Sonntag, 14. Mai 2017

Trump schwer beschädigt


US-Präsident entlässt FBI-Chef

Von Knut Mellenthin
RTX29ODW.jpg
Dass Donald Trump gern Leute feuert und daraus einen Teil seines Selbstwertgefühls bezieht, ist allgemein bekannt. Aber bei der Entlassung von FBI-Chef James Comey am Dienstag offenbarte der 45. Präsident der USA eine Seite seines Wesens, die selbst seine Gegner bei ihm nicht vermutet hatten: Trump ist feige und im Grunde konfliktscheu.
Erstens: Dem Herrn über ein milliardenschweres Geschäftsimperium war das Format zuzutrauen, einer Führungsperson der nationalen Sicherheitsstrukturen die Kündigung im traditionellen »Gespräch von Mann zu Mann« persönlich mitzuteilen. Statt dessen ließ er das Entlassungsschreiben im FBI-Hauptquartier abgeben. Comey, der sich auf Dienstreise befand, erfuhr aus dem Fernsehen, dass er gefeuert worden war.
Zweitens: In dem Schreiben nannte Trump keine eigenen Gründe für seinen Schritt, sondern versteckte sich hinter zwei Personen, deren »Empfehlung« er »angenommen« habe. Beigefügt waren der Kündigung zwei Papiere: Ein Memorandum an Justizminister Jefferson »Jeff« Session, das dessen Stellvertreter Rod Rosenstein verfasst hatte. Und ein Brief Sessions an Trump, dass er sich den Darlegungen Rosensteins anschließe und daher Comeys Entlassung für angebracht halte. Als einziger Grund wird in dem Memorandum ein mehr als zehn Monate alter Vorfall angeführt: Der FBI-Chef hatte im Juli 2016 öffentlich angekündigt, dass er der damaligen Justizministerin Loretta Lynch empfehlen werde, in der »E-Mail-Affäre« keine Anklage gegen Hillary Clinton zu erheben.
jW-Probeabo
Drittens: Als Trump wegen Comeys Entlassung öffentlich massiv kritisiert wurde, womit er anscheinend nicht gerechnet hatte, beschimpfte er ihn als Angeber und Versager, der längst das Vertrauen der Mitarbeiter des FBI verloren habe und von dem überhaupt niemand etwas halte. Schlecht für den Präsidenten: Comeys bisheriger Stellvertreter Andrew McCabe, der jetzt die Bundespolizei geschäftsführend leitet, erklärte am Donnerstag vor dem Geheimdienstausschuss des Senats: »Ich habe höchste Achtung vor Direktor Comey und größten Respekt vor seinen Fähigkeiten und seiner Integrität.« Der von Trump Gefeuerte genieße »breite Unterstützung innerhalb des FBI«, und »die große Mehrheit der FBI-Mitarbeiter hatte eine tiefe positive Beziehung zu Direktor Comey«.
Der stellvertretende Justizminister Rosenstein reagierte mehrfachen Insiderberichten zufolge empört darauf, wie Trump sich hinter seinem offenbar bei Sessions bestellten Memorandum zu verstecken suchte. Er soll sogar seinen Rücktritt angedroht haben, falls das nicht berichtigt werde. Erst darauf verkündete der Präsident plötzlich, er habe seine eigenen Gründe gehabt, Comey zu feuern, und habe dafür keine Empfehlungen von außen benötigt. Das ändert jedoch nichts daran, dass Trump aus dieser Krise menschlich schwer beschädigt hervorgeht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen