Freitag, 15. Juni 2012
Gipfel der Völker in Rio: Scharfe Kritik an "grünem Wachstumsplan"
15.06.12 - Heute beginnt in Rio de Janeiro (Brasilien) der "People's summit" (Gipfeltreffen der Völker). Dieses internationale Massentreffen setzt sich für die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen durch einen weltweiten Widerstand gegen den "Prozess der Kommerzialisierung der Natur" durch die "heutige Produktions- und Konsumweise" ein. Mehrere zehntausend Menschen aus aller Welt werden als Teilnehmer erwartet - Vertreter von Umweltbewegungen, aber auch anderer Protest- und Widerstandsbewegungen wie z.B. Aktivisten der demokratischen Aufstandsbewegung in Nordafrika. Aus Deutschland sind unter anderem Mitglieder der "Bürgerbewegung für Kryo-Recycling" (Wiedergewinnung von Rohstoffen durch Tiefgefrieren und Zermahlen von Kunststoffen), Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz" und Initiatoren für die Schaffung einer kämpferischen Umweltgewerkschaft vertreten. Über 1.200 Veranstaltungen sind von den Organisationen aus aller Welt geplant. Angestrebt wird eine gemeinsame Abschlusserklärung.
Der "People's summit" ist zugleich Gegengipfel gegen eine "Rio+20" genannten UN-Konferenz "für nachhaltige Entwicklung und Armutsbekämpfung ", an der vom 20. bis 22. Juni ebenfalls in Rio de Janeiro rund 120 Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter von so genannten "Nichtregierungsorganisationen" und Großkonzernen teilnehmen werden. Für diese Konferenz wurde unter Federführung der Unternehmensberatung Mc Kinsey ein "Grüner Wachstumsplan" ("Green Growth Development Action Plan") vorgelegt. Im Zentrum stehen "Investitionen in Naturkapital". Gemeint ist, dass künftig der "freie Handel" mit fruchtbaren Böden, Landschaften oder Trinkwasser erleichtert werden soll. Privatisiert werden sollen auch die Wälder unter dem Vorwand der besseren Nutzung zur Naherholung, um den Tourismus als Dienstleistungbranche profitabler zu machen. Das solle wiederum der Armutsbekämpfung dienen. Tourismus ist ein riesiges Geschäft geworden und die führenden Monopole der Branche wollen die Zahl der Touristen weltweit von rund 668 Mio im Jahr 2000 bis 2020 auf 1.561 Mio Touristen erweitern. Auf dieser Basis werden Megaanlagen geplant und gebaut und die natürliche Lebensräume deformiert. Wasser, Luft und Boden werden zu Spekulationsobjekten und die Menschen in diesen Regionen müssen sich unter oft unwürdigen Bedingungen als Billiglohnarbeiter mit Hilfsjobs wie Zimmermädchen, Kellner verdingen. Schon heute sind weltweit 212 Millionen Menschen in der Tourismusbranche tätig, meist nur als Teilzeitbeschäftigte saisonal eingesetzt. Dem Tourismus folgen in diesen Regionen wachsende Kriminalität und Prostitution. Natürlich ist nichts gegen den Tourismus zu sagen und der Wunsch der Menschen nach Erholung in der Natur berechtigt. Das Konzept von "Rio+20" folgt aber der Leitlinie des ökologischen Imperialismus von der Einheit von Ökologie und Ökonomie. In Wahrheit werden Maßnahmen des Umweltschutzes den Profitinteressen der internationalen Großkonzerne untergeordnet. Unter ökologischer Tarnung sollen sie so weiterhin ihre Maximalprofite scheffeln können.
Der Aufruf des "People's summit" erklärt dazu: „Das Wirtschaftsmodell wird grün verkleidet, um nun alle vitalen Zyklen der Natur dem Markt .... unterzuordnen. ...Die heutige Produktions- und Konsumweise … verschlimmert die Erderwärmung, die Klimakrise, den Hunger auf der Welt sowie den Verlust an biologischer und kultureller Vielfalt“. Gefordert wird dagegen u.a. der "nachhaltige Schutz von Umwelt und Natur". Das ist allerdings im Rahmen des Kapitalismus nicht zu verwirklichen. Erst eine umfassende Kreislaufwirtschaft, die die Gesamtprozesse von Produktion, Recycling und natürlichen Stoffkreisläufen dialektisch plant und umsetzt, kann einen nachhaltigen Schutz von Umwelt und Natur gewährleisten. Das setzt aber eine sozialistische Gesellschaftsordnung voraus, in der nicht mehr der Profit, sondern die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen in Einklang mit der Natur die Produktionsweise bestimmt. Vor den Umweltbewegungen der einzelnen Länder steht daher heute die Aufgabe, ihren Widerstand international zu koordinieren und eine weltweite Widerstandsfront zur Rettung der Umwelt vor der Profiwirtschaft zu schaffen. Ein wichtiger Schritt dazu kann die Schaffung von Umweltgewerkschaften sein, die sich gegen die Hauptverursacher der drohenden Umweltkatastrophe richten und die die arbeitenden Bevölkerung zum Kampf um ihre Lebens- und Zukunftsinteressen mobilisieren.
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