Sonntag, 28. Oktober 2018

Gegen die biologische Uhr



Am Sonntag werden die Uhren eine Stunde zurück gestellt. Die EU will diese Uhrenumstellung abschaffen. War das Ganze ein Irrtum?
Wahrscheinlich war es ein Irrtum. Die Grundidee stammt aus einer Zeit, als die meisten Leute keine Uhren hatten. Benjamin Franklin hat 1784 in einem Brief an eine Pariser Zeitung behauptet, man könne Tausende Kerzen einsparen, wenn man die Zeit im Sommer vorverlegt. Das hat damals niemanden überzeugt.

Zur Person

Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenschaftsredakteur des »nd« und der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere.
Wolfgang Hübner fragte ihn nach der Uhrenumstellung.
Warum auch? Die meisten Leute richteten sich einfach nach Sonnenaufgang und Sonnenuntergang.
Ja, wer arbeiten musste, vor allem auf dem Land, erhob sich, wenn es hell wurde.
Weshalb könnte die Idee ein Irrtum sein?
Wegen der angeblichen Effekte. Die Sache wurde interessant, seitdem Uhren das menschliche Leben bestimmen. Also mit der industriellen Revolution. Erstmals gab es die Sommerzeit im Ersten Weltkrieg. Das Deutsche Reich kurbelte seine Wirtschaft an und man glaubte, mit der Sommerzeit ab 1916 Strom und Gas zu sparen.
Was ist heute anders?
Heute werden viele Geräte nie abgeschaltet oder sie bleiben im Stand-by-Modus. Und bei dem geringen Verbrauch der LED-Lampen kann man kaum noch etwas sparen. Mehrere Studien kamen inzwischen zu dem Schluss, dass der Einspareffekt vernachlässigbar ist. Dagegen ist der gesundheitliche Schaden groß.
Ist eine Stunde Unterschied wirklich ein ernsthafter Faktor? Viele Menschen gehen doch sowieso nicht auf die Minute pünktlich ins Bett.
Der wunde Punkt ist, dass viele Leute ohnehin gegen ihre biologische Uhr leben müssen. Wegen langer Arbeitswege oder wegen Schichtarbeit. Schüler, besonders in den höheren Klassen, haben laut Untersuchungen Probleme, früh am Morgen schon etwas zu lernen.
Wie wichtig sind Helligkeit und Dunkelheit?
Versuchsweise blieben Leute mal längere Zeit in einer finsteren Höhle und haben ihren Tagesablauf nur nach der inneren Uhr organisiert. Da ergab sich ungefähr ein 25-Stunden-Tag. Dieser Rhythmus wird durch die Sonne geeicht.
25 Stunden? Entweder ist da das Weltall falsch konstruiert oder der Mensch.
Wer an einen intelligenten Schöpfer glaubt, liegt schief. Es gibt so viele Fehlkonstruktionen - die müsste der sich als Strafe ausgedacht haben.
Was ist belastender - Uhr vor oder zurück?
Ich weiß nur: Wenn ich die Stunde wiederkriege im Herbst, geht es mir besser. Da zahlt mir jemand seine Schulden zurück.
Was passiert, wenn sich nicht alle EU-Staaten an die dauernde Sommerzeit halten?
Es gibt sowieso verschiedene Zeitzonen. Das riesige China hat übrigens eine Einheitszeit. Dagegen haben Russland und die USA elf Zeitzonen.
Elf Zeitzonen in Deutschland - würde dann die Deutsche Bahn noch ordentlich funktionieren?
Funktioniert sie denn jetzt ordentlich?

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