Mittwoch, 20. Juni 2012

LÖSUNGEN AUSSERHALB DER MACHT DES VOLKES DIENEN DEM KAPITAL

Genosse Elisseos Vagenas im Interview mit der türkischen Zeitung „Evrensel“ von Genosse Elisseos Vagenas, Mitglied des ZK und zuständig für die Abt. Internationale Verbindungen im ZK der KKE übersetzt von Jens-Torsten Bohlke Athen, 12. Juni 2012, KKE-Website. (auf Kommunisten-online am 19. Juni 2012) – Hier der Wortlaut des Interviews: Frage: Das Ergebnis der Wahlen zeigt, daß das Zweiparteiensystem sein Ende gefunden hat. Welche Entwicklungen führten dazu? Und was zeigt uns das politische Kräfteverhältnis heute? Genosse Elisseos Vargas: Das Ergebnis zeigt, daß sie bestrebt sind sich anzustrengen, um dem Zweiparteiensystem ein schöneres Antlitz zu verpassen. Sie tischten den Arbeitern die alten erpresserischen Schreckgespenster in einer neuen „Verpackung“ auf. Die bürgerliche Klasse versucht zur Erhaltung ihrer Macht die verschlissensten Parteien und Politiker loszuwerden oder nebenrangig werden zu lassen. Sie bereitet derzeit angesichts des von den bürgerlichen Parteien, der sozialdemokratischen PASOK und der konservativen ND, erlittenen grundlegenden politischen Schadens eine Umstruktierung der politischen Szene vor. Es gibt den Versuch, ein Mitte-Rechts-Lager um ND und ein Mitte-Links-Lager um die sozialdemokratische SYRIZA zu errichten. Der Versuch, die Stärke der KKE bei den Wahlen zu schwächen, ist Teil dieses Plans. Frage: Wofür tritt die KKE bei diesen Wahlen ein? Woraus besteht ihr Vorschlag? Was war ihre Generallinie? Und was sagt sie heute? Genosse Elisseos Vagenas: Auf umfassende Weise legte die KKE bei den Wahlen vom 6. Mai ihren Vorschlag vor. Darin hebt sie die Notwendigkeit der Macht und der Wirtschaft in den Händen der Arbeiterklasse und des Volkes hervor, zusammen mit dem Austritt aus der EU und mit der einseitigen Schuldenstreichung, mit der Vergesellschaftung der konzentrierten Produktionsmittel, mit dem Aufbau von Produktionsgenossenschaften in Volkes Hand, mit einer landesweiten Planwirtschaft für die vollständige Nutzung des Produktionspotentials des Landes, mit der Kontrolle in den Händen der Arbeiterklasse und des Volkes, welche von unten nach oben wirksam werden wird. Frage: Die Parteien an der Macht verloren viele Stimmen. Die Empörung wurde von Parteien zum Ausdruck gebracht, die keinen frontal gegen die Troika, die EU und den IWF gerichteten Standpunkt eingenommen haben. Demgegenüber ist die KKE tagtäglich inmitten des Kampfes an der Seite der Arbeiter, der Arbeitslosen, der Selbständigen, der Bauern usw. Warum erzielte die KKE kein dementsprechendes Ergebnis? Genosse Elisseos Vagenas: Die KKE hatte einen leichten Zuwachs bei diesen Wahlen. Im einzelnen erreichte sie 536,072 Stimmen oder 8,5%. Das ist ein Plus von 18,823 Stimmen oder 1%. Auf die KKE entfielen 26 Parlamentssitze von 300 Parlamentssitzen, ein Zuwachs von 5 Parlamentssitzen. In den Wohnsiedlungen der Arbeiterklasse erreichte die KKE fast das Doppelte ihres Durchschnittsergebnisses an Prozenten. In einem der 6 Wahlkreise, Samos-Ikaria, kam die KKE faktisch mit 26,7% auf den ersten Platz. Anzumerken ist, daß mit 8,5% die KKE ihre höchste Prozentzahl bei den Parlamentswahlen in den letzten 27 Jahren seit 1985 erreicht hat. Die KKE hat keine parlamentarischen Illusionen in dem Sinn darauf zu hoffen, durch einen allmählichen Stimmenzuwachs eines Tages eine Parlamentsmehrheit zu haben und eine „kommunistische“ Regierung zu bilden. Wir kämpfen gegenwärtig für den Sozialismus-Kommunismus. Und könnte dies durch bürgerliche Wahlen geschehen, hätte die bürgerliche Klasse Wahlen längst abgeschafft. Aus dieser Haltung heraus ist es falsch, die Wahlergebnisse der KKE mit denen eines sozialdemokratischen Gebildes wie SYRIZA zu vergleichen. Wir sollten daran erinnern, daß vor zweieinhalb Jahren PASOK, die andere sozialdemokratische Partei, 44% erzielte, während sie jetzt gerade auf 13% kam. Dieser Stimmenverlust kam deren engsten ideologischen Verwandten, der politisch ständig hochgespielten SYRIZA, zugute. Frage: Die KKE argumentiert, daß ohne die Macht in den Händen des Volkes und ohne die Vergesellschaftung der Produktionmittel keine Regierung im Interesse der Arbeiter gebildet werden kann. Was schlägt die KKE vor, wenn die Bedingungen heutzutage in dieser Richtung, beispielsweise der Macht in den Händen des Volkes, nicht vorhanden sind? Welche Tagesforderungen stellt die KKE in der heutigen Situation? Genosse Elisseos Vagenas: Solange unser Land an die imperialistischen Bündnisse NATO und EU gebunden ist, und solange die Macht den Kapitalisten gehört, kann es keine Regierung im Interesse des Volkes geben. Die Position der KKE steht für die Organisation des Kampfes der Arbeiter, der armen Bauern, der unteren Mittelschichten gegen die gegen das Volk gerichteten Maßnahmen, die von der Regierung ergriffen werden, ganz gleich ob diese Regierung Mitte-Rechts oder Mitte-Links ist. Wir meinen, daß durch diesen Kampf Kräfte aus der bürgerlichen Ideologie herausgelöst werden und ein gesellschaftliches Bündnis gebildet werden wird, welches die Machtfrage auf die Tagesordnung setzt. Frage: Was ist das Mindestprogramm der KKE, welches auf die Forderungen und die Kämpfe der Arbeiter antwortet? Genosse Elisseos Vagenas: Die KKE beharrt und orientiert feststehend auf die Notwendigkeit und die Zeitgemäßheit des Sozialismus. Sie ist der Ansicht, daß die materiellen Voraussetzungen für die Schaffung der sozialistisch-kommunistischen Gesellschaft vorhanden sind. Obendrein nach Studium der historischen Erfahrung der griechischen Kommunisten und der kommunistischen Weltbewegung ist die KKE zu der Schlußfolgerung gelangt, daß die Auffassungen hinsichtlich einer zwischen dem Kapitalismus und dem Sozialismus liegenden „Zwischenetappe“ falsch waren. Nach unserer Meinung hat jene Einschätzung sich nirgendwo bewahrheitet. Die Macht wird entweder eine bürgerliche Macht oder eine Macht in den Händen der Arbeiterklasse und des Volkes sein. Es kann keine Macht mit einem dazwischen liegenden Wesen geben. Auf dieser Grundlage kämpft die KKE heute nicht für für eine Zwischenstufe und hat sie kein Mindestprogramm. Natürlich heißt dies nicht, daß unsere Partei nur eine Strategie und keine Taktiken hat. Die Taktiken der KKE arbeiten an der Notwendigkeit, das arbeitende Volk für die Kampfziele zu mobilisieren, was sowohl die Verteidigung der Rechte der Arbeiter und des Volkes und die demokratischen Rechte als auch die Befriedigung der gegenwärtigen Bedürfnisse des Volkes betrifft. Wir haben gut ausgearbeitete Positionen und Kampfziele für alle Probleme des Volkes. Aber wir erklären offen, daß unter den Bedingungen des Kapitalismus alle vom arbeitenden Volk erreichbaren Errungenschaften ohne das Erkämpfen der Macht in den Händen der Arbeiterklasse und des Volkes zeitweilige Errungenschaften bleiben. Frage: Wir wird die Unzufriedenheit und die Empörung des Volkes von der Partei organisiert? Genosse Elisseos Vagenas: Die Kommunisten stehen an der Spitze des Kampfes bei jedem Problem, mit welchem das Volk konfrontiert wird. Wir sind bestrebt, die Arbeiter und die armen Volksschichten durch die Gewerkschaften, durch PAME als klassenkämpferisches Lager innerhalb der Gewerkschaften sowie durch andere Organisationsformen wie den Volkskomitees in den Wohngebieten, für den Weg des Kampfes zu mobilisieren. Frage: Welche Dilemmata präsentieren sie dem Volk? Was sagt die Partei dazu? Genosse Elisseos Vagenas: Die bürgerliche Klasse und ihre Parteien präsentieren falsche Schreckgespenster vor den Wahlen, um die Kräfte des Volkes in Fallstricke zu locken und sie von der KKE fernzuhalten. Aber wir können dies hier jetzt nicht in analytischer Form erklären, weil wir dafür keinen Platz haben. Wir können nur kurz das Dilemma „Euro oder Drachme“ als eines von diesen Dilemmata ansprechen. Wir halten dies für ein falsches Dilemma. Um anzusetzen bei der Frage, ob Griechenland im Euro verbleibt oder nicht, so hängt dies von der Entwicklung der kapitalistischen Krise im Lande und in Europa ab. Hinzu kommt, die Frage der Währung allein ohne die Überwindung der Macht der bürgerlichen Klasse, ohne die Vergesellschaftung der grundlegenden Produktionsmittel, ohne die zentrale Planwirtschaft und die Arbeiterkontrolle kann kein besseres Leben für die Arbeiter gewährleistet werden. Frage: Was ist der politische Kurs der Partei hinsichtlich von Bündnissen? Genosse Elisseos Vagenas: Die KKE hat eine Bündnispolitik, die eine gesellschaftliche Basis hat. Sie hält an einem Bündnis zwischen der Arbeiterklasse, den Schichten des arbeitenden Volkes in der Stadt und auf dem Lande fest, welches in Auseinandersetzung mit den Monopolen und mit dem Imperialismus kommen wird. Dieses Bündnis wird heutzutage durch entsprechende Kundgebungen des Volkes mit der Perspektive gebildet, die Macht der Monopole in Frage zu stellen. Frage: Warum hat die KKE die Einladung von SYRIZA zu einer Linksregierung abgelehnt? Was ist der Klassencharakter von SYNAPISMOS, welche Klassen vertritt SYNAPISMOS? Genosse Elisseos Vagenas: Wir meinen, daß eine „Linksregierung“ unfähig ist, die Probleme des Volkes zu lösen. Im Gegenteil, sie würde sie verschlimmern. Natürlich kann dies nicht von allen im arbeitenden Volk und in den anderen Schichten wie denen der von der kapitalistischen Krise ihrer Existenz beraubten Kleinhändler verstanden werden. SYRIZA ist von einem Teil der Bourgeoisie auserkoren worden, welcher SYRIZA als Basiskraft in einer Regierung sieht, die die „Drecksarbeit“ der kapitalistischen Krise erledigen wird, die einen möglichen Bankrott leiten wird. Frage: Was sagen Sie für nach dem 17. Juni voraus? Genosse Elisseos Vagenas: Unter den Bedingungen der kapitalistischen Krise, im Rahmen der kapitalistischen Gesellschaftsordnung und mit dem Land in der Falle der EU und der NATO wird jede Regierung gegen das Volk sich richtende Maßnahmen ergreifen. Die KKE ist die Partei für alle Zeiten. Und dies hat sie in ihrer 93jährigen Geschichte bewiesen. Bei all dem ist es wichtig, die Pläne für die Schwächung der KKE bei den Juni-Wahlen zu durchkreuzen, damit die KKE eine führende Rolle bei dem mit so viel Kraft wie nur irgend möglich zu führenden Gegenangriff der Arbeiterklasse und des Volkes spielen kann. Quelle: http://inter.kke.gr/

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