Montag, 6. Januar 2020

Immer mehr rechte Übergriffe auf Journalisten

“… Angriffe von rechts auf Medienvertreter nehmen in Deutschland zu. Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm erklärte nach Übergriffen auf Medienvertreter in Chemnitz und Köthen Mitte September, es gebe ein »erschreckendes Ausmaß an Hass« gegenüber Journalisten, Fotografen und Kameraleuten. »Reporter ohne Grenzen« rechnet damit, dass die Zahl gewalttätiger Angriffe 2018 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gestiegen ist. Nach Angaben des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit gab es bis Mitte September in diesem Jahr bereits 22 tätliche Übergriffe auf Journalisten. Tobias Wolf, Reporter der »Sächsischen Zeitung«, berichtet über die fremdenfeindliche »Pegida«-Bewegung seit ihren Anfängen 2015. Im August war er auch in Chemnitz vor Ort. Wolf wird dort mit Flaschen beworfen, das kennt er. »Da stellt sich eine gewisse Gewöhnung ein«, sagt der 40-Jährige. Doch er erlebt in Chemnitz auch, wie ein Kollege von einem unscheinbar wirkenden Rentner angegriffen wird. »Das ist eine neue Qualität«, sagt Wolf. Er, der sich schon länger in seinem Alltag auf der Straße umschaut, um zu sehen, wer hinter ihm läuft, sagt inzwischen: »Heute müssen Sie als Journalist in Dresden, der über ‘Pegida’ berichtet, damit rechnen, von einer lieben Oma in der Straßenbahn angegriffen zu werden.« Die Folgen seiner Arbeit beeinflussen das Sicherheitsgefühl des gebürtigen Dresdners im privaten Alltag…“ Artikel von Ellen Nebel vom 01.10.2018 in neues Deutschland online externer Link, siehe dazu:
  • Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad: Designierter ARD-Vorsitzender fällt Mitarbeiter*innen in den Rücken – Die Folgen von Buhrows Handeln sind nicht nur kurzfristig 
    Mit seiner Reaktion auf einen von rechtsaußen dominierten Shitstorm, das Video von WDR 2 mit einer Satire-Version von „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ zu löschen, hat WDR-Intendant Tom Buhrow Fakten geschaffen. Die Löschung eines Inhalts ist immer nur das letzte Mittel. Üblicherweise findet eine Manöverkritik statt. Was lief gut? Was können wir beim nächsten Mal besser machen? So entwickeln sich Mitarbeiter*innen und die Inhalte werden immer professioneller. Wenn keine groben inhaltlichen Fehler gemacht werden, liegt normalerweise kein Grund vor, eine Produktion aus dem Netz/Programm zu nehmen. Buhrow hat mit der Löschung in die innere Rundfunkfreiheit eingegriffen und damit den beteiligten Kolleg*innen die Rückendeckung genommen. Mit seiner persönlichen Entschuldigung beim empörten Teil des Publikums in einer WDR2-Callin-Sendung kam dann noch ein zusätzliches „in den Rücken fallen“ obendrauf. Gleiches gilt für einen Kollegen, der auf Twitter ins Visier des (vorwiegend) rechten Shitstorms geriet. Über den Twitter-Account der Aktuellen Stunde wurde mehrfach in einer als Abgrenzung wirkenden Art und Weise darauf verwiesen, dass es sich um einen „freien Mitarbeiter“ handeln würde. Diese Entsolidarisierung blieb nicht ohne Konsequenzen: Der Mitarbeiter wird mittlerweile massiv von der rechten Szene bedroht, vor dem Haus seiner Eltern demonstrierte bereits ein Führungskader der Dortmunder Neonaziszene. Der künstlerische Leiter der Chorakademie Dortmund wurde als Kinderschänder beschimpft und seine Telefonnummer veröffentlicht. Der im Berliner Abgeordnetenhaus sitzende AfD-Politiker Harald Laatsch veröffentlichte unter dem Stichwort „Kindesmissbraucher“ die Namen und Fotos aller sieben Verantwortlichen des Kinderchors. Aber auch nach außen wurde erheblicher Schaden angerichtet. Hätte ein*e Intendant*in eines Theaters nach der Premiere eines von bestimmten Kreisen unter Beschuss genommenen Stückes ähnlich reagiert und es aus dem Spielplan gestrichen? Ähnlich wie am Theater ist es auch Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, eine gesellschaftliche Debatte anzustoßen und zu fördern. Anhand des umgedichteten Kinderlieds konnte anfangs auch noch über den Inhalt diskutiert werden, wenn auch durch den Shitstorm erschwert. Mit seiner Entscheidung zur Löschung des Videos hat der Intendant einen Schlussstrich gesetzt und somit der Gesellschaft die Möglichkeit genommen, sich anhand eines über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zugänglichen Videos eine eigene Meinung zu bilden. Und so wurde die Löschung des Videos zum Triumphzug vor allem für die, die sich auch sonst bei jeder Gelegenheit eine Welt ohne einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk wünschen. Ihre Siegesparty feierten diese Leute dann am Sonntagnachmittag auf dem Appellhofplatz. Die Folgen von Buhrows Handeln sind nicht nur kurzfristig. Welche Auswirkungen das auf die Zusammenarbeit der Mitarbeiter*innen? Sorgen gibt es: Bekomme ich Rückendeckung für meine Arbeit? Oder laufen wir jetzt bei jeder Gelegenheit Gefahr, die Rückendeckung von ganz oben zu verlieren? Die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sieht anders aus. Das hat massiven Einfluss auf die innere Presse-/Rundfunkfreiheit. Den Umfang können wir nur erahnen. Müssen alle Autor*innen und Redakteur*innen in Zukunft mit einer „Schere im Kopf“ arbeiten? Machen wir lieber ein einfaches Kolleg*innengespräch als aufwändige künstlerische und satirische Produktionen? Wir fordern solidarische Unterstützung der betroffenen Mitarbeiter*innen statt Entsolidarisierung…” Stellungnahme von und bei ver.di Senderverband WDR externer Link (ohne Datum) – siehe dazu auch:
    • Die rechten Hetzer gegen WDR-Satire mobilisierten am 4.1. trotz dem Kotau des Intendanten nur Wenige: Die meisten ihrer Parteigänger trugen Uniform New„… Über 2000 Demonstrant*innen waren heute bei den Protesten gegen mehrere Nazikundgebungen vor dem WDR und am Dom. Gleich vier verschiedene Kundgebungen und Aktionen hatten extrem rechte Gruppierungen anlässlich des WDR-Hühnerstall-Videos für Samstag in der Kölner Innenstadt angekündigt. Über 2000 Gegendemonstranteninnen sorgten dafür, dass diese zum Flop wurden, oder gar nicht stattfanden. Der Tag begann mit einem Infostand der AfD. Dieser war ursprünglich für den Wallrafplatz angemeldet, fand dann aber aufgrund von Gegenprotesten isoliert und umringt von Protestierenden vor dem Museum für Angewandte Kunst statt. Beim AfD-Stand war u.a. auch ein Rechter, der am Rande der letzten 1. Mai Demo in Köln antisemitische Parolen gerufen hatte und deswegen eine Anzeige von der Polizei bekommen hatte. Um 11.30h versammelten sich dann etwa 1000 Demonstranteninnen zu einer Kundgebung von Köln gegen Rechts auf der Domplatte. Entgegen den Ankündigungen der Polizei fand am Rande der Domplatte zeitgleich eine Nazimobilisierung statt. Diese versuchte Kundgebung von Nazis aus Köln und Mönchengladbach musste aufgrund der Gegenproteste, spätestens nachdem dem Anmelder das Mikro abgenommen wurde, nach kurzer Zeit abgebrochen werden. 2000 Demonstranteninnen auf Kundgebung von KgR vor dem WDR. Nach einer kurzen Demonstration von der Domplatte versammelten sich vor dem WDR 2000 Protestierende. Auch hier hielt die Polizei sich nicht an Absprachen von der Anmeldung und ließ die Gegendemonstration nicht auf den Appellhofplatz. Die Protestierenden mussten sich in der Kupfergasse zusammenquetschen. Eine parallel angekündigte Kundgebung des Rheinischen Antifaschistischen Bündnisses gegen Antisemitismus konnte deswegen nicht stattfinden. Auf der Kundgebung von KgR sprachen Vertreter des DJV und der WDR-VERDI-Betriebsgruppe, sowie mehrere freie Journalisteninnen des WDR. Sie kritisierten deutlich das Einknicken des WDR-Intendanten vor dem rechten Shitstorm. Zudem gab es weitere Redebeiträge u.a. von den Parents for Future, RABA und Köln gegen Rechts…“ – aus dem Demonstrationsbericht „2000 Demonstrant*innen gegen 60 Nazis in Kölner Innenstadt“ am 04. Januar 2020 bei Köln gegen Rechts externer Link, worin zur rechten Mobilisierung von uniformierten Unterstützern noch nichts gesagt wird. Siehe dazu auch:
      • „Rechtsextreme gegen WDR“ von Annett Selle am 04. Januar 2020 in der taz online externer Link widmet sich auch dem „Wirken“ der Polizei im Sinne der Nazibande: „… Für diesen Samstag allerdings sind Zusammenstöße dokumentiert. Es beginnt gleich auf der Domplatte, wo sich der Gegenprotest zur angemeldeten ersten Kundgebung versammelt. Die Rechtsextremen sollen sich laut Anmeldung einige Straßen weiter sammeln – dann steht plötzlich eine Gruppe aus etwa zehn Menschen mit dem Banner einer rechtsextremen Gruppe auf der Domplatte. „Alerta, Alerta, Antifaschista!“ Der Gegenprotest eilt herbei, ebenso die Polizei. Gelangt Gegenprotest auf eine angemeldete Naziroute, fordert die Polizei diesen unangemeldeten Gegenprotest in der Regel dazu auf, den Bereich der angemeldeten Nazi-Versammlung zu verlassen, und räumt bei Nichtbefolgung. Nun aber stehen unangemeldet Menschen mit dem Banner einer für Nazihooligans bekannten Gruppe im angemeldeten Gegenprotest. Die Beamt*innen schreiten zwar auch hier ein – drängen aber den Gegenprotest zurück. Sie trennen die Gruppen erfolgreich. Dann lassen sie die Nazis, wo sie sind und schaffen im Bereich der angemeldeten Versammlung des Gegenprotests Platz für unangemeldeten rechten Protest. Unübersichtlich ist es, eigentlich durchgehend, auch für die Polizeikräfte. Als sie später am WDR-Gebäude rechte Versammlungsteilnehmer durch den Gegenprotest schleusen wollen, schlägt einer der Rechten einen Polizeibeamten. Weitere Polizisten stürmen in die enge, vom Gegenprotest gut gefüllte Unterführung, um den Kolleg*innen zu helfen. Die Gegendemonstrant*innen mischen mit. Es eskaliert. Schließlich setzen Beamt*innen Pfefferspray und Schlagstöcke gegen den Gegenprotest ein. Danach ist die Unterführung leer...“
      • „Von der Lügenpresse zum Kampf gegen die GEZ-finanzierten Medien“ von Peter Nowak am 05. Januar 2020 bei telepolis externer Link zu den „Weiterungen“ der faschistischen Randale unter anderem: „… Es ist wahrscheinlich, dass die Empörung über den konkreten Fall beim WDR bald erschöpft sein dürfte. Doch die Rechten könnten hier ein neues Propagandathema haben, das sie bei Bedarf immer wieder aktivieren können. Es geht um den Kampf gegen den Öffentlichen Rundfunk. In rechten Kreisen wird schon lange in diffamierender Absicht von den GEZ-Medien gesprochen. Die Lügenpressenrufe bei den Pegida-Aufmärschen waren noch ausdrücklich gegen sämtliche Medien gerichtet. Auch konservative Medien wie die FAZ und die selber oft populistisch auftretende Springerpresse war da nicht ausgenommen. Man hatte gelegentlich den Eindruck, dass diese Medien, wenn sie sich kritisch zur AfD und Pegida äußerten, besonders stark angegriffen wurden. Dass in letzter Zeit besonders die öffentlich rechtlichen Medien in den Fokus der rechten Angriffe rückten, ist kein Zufall und auch nicht nur auf Deutschland beschränkt. Konservative und Ultrarechte sind bei ihren Angriffen gegen diese Medien oft gar nicht weit voneinander entfernt. So hatte die rechtskonservative SVP in der Schweiz mit einer Volksabstimmung die Gebühren für die öffentlich-rechtlichen Medien abschaffen wollen und war damit gescheitert. Auch der britische Ministerpräsident Johnson hatte sich in Medienschelte geübt und die BBC angegriffen, was bei den Rechten in Deutschland auf viel Zustimmung stößt. Die Kampagne von US-Präsident Trump gegen alle Medien, die ihn kritisieren, ist bekannt. Es gibt zahlreiche Gründe für den rechten Kulturkampf gegen die Öffentlich-Rechtlichen. Es ist eindeutig, dass sowohl auf politischem als auch auf kulturellem Gebiet gelegentlich auch minoritäre Positionen dort Gehör finden. Es ist allerdings falsch zu denken, sie würden die Öffentlich-Rechtlichen dominieren, wie manche Rechten glauben machen wollen. Aber sie hatten dort gelegentlich ein Eckchen, wo sie auch mal radikalere Kritik äußern konnten. Der Satiresong ist dafür ein Beispiel. Es ist schon bezeichnend, dass sich über Tage Menschen über einen Beitrag aufregen, der unverkennbar Satire ist. Schon das Lied, das zur Grundlage genommen wurde, ist unschwer als Persiflage zu erkennen. Oder ist es irgendwo ein regionaler Brauch, dass Omas im Stall Mofa fahren? Und diese Satire hat der Chor der Jugendlichen aktualisiert. Man kann auch darüber lachen oder die ganze Chose ignorieren. Dass aber dadurch eine Debatte ausgelöst wurde, an der sich bereits Politiker der Union und SPD auf unterschiedlichen Seiten beteiligen, zeigt auch an, dass es bei der rechten Kampagne keineswegs um ein Strohfeuer handelt...“
    • Am 04. Januar wollen rechte Umweltsäue erneut gegen den WDR demonstrieren – trotz KotauFür den kommenden Samstag, den 4. Januar 2020 um 14 Uhr gibt es erneut einen Aufruf aus Nazikreisen eine Kundgebung/Demonstration vorm WDR am Appelhofplatz abzuhalten. Dieser kursiert sowohl im Umfeld der „Bruderschaft Deutschland“ und Identitären-nahen Gruppen, die am letzten Sonntag dort aufgelaufen sind, wie auch in Kreisen der AfD. Mitglieder des Flügels rufen zu der Demonstration auf. Für den selben Tag wird aus den Reihen der AfD auch zu einer Kundgebung vor dem SWR in Baden-Baden aufgerufen…“ – aus der Pressemitteilung „Erneuter Naziaufmarsch vor dem WDR am Samstag“ am 01. Januar 2020 bei Köln gegen Rechts externer Link – worin auch dazu aufgerufen wird, sich an einer Gegenprotest-Aktion dortselbst zu beteiligen
    • WDR: Kollegen nicht im Regen stehen lassen
      Der Deutsche Journalisten-Verband fordert die Verantwortlichen des Westdeutschen Rundfunks auf, sich aktiv um den Schutz und die Sicherheit des freien Journalisten Danny Hollek zu bemühen. Der Journalist ist derzeit Opfer von Beleidigungen und Morddrohungen im Zusammenhang mit seinen Tweets zur „Umweltsau“-Satire. Angehörige der rechtsextremen Szene marschierten vor seinem Haus auf und versuchten, den Journalisten einzuschüchtern. „Sowohl der WDR, für den der Kollege arbeitet, als auch die Sicherheitsbehörden sind aufgefordert, Danny Hollek zu schützen“, verlangt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. Es gehe nicht um Geschmacksfragen von Satire, sondern um den Schutz von Satire- und Meinungsfreiheit. Als „wenig hilfreich“ bezeichnet der DJV-Vorsitzende in dem Zusammenhang die redaktionelle Distanzierung des WDR-Intendanten Tom Buhrow von der „Umweltsau“-Satire: „Tom Buhrow muss sich der Frage stellen, ob er mit seiner eilfertigen redaktionellen Distanzierung für den Beitrag nicht all denen Oberwasser gegeben hat, die nicht auf den Austausch von Argumenten, sondern auf das Mundtotmachen kritischer Journalisten aus sind.“ Wünschenswert wäre eine Versachlichung der Auseinandersetzung.” djv-Pressemitteilung vom 30. Dezember 2019 externer Link
    • @Verdi_im_NDR bei Twitter externer Link: @Verdi_im_NDR fordert wie @verdi_WDR von @ARDde und @ZDFpresse, dass Beschäftigte, egal ob fest oder frei, in der Ausübung ihrer Tätigkeit durch die Sender geschützt werden müssen!
  • Alleingelassen nach rechten Morddrohungen? Journalist Richard Gutjahr macht Bayerischem Rundfunk schwere Vorwürfe 
    Geben öffentlich-rechtliche Sender freien Mitarbeitern zu wenig Rückendeckung? Reporter Richard Gutjahr heizt die Debatte an. Der BR weist die Kritik zurück. Nach der Diskussion um die “Umweltsau”-Satire in und um den WDR heizt nun Richard Gutjahr die Debatte um die Sicherheit der Mitarbeiter in öffentlich-rechtlichen Sendern an. In einem offenen Brief an BR-Intendant Ulrich Wilhelm kritisiert der Blogger und Reporter den Umgang mit freien Mitarbeitern scharf. Gutjahr verlässt die Anstalt nach 22 Jahren als fester freier Mitarbeiter. Der BR habe Gutjahr und seine Familie mit dem “Hass und der Hetze” in Folge seiner ARD-Berichterstattung allein gelassen, so der Journalist. Gutjahr wirft Wilhelm vor, den Rundfunkrat mit Unwahrheiten getäuscht zu haben. Nachdem Gutjahrs Rechtsschutzversicherung ihm nach einem Jahr kündigte, habe der Journalist den BR um juristische Unterstützung gebeten, die ihm verwehrt worden sei…” Artikel von Markus Ehrenberg vom 01.01.2020 beim tagesspiegel online externer Link und der Offene Brief von und bei Richard Gutjahr externer Link – empfehlenswert!
  • So bedrohen Neonazis kritische Journalisten
    “Auf Demonstrationen hetzen Rechtsextreme gegen die Medien. Journalisten, die über die Szene berichten, stehen unter enormem Druck. Hier erzählen drei von ihnen aus ihrem schwierigen Arbeitsalltag. Es war ein Fanal gegen unliebsame Berichterstattung: Auf einer Demonstration in Hannover marschierten Rechtsextremisten durch die Stadt, um gegen die Arbeit dreier namentlich genannter Journalisten zu protestieren. Doch dahinter steckte mehr: Die Kundgebung war eine gezielte Einschüchterung von Medienvertreterinnen und Medienvertretern, die über das Treiben der rechten Szene berichten. Und es blieb nicht die einzige ihrer Art. Im Alltag ist der Druck auf Journalisten noch höher. Sie erhalten Todesdrohungen, auf ihre Wohnungen werden Angriffe verübt – so berichtete es unser Autor David Janzen in einer Reportage. Und er ist nicht allein. Drei Autoren, die im Bereich Rechtsextremismus recherchieren, haben für den Störungsmelder aufgeschrieben, wie es ist, im Fadenkreuz der Szene zu stehen. (…) Seit wir 2017 beim Bayerischen Rundfunk mit den Kollegen der Nürnberger Nachrichten ein Rechercheteam zum NSU-Komplex und den Verbindungen in die bayerische Szene gegründet haben, häufen sich Schmierereien und Graffitis in der Nähe meiner Wohnung. Mir wird dort mit einem „Hausbesuch“ gedroht. Die Rechtsextremen wollen damit offensichtlich vermitteln, dass sie wissen, wo ich wohne, mir das Gefühl geben, jederzeit könnte etwas passieren. (…) Während meiner Berichterstattung über den NSU-Prozess in München externer Link machte mir das vor Jahren ein Mann deutlich, der einst Kontaktperson der NSU-Gruppe war und heute für die AfD im Chemnitzer Stadtrat sitzt. 2015 begleitete er einen Zeugen aus der Chemnitzer Neonaziszene zum Verfahren und setzte sich in den Zuschauerraum. Als er ging, beugte er sich zu mir und raunte mir mit dem Zusatz „Alles klar?“ meine Adresse zu. Nicht nur ich, sondern alle umsitzenden Journalisten verstanden den Hinweis gleich: Wir wissen, wo du wohnst, pass auf, was du schreibst! Ich habe den Sachverhalt damals angezeigt, damit er schriftlich festgehalten ist, für den Fall, dass wirklich etwas passiert. (…) Ein Schlag mit einer Flasche auf den Kopf im sächsischen Ostritz – Verfahren eingestellt, Täter nicht ermittelbar. Ein Flaschenwurf gegen meinen Kopf in Chemnitz – wegen unübersichtlicher Lage gar nicht erst angezeigt. Schlag gegen Kamera und Unterarm in Wurzen – Ermittlungen laufen. Immer wieder gehen Neonazis so rabiat gegen mich vor…“ Artikel von Jonas Miller, Jens Eumann und Henrik Merker vom 11.12.2019 im Störungsmelder-Blog bei der Zeit online externer Link
  • Aufruf zu antidemokratischem Handeln: Jimdo löscht AfD-Meldeportal gegen Journalisten 
    Der Hamburger Webseiten-Baukasten Jimdo hat eine von Bundestagsabgeordneten der AfD eingerichtete Website gelöscht. Darauf war zur Meldung von „lügenden“ und „manipulierenden“ Journalisten aufgerufen worden. „Dokumentieren Sie mit uns die schlimmsten Lügen und Manipulationen der Haltungsredaktionen und schicken Sie sie – garantiert anonym und komplett vertraulich – an diese E-Mail-Adresse.“ Unter anderem diese Aufforderung findet sich auf dem Meldeportal der AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron, Uwe Schulz, Nicole Höchst und Udo Hemmelgarn. (…) Offenbar sieht Henze in der Aufforderung zur gezielten und anonymen Meldung von Journalisten einen Verstoß gegen die Richtlinien des Unternehmens. So wolle er sich an einem Angriff auf die Pressefreiheit nicht beteiligen. Laut dpa teilte der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron mit, dass von ihm und drei weiteren AfD-Abgeordneten initiierte Meldeportal sei für Journalisten, die „Fakenews, Manipulation und einseitige Berichterstattung satthaben“. Die Kritik Henzes weist Bystron zurück. Vor allem den Vorwurf „antidemokratischen Handelns“ sehe er nicht, das Gegenteil sei der Fall. Das „Aussteigerprogramm für Mainstream-Journalisten“ sei überdies inzwischen auf einen anderen Server ausgewichen. Der Deutsche Journalisten-Verband DJV wertet das Meldeportal als Provokation externer Link gegen den kritischen Journalismus…” Meldung vom 02.12.2019 bei t3n externer Link
  • Angriffe auf die Faktencheck-Redaktion von CORRECTIV. Hassnachrichten, Beleidigungen und Drohungen: Wie wir angegriffen werden und wie wir uns gemeinsam dagegen wehren können 
    „Prostituierte der Lügenmedien“. „Lügenmediennutte“. „Berufslügnerin“. Solche Beschimpfungen müssen wir uns im Faktencheck-Team fast täglich anhören, weil wir Falschmeldungen öffentlich Fakten gegenüberstellen. Besonders unsere Redakteurinnen werden nicht nur in privaten Nachrichten, sondern auch öffentlich beschimpft. Reichweitenstarke Blogs veröffentlichen ihre Namen, teilweise mit Foto, und präsentieren sie der Leserschaft als Feindbild. Aus Beleidigung werden schnell Drohungen. (…) Viele Redaktionen erhalten Hassnachrichten und Drohungen, auch die Faktenchecker von CORRECTIV. Das liegt an unserer Arbeit: Wir durchsuchen das Netz systematisch nach Falschmeldungen, die wir dann in Faktencheck-Artikeln richtig stellen. Die Themen sind oft kontrovers. Die Hassnachrichten folgen in Wellen. An manchen Tagen bleibt es still, an anderen ist das Postfach voll. (…) Aber jeder Hasskommentar, jeder verachtende Artikel über uns, ist auch ein Zeichen, dass wir etwas erreichen. Wir ertragen diese Beleidigungen und Bedrohungen, weil wir daran glauben, dass gesellschaftlicher Dialog nur auf Basis von Fakten und Aufklärung funktionieren kann. Hetze gegen Geflüchtete und Ausländer, das Leugnen des Klimawandels, das sind nur zwei der Themen, über die Webseiten und Blogs gezielt Desinformation verbreiten. Die Faktencheck-Redaktion von CORRECTIV recherchiert, was stimmt und was nicht. Und wir sind damit sehr erfolgreich. Für die Seiten, die Falschmeldungen und Desinformation verbreiten, ist unsere Arbeit unterdessen zu einer enormen Bedrohung geworden. Wenn wir Beiträge einer Webseite mehrfach als falsch einstufen, sinkt die Reichweite der Seiten bei Facebook. Weil Facebook einer der wichtigsten Verbreitungskanäle für Populisten, Verschwörungstheoretiker, Impfleugner, Reichsbürger und Desinformanten ist, verlieren sie deutlich an Lesern…“ Beitrag vom 27.11.2019 bei Correktiv.org externer Link
  • [Hannover am 23.11.19]: Polizeidirektion Hannover verbietet NPD-Demo – NPD stellt Eilantrag gegen Demo-Verbot – Gegendemo “Journalist*innen gegen Nazis verteidigen” findet statt – Berichte 
    Die rechtsextreme NPD wehrt sich mit rechtlichen Schritten gegen das von der Polizeibehörde verhängte Demonstrationsverbot. Die NPD hat einen Eilantrag sowie eine Klage beim Verwaltungsgericht Hannover eingereicht. Das berichtet NDR 1 Niedersachsen. Über den Eilantrag will die zuständige 10. Kammer des Gerichts gegen Mittag entscheiden, teilte das Verwaltungsgericht Hannover am Vormittag mit. Bei der Landespressekonferenz sagte Polizeipräsident Volker Kluwe, dass das Gericht die Polizeidirektion aufgefordert habe, bis zum Mittag zum Eilantrag der NPD Stellung zu nehmen. Kluwe machte noch einmal deutlich, dass seine Behörde das Verbot auch mit der Gefährdung der Pressefreiheit begründe. Unter anderem werde von Rechtsextremen der Versuch unternommen, durch psychische Gewalt Journalisten einzuschüchtern. (…) Gestern hatte die Polizeidirektion Hannover eine für Sonnabend angemeldete Kundgebung der NPD verboten. Britta Schwarz, Sprecherin der Behörde, sagte dem NDR am Donnerstagabend, Gefahren für Dritte und auch für die Pressefreiheit seien nicht auszuschließen gewesen. Zuvor hatte das Innenministerium mitgeteilt, dass “Erkenntnisse über Aktivitäten in sozialen Medien ein aggressives Bild der geplanten Versammlung zeichneten”. (…) Ebenfalls am Donnerstag hatte das Aktionsbündnis “bunt statt braun”, dem unter anderem die Gewerkschaft ver.di angehört, zu einer Gegendemonstration aufgerufen. Erwartet werden rund 2.000 Teilnehmer, sagte ein ver.di-Sprecher dem NDR in Niedersachsen. Die Kundgebung werde auf jeden Fall stattfinden…” Meldung vom 22.11.2019 beim NDR externer Link, siehe dazu:
    • 7500 für die Pressefreiheit: Breites Bündnis protestierte in Hannover gegen einen Aufmarsch der NPD 
      “… Insgesamt nahmen laut Polizeiangaben 120 Menschen an der Demonstration der NPD in Hannover teil. Nach nd-Schätzungen waren es höchstens 100. Die Demonstration richtete sich gegen »die GEZ und Feldmann«, ein freier Journalist des NDR. Mindestens 7500 Menschen beteiligten sich am Samstag an den Gegenprotesten. Sie hatten eigene Kundgebungen und Demonstrationszüge angemeldet, andere stellten sich den Neonazis am Rande von deren Auftaktkundgebung und Laufstrecke entgegen. (…) Mit einem Aufruf »Schützt die Pressefreiheit« hatten sich in der vergangenen Woche mehr als 500 Journalisten und andere Einzelpersonen, Verbände und Redaktionen hinter ihre Kollegen gestellt. An einer Demonstration unter dem Motto »Bunt statt Braun« beteiligten sich unter anderem Gewerkschaften wie ver.di und die GEW. Auch Fahnen der Grünen und der Jusos waren zu sehen. Unter den rund 7000 Teilnehmern waren auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weill, Innenminister Boris Pistorius und der neu ins Amt gewählte Oberbürgermeister von Hannover Belit Onay. (…) Parallel zur Abschlusskundgebung startete die NPD ihre Demonstration. Kurz darauf wurde sie von Gegendemonstranten am Weiterlaufen gehindert. Die Blockade wurde jedoch bald von der Polizei aufgelöst. Am Sitz des NDR hielt die NPD eine Zwischenkundgebung ab. Redner war unter anderem der »Volkslehrer« Nikolai Nerling aus Berlin, der eine »gesunde Gemeinschaft« anmahnte und die »Abgrenzeritis«, auch zwischen AfD und NPD, kritisierte. Einem Redner hatte das Oberverwaltungsgericht untersagt zu sprechen. Vermutlich handelt es sich dabei um NPD-Bundesvize Thorsten Heise, der dem Journalisten Julian Feldmann bei einer vorigen Gelegenheit mit den Worten drohte: »Der Revolver ist geladen«.” Bericht von Johanna Treblin vom 23.11.2019 beim ND online externer Link, siehe dazu:
      • 23.11.2019 – Hannover – Demonstration gegen einen Aufmarsch der NPD in Hannover „Bunt statt Braun!“ – NPD-Aufmarsch „Schluss mit steuerfinanzierter Hetze!“
        Am 23.11.2019 sind in Hannover über 8.000 Menschen auf die Straße gegangen, um ein Zeichen gegen Neonazis, Rechtspopulismus und zunehmenden Rechtsruck in der Gesellschaft zu setzen…” Bildergalerie von PM Cheung bei Flickr externer Link
      • Hannover: Shitstorm für Tweets bei NPD-Demo – jetzt reagiert die Polizei!
        Tweets der Polizei Hannover während der NPD-Demo sorgen derzeit für Wirbel im Netz. Es geht dabei um die polizeiliche Reaktion auf die Vermummung einiger Neonazis während der Demo am Samstag. In einem vieldiskutierten Tweet aus Hannover heißt es, die Polizeibeamten hätten mit den vermummten Personen gesprochen. „Demnach diente die Vermummung nicht zur Verhinderung der Identitätsfeststellung“, so die Polizei bei Twitter. Somit sei den Kollegen nach dem Niedersächsischen Versammlungsgesetz keine rechtliche Handhabe gegeben, darüber hinaus seien keine Störungen erkennbar gewesen. Auf Nachfrage, was die Neonazis der NPD den Beamten erzählt hätten, wozu die Vermummung denn genau diene, antwortete die Polizei Hannover bei Twitter: „Die Teilnehmer gaben an, dass sie nicht auf Bildern der Medienvertretern erkennbar sein wollten.“ (…) Ihren Tweet rechtfertigte die Polizei Hannover am Sonntag gegenüber news38.de: „Sie (die Demonstranten) erwiderten, dass diese ausschließlich dem Schutz der Identität vor ungewollter Veröffentlichung von Portraitaufnahmen durch die die Versammlung begleitenden Pressevertreter dient.“ Die Gesamteinsatzleitung der Polizei habe daraufhin entschieden, die Befreiung der Versammlungsteilnehmenden vom Vermummungsverbot nicht aufzuheben…” Beitrag vom 24.11.2019 bei news38.de externer Link
      • Und die Berichte auf Twitter unter #h2311
    • Demo am 23.11.19 in Hannover: Journalist*innen gegen Nazis verteidigen 
      “… die NPD will am kommenden Sonnabend, 23. November, in Hannover gegen Pressefreiheit und Rundfunkbeiträge demonstrieren. Ihr Ziel: drei NDR-Kollegen und weitere Journalist*innen, die kritisch über sie berichtet haben. Die Demo soll sich auch gegen den NDR richten, der die Beiträge seiner Mitarbeiter veröffentlichte. Am Donnerstagabend hat die Polizeidirektion die Nazi-Demo verboten, weil ein Flugblatt  mit dem Titel “Rache für Karl” bekanntgeworden war. Mit Karl ist der im Herbst gestorbene Karl M. (96) gemeint, der von einem NDR-Journalisten zu seinen Kriegsverbrechen befragt worden war. Weil dieser und andere kritische Berichte den Rechten nicht gefielen, rufen sie zur Demo gegen zehn namentlich genannte Journalist*innen auf. Gleichzeitig richtet sich ihr Aufruf auch gegen den NDR und Rundfunkgebühren. Es wird erwartet, dass die NPD vor dem Verwaltungsgericht Hannover Widerspruch gegen die Verbotsverfügung einlegen wird. Wie auch immer das gerichtlich ausgehen mag, ver.di hält an der angekündigten Gegendemo fest. Denn: Die persönlichen Bedrohungen gegen demokratische Journalist*innen und ihre Familien haben mit der Namensnennung eine neue Dimension erreicht. Es soll ein Klima der Angst und der Einschüchterung geschaffen werden, das sich gegen die Pressefreiheit und weitere Grundrechte richtet. Immer häufiger nutzen Neonazis auch juristische Mittel, um die Berichterstattung über sie zu verhindern. Selbst wenn ihre Klagen am Ende vor Gericht scheitern, gelingt es ihnen so, die Presse zu behindern. Diesen Neonazis und ihren Einschüchterungsversuchen stellen wir uns entgegen!…” Aufruf der dju Niedersachsen-Bremen externer Link – Die zentrale Demonstration des Bündnisses “bunt statt braun” beginnt um 13.30 Uhr am Stephansplatz und endet um 15 Uhr am Aegidientorplatz, wo der neugewählte Oberbürgermeister von Hannover, Belit Onay (Grüne), sprechen wird.
    • Neo-Nazis rufen zur Demo gegen Journalisten auf
      Text und Video des Beitrags von Lea Struckmeier in der NDR-Sendung ZAPP vom 20.11.2019 externer Link 
    • Gegen welche Journalisten Nazi-Banden mobilisieren ist auch klar. Und zu „gegen welche nicht“ gibt es keine Meldungen… Aufruf des Netzwerks Recherche zur Gegenaktion 
      „… Rechtsextremist*innen, die gezielt gegen öffentlich-rechtliche Medien und einen Journalisten hetzen und sogar eine Demo dazu anmelden, das empfinden in Niedersachsen viele Menschen als krasse Grenzüberschreitung. Am kommenden Samstag planen mehrere Gewerkschaften und antifaschistische Initiativen gegen den angekündigten Marsch der NPD in Hannover verschiedene Aktionen. Es werden über 1.000 Gegendemonstranten erwartet. Seit Wochen hetzt die rechtsextreme Partei im Netz gegen den freien Mitarbeiter des NDR, Julian Feldmann. Der Aufruf zur Kundgebung richtet sich explizit gegen ihn: „Feldmann in die Schranken weisen!“. Diese Bedrohung hat schon eine „neue Qualität“, sagt Feldmann, der auch für das NDR-Magazin „Panorama“ arbeitet. Ein dort ausgestrahlter Bericht über den NS-Kriegsverbrecher Karl Münter aus dem niedersächsischen Nordstemmen hatte in der rechten Szene für Aufregung gesorgt. Feldmann hatte das Interview gemeinsam mit zwei Kollegen im November 2018 geführt. Der damals 96-Jährige Münter hatte darin den Holocaust relativiert und die Opfer eines SS-Massakers verhöhnt..“ – aus dem Beitrag „Der Revolver ist geladen“ von Andreas Speit am 19. November 2019 in der taz online externer Link zur aktuellen Mobilisierung gegen Nazi-Terror am Wochenende. Siehe dazu auch den Aufruf des Netzwerks Recherche zur Gegenaktion:
    • „Aufruf: Schützt die Pressefreiheit!“ vom und beim Netzwerk Recherche am 15. November 2019 externer Link unterstreicht: „… Rechtsextreme hassen Menschen, die über ihre Veranstaltungen, Vereine, Parteien und Straftaten berichten. Die Kollegen Julian Feldmann, David Janzen und André Aden arbeiten seit über zehn Jahren als freie Journalisten und sind, wie so viele, ins Fadenkreuz der braunen Szene geraten. Der Hass auf die Kollegen geht so weit, dass sie regelmäßig Morddrohungen erhalten. Ein hochrangiger Neonazi-Kader sprach auf mehreren Veranstaltungen über Julian Feldmann und erwähnte dabei einen Revolver, der schon bereit liege. David Janzen wurde von einem bekannten Braunschweiger Neonazi mit den Worten “Heute Walter [Lübcke, Anm. d. V.], morgen Janzen” bedroht. Diesen Drohungen folgen Taten, auf Janzens Privatwohnung gab es dieses Jahr bereits mehrere Anschläge. Von zahlreichen Rechtsextremismus-Expert*innen sammeln Neonazis derzeit Bilder, öffentliche sowie private Daten. In Telegram-Gruppen der Szene wurde ein entsprechender Aufruf verbreitet. Offenbar wird ein breit angelegtes Doxxing vorbereitet, zum Schaden der Kolleg*innen. Angriffe auf Journalist*innen und Eingriffe in deren Privatleben sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Bei Szene-Veranstaltungen werden Journalist*innen regelmäßig Opfer rechter Gewalt. Die NPD-Demonstration in Hannover ist der nächste Schritt, um Kollegen das Leben zur Hölle zu machen. Auch neurechte Kleinstgruppen organisieren Angriffe auf die freie Berichterstattung. In zahlreichen Texten werden Journalist*innen verächtlich gemacht und denunziert. Kritische Journalist*innen werden mit kostenintensiven Unterlassungserklärungen, Klagen und Anzeigen überzogen. Fotos von Kolleg*innen werden über Szene-Medien gezielt verbreitet und zur Markierung potentieller Angriffsziele benutzt…“ – mitzeichnen unter info@netzwerkrecherche.de (LabourNet Germany hat bereits!)
    • Schützt die Pressefreiheit!Gegen die freien Journalisten Julian Feldmann, David Janzen und André Aden wollen Hunderte Neonazis am 23.11.2019 in Hannover demonstrieren. Als Journalist*innen und Medienschaffende verurteilen wir die Drohungen und Anschläge auf unsere Kollegen. Wir rufen mit dazu auf, sich an den Protesten gegen die Demonstration zu beteiligen und fordern Maßnahmen zum Schutz der Pressefreiheit. 450 Einzelpersonen, 20 Verbände und 17 Redaktionen haben den Aufruf bereits unterzeichnet…” dju-Meldung vom 15. November 2019 externer Link
    • Aufruf des Bündnisses “bunt statt braun” Hannover zur externer Link Gegendemo am 23.11.2019 um 13:30 auf dem Geibelplatz in Hannover
  • Strategie der Einschüchterung: Wenn Journalisten bedroht werden 
    “… „Wir töten dich“ stand im Juni an der Haustür des Journalisten David Janzen, der seit Jahren über die rechte Szene recherchiert und zugleich Sprecher des Braunschweiger „Bündnisses gegen Rechts“ ist. Ein Aufkleber führte die Polizei zu einer Gruppe von Neonazis. „Monitor“-Chef Georg Restle erhielt im Juli nach einem AfD-kritischen Kommentar in den „Tagesthemen“ eine verschlüsselte Mail mit einem Aufruf zum Mord an ihm. Zwei Morddrohungen innerhalb kürzester Zeit: Werden Journalisten zunehmend zur Zielscheibe von extremistischen Gewalttätern? Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), sagt: „Aus unserer täglichen Beratungsarbeit wissen wir: Bedrohungen sind keine Einzelfälle. Es sind viele.“ Im Netz schlagen die Wellen bei Themen wie Migration und Integration hoch, Beleidigungen und Verleumdungen gehören seit Jahren zum Alltag. (…) Auch „Reporter ohne Grenzen“ registrierte für 2018 eine Zunahme an gewalttätigen Angriffen auf Journalisten in Deutschland: Insgesamt seien es 22 im Vergleich zu 16 im Vorjahr gewesen. (…) Eine Umfrage bei ARD, ZDF, der RTL Group, ProSiebenSat1 sowie den Verlagen Axel Springer und „Spiegel“ ergab, dass die Medienhäuser regelmäßig Strafanzeigen stellen – vor allem wegen Beleidigung. (…) Konkrete Angaben machten lediglich RBB, MDR und HR. Der RBB stellte seit 2014 elf Strafanzeigen wegen einer Bedrohung oder wegen einer Körperverletzung, der MDR zehn Anzeigen in diesem Jahr, vier davon wegen Bedrohung, beim HR waren es im Schnitt fünf Anzeigen, nicht nur wegen Bedrohung. Aber: „Bislang kam es zu keinem Prozess“, teilte der HR mit. Und auch bei RBB und WDR liegen keine Erkenntnisse über rechtskräftige Urteile vor. In drei der vier vom MDR angezeigten Bedrohungsfälle laufen die Ermittlungen noch, ein Verfahren sei eingestellt worden, erklärte der Sender. Immerhin macht das Projekt „Verfolgen statt nur löschen“ – 2017 auf Initiative der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen ins Leben gerufen – mittlerweile in mehreren Bundesländern Schule, etwa in Berlin, Bremen und im Saarland. Dabei kooperieren Medienhäuser mit den Ermittlern der „Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen“ und melden Hasskommentare und seit kurzem auch Bedrohungen gegen Einzelne. (…) Gleichzeitig hat die Gewaltbereitschaft zugenommen. Davon berichten nicht nur die Journalisten-Gewerkschaften. „Es gibt in den letzten drei Jahren einen klaren Trend: Bei rechtsgerichteten Demos kommt es immer wieder zu Zwischenfällen, bei denen Reporter und Kameraleute körperlich attackiert werden. Dabei muss man zunehmend auch mit Personenschäden rechnen“, sagt Gunnar Rechenburg, Leiter des „Sicherheitsmanagements Reise“ bei der Deutschen Welle (DW), das die Reisen der Reporter vorbereitet und absichert…“ Artikel von Thomas Gehringer vom 02.10.2019 beim MIGAZIN externer Link
  • Sechs Vereinigungen von Medienschaffenden im offenen Brief an Bundesinnenminister Seehofer: Sorgen Sie für unsere Sicherheit! 
    Meldungen darüber, dass Journalist*innen von Rechtsextremisten bedroht werden, häufen sich. Sechs Vereinigungen von Medienschaffenden wenden sich in einem offenen Brief an den Bundesinnenminister und fordern ihn auf, Vorkehrungen für ihre Sicherheit zu treffen. Eine Entwarnung wegen einzelner ‚Todeslisten‘ reiche nicht.  Die Pressefreiheit ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Doch immer mehr Kolleg*innen fühlen sich bedroht. Sie erleben in ihrem Arbeitsalltag Hass, Anfeindungen und Drohungen. Seit neuestem ist bekannt, dass rechtsextreme  Akteur*innen sogenannte ‚Todeslisten‘ führen. In Anbetracht der erwiesenen Tatsache, dass Medien ein besonderes Feindbild und Hassobjekt vieler Rechtsextremer sind, ist es unabdingbar, dass die Sicherheit von Medienschaffenden gewährleistet wird, damit wir unseren Beruf ungehindert ausüben können. Den Sicherheitsbehörden liegen Listen mit Angriffszielen vor. Die betroffenen Kolleg*innen sind jedoch nur in Einzelfällen informiert worden. (…) Unter Berufung auf den Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention – die Verpflichtung des Staates, Leben zu schützen – fordern wir das Innenministerium auf, für die Sicherheit von Journalist*innen in diesem Lande zu sorgen. Laut Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte beinhaltet es die Bringschuld der Behörden, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um eine identifizierte Person zu schützen, deren Leben durch kriminelle Akte einer anderen Person gefährdet ist. Dazu zählt zum Beispiel eine unkomplizierte Auskunftssperre für Privatadressen im Melderegister. In einigen Bundesländern müssen Medienschaffende erst eine akute Gefahr für Leib und Leben nachweisen, damit eine Auskunftssperre erfolgt – doch dann könnte es bereits zu spät sein, um sich zu schützen…” Offener Brief an Bundesinnenminister Seehofer vom 28. August 2019 bei der dju externer Link  und bei den Neuen deutschen Medienmacher*innen externer Link und dazu:
    • Journalistin über rechtsextreme Listen: „Konsequent durchgreifen“
      Rechtsextreme sammeln Informationen über ihre Gegner. Sheila Mysorekar erklärt, warum Organisationen von Innenminister Seehofer Aufklärung verlangen…” Interview von Daniel Kretschmar vom 28.8.2019 bei der taz online externer Link
    • Journalisten schreiben Offenen Brief an Seehofer „Presse ist Hass-Objekt von Rechtsextremen“
      Journalisten stehen häufig auf Feindeslisten von Neonazis. Medien-Organisationen verlangen von Innenminister Seehofer, mehr die Sicherheit der Presse zu tun.  Nach immer neuen Berichten über Bedrohungen von Journalisten durch Rechtsextreme haben Medien-Organisationen von Bundesinnenminister Horst Seehofer Konsequenzen verlangt. Sie fordern zum einen, Betroffene über mögliche Gefahren durch “Todeslisten” oder “Feindeslisten” zu unterrichten – und zum anderen, unkomplizierte Auskunftssperren im Melderegister zu ermöglichen. Die Organisationen, unter ihnen der Deutsche Journalistenverband, die zu Verdi gehörende Deutsche Journalisten-Union und die Neuen deutschen Medienmacher, richten einen umfangreichen Fragenkatalog an die CSU-Politiker: Könne er versichern, dass jede Person, deren Name auf solchen Listen stehe, auf Anfrage Auskunft darüber und Empfehlungen für ihre Sicherheit erhalte, wird in dem Offenen Brief gefragt. “Werden Einzelpersonen proaktiv informiert, falls konkrete Lebensgefahr besteht?” Auch nach der Gefährdung von Journalisten-Organisationen erkundigen sich die Unterzeichner des Schreibens, zu denen auch Krautreporter, das Netzwerk Recherche und das Kollektiv “Peng!” gehören…” Artikel von Matthias Meisner vom 28.8.2019 beim Tagesspiegel online externer Link
    • Siehe dazu auch unser Dossier: Feindeslisten der Rechtsextremen: »Bagatellisierung von Seiten der Behörden«
  • Mehr Drohungen von rechts gegen Journalisten / Morddrohung gegen Georg Restle 
    Gewalt, Mobbing, Todesdrohungen: Journalisten, die über Rechtsextremisten berichten, müssen einiges aushalten. Einem Journalistenverband zufolge gibt es immer mehr Angriffe. Sinkt nach dem Mord an Regierungspräsident Lübcke die Hemmschwelle weiter? Erst am Freitag wurde bekannt, dass der Westdeutsche Rundfunk eine Strafanzeige gestellt hat – wegen einer Morddrohung gegen Georg Restle, dem Leiter der WDR-Redaktion “Monitor”. Restle hatte am 11. Juli in einem Kommentar für die “Tagesthemen” die AfD kritisiert und sie als “parlamentarischen Arm” der Identitären Bewegung bezeichnet. “Das Schreiben ist dem Anschein nach dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen”, erklärte eine WDR-Sprecherin. Ob der WDR Anzeige gegen Unbekannt oder eine Person gestellt hat und was genau der Inhalt des Drohschreibens war, darüber wurde zunächst nichts bekannt. Die Morddrohung gegen Restle ist kein Einzelfall. Die meisten der Übergriffe auf Medienschaffende sind dem rechten Spektrum zuzuordnen. Laut dem Europäischen Zentrum für Presse- und Medienfreiheit hatten im letzten Jahr von insgesamt 26 Übergriffen 22 einen rechtsextremen Hintergrund. Laut Cornelia Berger, Geschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union, gibt immer mehr Angriffe. In vielen Fällen werde zu deutlich härteren Mitteln gegriffen als noch vor ein paar Jahren…” Artikel von Jonas Schneider vom 21.07.2019 beim Bayerischen Rundfunk externer Link
    • WDR stellt Strafanzeige wegen Morddrohung
      Nach einer Morddrohung gegen den Leiter der Redaktion „Monitor“, Georg Restle, hat der WDR Strafanzeige erstattet. Das Schreiben ist dem Anschein nach dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen. WDR-Intendant Tom Buhrow: „Dass es eine Morddrohung gegen einen unserer Journalisten gibt, entsetzt und erschüttert mich. Wir tun alles, um unseren Kollegen – wie alle anderen auch – zu schützen und ihn zu unterstützen. Georg Restle ist ein ausgezeichneter investigativer Journalist, der die politische Landschaft in Deutschland kritisch begleitet. Perfide Drohgebärden dieser Art werden uns nicht davon abhalten, unseren Job als Journalisten zu machen. Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind ein hohes Gut. Wer das nicht akzeptiert, ist ein Feind der Demokratie.“…” WDR-Mitteilung vom 19.7.2019 externer Link
  • Resolution der Deutschen Presse-Agentur: „Journalisten sind schützenswert“ 
    “Der Aufsichtsrat der Deutschen Presse-Agentur (dpa) hat in einer Resolution externer Link Gewalt gegen Journalisten verurteilt und gleichzeitig besseren Polizeischutz eingefordert. Das Gremium beklagt in dem Text eine „massive Zunahme von persönlichen Anfeindungen, ehrverletzenden Beschimpfungen und auch körperlichen Angriffen auf Bildberichterstatter und Reporter der Agentur insbesondere in Ostdeutschland, aber auch in Regionen Westdeutschlands“. Es habe sehr viele Anlässe für die Resolution gegeben, sagte dpa-Chefredakteur Sven Gösmann im Dlf. Tätliche Angriffe auf dpa-Journalisten seien inzwischen „eine nahezu wöchentliche Erfahrung“, vor allem im Osten Deutschlands. Gewalttätige Demonstrationen von Linken und Rechten seien schon immer gefährlich gewesen. „Es gibt aber eine Entwicklung, die seit vielen Jahren so ist, dass der öffentliche Raum generell von Gewalt erobert wird, speziell im Umfeld von Demonstrationen von Pegida, AfD und anderen rechtsgerichteten Organisationen Deutschlands.“ (…) Gösmann forderte von den Sicherheitsbehörden, bei öffentlichen Ereignissen stärker als bisher einzuschreiten, um die im Grundgesetz garantierte Freiheit der Berichterstattung zu schützen …“ Gespräch von Henning Hübert mit Sven Gösmann vom 06.12.2018 auf Deutschlandfunk externer Link
  • Messerattacke auf Journalisten in Naumburg
    Ein freier Mitarbeiter des Naumburger Tageblatts wurde Opfer eines Messerangriffs durch Jugendliche. Dabei hatte er Glück im Unglück. Seine Zeitung, das Naumburger Tageblatt, schilderte gestern [Jugendliche attackieren Naumburger: Messerstich in den Bauch und Hitlergruß externer Link], was dem freien Mitarbeiter passierte. Am Freitagabend stellten sich drei Jugendliche auf einem Supermarktparkplatz vor das Auto des Journalisten. “Einer spuckt Richtung Wagen und zeigt den Stinkefinger”, heißt es in dem Bericht. Der Kollege “will wissen, warum und läuft dem Trio hinterher – was ihm zum Verhängnis wird”. Als er die Gruppe einholt, versucht er, die Jugendlichen zur Rede zu stellen, als ihm plötzlich einer von ihnen in den Bauch schlägt. “Ein anderer zeigt den Hitlergruß. Was er nicht bemerkt, ist, dass der Schläger ein Messer benutzt hat.” Er trägt eine sechs Zentimeter lange Stichwunde davon. Im Krankenhaus stellen die Ärzte fest, dass zum Glück keine Organe getroffen wurden. Bewundernswert ist der Mut des Kollegen, der sich nicht einfach grundlos beleidigen lassen will. Zu Recht hofft er darauf, dass die Polizei die Jugendlichen fasst. An Überwachungskameras dürfte vor dem Supermarkt kein Mangel bestanden haben. Eine Messerattacke auf einen Journalisten ist kein Kavaliersdelikt!“ Ein Kommentar von Hendrik Zörner vom 02.10.2018 im DJV-Blog externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=138193

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