Sultan Qabus, der große Modernisierer des Oman, der Friedensfürst, der in den regionalen Konflikten ausgleichend und neutral agierte: Die Lobeshymnen auf den Verblichenen waren kaum zu überbieten, quer durch alle Medien. Insbesondere allerdings, und dies nicht ganz zufällig, in den britischen. Schließlich war es die britische Armee, die wesentlichen Anteil an seinem erfolgreichen Putsch gegen den eigenen Vater hatte, der nach London ins Exil musste. Und die danach, beinahe 10 Jahre lang, nicht nur seine neue Armee ausrüstete und ausbildete, sondern auch die tödlichen Bombenladungen auf die von der Befreiungsfront des Oman und Dhofar bevölkerten Gebiete des Oman vom Himmel ließ. Endgültig 1979 war die revolutionäre Erhebung besiegt, tot, gefangen, vertrieben – die meisten: Tot. Auf diesem Friedhof in einem Land, knapp so groß wie die BRD (aber mit nur etwa 5 Millionen Menschen) regierte er weitere 40 Jahre lang, in der Tat mit Fortschritten der sozialen Lage vieler Menschen „seines“ Reiches (dessen Parlament er jederzeit auflösen kann). Fortschritte, die weniger seiner Großzügigkeit oder auch nur Weitsicht zu verdanken waren, sondern – wie die Einführung einer staatlichen Erwerbslosenversicherung – den massiven Protesten, die auch hier den „Arabischen Frühling“ des Jahres 2011 prägten. Zur unserer – etwas anderer – Würdigung ein aktueller Beitrag als Beispiel der Lobeshymnen, einer – als Beispiel für „Demokratie“ – über die Medien im Oman, einer aus dem Jahre 2011 über die damaligen Proteste und drei ziemlich alte Beiträge über die Niederschlagung der 70er-Jahre-Rebellion und die Rolle der britischen Armee dabei:
„Der stille Vermittler ist tot“ von Anne Allmeling am 11. Januar 2020 bei tageschau.de steht hier als Beispiel für zahlreiche Nachrufe dieser Art, nicht nur in der BRD und hebt hervor: „… Fast fünf Jahrzehnte stand er an der Spitze seines Staates – länger als jeder andere Herrscher im Nahen Osten. Sultan Qabus bin Said al Said starb nun im Alter von 79 Jahren. Trotz seiner langen Herrschaft hat die Welt nur selten von ihm Notiz genommen. Der Monarch zog lieber im Hintergrund die Fäden – und das sehr geschickt. In einer Region, die von Kriegen und Konflikten geprägt ist, blieben die Omaner von Unruhen weitgehend verschont. Für viele seiner Untertanen war Sultan Qabus ein Übervater. Vor allem in seinen letzten Lebensjahren ist der Kult um ihm gewachsen – aber auch seine Distanz zum Volk. Ein Grund, warum es im Zuge des sogenannten Arabischen Frühlings auch in Oman Proteste gab. Mehr Arbeitsplätze und mehr Mitbestimmung forderten die Menschen in der Hauptstadt Maskat. Der Sultan reagierte: Er entließ einige Minister, erhöhte die Gehälter, versprach politische Reformen. Nur wenige wurden davon umgesetzt – vielleicht auch, weil mit dem wachsenden Chaos in den arabischen Nachbarländern vielen Omanern die Lust auf weitere Proteste verging. An die Macht kam Qabus 1970, als er seinen Vater in einem unblutigen Putsch vom Thron stürzte. Damals war Oman das am wenigsten entwickelte Land der arabischen Welt. Heute gehört das Sultanat zu den Staaten, die laut Weltentwicklungsbericht der Vereinten Nationen in den vergangenen Jahrzehnten die meisten Fortschritte gemacht haben…“
„Oman“ 2019 bei Reporter ohne Grenzen fasst die Situation der Medien dort so zusammen: „Omans Verfassung erlaubt explizit bestimmte Einschränkungen der Pressefreiheit. Straf- und Presserecht stellen etwa Berichte unter Strafe, die der Wirtschaft schaden oder Personen des öffentlichen Lebens verleumden könnten. Der Zugang zum Journalismus ist staatlich reglementiert. Selbstzensur ist verbreitet, Artikel über heikle Themen wie Behördenkorruption oder Homosexualität werden aus Angst vor Sanktionen selten veröffentlicht. Seit 2011 wurden Dutzende Blogger wegen Kritik am Emir, Aufrufen zu ungenehmigten Versammlungen und der Störung der öffentlichen Ordnung zu Haftstrafen verurteilt.“
„Unruhen im Oman erreichen Hauptstadt Maskat“ am 28. Februar 2011 bei der Zeit online war eine Agenturmeldung, worin es unter anderem hieß: „… Die Proteste in der arabischen Welt haben nun auch das Sultanat Oman erfasst. Hunderte Menschen demonstrierten vor einem Regierungsgebäude in der Hauptstadt Maskat. In Sohar, einer Industriestadt am Golf von Oman, blockierten ebenfalls Hunderte Demonstranten Zufahrtswege zum Hafen, zu einer Raffinerie sowie einer Aluminium-Fabrik. Nach Auskunft des Hafenbetreibers konnte Öl jedoch wie gewohnt exportiert werden. Zudem versuchten die Protestler, eine Polizeistation zu stürmen. Die Sicherheitskräfte setzten daraufhin Tränengas ein. Bereits am Wochenende war es in Sohar zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten gekommen. Über die Zahl der Opfer gibt es widersprüchliche Angaben. Einem Arzt zufolge kamen sechs Menschen ums Leben; der Gesundheitsminister sprach von einem Toten und 20 Verletzten. Die Teilnehmer an den Demonstrationen in der 50.000-Einwohner-Stadt hatten zunächst Jobs und bessere Arbeitsbedingungen gefordert. Nun gab es erstmals auch Parolen gegen den seit 40 Jahren herrschenden Sultan Kabus bin Said sowie Forderungen nach dem Rücktritt von Ministern wegen Korruption…“
„Meuterei in Muskat und Oman“ am 06. Mai 1966 bei der Zeit online berichtete damals über die Situation des Vaters des jetzt Verstorbenen: „… Den arabischen Nationalisten ist er gleichermaßen verhasst als “Erzreaktionär” – in seinem Reich ist Sklaverei gesetzlich erlaubt – und als “Söldling der britischen Kolonialisten”. Einer seiner Vorfahren, zu Zeiten Napoleons, war der erste arabische Herrscher, der mit den Briten einen Schutz- und Beistandspakt abschloss. Seit Shell im Hinterland von Oman große Ölvorkommen entdeckt hat, interessieren sich auch Saudi-Arabien und Ägypten für dieses Gebiet. Beide Staaten haben sich in den fünfziger Jahren in den Streit zwischen dem Sultan und dem Imam von Oman eingemischt. Britische Truppen paukten den Sultan damals frei; der Imam mußte nach Kairo fliehen. Die Engländer stellten dem Sultan eine neue Armee auf. Doch eigensinnig verschloß er sich ihrem freundschaftlichen Rat, seine rückständiger Untertanen allmählich an die Zustände des 20. Jahrhunderts zu gewöhnen “Zuviel Erziehung, zu große Eile schafft zuviel Unruhe.” Aber die revolutionären Ideen, die Radio Kairo verbreitet, sind längst auch in die Wüstenstädte und Oasen Südarabiens gedrungen. In Kairo etablierte sich eine “Befreiungsfront für Dhofar”...“
„John Graham (Generalmajor)“ ist ein Wikipedia-Eintrag über den britischen Offizier, der den Putsch des modernisierungswilligen Sohnes gegen den Vater faktisch organisierte und den anschließenden Feldzug gegen die antiimperialistische Bewegung: „… 1970 wurde Graham als Brigadegeneral abkommandiert, um Oberkommandierender der Streitkräfte des Oman zu werden, die aus insgesamt 4000 Mann bestand. Die unbeugsame Persönlichkeit und repressive Politik von Sultan Said ibn Taimur hatte es ermöglicht, dass weite Teile des wohlhabenden südlichen Gouvernement (Manatiq) Dhofar unter die Kontrolle einer stark bewaffneten und hochmotivierten kommunistischen Rebellenarmee gefallen war. Qabus ibn Said, der an der Royal Military Academy Sandhurst ausgebildete Sohn des Sultans, befand sich unter Hausarrest, als er persönlich an Graham appellierte, so dass dieser eine führende Rolle zur Absetzung des Sultans am 23. Juli 1970 und dessen Gang ins Exil nach Großbritannien übernahm. Qabus löste daraufhin seinen Vater ab und während der folgenden Jahre wurden die nördlichen Gouvernements von marxistischen Banden befreit und diese entwaffnet. Im Gouvernement fanden in Zusammenarbeit mit den britischen Streitkräften eine Reihe von Militäroperationen statt, die letztendlich erfolgreich zur Wiederherstellung der Herrschaft des Sultans über einen Großteil dieses Gouvernements führten. Als Graham 1972 Oman verließ, übergab er ein 11.000 Mann starkes Heer, eine Luftwaffe mit 49 Flugzeuge sowie eine wachsende Marine mit modernen Kriegsschiffen. Damit war die Sicherheit des Landes gewährleistet und eine notwendige Modernisierung folgte…“
“Der Dhofar-Krieg” bei RAO online hält zu diesem (britischen) Feldzug unter anderem fest: “… Der neue Sultan verfolgte mit britischer und pakistanischer Unterstützung eine neue Militärdoktrin. Einerseits gewann er durch seine sozialen Programme das Vertrauen und die Sympathie der lokalen Bevölkerung zurück. Andererseits verordnete er seinen Truppen durch eine Umorganisation, eine bessere Ausbildung und wirkungsvollere Waffen eine höhere Kampfkraft. Auf den Höhen des Dhofargebirges erkämpften sich die Truppen Verteidigungslinien mit kleinen Stützpunkten, von wo aus die Nachschublinien der Rebellen unterbrochen wurden. Die britische Luftwaffe spielte dabei eine wichtige Rolle. 1973 erhielt Sultan Qaboos militärische Unterstützung durch den Schah von Persien. Ein iranisches Regiment vertrieb die Rebellen von der Strassenverbindung von Salalah nach Thumrait. Im Oktober 1975 zerstörtenbritische, iranische und omanische Truppen in einer koordinierten Militäroperation alle Nachschubwege der Rebellen aus dem Jemen. Bis Ende 1975 ergaben sich die meisten der nun isolierten Rebellengruppen oder setzten sich in den Südjemen ab. Im Januar 1976 hat Sultan Qaboos den Sezessionskrieg für beendet erklärt. Laut Chronisten hat der Krieg einige tausend zivile und militärische Opfer gefordert…“
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