Bundesregierung von Betreiber des weltgrößten Internetknotenpunkts verklagt. Der will BND-Glasfaserüberwachung stoppen
Von Marc Bebenroth
Sollten die Richter freien Zugriff auf die Leitungen in Frankfurt stoppen, geht auch der große Bruder NSA leer aus
Foto: picture alliance / PantherMedia
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Aktualisierung vom 31. Mai, 10 Uhr: Der
Bundesnachrichtendienst (BND) darf weiterhin massenhaft Daten beim
Internetknotenpunkt De-Cix in Frankfurt am Main abgreifen. Dies hat am
späten Mittwoch abend das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig
entschieden, wie die Deutsche Presseagentur in der Nacht zum
Donnerstag berichtete. Die Klage der Betreiberfirma gegen die
Bundesregierung wurde abgewiesen. In ihrer Urteilsbegründung betonten
die Richter, De-Cix könne verpflichtet werden, bei der strategischen
Überwachung durch den BND mitzuwirken. Weitere Rechtsmittel gegen die
Entscheidung ließ das Gericht nicht zu. (mb)
Eine
millionenfache Grundrechtsverletzung gebe es in Deutschland nicht,
behauptete im August 2013 der damalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla
(CDU). Zugleich erklärte er kurzerhand die Debatte um Massenüberwachung
durch deutsche, britische und US-amerikanische Geheimdienste für
beendet. Für das Gegenteil sprechen zahlreiche Beweise und Indizien.
Viele davon verdanken wir Edward Snowden, ehemaliger Mitarbeiter des
US-Geheimdienstes NSA. Vor fünf Jahren berichteten Journalisten des
britischen Guardian auf der Grundlage von ihm gelieferter
Informationen erstmals über das Ausmaß der weltweiten Überwachung. Bei
dieser gewährleistet das Anzapfen der globalen Internetknotenpunkte
höchste Effizienz. Wer auf sie zugreifen kann, dem fällt quasi der
weltweite Datenstrom in die Hände. Der weltweit größte
Netzknotenpunkt befindet sich in Frankfurt am Main. Dort unterhält die
Betreiberfirma De-Cix mehrere Rechenzentren, in denen mehr als 1.000
Glasfaserkabel zusammenlaufen. An diese hat sich der
Bundesnachrichtendienst (BND) schon vor Jahren angeschlossen. Wie
bereits in der jW-Mittwochausgabe kurz berichtet, hat De-Cix
gegen diese Praxis Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig
eingereicht. Die erste mündliche Verhandlung fand am Mittwoch statt.
Konkret wendet sich das Unternehmen gegen die »Inanspruchnahme« durch
den BND »im Rahmen der strategischen Fernmeldeüberwachung«, wie es in
einer Mitteilung des Gerichts heißt. Geklagt wird gegen Anordnungen der
Bundesregierung an den Geheimdienst. Deshalb müssen sich auch Vertreter
der Regierung und nicht Repräsentanten des BND in Leipzig zu den
Vorwürfen äußern. Die Anwälte der Bundesregierung argumentieren einem Bericht der Süddeutschen Zeitung (Dienstagausgabe) zufolge, die Betreiberfirma sei gar nicht klageberechtigt. De-Cix könne nicht stellvertretend für Millionen Betroffene Beschwerde führen. Für die Firma dagegen ist klar: Der BND ist ein Auslandsgeheimdienst und hat deshalb kein Recht, Inlandskommunikation zu überwachen. Anlassloses Abhören sei ebenfalls rechtswidrig. Ob das, was der BND tut, rechtens ist, interessierte bislang weder Regierung noch Geheimdienst. Mit der im Dezember 2016 in Kraft getretenen Änderung des BND-Gesetzes wurden jedoch alle bis dato illegalen Praktiken legalisiert.
Martina Renner, für die Linke-Fraktion Mitglied im Innenausschuss des Bundestags, kritisierte am Mittwoch gegenüber jW, dass der Generalbundesanwalt oder andere Behörden nicht ihrerseits »im Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Abschnorcheln am Knotenpunkt in Frankfurt Ermittlungen aufgenommen« haben. Die Bundesregierung wiederum versuche mit »Gerede von ausreichendem Grundrechtsschutz durch Filtersysteme« die Bevölkerung in Sicherheit zu wiegen. Tatsächlich werde »massenhaft Recht verletzt«, sagte die Politikerin.
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