Sonntag, 14. Mai 2017

Ritt auf der Rasierklinge



"Leiharbeiter, Beschäftigte von Sub-Unternehmen, Solo-Selbständige: 
Viele Menschen können nicht von dem leben, was sie erarbeiten. Sie 
sind auf staatliche Unterstützung angewiesen. Ein Gespräch mit dem 
Jenaer Soziologen Klaus Dörre über Beschäftigte zweiter und dritter 
Klasse und über die Gefahren für die Demokratie...." Hermann G. Abmayr 
im Gespräch mit Klaus Dörre bei Kontext: Wochenzeitschrift vom 10. Mai 
2017
https://www.kontextwochenzeitung.de/politik/319/ritt-auf-der-rasierklinge-4362.html

Darin besonders interessant: "...Wir sprechen heute von einer prekären 
Vollerwerbsgesellschaft. Auf der einen Seite haben wir eine Rekordzahl 
an Erwerbstätigen. Aber immer mehr Menschen werden über unsichere, 
heikle und schlecht bezahlte, kurz, über prekäre Arbeitsverhältnisse 
in den Arbeitsmarkt integriert. Die Arbeitslosigkeit wurde also vor 
allem durch die Ausdehnung prekärer Beschäftigung gesenkt. Der Beweis: 
Das Volumen an bezahlten Erwerbsarbeitsstunden ist gegenwärtig nicht 
größer sondern sogar geringer als 1991. Dies ist nur mit der hohen 
Zahl an unsicheren Beschäftigungsverhältnissen zu erklären. Viele der 
Betroffenen kommen mit ihrem Lohn kaum über die Runden..." Und Klaus 
Görre zur Frage "... Die Politik – bis hin zu Angela Merkel – hat 
versprochen, den Missbrauch bei Werkverträgen und Leiharbeit zu 
stoppen. Seit 1. April gilt nun ein neues Gesetz. Was bringt es? Ich 
kann nicht erkennen, dass das neue Gesetz etwas ändert. Ganz im 
Gegenteil, es scheint so zu sein, dass man jetzt für jede Art von 
Tätigkeit auch Leiharbeiter einsetzen kann. Man muss sie nur nach 
einer bestimmten Frist wieder austauschen. Das Gesetz fördert also die 
strategische Nutzung von Leiharbeit, statt die Möglichkeiten 
einzuschränken. Einige Gewerkschaften ziehen daraus den Schluss, bei 
der Dauer von Leiharbeitseinsätzen noch über das Gesetz hinauszugehen 
und vierjährige Einsatzzeiten zu ermöglichen. Die Betriebsräte sollen 
das verhandeln können. Das ist aber ein Ritt auf der Rasierklinge. 
Standortkonkurrenzen und Krisensituationen machen die Betriebsräte 
erpressbar. Davor kann ich nur warnen..."

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