan das Vertrauen der Bevölkerung genießende Partei PYD gezielt Lügen verbreitet, sie stünde an der Seite Assads oder unterdrücke die Bevölkerung. Anstatt die kurdische Vorstellung des demokratischen Konförderalismus als Modell des friedlichen Zusammenlebens verschiedener Religionen und Ethnien im Mittleren Osten zu unterstützen, wird gerade die kurdische Befreiungsbewegung in allen Teilen Kurdistan von Europa und den USA massiv bekämpft. Statt der Suche nach politischen Lösungen findet eine endlose Kette von Militärinterventionen statt, bei der der eine Einsatz (Libyen) die Gründe für den nächsten schafft (Mali). Der Mittlere Osten braucht weder Patriot-Raketen an der türkisch-syrischen Grenze noch deutsche Panzer für Saudi-Arabien, sondern aktive Friedenspolitik und Achtung der Menschenrechte. Dafür setzt sich die Kampagne Tatort Kurdistan weiter ein.
Kampagne TATORT Kurdistan, 22.11.2012
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