Sonntag, 14. Mai 2017

Trump tritt die Flucht nach vorn an


13.05.17 - Völlig überraschend hat US-Präsident Donald Trump am Dienstag den Chef der amerikanischen Bundespolizei FBI, James Comey, gefeuert. Comey erfuhr davon aus dem Fernsehen. Das gab es in der amerikanischen Geschichte bisher noch nicht. Im Weißen Haus brach das Chaos aus: Pressesprecher Spicer konnte der Presse keine Erklärung geben, das Justizministerium, auf dessen Vorwürfe hin die Entlassung erfolgte, wollte den Vorgang nicht kommentieren. Einige führende Rebublikaner tauchten vollständig ab, andere äußerten ihr Unverständnis. Trump beleidigte unterdessen über Internet-Tweets demokratische Senatoren, die den Rauswurf Comeys kritisierten, als "heulende Babys".  Das "Intrigantenstadl" rotiert.
Trump will mit der Entlassung Comeys ganz offensichtlich weitere Ermittlungen des FBI unter seiner Leitung über eine russische Beeinflussung der Präsidenten-Wahl 2016 verhindern. Denn zunehmend gerieten mögliche Absprachen zwischen Trump-Mitarbeitern sowie seinen Familienmitgliedern und der russischen Regierung ins Fadenkreuz der Ermittlungen. Zudem hatte Comey sich geweigert, eine Aussage dazu vor dem Kongress vorab mit Trump zu besprechen. Stattdessen hatte er das Justizministerium um mehr Personal für die Ermittlungen gebeten.
Das Weiße Haus begründete die Entlassung vor allem mit Comeys Verhalten in der E-Mail-Affäre Hillary Clintons. Davon hatte der Wahlkämpfer Trump 2016 allerdings sehr profitiert. Jetzt soll nach einem Memorandum aus dem Justizministerium ausgerechnet Comeys Umgang mit der E-Mail-Affäre der Auslöser für die Entlassung sein. Pikant ist, dass der Justizminister Jeff Sessions selbst Verbindungen zu Russland hatte, die er zunächst leugnete, dann aber zugeben musste. Zuvor schon musste der Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn zurücktreten, weil er die Unwahrheit über Kontakte zum russischen Botschafter gesagt hatte. Die Behörde FBI gibt sich jetzt als Opfer. Eine fortschrittliche Organisation wird aus ihr deswegen noch lange nicht.
Mit der Entlassung Comeys tritt Trump in zweierlei Hinsicht eine Flucht nach vorn an. Zum einen will er verhindern, dass mit dem Ermittlungsverfahren ein wesentlicher Teil seiner aggressiven imperialistischen Politik untergraben wird. Insbesondere im Kampf mit China um die Vorherrschaft im pazifischen Raum verfolgt Trump gegenüber Russland die Taktik einer Annäherung, um die "Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit" unter Führung der Atomwaffenmächte China und Russland zu unterminieren. Sie wurde 2002 ausdrücklich vor allem als Militärbündnis gegen die NATO und deren Einfluss besonders in Zentralasien aufgebaut. Denn die Trump-Regierung bereitet sich auf einen militärischen Konflikt mit China vor. "The Coming China Wars" (Der Krieg mit China kommt) heißt eines der Bücher von Peter Navarro, der von Trump zum Chef- des Industrie- und Handelssekretariats im Wirtschaftsministerium ernannt wurde.
In ihrer Analyse "Eine neue Qualität der allgemeinen Krisenhaftigkeit ..." schreibt Gabi Gärtner: "Weltanschaulich sind sich die verschiedenen ultrareaktionären Regierungen – bei aller unterschiedlichen Ausprägung – relativ einig mit verschiedenen Rechtfertigungstheorien. So verbreitet der Spiegel 6/2017 die Theorie der 'illiberalen Demokratie:' 'In vielen Teilen der Welt erlebt die sogenannte 'illiberale Demokratie' ein Comeback, die autoritäre Demokratie, in der ein Regent zwar mehr oder weniger frei gewählt wird, in der aber die Grundrechte der Bürger eingeschränkt sind und der Machtwechsel erschwert wird."
Die Entlassung Comeys ist auch eine Flucht nach vorn angesichts immer grundlegenderer Ablehnung seiner Politik bei zunehmend mehr Menschen in den USA. Am 100. Tag seiner Amtszeit protestierten in über 300 Städten Hunderttausende gegen seine Regierung: Gegen ihre umweltzerstörerische Energiepolitik, gegen die reaktionäre Einwanderungspolitik, gegen die frauenfeindliche Politik, gegen die Verschlechterung der Lohn- und Arbeitsbedingungen.
Bei einem großen Indianerprotestzug demonstrierten Mitte April die US-Ureinwohner vor allem gegen eine geplante Ölpipeline durch ihre Wohngebiete. Wissenschaftler in mehr als 500 Städten demonstrierten am 22. April gegen Donald Trump gegen seine Misachtung  wissenschaftlicher Erkenntnisse. Auf Twitter gibt es eine Protest-Sturm von Tausenden, die vom Ende von "Obamacare" lebensbedrohlich betroffen sind.
Immer stärker nehmen auch öffentlich die Kritiken am Kapitalismus zu. Laut neuesten Umfragen denken mehr junge Amerikaner positiv über den Sozialismus als über den Kapitalismus. Sie merken, dass dieses System sie im Stich lässt. Sie sagen: Das Problem ist größer als Trump. Umso wichtiger, dass auch in den USA eine wirklich marxistisch-leninistische Partei geschaffen wird, die dem Protest und der Suche nach einem Ausweg eine klare Perspektive geben kann.

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