Wiesbadener Landesregierung will Verfassungsschutz Einsatz von Spionagesoftware erlauben
Nicht nur in Bayern, sondern auch in Hessen soll die Überwachung
weiter vorangetrieben werden. Die »schwarz-grüne« Landesregierung von
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) legte dem Landtag in Wiesbaden
am 14. November vergangenen Jahres ein Gesetz zur »Neuausrichtung« des
hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz vor, das bis heute noch von
den Abgeordneten verabschiedet oder abgelehnt werden muss. Kern dieses
Gesetzesvorschlags ist die Ermächtigung des hessischen
Inlandsgeheimdienstes zur sogenannten
Quellen-Telekommunikationsüberwachung sowie zum »verdeckten Zugriff auf
informationstechnische Systeme«. Dahinter verbirgt sich der Einsatz von
»Staatstrojanern«, also von im staatlichen Auftrag entwickelter
Spionagesoftware, mit der Computer und mobile Endgeräte verdächtiger
Personen infiziert und anschließend überwacht werden können.
Der
Druck auf Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden ist gestiegen, da
sich die Ende-zu-Ende verschlüsselte Kommunikation seit einigen Jahren
starker Verbreitung erfreut. Massenhaft genutzte Messengerdienste wie
Facebooks »Whats-App« wurden nachträglich mit etablierter Kryptographie
ausgestattet. Und auch alternative Dienste sowie moderner E-Mail-Verkehr
machen es Nutzern immer einfacher, verschlüsselt Nachrichten und
Dateien auszutauschen. Diesem Trend wollen staatliche Akteure weltweit
vor allem dadurch begegnen, dass sie auf die Geräte zugreifen, bevor
eine Nachricht verschlüsselt und abgeschickt werden kann.
Was den geplanten »Hessentrojaner«, also die hessische Variante des
Staatstrojaners, betrifft, warnte unter anderem der Chaos Computer Club
(CCC) in einer Mitteilung vom 6. November 2017, dass bei Verabschiedung
des geplanten Gesetzes die IT-Sicherheit weltweit gefährdet werde. Denn
damit der Staat Spähprogramme installieren kann, müssen entsprechende
Sicherheitslücken in der Software eines Smartphones oder Computers
ausgenutzt werden. Würden diese Schwachstellen öffentlich bekannt,
hätten Spezialisten die Möglichkeit, Updates zu entwickeln und damit die
Sicherheit aller Nutzer zu erhöhen. Die logische Folge daraus ist, dass
der Staat ein Interesse daran entwickeln muss, das Wissen über
Sicherheitslücken für sich zu behalten, will er das Funktionieren von
Staatstrojanern als Mittel der Strafverfolgung bzw. Gefahrenabwehr
gewährleisten. Zum vorgeblichen Schutz der Bürger vor Terroristen muss
der Staat also immer ein Stück Unsicherheit in der Hinterhand haben.
Seinen Bedarf an Informationen über geheime Schwachstellen dürfte er
nicht zuletzt auf dem Schwarzmarkt decken, wo auch Cyberkriminelle ihre
Kenntnisse einkaufen.
Für ihren »Hessentrojaner« erhielt die hessische Landesregierung aus CDU
und Bündnis 90/Die Grünen inklusive ihrer Fraktionen im Landtag am 20.
April den diesjährigen »Big Brother Award« in der Kategorie Politik.
»Der schwarz-grüne Gesetzentwurf enthält eine gefährliche Anhäufung
schwerwiegender Überwachungsbefugnisse, mit denen tief in Grundrechte
eingriffen werden kann«, lautet die Begründung der Jury.
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