Mittwoch, 6. Juni 2012
GESCHICHTE DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI DER SOWJETUNION (BOLSCHEWIKI)
KAPITEL X
Die Partei der Bolschewiki im Kampfe für die sozialistische Industrialisierung des Landes
(1926-1929)
(Auszüge)
1
Die Schwierigkeiten in der Periode der sozialistischen Industrialisierung und der Kampf zu ihrer Überwindung
Die Bildung des trotzkistisch-sinowjewistischen parteifeindlichen Blocks
Die antisowjetischen Vorstöße des Blocks
Die Niederlage des Blocks
Nach dem XIV. Parteitag entfaltete die Partei den Kampf zur Durchführung der auf die sozialistische Industrialisierung des Landes gerichteten Generallinie der Sowjetmacht.
In der Wiederherstellungsperiode hatte die Aufgabe darin bestanden, vor allem die Landwirtschaft zu beleben, von der Landwirtschaft Rohstoffe, Nahrungsmittel zu erhalten und die Industrie wiederherzustellen, die vorhandenen Werke und Fabriken in Gang zu bringen.
Die Sowjetmacht hatte diese Aufgaben verhältnismäßig leicht bewältigt.
Aber die Wiederherstellungsperiode hatte drei große Mängel.
Erstens hatte man es in dieser Periode mit alten Werken und Fabriken zu tun, mit ihrer alten, rückständigen technischen Ausrüstung, die bald betriebsunfähig werden konnten. Die Aufgabe bestand darin, sie auf der Grundlage der modernen Technik neu auszurüsten.
Zweitens hatte man es in der Wiederherstellungsperiode mit einer Industrie zu tun, deren Basis viel zu schmal war, denn unter den vorhandenen Werken und Fabriken fehlten Dutzende und Hunderte dem Lande absolut notwendiger Werke für Maschinenbau, die wir damals nicht hatten und deren Errichtung notwendig war, da die Industrie ohne diese Werke nicht als wirkliche Industrie angesehen werden kann. Die Aufgabe bestand darin, diese Werke zu schaffen und sie mit modernen technischen Mitteln auszurüsten.
Drittens hatte man es in der Wiederherstellungsperiode vorwiegend mit einer Leichtindustrie zu tun, die entwickelt und auf die Beine gebracht wurde. Aber selbst der Entwicklung der Leichtindustrie waren in der Folge durch die Schwäche der Schwerindustrie enge Schranken gezogen, ganz zu schweigen von den anderen Bedürfnissen des Landes, die nur durch eine entwickelte Schwerindustrie befriedigt werden konnten. Die Aufgabe bestand darin, das Hauptgewicht nunmehr auf die Schwerindustrie zu verlegen.
Alle diese neuen Aufgaben sollten durch die Politik der sozialistischen Industrialisierung gelöst werden.
Es war notwendig, eine ganze Reihe von Industriezweigen, die es im zaristischen Russland nicht gab, neu aufzubauen, neue Maschinenbau-, Werkzeugmaschinen-, Automobilbetriebe, chemische Fabriken, Hüttenwerke zu errichten, die eigene Produktion von Motoren und Maschineneinrichtungen für Kraftwerke in Gang zu bringen, die Metall- und Kohlengewinnung zu erhöhen, denn dies erforderten die Interessen des Sieges des Sozialismus in der Sowjetunion.
Es war notwendig, eine neue Verteidigungsindustrie zu schaffen, neue Artillerie-, Munitions-, Flugzeug-, Tank-, Maschinengewehrfabriken zu errichten, denn dies erforderten die Interessen der Verteidigung der Sowjetunion unter den Bedingungen der kapitalistischen Umkreisung.
Es war notwendig, Traktorenwerke, Werke für moderne landwirtschaftliche Maschinen zu errichten und mit ihrer Produktion die Landwirtschaft zu versorgen, um den Millionen einzelbäuerlicher Kleinwirtschaften die Möglichkeit zu geben, zur kollektivwirtschaftlichen Großproduktion überzugehen, denn dies erforderten die Interessen des Sieges des Sozialismus im Dorfe.
Dies alles sollte die Industrialisierungspolitik bringen, denn darin bestand die sozialistische Industrialisierung des Landes.
Selbstverständlich erforderten so große Neubauten Milliardeninvestitionen. Auf Auslandsanleihen konnte man nicht rechnen, denn die kapitalistischen Länder weigerten sich, Anleihen zu gewähren. Man musste mit eigenen Mitteln bauen, ohne Hilfe von außen. Unser Land war aber damals noch keineswegs reich.
Darin bestand nun eine der Hauptschwierigkeiten.
Die kapitalistischen Länder pflegten ihre Schwerindustrie durch den Zufluss von Mitteln aus auswärtigen Quellen aufzubauen: durch Ausplünderung von Kolonien, durch Kontributionen von besiegten Völkern, durch Auslandsanleihen. Das Sowjetland konnte prinzipiell nicht aus solch schmutzigen Quellen schöpfen wie die Ausplünderung von kolonialen oder besiegten Völkern, um die Mittel für die Industrialisierung aufzubringen. Was Auslandsanleihen betrifft, so war diese Quelle für die Sowjetunion versperrt, da die kapitalistischen Länder Anleihen verweigerten. Man musste die Mittel innerhalb des Landes finden.
Und in der Sowjetunion wurden diese Mittel gefunden. In der Sowjetunion wurden Quellen der Akkumulation gefunden, wie sie kein einziger kapitalistischer Staat kennt. Der Sowjetstaat verfügte über alle Betriebe und Ländereien, die durch die Sozialistische Oktoberrevolution den Kapitalisten und Gutsbesitzern weggenommen worden waren, über die Verkehrsmittel, die Banken, den Außen- und Innenhandel. Die Gewinne der staatlichen Fabriken und Werke, des Verkehrswesens, des Handels, der Banken wurden jetzt nicht für den Verbrauch durch die parasitäre Klasse der Kapitalisten, sondern für den weiteren Ausbau der Industrie verwendet.
Die Sowjetmacht hatte die Zarenschulden annulliert, für die das Volk alljährlich allein an Zinsen Hunderte von Millionen Goldrubel gezahlt hatte. Durch die Aufhebung des Eigentums der Gutsbesitzer an Grund und Boden befreite die Sowjetmacht die Bauernschaft von Zahlungen an die Gutsbesitzer in Höhe von ungefähr 500 Millionen Goldrubel Pachtzins jährlich. Die Bauernschaft, befreit von dieser ganzen Last, konnte dem Staate helfen, eine neue, mächtige Industrie aufzubauen. Die Bauern waren höchst interessiert daran, Traktoren und landwirtschaftliche Maschinen zu erhalten.
Alle diese Einnahmequellen standen dem Sowjetstaat zur Verfügung. Sie konnten hunderte Millionen und Milliarden Rubel für die Schaffung der Schwerindustrie ergeben. Man musste nur mit wirtschaftlichem Verständnis an die Sache herangehen und bei der Verausgabung der Gelder strengste Sparsamkeit durchsetzen, die Produktion rationalisieren, die Selbstkosten der Produktion verringern, die unproduktiven Ausgaben beseitigen u. ä. m.
Die Sowjetmacht ging denn auch in dieser Weise vor.
Dank dem Sparregime wurden mit jedem Jahre immer bedeutendere Mittel für die Neubauten gesammelt. Es wurde möglich, den Bau so gigantischer Werke wie der Dnjepr-Wasserkraftwerke, der Turkestan-Sibirischen Eisenbahn, des Stalingrader Traktorenwerkes, der Werkzeugmaschinenfabriken, des Automobilwerkes „AMO“ („SIS“) usw. in Angriff zu nehmen.
Waren im Jahre 1926/27 in der Industrie gegen 1 Milliarde Rubel investiert worden, so gelang es, nach drei Jahren bereits gegen 5 Milliarden Rubel zu investieren.
Die Industrialisierung war im Vormarsch.
In der Erstarkung der sozialistischen Wirtschaft der Sowjetunion sahen die kapitalistischen Länder eine Bedrohung der Existenz des kapitalistischen Systems. Deswegen ergriffen die imperialistischen Regierungen alle möglichen Maßnahmen, um einen neuen Druck auf die Sowjetunion auszuüben, Verwirrung hervorzurufen, die Industrialisierung der Sowjetunion zu vereiteln oder zumindest zu hemmen.
Im Mai 1927 organisierten die englischen Konservativen (die „Diehards“, die „Starrköpfe“), die in der Regierung saßen, einen provokatorischen Überfall auf die „Arcos“ (Sowjetgesellschaft für den Handel mit England). Am 26. Mai 1927 erklärte die englische konservative Regierung die diplomatischen und Handelsbeziehungen mit der Sowjetunion für abgebrochen.
Am 7. Juni 1927 wurde in Warschau der Gesandte der Sowjetunion, Genosse Wojkow, von einem russischen Weißgardisten ermordet, der polnischer Untertan war.
Gleichzeitig wurden auf dem Territorium der Sowjetunion von englischen Spionen und Zerstörungsagenten Bomben in einen Parteiklub in Leningrad geworfen, wobei es gegen 30 Verwundete gab, darunter einige Schwerverwundete.
Im Sommer 1927 fanden fast gleichzeitig Überfälle auf Sowjetbotschaften und Handelsvertretungen in Berlin, Peking, Schanghai und Tientsin statt.
Daraus erwuchsen der Sowjetmacht zusätzliche Schwierigkeiten.
Die Sowjetunion gab jedoch dem Druck nicht nach und wehrte mit Leichtigkeit die provokatorischen Anrempelungen der Imperialisten und ihrer Agenten ab.
Nicht geringere Schwierigkeiten bereiteten der Partei und dem Sowjetstaat die Trotzkisten und andere Oppositionelle durch ihre Wühlarbeit. Nicht umsonst sagte damals Genosse Stalin, dass sich gegen die Sowjetmacht „eine Art Einheitsfront von Chamberlain bis Trotzki bildet“. Trotz der Beschlüsse des XIV. Parteitags und der Loyalitätserklärung der Opposition streckten die Oppositionellen nicht die Waffen. Im Gegenteil, sie verstärkten ihre Wühl- und Spaltungsarbeit noch mehr.
Im Sommer 1926 vereinigen sich die Trotzkisten und Sinowjewleute zu einem parteifeindlichen Block, scharen die Überreste aller zerschlagenen oppositionellen Gruppen um den Block und errichten die Grundlagen ihrer antileninistischen illegalen Partei unter grober Verletzung des Parteistatuts und der Beschlüsse der Parteitage, die die Bildung von Fraktionen verbieten. Das Zentralkomitee der Partei erklärt warnend: wenn dieser parteifeindliche Block, der einen Abklatsch des bekannten menschewistischen Augustblocks darstellt, nicht aufgelöst wird, kann die Sache für seine Anhänger einen üblen Ausgang nehmen. Aber die Anhänger des Blocks geben ihr Treiben nicht auf.
Im Herbst desselben Jahres, am Vorabend der XV. Parteikonferenz, unternehmen sie in Parteiversammlungen in Betrieben Moskaus, Leningrads und anderer Städte einen Vorstoß und versuchen, der Partei eine neue Diskussion aufzuzwingen. Sie legen dabei den Parteimitgliedern ihre Plattform vor, die eine Kopie der üblichen trotzkistisch-menschewistischen, antileninistischen Plattform darstellt. Die Parteimitglieder erteilen den Oppositionellen eine wuchtige Abfuhr und werfen sie manchenorts einfach aus den Versammlungen hinaus. Das Zentralkomitee warnt die Anhänger des Blocks neuerlich, dass die Partei ihre Wühlarbeit nicht weiter dulden könne.
Die Oppositionellen legen dem Zentralkomitee eine Erklärung mit den Unterschriften Trotzkis, Sinowjews, Kamenews, Sokolnikows vor, in der sie ihre fraktionelle Tätigkeit verurteilen und versprechen, künftighin loyal zu sein. Nichtsdestoweniger bleibt der Block in Wirklichkeit weiter bestehen, und seine Anhänger stellen ihre illegale parteifeindliche Tätigkeit nicht ein. Sie fahren fort, ihre antileninistische Partei aufzuziehen, richten eine illegale Druckerei ein, führen unter ihren Anhängern Mitgliedsbeiträge ein und verbreiten ihre Plattform.
Angesichts dieses Verhaltens der Trotzkisten und Sinowjewleute stellen die XV. Parteikonferenz (November 1926) und das erweiterte Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (Dezember 1926) die Frage des trotzkistisch-sinowjewistischen Blocks zur Behandlung und brandmarken in ihren Beschlüssen die Anhänger des Blocks als Spalter, die in ihrer Plattform auf menschewistische Positionen hinabgesunken sind.
Aber auch dadurch ließen sich die Anhänger des Blocks nicht zur Vernunft bringen. Im Jahre 1927, in dem Augenblick, als die englischen Konservativen die diplomatischen und Handelsbeziehungen mit der Sowjetunion abbrachen, verstärkten sie von neuem ihre Angriffe gegen die Partei. Sie heckten eine neue antileninistische Plattform aus, die so genannte „Plattform der 83“, verbreiteten sie unter den Parteimitgliedern und forderten vom Zentralkomitee eine neue allgemeine Parteidiskussion.
Von allen oppositionellen Plattformen war diese Plattform wohl die verlogenste und pharisäischste.
In Worten, das heißt in der Plattform, erhoben die Trotzkisten und Sinowjewleute keine Einwände gegen die Einhaltung der Parteibeschlüsse und sprachen sich für die Loyalität aus, in der Tat aber verletzten sie in gröbster Weise die Parteibeschlüsse und verhöhnten jegliche Loyalität gegenüber der Partei und ihrem Zentralkomitee.
In Worten, das heißt in der Plattform, erhoben sie keine Einwände gegen die Einheit der Partei und sprachen sich gegen die Spaltung aus, in der Tat aber verletzten sie in gröbster Weise die Einheit der Partei, steuerten auf die Spaltung hin und besaßen bereits ihre besondere, illegale antileninistische Partei, die alle Anlagen dazu hatte, sich zu einer antisowjetischen, konterrevolutionären Partei auszuwachsen.
In Worten, das heißt in der Plattform, sprachen sie sich für die Politik der Industrialisierung aus und beschuldigten sogar das Zentralkomitee, dass es die Industrialisierung in nicht genügend schnellem Tempo durchführe, in der Tat aber verunglimpften sie den Beschluss der Partei über den Sieg des Sozialismus in der Sowjetunion, verhöhnten sie die Politik der sozialistischen Industrialisierung, stellten sie die Forderung, eine ganze Reihe von Betrieben an Ausländer in Konzession zu geben, setzten sie ihre größten Hoffnungen auf die ausländischen kapitalistischen Konzessionsbetriebe in der Sowjetunion.
In Worten, das heißt in der Plattform, sprachen sie sich für die Bewegung zur Kollektivierung der Bauernwirtschaften aus und beschuldigten sogar das Zentralkomitee, dass es die Kollektivierung in nicht genügend schnellem Tempo durchführe, in der Tat aber verhöhnten sie die Politik der Einbeziehung der Bauern in den sozialistischen Aufbau, predigten sie die Unvermeidlichkeit „unlösbarer Konflikte“ zwischen der Arbeiterklasse und der Bauernschaft, setzten sie ihre Hoffnungen auf die „zivilisierten Pächter“ im Dorfe, das heißt auf die Kulakenwirtschaften.
Das war die verlogenste Plattform unter allen verlogenen Plattformen der Opposition.
Sie war darauf berechnet, die Partei zu betrügen.
Das Zentralkomitee lehnte eine sofortige Eröffnung der Diskussion ab und erklärte den Oppositionellen, dass eine Diskussion nur gemäß dem Parteistatut eröffnet werden könne, das heißt zwei Monate vor dem Parteitag.
Im Oktober 1927, das heißt zwei Monate vor dem XV. Parteitag, erklärte das Zentralkomitee der Partei die allgemeine Parteidiskussion für eröffnet. Die Diskussionsversammlungen begannen. Die Ergebnisse der Diskussion waren für den trotzkistisch-sinowjewistischen Block mehr als kläglich. Für die Politik des Zentralkomitees stimmten 724000 Parteimitglieder. Für den Block der Trotzkisten und Sinowjewleute stimmten 4000, das heißt weniger als ein Prozent. Der parteifeindliche Block war aufs Haupt geschlagen. Somit hatte die Partei in ihrer überwältigenden Mehrheit die Plattform des Blocks einmütig abgelehnt.
Das war der klar zum Ausdruck gebrachte Wille der Partei, an deren Entscheidung die Anhänger des Blocks selbst appelliert hatten.
Aber auch durch diese Lektion ließen sich die Anhänger des Blocks nicht zur Vernunft bringen. Statt sich dem Willen der Partei zu fügen, entschlossen sie sich, den Willen der Partei zu durchkreuzen. Noch vor dem Abschluss der Diskussion, als sie die Unvermeidlichkeit ihrer schmählichen Niederlage sahen, beschlossen sie, zu schärferen Formen des Kampfes gegen die Partei und die Sowjetregierung zu greifen. Sie beschlossen, in Moskau und Leningrad eine öffentliche Protestdemonstration durchzuführen. Zum Tage ihrer Demonstration wählten sie den 7. November, den Jahrestag der Oktoberrevolution, an dem die Werktätigen der Sowjetunion ihre revolutionäre Volksdemonstration veranstalten. Die Trotzkisten und Sinowjewleute machten sich also daran, eine Paralleldemonstration zu veranstalten. Aber wie zu erwarten war, gelang es den Anhängern des Blocks nur, das klägliche Häuflein ihrer wenigen Mitläufer auf die Straße zu bringen. Die Mitläufer und ihre Anführer wurden von der Volksdemonstration hinweggefegt und davongejagt.
Jetzt unterlag es bereits keinem Zweifel mehr, dass die Trotzkisten und Sinowjewleute in den antisowjetischen Sumpf geraten waren. Appellierten sie in der Parteidiskussion an die Partei gegen das Zentralkomitee, so gingen sie nun durch ihre klägliche Demonstration dazu über, an die feindlichen Klassen gegen die Partei und den Sowjetstaat zu appellieren. Da sie sich die Untergrabung der bolschewistischen Partei zum Ziele setzten, mussten sie unvermeidlich auf den Weg der Untergrabung des Sowjetstaates geraten, denn die Partei der Bolschewiki und der Staat sind im Sowjetlande nicht voneinander zu trennen. Dadurch stellten sich die Anführer des trotzkistisch: sinowjewistischen Blocks außerhalb der Partei, denn es war unmöglich, in den Reihen der bolschewistischen Partei weiter Leute zu dulden, die im antisowjetischen Sumpf versunken waren.
Am 14. November 1927 schloss die vereinigte Sitzung des Zentralkomitees und der Zentralen Kontrollkommission Trotzki und Sinowjew aus der Partei aus.
GESCHICHTE DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI DER SOWJETUNION (BOLSCHEWIKI)
KAPITEL X
Die Partei der Bolschewiki im Kampfe für die sozialistische Industrialisierung des Landes
(1926-1929)
2
Die Erfolge der sozialistischen Industrialisierung
Das Zurückbleiben der Landwirtschaft
Der XV. Parteitag
Der Kurs auf die Kollektivierung der Landwirtschaft
Die Zerschmetterung des trotzkistisch-sinowjewistischen Blocks
Die politische Doppelzünglerei
Schon gegen Ende 1927 zeigten sich entscheidende Erfolge der Politik der sozialistischen Industrialisierung. Die Industrialisierung vermochte unter den Bedingungen der Neuen Ökonomischen Politik in kurzer Frist eine bedeutende Aufwärtsbewegung herbeizuführen. Die Industrie und die Landwirtschaft als Ganzes (Forstwirtschaft und Fischerei mit inbegriffen) hatten in ihrer Gesamtproduktion das Vorkriegsniveau nicht nur erreicht, sondern sogar überholt. Der Anteil der Industrie an der Volkswirtschaft war auf 42 Prozent gestiegen und erreichte das Niveau der Vorkriegszeit.
Der sozialistische Sektor der Industrie wuchs rasch auf Kosten des privatwirtschaftlichen Sektors und erhöhte sich von 81 Prozent im Jahre 1924/25 auf 86 Prozent im Jahre 1926/27, während der Anteil des privatwirtschaftlichen Sektors in derselben Periode von 19 Prozent auf 14 Prozent zurückging.
Das bedeutete, dass die Industrialisierung in der Sowjetunion einen scharf ausgeprägten sozialistischen Charakter trug, dass sich die Industrie der Sowjetunion in der Richtung zum Sieg des sozialistischen Produktionssystems entwickelte, dass auf dem Gebiete der Industrie die Frage „Wer - wen?“ bereits zugunsten des Sozialismus entschieden war.
Ebenso schnell wurde der Privathändler aus dem Handel verdrängt. Sein Anteil sank im Kleinhandel von 42 Prozent im Jahre 1924/25 auf 32 Prozent im Jahre 1926/27, vom Großhandel gar nicht zu sprechen, wo der Anteil des Privathändlers in derselben Periode von 9 Prozent auf 5 Prozent zurückging.
In noch schnellerem Tempo wuchs die sozialistische Großindustrie, die im Jahre 1927, im ersten Jahre nach der Wiederherstellungsperiode, gegenüber dem vorhergehenden Jahre einen Produktionszuwachs von 18 Prozent ergab. Das war eine Rekordziffer der Zunahme, unerreichbar für die Großindustrie selbst der fortgeschrittensten Länder des Kapitalismus.
Ein anderes Bild bot die Landwirtschaft, besonders die Getreidewirtschaft. Obwohl die Landwirtschaft als Ganzes das Vorkriegsniveau überschritten hatte, betrug die Gesamtproduktion ihres Hauptzweiges - der Getreidewirtschaft - nur 91 Prozent des Vorkriegsniveaus und der Warenteil der Getreideproduktion, der zur Versorgung der Städte zum Verkaufe gelangt, kaum 37 Prozent des Vorkriegsniveaus, wobei alle Anzeichen darauf hindeuteten, dass die Gefahr eines weiteren Rückgangs des Warenteils der Getreideproduktion bestand.
Das bedeutete, dass die Zerbröckelung der großen warenproduzierenden Wirtschaften im Dorfe in Kleinwirtschaften und der Kleinwirtschaften in Zwergwirtschaften, die im Jahre 1918 eingesetzt hatte, noch immer andauerte; dass die bäuerliche Klein- und Zwergwirtschaft sich in eine Halbnaturalwirtschaft verwandelte, die nur ein Minimum an Warengetreide liefern konnte, dass die Getreidewirtschaft der Periode des Jahres 1927, obwohl sie nicht viel weniger Getreide produzierte als die Getreidewirtschaft der Vorkriegszeit, dennoch nur etwas mehr als den dritten Teil jener Getreidemenge an die Städte verkaufen konnte, die die Getreidewirtschaft der Vorkriegszeit zu verkaufen imstande war.
Es unterlag keinem Zweifel, dass die Armee und die Städte der Sowjetunion bei einem solchen Stand der Getreidewirtschaft in eine Lage chronischen Hungers geraten mussten.
Das war eine Krise der Getreidewirtschaft, der eine Krise der Viehzucht folgen musste.
Um aus dieser Lage herauszukommen, musste man in der Landwirtschaft zur Großproduktion übergehen, die imstande ist, mit Traktoren und landwirtschaftlichen Maschinen zu arbeiten und den Warenteil der Getreidewirtschaft um ein Mehrfaches zu erhöhen. Das Land stand vor zwei Möglichkeiten: entweder zur kapitalistischen Großproduktion überzugehen, was den Ruin der Bauernmassen, den Zusammenbruch des Bündnisses zwischen der Arbeiterklasse und der Bauernschaft, die Stärkung des Kulakentums und die Niederlage des Sozialismus im Dorfe bedeutet hätte, oder den Weg der Vereinigung der kleinen Bauernwirtschaften zu sozialistischen Großwirtschaften, zu Kollektivwirtschaften zu beschreiten, die imstande sind, Traktoren und andere moderne Maschinen zu benutzen, um die Getreidewirtschaft und den Warenteil ihrer Produktion rasch zu heben.
Es ist verständlich, dass die Partei der Bolschewiki und der Sowjetstaat nur den zweiten Weg beschreiten konnten, den Weg der kollektivwirtschaftlichen Entwicklung der Landwirtschaft.
Dabei stützte sich die Partei auf folgende Hinweise Lenins über die Notwendigkeit des Übergangs von den bäuerlichen Kleinwirtschaften zum kollektiven landwirtschaftlichen Großbetrieb in der Form des Artels:
a) „Mit der Kleinwirtschaft kann man aus der Not nicht herauskommen.“ (Lenin, Ausgew. Werke, Bd. 8, S. 204.)
b) „Wenn wir in althergebrachter Weise in kleinen Wirtschaften hockenbleiben, und sei es auch als freie Bürger auf freier Scholle, so droht uns dennoch der unvermeidliche Untergang.“ (Lenin, Sämtl. Werke, Bd. XX, S. 417 russ.)
c) „Wenn die Bauernwirtschaft sich weiterentwickeln kann, so muss man auch den weiteren Übergang (zur höheren Entwicklungsstufe. Der Übers.) auf fester Basis sichern, der weitere Übergang aber besteht unweigerlich darin, dass die am wenigsten vorteilhafte und am meisten rückständige, zersplitterte bäuerliche Kleinwirtschaft sich durch allmählichen Zusammenschluss zur gesellschaftlichen Großlandwirtschaft organisiert.“ (Lenin, Sämtl. Werke, Bd. XXVI, S. 371.)
d) „Nur in dem Falle, dass es gelingt, den Bauern die Vorzüge der gesellschaftlichen, kollektiven, gemeinschaftlichen, artelmäßigen Bodenbestellung in der Praxis vor Augen zu führen, nur wenn es gelingt, dem Bauern mittels der gemeinschaftlichen, der Artelwirtschaft zu helfen, nur dann wird die Arbeiterklasse, die die Staatsmacht in der Hand hat, den Bauern wirklich den Beweis erbringen, dass sie im Rechte ist, und die Millionenmassen der Bauern fest und wirklich auf ihre Seite ziehen.“ (Lenin, Ausgew. Werke, Bd. 8, S. 207.)
Das war die Situation vor dem XV. Parteitag.
Der XV. Parteitag wurde am 2. Dezember 1927 eröffnet. Auf dem Parteitag waren 898 Delegierte mit beschließender und 771 mit beratender Stimme anwesend, die 887233 Parteimitglieder und 348957 Kandidaten vertraten.
Genosse Stalin, der in seinem Rechenschaftsbericht die Erfolge der Industrialisierung und das rasche Wachstum der sozialistischen Industrie hervorhob, stellte der Partei die Aufgabe:
„Unsere sozialistischen Kommandohöhen in allen Zweigen der Volkswirtschaft, sowohl in der Stadt als auch im Dorfe, zu erweitern und zu festigen, und auf die Liquidierung der kapitalistischen Elemente in der Volkswirtschaft hinzusteuern.“
Als Genosse Stalin die Landwirtschaft mit der Industrie verglich und dabei die Rückständigkeit der Landwirtschaft und besonders der Getreidewirtschaft feststellte - eine Rückständigkeit, die sich aus der Zersplitterung der Landwirtschaft erklärte, welche die Anwendung moderner technischer Mittel verhinderte -, betonte er, dass dieser unerfreuliche Zustand der Landwirtschaft für die gesamte Volkswirtschaft eine bedrohliche Lage schaffe.
„Wo ist nun der Ausweg?“ fragte Genosse Stalin.
„Der Ausweg“, antwortete Genosse Stalin, „liegt im Übergang der kleinen, zersplitterten Bauernwirtschaften zu großen, zusammengeschlossenen Wirtschaften auf der Grundlage der gesellschaftlichen Bodenbestellung, im Übergang zur kollektiven Bodenbestellung, auf der Grundlage der modernen, höheren Technik. Der Ausweg liegt darin, die bäuerlichen Klein- und Zwergwirtschaften allmählich, aber unentwegt, nicht durch Zwang, sondern durch Beispiel und Überzeugung zu Großwirtschaften zusammenzuschließen auf der Grundlage der gesellschaftlichen, gemeinschaftlichen, kollektiven Bodenbestellung, unter Anwendung landwirtschaftlicher Maschinen und Traktoren, unter Anwendung wissenschaftlicher Methoden zur Intensivierung der Landwirtschaft. Einen anderen Ausweg gibt es nicht.“
Der XV. Parteitag fasste den Beschluss über die allseitige Entfaltung der Kollektivierung der Landwirtschaft. Der Parteitag legte einen Plan zur Erweiterung und Festigung des Netzes der Kollektivwirtschaften und Sowjetwirtschaften fest und gab klare Anweisungen über die Methoden zum Kampfe für die Kollektivierung der Landwirtschaft.
Zugleich gab der Parteitag die Direktive:
„Die Offensive gegen das Kulakentum weiterzuentwickeln und eine Reihe neuer Maßnahmen zu ergreifen, die die Entwicklung des Kapitalismus im Dorfe- einschränken und die Bauernwirtschaft in der Richtung zum Sozialismus führen.“ (Die KPdSU[B] in Resolutionen, Teil 2, S. 260 russ.)
Schließlich beschloss der Parteitag, ausgehend von der Festigung des Planprinzips in der Volkswirtschaft und zum Zwecke der Organisierung einer systematischen Offensive des Sozialismus gegen die kapitalistischen Elemente an der gesamten Front der Volkswirtschaft, den entsprechenden Organen die Direktive zu geben, den ersten Fünfjahrplan der Volkswirtschaft auszuarbeiten.
Nach Behandlung der Fragen des sozialistischen Aufbaus ging der XV. Parteitag zur Frage der Liquidierung des trotzkistisch-sinowjewistischen Blocks über.
Der Parteitag stellte fest, dass „die Opposition mit dem Leninismus ideologisch gebrochen hat, zu einer menschewistischen Gruppe entartet ist, den Weg der Kapitulation vor der internationalen und inneren Bourgeoisie beschritten und sich objektiv in ein Werkzeug dieser dritten Kraft gegen das Regime der proletarischen Diktatur verwandelt hat“. (Ebenda, S. 232.)
Der Parteitag stellte fest, dass die Meinungsverschiedenheiten zwischen der Partei und der Opposition in programmatische Meinungsverschiedenheiten umgeschlagen waren, dass die trotzkistische Opposition den Weg des antisowjetischen Kampfes betreten hatte. Daher erklärte der XV. Parteitag die Zugehörigkeit zur trotzkistischen Opposition und die Propagierung ihrer Anschauungen für unvereinbar mit dem Verbleiben in den Reihen der bolschewistischen Partei.
Der Parteitag billigte den Beschluss der vereinigten Sitzung des Zentralkomitees und der Zentralen Kontrollkommission über den Ausschluss Trotzkis und Sinowjews aus der Partei und beschloss, alle aktiven Teilnehmer des trotzkistisch-sinowjewistischen Blocks, wie Radek, Preobrashenski, Rakowski, Pjatakow, Serebrjakow, I. Smirnow, Kamenew, Sarkis, Safarow, Lifschitz, Mdiwani, Smilga, und die ganze Gruppe des „demokratischen Zentralismus“ (Sapronow, W. Smirnow, Boguslawski, Drobnis u. a.) aus der Partei auszuschließen.
Ideologisch aufs Haupt geschlagen und organisatorisch zertrümmert, verloren die Anhänger des trotzkistisch-sinowjewistischen Blocks die letzten Reste ihres Einflusses im Volke.
Die aus der Partei ausgeschlossenen Antileninisten begannen einige Zeit nach dem XV. Parteitag, Erklärungen über ihren Bruch mit dem Trotzkismus abzugeben mit der Bitte, sie wieder in die Partei aufzunehmen. Natürlich konnte die Partei damals noch nicht wissen, dass Trotzki, Rakowski, Radek, Krestinski, Sokolnikow und andere schon seit langem Volksfeinde, von der ausländischen Spionage angeworbene Spione waren, dass Kamenew, Sinowjew, Pjatakow und andere bereits Verbindungen mit den Feinden der Sowjetunion in den kapitalistischen Ländern aufnahmen, um mit ihnen eine „Arbeitsgemeinschaft“ gegen das Sowjetvolk einzugehen. Die Partei hatte aber genügend Erfahrung darin, dass man von diesen Leuten, die wiederholt in den entscheidendsten Momenten gegen Lenin und die Leninsche Partei aufgetreten waren, jede Niederträchtigkeit erwarten konnte. Deshalb verhielt sich die Partei zu den Gesuchen der Ausgeschlossenen misstrauisch. Um die Aufrichtigkeit der Gesuchsteller einer ersten Prüfung zu unterziehen, stellte sie als Bedingungen für die Wiederaufnahme in die Partei folgende Forderungen:
a) offene Verurteilung des Trotzkismus als einer antibolschewistischen und antisowjetischen Ideologie;
b) offene Anerkennung der Politik der Partei als der einzig richtigen Politik;
c) unbedingte Unterwerfung unter die Beschlüsse der Partei und ihrer Organe;
d) die Verpflichtung, sich einer Prüfung während einer bestimmten Frist zu unterziehen, in deren Verlauf die Partei die Gesuchsteller überprüft und nach deren Ablauf die Partei, je nach den Ergebnissen der Überprüfung, die Frage der Wiederaufnahme jedes Ausgeschlossenen gesondert behandelt.
Die Partei ließ sich hierbei davon leiten, dass die offene Anerkennung dieser Punkte durch die Ausgeschlossenen unter allen Umständen von positiver Bedeutung für die Partei sein musste, da sie die Einheit der trotzkistisch-sinowjewistischen Reihen sprengen, in sie Zersetzung hineintragen sowie die Richtigkeit der Politik der Partei und die Macht der Partei nochmals demonstrieren und der Partei ermöglichen werde, im Falle der Aufrichtigkeit der Gesuchsteller, ehemalige Parteiarbeiter zur Partei zurückzubringen, im Falle ihrer Unaufrichtigkeit aber, sie in den Augen aller zu entlarven, und zwar schon nicht mehr als Leute, die irren, sondern als ideenlose Karrieristen, als Betrüger an der Arbeiterklasse und ausgemachte Doppelzüngler.
Die meisten Ausgeschlossenen nahmen die von der Partei aufgestellten Bedingungen für die Aufnahme in die Partei an und veröffentlichten in der Presse entsprechende Erklärungen.
Die Partei, die sie schonen und ihnen nicht die Möglichkeit versagen wollte, von neuem Menschen der Partei und der Arbeiterklasse zu werden, setzte sie wieder in die Rechte von Parteimitgliedern ein.
Im Laufe der Zeit stellte sich jedoch heraus, dass die Erklärungen der „aktiven Politiker“ des trotzkistisch-sinowjewistischen Blocks mit wenigen Ausnahmen durch und durch verlogene doppelzünglerische Erklärungen waren.
Es erwies sich, dass diese Herrschaften noch vor der Einreichung ihrer Gesuche aufgehört hatten, eine politische Strömung darzustellen, die bereit ist, ihre Anschauungen vor dem Volke zu vertreten, dass sie sich in eine Clique ideenloser Karrieristen verwandelt hatten, bereit, die Reste ihrer Anschauungen vor aller Augen mit Füßen zu treten, bereit, die ihr fremden Anschauungen der Partei vor aller Augen lobzupreisen, bereit, gleich Chamäleons jede beliebige Farbe anzunehmen, nur um sich in der Partei, in der Arbeiterklasse zu behaupten und die Möglichkeit zu haben, die Arbeiterklasse und ihre Partei heim-tückisch zu schädigen.
Die trotzkistisch-sinowjewistischen „Politiker“ erwiesen sich als politische Gauner, als politische Doppelzüngler.
Politische Doppelzüngler beginnen gewöhnlich mit Betrug und betreiben ihr dunkles Werk durch Betrug am Volke, an der Arbeiter-klasse, an der Partei der Arbeiterklasse. Aber politische Doppelzüngler kann man nicht lediglich als Betrüger betrachten. Politische Doppelzüngler bilden eine Clique ideenloser politischer Karrieristen, die schon längst das Vertrauen des Volkes verloren haben und bestrebt sind, sich durch Betrug, Schwindel und Gaunerei - mit allen erdenklichen Mitteln - neuerlich das Vertrauen zu erschleichen, nur um sich den Ruf von Politikern zu erhalten. Politische Doppelzüngler stellen eine Clique prinzipienloser politischer Karrieristen dar, die bereit sind, sich auf wen immer zu stützen, sei es auch auf kriminelle Elemente, sei es auf den Abschaum der Gesellschaft, sei es auf die geschworenen Feinde des Volkes, nur um im „geeigneten Moment“ erneut auf der politischen Bildfläche zu erscheinen und sich dem Volke als „Regierende“ auf den Nacken zu setzen.
Eben als solche politische Doppelzüngler erwiesen sich die trotzkistisch-sinowjewistischen „Politiker“.
GESCHICHTE DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI DER SOWJETUNION (BOLSCHEWIKI)
KAPITEL X
Die Partei der Bolschewiki im Kampfe für die sozialistische Industrialisierung des Landes
(1926-1929)
3
Die Offensive gegen das Kulakentum
Die parteifeindliche Bucharin-Rykow-Gruppe
Die Annahme des ersten Fünfjahrplans
Der sozialistische Wettbewerb
Der Beginn der kollektivwirtschaftlichen Massenbewegun
Die Agitation des trotzkistisch-sinowjewistischen Blocks gegen die Politik der Partei, gegen den Aufbau des Sozialismus, gegen die Kollektivierung, ebenso wie die Agitation der Bucharinleute, dass aus den Kollektivwirtschaften nichts werden könne, dass man die Kulaken nicht antasten solle, da sie von selbst in den Sozialismus „hineinwachsen“ würden, dass die Bereicherung der Bourgeoisie keine Gefahr für den Sozialismus darstelle - diese ganze Agitation fand großen Widerhall unter den kapitalistischen Elementen des Landes und vor allem unter dem Kulakentum. Die Kulaken wussten jetzt aus den Pressestimmen, dass sie nicht allein dastanden, dass sie in Trotzki, Sinowjew, Kamenew, Bucharin, Rykow u. a. Verteidiger und Fürsprecher hatten. Selbstverständlich musste dieser Umstand den Widerstandsgeist des Kulakentums gegen die Politik der Sowjetregierung stärken. Und in der Tat begannen die Kulaken, mehr und mehr Widerstand zu leisten. Die Kulaken weigerten sich in Massen, dem Sowjetstaat die Getreideüberschüsse zu verkaufen, die sich bei ihnen in beträchtlichen Mengen angehäuft hatten. Sie begannen gegen Kollektivbauern, gegen Partei- und Sowjetarbeiter im Dorfe Terror auszuüben und Kollektivwirtschaften sowie staatliche Getreidespeicher in Brand zu stecken.
Die Partei wusste wohl: solange nicht der Widerstand des Kulakentums gebrochen, solange nicht das Kulakentum in offenem Kampfe vor den Augen der Bauernschaft geschlagen sein wird, werden die Arbeiterklasse und die Rote Armee Brotmangel leiden und wird die Kollektivierungsbewegung der Bauern keinen Massencharakter annehmen können.
Entsprechend den Direktiven des XV. Parteitags ging die Partei zur entschiedenen Offensive gegen das Kulakentum über. In ihrer Offensive verwirklichte die Partei die Losung: fest gestützt auf die arme Bauernschaft und das Bündnis mit den Mittelbauern stärkend, einen entschiedenen Kampf gegen das Kulakentum einzuleiten. Als Antwort auf die Weigerung des Kulakentums, dem Staat die Getreideüberschüsse zu festen Preisen zu verkaufen, führten die Partei und die Regierung eine Reihe außerordentlicher Maßnahmen gegen das Kulakentum durch, brachten den Artikel 107 des Strafgesetzbuchs zur Anwendung, wonach die Getreideüberschüsse der Kulaken und Spekulanten gerichtlich beschlagnahmt werden, falls sie sich weigern, diese Überschüsse dem Staat zu festen Preisen zu verkaufen, und gewährten der Dorfarmut eine Reihe von Vergünstigungen, durch welche der armen Bauernschaft 25 Prozent des beschlagnahmten Getreides der Kulaken übergeben wurden.
Die außerordentlichen Maßnahmen verfehlten nicht ihre Wirkung: die armen Bauern und die Mittelbauern schlossen sich dem entschiedenen Kampf gegen das Kulakentum an, das Kulakentum wurde isoliert, der Widerstand des Kulakentums und der Spekulanten wurde gebrochen. Ende 1928 standen dem Sowjetstaat bereits genügende Getreidevorräte zur Verfügung, und die Kollektivierungsbewegung ging festeren Schrittes voran.
In demselben Jahre wurde eine große Schädlingsorganisation bürgerlicher Spezialisten im Schachty-Rayon im Donezbecken aufgedeckt. Die Schachty-Schädlinge standen in enger Verbindung mit den ehemaligen Besitzern der Betriebe, russischen und ausländischen Kapitalisten, sowie mit der ausländischen Militärspionage. Sie setzten sich das Ziel, die Entwicklung der sozialistischen Industrie zu hintertreiben und die Wiederherstellung des Kapitalismus in der Sowjetunion zu erleichtern. Die Schädlinge führten den Abbau der Kohlenlager unrichtig durch, um die Kohlenförderung zu senken. Sie beschädigten die Maschinen, die Lüftungsanlagen, führten Einstürze, Explosionen und Brände in den Gruben, Fabriken und Kraftwerken herbei. Die Schädlinge hemmten bewusst die Verbesserung der materiellen Lage der Arbeiter und verletzten die Sowjetgesetze über den Arbeitsschutz.
Die Schädlinge wurden zur Verantwortung gezogen. Das Gericht ließ ihnen die verdiente Strafe zuteil werden.
Das Zentralkomitee der Partei forderte alle Parteiorganisationen auf, aus dem Schachty-Prozess die Lehren zu ziehen. Genosse Stalin wies darauf hin, dass die bolschewistischen Wirtschaftler selbst Kenner der Produktionstechnik werden müssen, damit sie in Zukunft von den Schädlingen aus den Kreisen der alten bürgerlichen Spezialisten nicht betrogen werden können, dass die Ausbildung neuer technischer Kader aus den Reihen der Arbeiterklasse beschleunigt werden müsse.
Auf Beschluss des Zentralkomitees wurde die Arbeit zur Ausbildung junger Spezialisten in höheren technischen Lehranstalten verbessert. Tausende von Parteimitgliedern, Komsomolzen und der Sache der Arbeiterklasse ergebenen Parteilosen wurden zum Studium herangezogen.
Vor dem Übergang der Partei zur Offensive gegen das Kulakentum, solange die Partei mit der Liquidierung des trotzkistisch-sinowjewistischen Blocks beschäftigt war, verhielt sich die Bucharin-Rykow-Gruppe mehr oder weniger ruhig, blieb sie in der Reserve der parteifeindlichen Kräfte, entschloss sie sich nicht, die Trotzkisten offen zu unterstützen, und trat sogar zuweilen zusammen mit der Partei gegen die Trotzkisten auf. Als jedoch die Partei zur Offensive gegen das Kulakentum überging und außerordentliche Maßnahmen gegen das Kulakentum anwendete, warf die Bucharin-Rykow-Gruppe die Maske ab und wandte sich offen gegen die Politik der Partei. Die Kulakenseele der Bucharin-Rykow-Gruppe bäumte sich auf, und die Anhänger dieser Gruppe gingen nunmehr zur offenen Verteidigung des Kulakentums über. Sie forderten die Aufhebung der außerordentlichen Maßnahmen, schreckten die Einfältigen, dass andernfalls eine „Degradation“ (Abwärtsbewegung, Niedergang, Zerfall) der Landwirtschaft einsetzen könne, und behaupteten, dass die Degradation bereits begonnen habe. Da sie das Wachstum der Kollektivwirtschaften und Sowjetwirtschaften, dieser höheren Formen der Landwirtschaft, nicht sahen, wohl aber den Niedergang der Kulakenwirtschaft, stellten sie die Degradation der Kulakenwirtschaft als Degradation der Landwirtschaft hin. Um sich eine theoretische Stütze zuzulegen, heckten sie die lächerliche „Theorie vom Erlöschen des Klassenkampfes“ aus und behaupteten auf Grund dieser Theorie, je mehr Erfolge der Sozialismus in seinem Kampfe gegen die kapitalistischen Elemente aufzuweisen haben werde, desto mehr werde sich der Klassenkampf mildern, der Klassenkampf werde bald vollständig erlöschen, und der Klassenfeind werde alle seine Positionen ohne Widerstand aufgeben, weshalb man keine Offensive gegen das Kulakentum zu unternehmen brauche. Dadurch stellten sie ihre fadenscheinige bürgerliche Theorie vom friedlichen Hineinwachsen des Kulakentums in den Sozialismus wieder her und traten den bekannten Leitsatz des Leninismus mit Füßen, dass der Widerstand des Klassenfeindes um so schärfere Formen annehmen wird, je mehr er den Boden unter den Füßen verliert, je mehr Erfolge der Sozialismus haben wird, und dass der Klassenkampf erst nach der Vernichtung des Klassenfeindes „erlöschen“ kann.
Es war nicht schwer zu verstehen, dass die Partei in der Bucharin-Rykow-Gruppe eine rechtsopportunistische Gruppe vor sich hatte, die sich vom trotzkistisch-sinowjewistischen Block nur der Form nach unterschied, nur dadurch, dass die Trotzkisten und Sinowjewleute gewisse Möglichkeiten hatten, ihre Kapitulantennatur durch linke, marktschreierisch-revolutionäre Phrasen über die „permanente Revolution“ zu maskieren, während die Bucharin-Rykow-Gruppe, die im Zusammenhang mit dem Übergang der Partei zur Offensive gegen das Kulakentum gegen die Partei Stellung nahm, nicht mehr die Möglichkeit hatte, ihr Kapitulantengesicht zu maskieren, und gezwungen war, die reaktionären Kräfte unseres Landes, vor allem das Kulakentum, offen, unverblümt, ohne Maske zu verteidigen.
Die Partei begriff, dass die Bucharin-Rykow-Gruppe früher oder später dazu kommen musste, den Überresten des trotzkistisch-sinowjewistischen Blocks zum gemeinsamen Kampf gegen die Partei die Hand zu reichen.
Gleichzeitig mit ihren politischen Vorstößen betrieb die Bucharin-Rykow-Gruppe eine organisatorische „Arbeit“ zur Sammlung ihrer Anhänger. Durch Bucharin zog sie die bürgerliche Jugend vom Schlage der Slepkow, Marezki, Eichenwald, Goldenberg und anderer heran, durch Tomski die bürokratisierten Spitzen der Gewerkschaften (Melnitschanski, Dogadow u. a.), durch Rykow die demoralisierten Spitzenfunktionäre des Sowjetapparats (A. Smirnow, Eismont, W. Schmidt u. a.). Der Gruppe schlossen sich bereitwillig Leute an. die politisch demoralisiert waren und ihre Kapitulantenstimmungen nicht verheimlichten.
Um diese Zeit fand die Bucharin-Rykow-Gruppe Unterstützung bei der damaligen Spitze der Moskauer Parteiorganisation (Uglanow, Kotow, Uchanow, Rjutin, Jagoda, Polonski u. a.). Dabei blieb ein Teil der Rechten auch weiterhin getarnt und trat nicht offen gegen die Parteilinie auf. In den Spalten der Moskauer Parteipresse und in Parteiversammlungen wurde darüber gepredigt, dass es notwendig sei, dem Kulakentum Zugeständnisse zu machen, dass die Belastung der Kulaken mit Steuern unzweckmäßig sei, dass die Industrialisierung für das Volk beschwerlich und der Aufbau der Schwerindustrie verfrüht sei. Uglanow wandte sich gegen den Bau der Dnjepr-Kraftwerke und forderte die Umleitung der Geldmittel aus der Schwerindustrie in die Leichtindustrie. Uglanow und andere rechte Kapitulanten versicherten, dass Moskau eine Stadt des Kattuns war und bleiben werde, und dass es nicht nötig sei, in Moskau Maschinenfabriken zu bauen.
Die Moskauer Parteiorganisation entlarvte Uglanow und seine Anhänger, erteilte ihnen eine letzte Warnung und schloss sich noch enger um das Zentralkomitee der Partei zusammen. Genosse Stalin wies auf dem Plenum des Moskauer Komitees der KPdSU(B) im Jahre 1928 auf die Notwendigkeit hin, den Kampf an zwei Fronten zu führen, aber das Feuer gegen die rechte Abweichung zu konzentrieren. Die Rechten, sagte Genosse Stalin, stellen eine Agentur der Kulaken in der Partei dar.
„Ein Sieg der rechten Abweichung in unserer Partei würde die Kräfte des Kapitalismus entfesseln, die revolutionären Positionen des Proletariats untergraben und die Chancen für die Wiederherstellung des Kapitalismus in unserem Lande erhöhen“, sagte Genosse Stalin. (Stalin. Fragen des Leninismus, S. 255.)
Anfang 1929 stellte sich heraus, dass Bucharin als Bevollmächtigter der Gruppe der rechten Kapitulanten durch Kamenew mit den Trotzkisten in Verbindung getreten war und mit ihnen ein Übereinkommen zum gemeinsamen Kampf gegen die Partei ausarbeitete. Das Zentralkomitee entlarvte diese verbrecherische Tätigkeit der rechten Kapitulanten und erklärte warnend, dass die Sache für Bucharin, Rykow, Tomski und die anderen ein klägliches Ende nehmen könne. Aber die rechten Kapitulanten gaben ihr Treiben nicht auf. Sie traten im Zentralkomitee mit einer neuen parteifeindlichen Plattform, mit einer Deklaration auf, die vom Zentralkomitee verurteilt wurde. Das Zentralkomitee warnte sie neuerlich, brachte ihnen das Schicksal des trotzkistisch-sinowjewistischen Blocks in Erinnerung. Trotzdem setzte die Gruppe Bucharin-Rykow ihre parteifeindliche Tätigkeit fort. Rykow, Tomski und Bucharin übermittelten dem Zentralkomitee eine Erklärung über ihre Demission und glaubten damit die Partei zu schrecken. Das Zentralkomitee verurteilte diese Sabotagepolitik der Demissionen. Schließlich erklärte das Novemberplenum des Zentralkomitees im Jahre 1929 die Propagierung der Anschauungen der rechten Opportunisten für unvereinbar mit dem Verbleiben in der Partei, verfügte den Ausschluss Bucharins als des Anführers und Leiters der rechten Kapitulanten aus dem Politbüro des Zentralkomitees und erteilte Rykow, Tomski und anderen Teilnehmern der rechten Opposition eine ernste Verwarnung.
Als die Anführer der rechten Kapitulanten sahen, dass die Sache für sie eine klägliche Wendung nahm, gaben sie Erklärungen ab, in denen sie ihre Fehler sowie die Richtigkeit der politischen Linie der Partei anerkannten.
Die rechten Kapitulanten beschlossen, sich zeitweilig zurückzuziehen, um ihre Kader vor der Zerschlagung zu bewahren.
Damit endete die erste Etappe des Kampfes der Partei gegen die rechten Kapitulanten.
Die neuen Meinungsverschiedenheiten in der Partei entgingen nicht der Aufmerksamkeit der äußeren Feinde der Sowjetunion. In der Annahme, dass die „neuen Zwistigkeiten“ in der Partei ein Zeichen der Schwächung der Partei seien, unternahmen sie einen neuen Versuch, die Sowjetunion in einen Krieg hineinzuziehen und die noch nicht gefestigte Industrialisierung des Landes zum Scheitern zu bringen. Im Sommer 1929 organisierten die Imperialisten einen Konflikt Chinas mit der Sowjetunion, die Besetzung der Ostchinabahn (die der Sowjetunion gehörte) durch chinesische Militaristen und einen überfall chinesischer weißer Truppen auf die fernöstlichen Grenzen unserer Heimat. Aber dem Einfall der chinesischen Militaristen wurde in kurzer Zeit ein Ende bereitet; die von der Roten Armee geschlagenen Militaristen zogen sich zurück, und der Konflikt endete mit einem friedlichen Abkommen mit den mandschurischen Behörden.
Die Friedenspolitik der Sowjetunion blieb abermals siegreich trotz allem, trotz der Ränke der äußeren Feinde und der „Zwistigkeiten“ innerhalb der Partei.
Bald darauf wurden die seinerzeit von den englischen Konservativen abgebrochenen diplomatischen und Handelsbeziehungen der Sowjetunion mit England wiederhergestellt.
Während die Partei die Attacken der äußeren und inneren Feinde erfolgreich zurückschlug, leistete sie gleichzeitig Großes in der Entfaltung des Aufbaus der Schwerindustrie, in der Organisierung des sozialistischen Wettbewerbs, im Aufbau von Sowjetwirtschaften und Kollektivwirtschaften und schließlich in der Schaffung der Vorbedingungen, die notwendig waren, um den ersten Fünfjahrplan der Volkswirtschaft anzunehmen und durchzuführen.
Im April 1929 trat die XVI. Parteikonferenz zusammen. Die Hauptfrage der Konferenz war der erste Fünfjahrplan. Die Konferenz lehnte die von den rechten Kapitulanten verteidigte „minimale“ Variante des Fünfjahrplans ab und nahm die „optimale“ Variante des Fünfjahrplans als unter allen Umständen verbindlich an.
Die Partei nahm damit den berühmten ersten Fünfjahrplan des Aufbaus des Sozialismus an.
Im Fünfjahrplan wurde der Umfang der Kapitalinvestitionen in der Volkswirtschaft in den Jahren 1928-1933 mit 64,6 Milliarden Rubel festgelegt. Davon sollten in der Industrie, die Elektrifizierung mit eingeschlossen, 19,5 Milliarden Rubel, im Verkehrswesen 10 Milliarden Rubel, in der Landwirtschaft 23,2 Milliarden Rubel investiert werden.
Das war ein grandioser Plan zur Ausrüstung der Industrie und der Landwirtschaft der Sowjetunion mit modernen technischen Mitteln.
„Die grundlegende Aufgabe des Fünfjahrplans“, sagte Genosse Stalin, „bestand darin, in unserem Lande eine Industrie zu schaffen, die imstande sein würde, nicht allein die ganze Industrie, sondern auch das Verkehrswesen und die Landwirtschaft auf der Grundlage des Sozialismus neu auszurüsten und zu reorganisieren.“ (Stalin, Fragen des Leninismus, S. 447.)
Dieser Plan war für die Bolschewiki trotz seiner gewaltigen Ausmaße nichts Überraschendes und Schwindelerregendes. Er war durch den gesamten Entwicklungsgang der Industrialisierung und Kollektivierung vorbereitet. Er war durch den Arbeitsaufschwung vorbereitet, der schon vorher die Arbeiter und Bauern erfasst und im sozialistischenWettbewerb seinen Ausdruck gefunden hatte.
Die XVI. Parteikonferenz beschloss einen Aufruf an alle Werktätigen zur Entfaltung des sozialistischen Wettbewerbs.
Der sozialistische Wettbewerb ergab bewunderungswürdige Vorbilder der Arbeitsleistung und des neuen Verhaltens zur Arbeit. Die Arbeiter und Kollektivbauern stellten in vielen Betrieben, in Kollektivwirtschaften und Sowjetwirtschaften höhere Gegenpläne auf. Sie lieferten Beispiele heroischer Arbeit. Sie erfüllten nicht nur die von der Partei und der Regierung festgelegten Pläne des sozialistischen Aufbaus, sondern überboten sie auch. Die Einstellung der Menschen zur Arbeit änderte sich. Die Arbeit verwandelte sich aus Zwang und Fron, die sie unter dem Kapitalismus war, „in eine Sache der Ehre und Würde, des Ruhmes und Heldentums“. (Stalin.)
Im ganzen Lande vollzog sich ein neuer gigantischer Aufbau der Industrie. Der Bau der Dnjepr-Wasserkraftwerke war in voller Entfaltung. Im Donezbecken begann der Bau der Werke von Kramatorsk und Gorlowka, der Umbau der Lugansker Lokomotivfabrik. Es entstanden neue Gruben und Hochöfen. Im Ural wurden die Uraler Maschinenbauwerke, in Beresniki und Solikamsk chemische Kombinate gebaut. Der Bau der Magnitogorsker Hüttenwerke wurde begonnen. Der Bau großer Automobilwerke in Moskau und in Gorki kam zu voller Entfaltung. Gigantische Traktorenwerke, Combinewerke, die Riesenwerke für den Bau landwirtschaftlicher Maschinen in Rostow am Don wurden gebaut. Die zweite Kohlenbasis der Sowjetunion, das Kusnezbecken, erweiterte sich immer mehr. Ein gewaltiges Traktorenwerk wuchs in elf Monaten in der Steppe, in Stalingrad, empor. Beim Bau der Dnjepr-Wasserkraftwerke und der Stalingrader Traktorenwerke schlugen die Arbeiter die Weltrekorde der Arbeitsproduktivität.
Die Geschichte hatte einen solchen Riesenumfang der industriellen Bautätigkeit, ein solches Pathos des Neuaufbaus, einen solchen Arbeitsheroismus der Millionenmassen der Arbeiterklasse noch niemals gesehen.
Ein wahrer Arbeitsschwung erfasste die Arbeiterklasse auf der Grundlage des sozialistischen Wettbewerbs.
Die Bauern blieben diesmal nicht hinter den Arbeitern zurück. Auch im Dorfe erfasste der Arbeitsschwung die Bauernmassen, die ihre Kollektivwirtschaften aufbauten. Die Bauernmassen wandten sich entschieden den Kollektivwirtschaften zu. Eine große Rolle spielten dabei die mit Traktoren und anderen Maschinen ausgerüsteten Sowjetwirtschaften und die Maschinen- und Traktorenstationen. Die Bauern kamen in Massen in die Sowjetwirtschaften, in die Maschinen- und Traktorenstationen, beobachteten die Arbeit der Traktoren, der landwirtschaftlichen Maschinen, bekundeten ihre Begeisterung und fassten sogleich den Beschluss, „in die Kollektivwirtschaft zu gehen“. In einzelbäuerliche Klein- und Zwergwirtschaften zersplittert, ohne auch nur einigermaßen taugliche Arbeitsinstrumente und ohne Zugkraft, ohne die Möglichkeit, große Neulandflächen zu bestellen, ohne die Aussicht, ihre Wirtschaft zu verbessern, durch die Not abgestumpft und vereinsamt, sich selbst überlassen, fanden die Bauern endlich einen Ausweg, den Weg zu einem besseren Leben; sie fanden ihn in der Vereinigung der Kleinwirtschaften zu Kollektiven, zu Kollektivwirtschaften; sie fanden ihn in den Traktoren, die jeden „harten Boden“, jedes Neuland pflügen können; sie fanden ihn in der Hilfe des Staates durch Maschinen, Geldmittel, Leute, Ratschläge; sie fanden ihn in der Möglichkeit, sich vom Joche der Kulaken zu befreien, die von der Sowjetregierung zur Freude der Millionenmassen der Bauernschaft erst vor kurzem aufs Haupt geschlagen und zu Boden geworfen worden waren.
Auf dieser Grundlage begann und entfaltete sich sodann die Massenbewegung zur Kollektivwirtschaft, die sich besonders Ende 1929 verstärkte und ein so ungeahntes Wachstumstempo der Kollektivwirtschaften zeitigte, wie es selbst unsere sozialistische Industrie noch nicht kannte.
Im Jahre 1928 betrug die Saatfläche der Kollektivwirtschaften 1390000 Hektar, im Jahre 1929 4262000 Hektar, im Jahre 1930 aber konnten die Kollektivwirtschaften bereits den Plan aufstellen, 15 Millionen Hektar unter den Pflug zu nehmen.
„Man muss anerkennen“, sagte Genosse Stalin in seinem Aufsatz „Das Jahr des großen Umschwungs“ (1929) über das Tempo des Wachstums der Kollektivwirtschaften, „dass ein so stürmisches Entwicklungstempo selbst unsere sozialisierte Großindustrie nicht kennt, deren Entwicklungstempo sich im allgemeinen durch besonders große Schwungkraft auszeichnet.“
Das war der Umschwung in der Entwicklung der Kollektivwirtschaftsbewegung.
Das war der Beginn der Massenbewegung für die Kollektivwirtschaften.
„Worin besteht das Neue in der jetzigen Kollektivwirtschaftsbewegung?“, fragte Genosse Stalin in seinem Aufsatz „Das Jahr des großen Umschwungs“. Und er antwortete:
„Das Neue und Entscheidende in der jetzigen Kollektivwirtschaftsbewegung besteht darin, dass die Bauern nicht wie früher in einzelnen Gruppen, sondern dass ganze Dörfer, Landbezirke und Rayons, ja sogar Kreise in die Kollektivwirtschaften eintreten. Was aber bedeutet das? Das bedeutet, dass der Mittelbauer in die Kollektivwirtschaften gegangen ist. Das ist die Grundlage jenes radikalen Umschwungs in der Entwicklung der Landwirtschaft, der die wichtigste Errungenschaft der Sowjetmacht darstellt.“
Das bedeutete, dass die Aufgabe der Liquidierung des Kulakentums als Klasse auf der Grundlage der durchgängigen Kollektivierung heranreifte oder bereits herangereift war.
GESCHICHTE DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI DER SOWJETUNION (BOLSCHEWIKI)
KAPITEL X
Die Partei der Bolschewiki im Kampfe für die sozialistische Industrialisierung des Landes
(1926-1929)
Kurze Zusammenfassung
Im Kampfe für die sozialistische Industrialisierung des Landes überwand die Partei in den Jahren 1926-1929 ungeheure innere und internationale Schwierigkeiten. Die Anstrengungen der Partei und der Arbeiterklasse führten zum Siege der Politik der sozialistischen Industrialisierung des Landes.
Eine der schwierigsten Aufgaben der Industrialisierung, die Aufgabe der Akkumulierung von Mitteln für den Aufbau der Schwerindustrie, wurde im Wesentlichen gelöst. Es wurde das Fundament einer Schwerindustrie gelegt, die imstande ist, die gesamte Volkswirtschaft neu auszurüsten.
Der erste Fünfjahrplan des sozialistischen Aufbaus wurde angenommen. Gewaltig entfaltete sich der Aufbau von neuen Werken, von Sowjetwirtschaften und Kollektivwirtschaften.
Dieser Vormarsch auf dem Wege zum Sozialismus war von einer Verschärfung des Klassenkampfes innerhalb des Landes und von einer Verschärfung des innerparteilichen Kampfes begleitet. Die wichtigsten Ergebnisse dieses Kampfes waren: die Unterdrückung des Widerstands des Kulakentums, die Entlarvung des trotzkistisch-sinowjewistischen Kapitulantenblocks als eines antisowjetischen Blocks, die Entlarvung der rechten Kapitulanten als einer Kulakenagentur, die Verjagung der Trotzkisten aus der Partei, die Kennzeichnung der Anschauungen der Trotzkisten und rechten Opportunisten als unvereinbar mit der Zugehörigkeit zur KPdSU(B).
Die Trotzkisten, die von der bolschewistischen Partei ideologisch geschlagen waren und jeden Boden in der Arbeiterklasse verloren hatten, hörten auf, eine politische Strömung zu sein, und verwandelten sich in eine prinzipienlose Karrieristenclique politischer Gauner, in eine Bande politischer Doppelzüngler.
Nachdem die Partei das Fundament der Schwerindustrie gelegt hatte, mobilisierte sie die Arbeiterklasse und die Bauernschaft zur Erfüllung des ersten Fünfjahrplans der sozialistischen Umgestaltung der Sowjetunion. Im Lande entfaltete sich der sozialistische Wettbewerb von Millionen Werktätigen, entstand ein mächtiger Arbeitsaufschwung, bildete sich eine neue Arbeitsdisziplin heraus.
Diese Periode schließt mit dem Jahr des großen Umschwungs, das gewaltige Erfolge des Sozialismus in der Industrie, die ersten ernsthaften Erfolge in der Landwirtschaft, die Wendung des Mittelbauern zu den Kollektivwirtschaften, den Beginn der kollektivwirtschaftlichen Massenbewegung bedeutete.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen