Montag, 10. Dezember 2012

Katja Kipping: Einschüchterung Schritt für Schritt

Brandenburger Jobcenter unterwegs in die Vergangenheit Hartz IV ist in Heinrich Alts Ägide als Vizechef der Bundesanstalt für Arbeit geformt und durchgesetzt worden. Hartz IV - AGENDA 2010 - man erinnert sich - waren die Gründe für den Parteiaustritt vieler SPD-Mitglieder, einige recht prominente darunter. Die WASG entstand und schloss sich 2007 mit der PDS zur LINKEN zusammen. Als Sozialdemokrat, der Heinrich Alt ja ist, dürfte ihn dies erheblich geschmerzt haben. Allerdings scheint mir, sein Seelenschmerz ist noch nicht groß genug, jedenfalls drängte sich mir dieser Eindruck bei der Morgenlektüre auf. Schon vor einigen Tagen war bekannt geworden, dass in Brandenburger Jobcentern Transferleistungsempfänger mit s.g. Schrittzählern ausgestattet wurden. Nein - das ist kein Scherz! Zweck des Ganzen: Nach 40 Tagen wird ausgewertet und der Erwerbslose, der am häufigsten zu Fuß unterwegs war, bekommt einen Preis! Heinrich Alt findet das gut. "Wer sich gut fühlt, wer sich fit fühlt, habe auch Selbstvertrauen - und bekommt nachweislich schneller einen Job." lobte Herr Alt die Praxis der Brandenburger Fallmanager. Ich hingegen fürchte, wer Menschen mit Schrittzählern ausrüstet, um ihnen "Beine zu machen", wird irgendwann auch auf andere Segnungen der modernen Technik zurückgreifen. Rein technisch wäre es schon heute kein Problem, das Konsumverhalten von ALG II-Beziehenden genau zu erfassen. Kaufen sie wirklich preiswert ein? "Missbrauchen" sie ihr Geld für Alkohol, Süßigkeiten und Tabak? Darf man in Zukunft auch mit seiner Ortung per Chip oder Handy rechnen? Es ist der gleiche Generalverdacht wie immer: Transferleistungsempfänger, sind faul, dick, genusssüchtig und wollen nicht arbeiten. "Die Gesellschaft", so wird gern medial und politisch vermittelt, "habe ein Recht darauf, die Lebensumstände ihre Kostgänger genau zu prüfen." Ich nenne dies Einschüchterung, ja, psychische Gewalt - und zwar nicht nur den Betroffenen gegenüber. Auch wer Arbeit hat, wird durch diese Methoden beeinflusst - zum Duckmäusertum und zum Akzeptieren schlechter Arbeitsbedingungen und sittenwidriger Löhne. Er hat das Bild der Gedemütigten eine Stufe unter ihm stets vor Augen. Es spielt übrigens auch keine Rolle, ob das Tragen der Schrittzähler freiwillig war und ist: Wer einmal eingeschüchtert und mit Sanktionen belegt wurde, der traut sich auch oft nicht mehr, von seinen Rechten Gebrauch zu machen, stets in der Angst, das Wahrnehmen seiner Rechte könnte sich an anderer Stelle negativ auswirken. Um es ganz klar auszudrücken: Bevormundung und Einschüchterung von Menschen sind die Mittel einer Diktatur, nichts weniger! Deutschland ist auf einem gefährlichen Weg und Heinrich Alt (SPD) findet's prima.

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