Hamburger »Soko Schwarzer Block« veranlasst Durchsuchungen bei G-20-Gegnern in Italien, Frankreich, Spanien und der Schweiz
Die Sonderkommission (SoKo) »Schwarzer Block« der Hamburger Polizei ist weiter im Jagdfieber. Am frühen Dienstag morgen ließ die rund 145 Beamte starke Truppe, aufgestellt nach dem G-20-Gifpel Anfang Juli 2017, in halb Europa Kollegen von der Kette.
In Italien, Frankreich, Spanien und der Schweiz wurden Wohnungen von G-20-Gegnern und linke Szenetreffs durchsucht, wie mehrere Medien unter Berufung auf die Hamburger Polizei berichteten. Die Razzien hätten das Ziel gehabt, Erkenntnisse über Krawalle an der Elbchaussee in Altona am Morgen des 7. Juli zu bringen. An jenem Tag waren rund 220 Menschen von der Elbchaussee aus durch den Stadtteil gezogen und hatten Fensterscheiben von Filialen großer Firmen eingeschlagen sowie 19 Autos angezündet.
Unter anderem wurden Objekte in den italienischen Städten Rom und Genua durchsucht. Im schweizerischen Bremgarten nahe Bern überfielen Beamten der Kantonspolizei Aargau das Kulturzentrum Bremgarten (KuZeBe) und die Wohnung eines 27jährigen, dessen Foto die Polizei bereits im Zusammenhang mit den Elbchaussee-Krawallen veröffentlicht hatte. In Frankreich wird nach einem Mann gefahndet, für den die Staatsanwaltschaft Hamburg einen EU-Haftbefehl erwirkt hat. In Spanien vollstreckte die Polizei im Großraum Madrid drei Durchsuchungsbeschlüsse. Nach Angaben des dortigen Innenministeriums wurden dabei drei Männer identifiziert, die in Hamburg »beträchtliche Sachschäden« verursacht hätten und an »gewaltsamen Aktionen gegen Polizisten« beteiligt gewesen seien.
Grundlage für die Razzien sei die Auswertung von Videomaterial, das mehrere Personen mit den Vorgängen an der Elbchaussee in Verbindung bringe, berichtete der NDR am Dienstag unter Berufung auf SoKo-Chef Jan Hieber. Den Ermittlern sei es gelungen, durch Auswertung von DNA-Spuren Tatverdächtigen ihre Beteiligung an den Zerstörungen nachzuweisen. Die Hamburger SoKo wurde am Dienstag von diversen Polizeidienststellen sowie der europäischen Behörde Eurojust mit Sitz in Den Haag unterstützt. Eurojust ist die Justizbehörde der EU und koordiniert grenzüberschreitende Strafverfahren auf europäischer Ebene.
»Dass Hamburgs Polizei Eurojust für ihre grenzübergreifende Jagd auf G-20-Gegner eingespannt hat, kommt einem regelrechten Missbrauch dieser für Schwerkriminalität wie Terrorismus, Menschenhandel oder Kinderpornographie zuständigen Behörde gleich«, kritisierte Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, am Dienstag im Gespräch mit jW. Zweifellos sei es an der Elbchaussee zu massiven Sachbeschädigungen gekommen. »Doch zerstört wurden Autos, Personen kamen nicht zu Schaden«, sagte die Abgeordnete. Wer mit Blick auf die Vorfälle wie Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) von Terrorismus spreche, verharmlose »den tatsächlichen Terrorismus von Neonazis und Dschihadisten«. Leider legten die Behörden keinen vergleichbaren Ermittlungseifer an den Tag, wenn es um »Hunderte abgetauchte Neonazis« oder um Wirtschaftskriminelle gehe.
Scharfe Kritik kam auch von Halil Simsek von der Gruppe »Roter Aufbau Hamburg«, die die Gipfelproteste im vergangenen Juli mitorganisiert hatte. Mit Blick auf die Razzien sagte er, die SoKo sei »wohl eher ein PR-Büro«, dem es »mehr um die Deutungshoheit in den Medien als um Aufklärung geht«, sagte er gegenüber jW. Besorgniserregend sei, dass die Justiz solche Maßnahmen erneut absegnet habe.
Von Kristian Stemmler, junge Welt 30.5.18
Von Kristian Stemmler, junge Welt 30.5.18
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