Dienstag, 23. Mai 2017

Die Vergessenen: Kinderarmut in NRW

23.05.2017

Die Wahlen in Nordrhein-Westfalen brachten reichlich Zulauf für CDU und FDP, die SPD rutschte in einem ihrer Stammländer weit ab, die Linke schaffte die 5 % Hürde nicht, und die Rechtspopulisten der AfD bleiben mit etwas mehr als 7 % weit unter den Erwartungen.
Kinder haben keine StimmeOb Rot-Grün oder Schwarz-Gelb, eine Gruppe ist ebenso sozial ausgegrenzt wie machtlos: Arme Kinder können sich nicht an Wahlen beteiligen – ihr Leiden bleibt stumm.

NRW bei Kinderarmut vornNordrhein-Westfalen ist insgesamt nicht arm – verglichen zum Beispiel mit Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg. Mit mehr als 500.000 Kindern, die 2015 auf staatliche Mittel angewiesen waren, steht es unter den Bundesländern aber in Sachen Kinderarmut ganz weit vorn. Hannelore Kraft hatte vor fünf Jahren den Slogan ausgegeben: „Kein Kind zurücklassen.“ Dr. Frank Johannes Hensel von der Caritas Köln spricht ihr einen guten Willen nicht ab, sieht aber kaum tragfähige Konzepte der rot-grünen Regierung.

Viele Projekte, wenig ErfolgSo hätte die alte Regierung zwar in 18 Kommunen Koordinatoren eingestellt, um Gesundheit, Bildung und Kinder-Jugend-Hilfe zu vernetzen. Doch das Modell sei über die Projektphase nicht hinaus gegangen. Die großen Zahlen hätten sich nicht verbessert. Die neue Landesregierung könne sich daran messen lassen.

Projekte arbeiten zu langsamHensel sieht die Arbeit der alten Regierung kritisch, weil das Tempo der „Kinderpolitik“ zu langsam gewesen sei. Immerhin sei jedes abgehängte Kind ein tragisches Schicksal. Was besser gemacht werden könnte, sei ein Versäumnis, wenn es nicht getan würde.

Armut ist lebensgefährlichKinderarmut sei, laut Hensel, eine „Gefahr für Leib und Leben“. Arme seien häufiger krank, würden früher sterben und würden häufiger auffällig. Menschlich sei es tragisch und volkswirtschaftlich Unsinn, so viele Kinder abgehängt zu lassen.

Erwerbslosigkeit, Alleinerziehung und geringe QualifikationHauptursachen der Kinderarmut seien laut Hensel Erwerbslosigkeit, Alleinerziehung und geringe Qualifikation. Würden diese drei Ursachen nicht angegangen und zugleich ein Niedriglohnsektor grassieren, bleibe die Armut ein Problem. Hensel sagt: „Kinder sollten unabhängig von der Herkunft ihrer Eltern den sozialen Aufstieg durch Bildung schaffen können - dies ist eine Aussage der neuen Regierung.“

Bildung als AuswegBildung ist für ihn ein Schlüssel, um aus der Armut heraus zu kommen: „Man kann nur sagen: "Tut es in Bildung! Lasst euch in Bildung messen - an der Schulabbrecherquote, an der Klassengröße, an denen, die die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen oder an der schrecklichen Aussage, dass 80 Prozent der Analphabeten in Deutschland einen Schulabschluss haben.“

Kampf gegen Kinderarmut ist messbarSchwarz-Gelb würde die Forderungen der Caritas zwar bejahen, die Frage sei aber, ob die Prioritäten auch wirklich so gesetzt würden, dass Kinderarmut nachhaltig bekämpft wird. Er meint aber, dass es sehr, sehr viel zu gewinnen gäbe. Eine durchschlagende Politik lasse sich nämlich statistisch nachweisen und messen. (Dr. Utz Anhalt)

Bild: fotohansel-fotolia

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