Mittwoch, 23. Juli 2014

Flugzeugabschuss: Steilvorlage für nächsten Eskalationsschritt im Ukraine-Konflikt?

IMI-Standpunkt 2014/035 (Update: 21.07.2014) von: Jürgen Wagner | Veröffentlicht am: 18. Juli 2014 Am 17. Juli 2014 stürzte über dem Osten der Ukraine eine Boeing 777 der Malaysia Airlines mutmaßlich aufgrund eines Raketenbeschusses ab. Obwohl die genaueren Umstände und insbesondere die Urheber der Tragödie, bei der 298 Menschen ums Leben kamen, bislang vollkommen ungeklärt sind, sind sich interessierte Kreise im Westen – nämlich diejenigen, die ohnehin seit Langem auf eine weitere Eskalation des Ukraine-Konfliktes drängen – sicher, dass hierfür Russland und/oder die von ihm unterstützen separatistischen Kräfte im Osten zur Verantwortung gezogen werden müssten. So äußerte sich US-Präsident Barack Obama: „Die Indizien deuten darauf hin, dass das Flugzeug von einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen wurde, die von einem Gebiet in der Ukraine gestartet wurde, das sich unter Kontrolle von Russland unterstützter Separatisten befindet.“[1] Allerdings enthüllt ein Artikel der New York Times, in dem auf die Aufklärungsdaten eingegangen wird, auf die der Präsident seine Aussage stützte, diese seien nicht eindeutig genug, um den genauen Abschussstelle und noch weniger die Urheber zu identifizieren.[2] Dennoch wird in den USA kräftig mit den Säbeln gerasselt, insbesondere einmal mehr vom einflussreichen ehemaligen republikanischen Präsidentschaftskandidaten, Senator John McCain: “Sollte sich herausstellen, dass Russland oder die Separatisten hinter dieser Katastrophe stecken, dann blüht ihnen die Hölle auf Erden. Dann hat das schreckliche Konsequenzen.”[3] Hierzulande meldete sich u.a. Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff zu Wort, der einen Blauhelmeinsatz mit deutscher Beteiligung forderte: “Wir sind jetzt in einer Phase, in der wir über einen Blauhelmeinsatz unter dem Dach der Vereinten Nationen mit einem entsprechenden Mandat nachdenken müssen. […] Wenn eine solche Mission zustande kommen sollte, würde auch Deutschland gefragt sein.”[4] Auch in der SPD gibt es Stimmen, die den Vorschlag befürworten. So wird Hans-Peter Bartels, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses des Bundestags, mit den Worten zitiert: „Zunächst muss eine Lösung für den Frieden in der Ukraine gefunden werden. Wenn es dann darum geht, eine Vereinbarung zu überwachen, wäre ein Blauhelm-Einsatz denkbar.“[5] Dies alles geschieht, wie gesagt, ohne dass die genauen Umstände auch nur im Entferntesten aufgeklärt wären. Ganz vorne mit dabei sind hier vor allem auch die wichtigsten deutschen Leitmedien, die mit der von ihnen gewohnten journalistischen Sorgfaltspflicht betonen, es gäbe noch keine 100 Prozent sicheren Erkenntnisse, wer zu beschuldigen sei, es aber trotzdem eigentlich doch schon ganz genau wissen. Auf Spiegel Online heißt es noch vergleichsweise vorsichtig, „Erste Spuren führen zu den Separatisten“[6]. Deutlich mehr in die Eskalationskerbe haut Klaus-Dieter Frankenberger in der FAZ: „Im Moment kann man sich nur auf Vermutungen stützen […] Aber es gibt Indizien, die es plausibel erscheinen lassen, dass es ein rücksichtsloser, ruchloser militärischer Akt war, verübt von prorussischen Separatisten in der Ostukraine, die das Flugzeug auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur mit einer Boden-Luft-Rakete abschossen; möglicherweise haben sie es mit einem ukrainischen Militärflugzeug verwechselt. […] Die Europäische Union wiederum wird nun entscheiden müssen, ob sie die Sanktionsschraube kräftig anzieht oder ob sie weiterhin Illusionen nachläuft.“[7] Auch der stets interventionsfreudige Stefan Kornelius, Leiter des außenpolitischen Ressorts der Süddeutschen Zeitung, warnt zwar davor, dies als abschließende Beweise misszuverstehen, dennoch seien die „Indizien“ aber „erdrückend“: „Der Absturz der malaysischen Maschine wird diesen Krieg entscheidend beeinflussen. Die Ukraine wird alle Unterstützung brauchen, um ihre Grenzen schließen und sichern zu können. Sollte am Ende die Beweiskette gegen die prorussischen Separatisten und die Waffenlieferanten aus Moskau geschlossen sein, dann wird Russland die volle Wucht der Sanktionen treffen müssen – auch und gerade aus Europa.“[8] Nichts ist unmöglich, auch nicht, dass der Abschuss tatsächlich auf das Konto der Separatisten oder Russlands geht – nur ob dies wahrscheinlich ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Dabei sind die vom Westen präsentierten „Beweise“ hochgradig widersprüchlich. Erst wurden Belege genannt, die einen „versehentlichen“ Abschuss durch die Rebellen nahelegten. Nun wird aber unisono Russland beschuldigt, mehr oder weniger direkt für die Tat verantwortlich zu sein. Dies würde aber ein „Versehen“ mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen und bedeuten, Russland hätte beschlossen, gezielt eine zivile Maschine vom Himmel zu schießen. Angesichts dieser Anschuldigung stellt sich aber dringend die Frage, weshalb um alles in der Welt Russland eine Tat begehen sollte, die vollkommen vorhersehbar allein seinen Gegnern in die Karten spielen würde. Dies und die Erfahrung, dass wohl nahezu jeder Krieg – insbesondere auch die des Westens in der jüngeren Vergangenheit – mit dreisten Lügenkonstrukten gerechtfertigt wurde, sollte eigentlich eine Warnung vor vorschnellen Vorverurteilungen sein. Was es nun bedarf ist eine genaue Untersuchung und nicht ein militaristisches Säbelrasseln, das genau in die Eskalation führen könnte, die sich Viele im Westen scheinbar ohnehin herbeisehnen. Stattdessen wird der Absturz von allen Seiten instrumentalisiert, anstatt die Frage zu stellen, wie solche Ereignisse künftig vermieden werden können und weshalb überhaupt ein ziviles Passagierflugzeug über einem Kriegsgebiet fliegt.[9] Kriegslügen Kriegslügen haben eine lange Geschichte, wir der Historiker Wolfram Wette ausführt: „Aischylos (525-456 v. Chr.), der griechische Dichter und Schöpfer der griechischen Tragödie, erkannte den Zusammenhang bereits in voller Klarheit: ‚Im Krieg ist die Wahrheit das erste Opfer.‘ Diese Erkenntnis ist seitdem in verschiedenen Varianten vieltausendfach wiederholt worden. Das kann kein Zufall sein. Es muss damit zusammen hängen, dass die historische Wirklichkeit den Sachverhalt immer wieder bestätigt hat.“[10] Doch auch wenn man nicht gewillt ist, so weit in die Vergangenheit zurückzugehen, findet sich auch in jüngerer Zeit kaum ein Konflikt bzw. eine Militärintervention mit westlicher Beteiligung, in dem Kriegslügen nicht eine wesentliche Rolle gespielt haben, um die augenscheinlich angestrebte Eskalation herbeiführen und legitimeren zu können: Die Brutkasten-Lüge (Irak-Krieg 1990[11]), das angebliche „Massaker“ von Racak (Jugoslawien-Krieg 1999[12]), Saddam Husseins angeblichen Massenvernichtungswaffen (Irak-Krieg 2003[13]) und die vorgebliche Bombardierung von Zivilisten (Libyen-Krieg 2011[14]) sind hier nur einige „Highlights“ in diesem Zusammenhang. Selbst der auf den ersten Blick „eindeutigste“ Fall, der Angriff der USA auf Afghanistan (2001) aufgrund der Unterstützung Osama Bin Ladens durch die Taliban, wirft bei näherer Betrachtung eine Menge Fragen auf. Denn in jedem Fall entspricht die Behauptung, die Taliban seien nicht zur Auslieferung Bin Ladens bereit und ein Angriff somit – aus US-Sicht – unumgänglich gewesen, nicht der Wahrheit. Schon vor dem 11. September 2001 kam es mehrfach zu Verhandlungen mit den USA, in denen die Taliban die Auslieferung bin Ladens angeboten hatten[15] und auch danach blieb diese Tür durchaus offen, sie wurde jedoch von den USA bewusst zugeschlagen, obwohl – oder wohl besser: weil – hierdurch ein Krieg hätte verhindert werden können.[16] Zuletzt wurde die syrische Regierung beschuldigt, Chemiewaffen gegen Aufständische eingesetzt zu haben. Doch auch dieser Vorwurf stand mit der Zeit auf immer wackligeren Beinen, während sich die Indizien mehrten, dass tatsächlich die Aufständischen selbst die Urheber waren, um hierdurch eine westliche Militärintervention zu ihren Gunsten herbeizuführen.[17] Zumindest eines sollten diese Erfahrungen dringend nahelegen: Eindeutige Wahrheiten sind in Kriegssituationen mehr als einmal zu hinterfragen und vorschnelle Verurteilungen sind nichts anderes als verantwortungslose Kriegstreiberei. Unhinterfragte Ungereimtheiten Für den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko ist die Sache eindeutig: Bei dem Flugzeugabschuss handele sich um einen “terroristischen Akt” der Rebellen, weshalb der Westen ihn bzw. sein Land im Kampf gegen diese Kräfte nun noch stärker unterstützen müsse.[18] Der ukrainische Parlamentsvorsitzende Alexander Turtschinow forderte ebenfalls, es sei “Zeit fürdie zivilisierte Welt“, der Ukraine zu helfen, “die Terroristen zuvernichten, wo immer sie sein mögen, durch den Beginnder Lieferung vonmodernen Waffenundmilitärischer Ausrüstung anuns“.[19] Auch viele Medien waren sich schnell sicher, was abgelaufen sein soll. Neben den oben bereits zitierten Leitmedien sprang natürlich auch die „Bild“ ins Boot. Auf ihrer Internetseite wurden sämtliche „Beweise“ bündig aufgeführt: „Alle Spuren führen zu ihm“ – „Gab Rebellen-Chef Igor Strelkow den Befehl, auf Flug MH-17 zu schießen?“ – „Auf Facebook feierte er den Abschuss!“ – „Verräterischer Funkverkehr!“[20] Zunächst wurden vor allem zwei „klare Hinweise“[21] für eine Urheberschaft der Separatisten genannt: Strelkow, der in den Medien als “Verteidigungsminister” der “Republik Donezk”[22] bezeichnet wird, soll auf VKontakte, dem russischen Facebook-Pendant, den Abschuss einer Antonow AN-26 gemeldet haben. Dieser Eintrag – so die gängige Interpretation – sei gelöscht worden, nachdem sich herausgestellt habe, dass es sich stattdessen um die zivile MH-17 gehandelt habe.Beim zweiten „Beweis“ handelt es sich um – ausgerechnet – vom ukrainischen Geheimdienst SBU abgehörte Telefongespräche aus denen hervorgehe, dass eine Rebelleneinheit hierfür verantwortlich gewesen sei.[23] Die Beweiskraft dieser „Beweise“ darf jedoch getrost angezweifelt werden: Wie nicht zuletzt die jüngsten NSA-Skandale gezeigt haben sollten, sind Geheimdienste sehr wohl in der Lage, jedes Nutzerprofil auf einer Facebook-ähnlichen Seite zu manipulieren; und dass Aussagen des Geheimdienstes einer der Hauptkonfliktparteien, die zudem am meisten von genau einer solchen Interpretation profitieren würde, mit Vorsicht genossen werden sollten, liegt ebenfalls mehr als auf der Hand.[24] Die Kernfrage lautet jedoch, wer überhaupt in der Region über ein entsprechendes Waffensystem und die erforderlichen technischen Kompetenzen verfügte, mit denen ein Flugzeug, das Angaben zufolge in etwa 10.000 Meter Höhe flog, abgeschossen werden konnte. Russland betont hierbei, dass ukrainische Regierungstruppen vor Ort solche Flugabwehrbatterien stationiert hatten: „Die malaysische Boeing 777, die am Donnertag über der Ukraine abgestürzt ist, ist nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums im Wirkungsbereich von fünf ukrainischen Fla-Batterien geflogen.“[25] Was die Rebellen anbelangt, so besitzen sie zwar schultergestützte Boden-Luft-Flugabwehrraketensysteme (Manpads), mit ihnen können aber „nur“ Ziele bis zu einer Höhe von etwa 4.500 Meter abgeschossen werden. Auch von ukrainischer Seite wird eingeräumt, dass die Aufständischen nicht über Flugabwehrsysteme verfügt hätten, die 10.000 Meter und höher Ziele abschießen konnten – allerdings wird dabei im selben Atemzug direkt Russland beschuldigt: “Die prorussischen Separatisten in der Ostukraine haben nach Kenntnis ukrainischer Behörden keine Raketenflugabwehrsysteme vom Typ ‚Buk‘ für den Abschuss von Flugzeugen in ihrem Besitz gehabt. Die Aufständischen hätten – anders als von ihnen selbst im Juni behauptet – keine einsatzfähigen Waffensysteme dieser Art erobert, sagte der ukrainische Generalstaatsanwalt Witali Jarema am Freitag in Kiew Medien zufolge. Aus Sicht der Ukraine führt die Spur nach Russland.“[26] Aus Reihen der USA wird inzwischen mit absoluter Sicherheit Russland beschuldigt, die Rebellen mit dem Waffensystem ausgerüstet zu haben. So äußerte sich US-Außenminister John Kerry: “Es ist ziemlich klar, dass dieses System von Russland in die Hände der Separatisten gelangte.”[27] Doch selbst wenn man hier einmal außen vor lässt, dass sich diese Beschuldigungen auf nicht verifizierbare „Erkenntnisse“ der amerikanischen und ukrainischen Geheimdienste stützt, stellt sich weiter die Frage, ob die Rebellen über die notwendigen Kompetenzen für ein solch „kompliziertes und anspruchsvoll zu bedienendes System“ verfügten.[28] Denn während die Handhabung von Manpads verhältnismäßig einfach ist, verhält es sich bei Systemen, deren Reichweite 10.000 Meter und mehr beträgt, ganz anders: „Es bedarf einer Menge Trainings und umfassender Koordination, um so ein Ding abzuschießen und etwas zu treffen. […] Das ist nicht die Sorte Waffe, die ein paar Typen aus der Garage ziehen und abfeuern können.“, wird der pensionierte Brigadegeneral Kevin Ryan zitiert.[29] Die schwierige Bedienung dient dabei als weiterer „Beweis“ für eine Involvierung Moskaus, die noch über die „bloße“ Lieferung der Systeme hinausreiche. So wird der ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk mit den Worten zitiert: „Wir wissen, dass diese Systeme nicht von betrunkenen Gorillas bedient werden können. Hier ist sehr professionelles Personal nötig, um Ziele zu finden, und die Rakete abzufeuern. Möglicherweise könnten Leute dieser Art aus Russland gekommen sein.”[30] Washington argumentiert in exakt dieselbe Richtung: „US-Vertreter sagen unter der Hand, dass sie von einer tieferen Verstrickung der Russen ausgehen als lediglich der Lieferung von Waffensystemen an die Rebellen. Konteradmiral John Kirby, Pressechef des Pentagon, sagte am Freitag, dass die SA-11 ‚ein anspruchsvolles System‘ sei und ‚man muss schon sehr leichtgläubig sein, wenn man meint, dass die Separatisten dieses ohne eine gewisse russische Unterstützung und technische Hilfe bedienten können.‘”[31] Was womöglich auf den ersten Blick stimmig erscheinen mag, passt jedoch in Wahrheit vorne und hinten nicht zueinander. Denn die nun „präferierte“ Erklärungsvariante widerspricht den zunächst unisono als wasserdicht präsentierten „Beweisen“ – dem Facebook-Eintrag und den abgehörten Telefonaten –, die einen Abschuss aus „Versehen“ bzw. aufgrund einer „Verwechslung“ mit einer Antonow-26 durch die Rebellen nahelegen. Da die Aufständischen nach ukrainischen Angaben nicht eigenständig an ein Flugabwehrsystem gekommen sein können, sondern dies nur mit Unterstützung Moskaus möglich gewesen sein soll, ist dieser Version zufolge aber eine „Verwechslung“ aus „Unkenntnis“ nahezu auszuschließen. Denn ein ziviles Flugzeug ist nach Aussagen von Experten von einer feindlichen Maschine für russisches Militär relativ problemlos zu unterscheiden: „Die Abwehrstellung kann zivile Flugzeuge normalerweise mit Hilfe der sogenannten Freund-Feind-Erkennung, auch bekannt als IFF (Identification Friend or Foe), erkennen. ‚Jedes zivile Linienflugzeug hat einen IFF-Transponder‘, sagt Karl-Josef Dahlem, Chefberater für Luftverteidigungssysteme beim europäischen Rüstungskonzern MBDA. […] Selbst ohne IFF-Antwort hätte es für die Buk-Mannschaft deutliche Anzeichen gegeben, dass es sich um eine zivile Maschine handelte. […] Ein Unfall durch einen Bedienungsfehler sei deshalb unwahrscheinlich, meint Dahlem.”[32] Diese Einschätzung deckt sich mit der von Nicholas Scherrer, Aviation-Experte für Flugzeugvorfälle bei der Schweizerischen Flugsicherung: „Zivile Flugzeuge sind auf einem Radar, auch einem ­militärischen, ganz klar gekennzeichnet, beschriftet, wenn Sie so wollen. Das Abfeuern einer Boden-Luft-Rakete, um ein Ziel in knapp zwölf Kilometern Höhe zu treffen, braucht ja einiges an Vorbereitung. Wir sprechen hier von Highend-Technik. Sie können da nicht einfach auf einen Knopf drücken. Sie müssen Software programmieren, Einstellungen vornehmen und so weiter, das ist alles nicht so einfach, weil Sie ein Objekt treffen wollen, das sich mit 800 Stundenkilometern vorwärtsbewegt. […] Ich gehe davon aus, dass jene, die auf den Knopf drückten, um die Rakete abzufeuern, Profis waren. Als Amateur wären Sie gar nicht in der Lage, so ein komplexes System zu bedienen. Also, wenn Sie als Profi eine Militärmaschine abschiessen wollen, warum fokussieren Sie als Ziel dann ein ziviles Flugzeug?“[33] Cui bono? Was in jedem Fall gesagt werden kann ist, dass die Beweislage – vorsichtig formuliert – zum aktuellen Zeitpunkt äußerst lückenhaft ist und in jedem Fall die allenthalben stattfindende Vorverurteilung anti-westlicher Kräfte in keiner Weise rechtfertigt. Wenn sich doch herausstellen sollte, dass es sich um einen unbeabsichtigten Abschuss seitens der Rebellen oder Russlands handelte, der nun vertuscht werden soll, sind die Verantwortlichen sicher in der ein oder anderen Weise zur Rechenschaft zu ziehen. Diese Tragödie rechtfertigt es aber in jedem Fall nicht, derart drastische Eskalationsschritte zu ergreifen, wie sie aktuell eifrig westlicherseits diskutiert werden. Wenn sich allerdings die Vermutungen der oben zitierten Experten Karl-Josef Dahlem und Nicholas Scherrer bestätigen, dass es sich um einen beabsichtigten Abschuss und nicht um ein Versehen handelte, so stellt sich die uralte Frage, wer hiervon eigentlich einen Nutzen hätte, umso dringlicher. Und hier bleibt die Feststellung, dass es kein erdenkliches Szenario gibt, in dem sich Russland und/oder die ukrainischen Rebellen hiervon einen wie auch immer gearteten Vorteil hätten versprechen können. Ganz anders verhält es sich hier mit der Gegenseite, wie der italienische Journalist Tony Cartalucci zurecht feststellt: „Der Abschuss der malaysischen Boeing 777 hätte für die NATO und ihr Stellvertreter-Regime in Kiew zu keinem Zeitpunkt günstigeren Zeitpunkt kommen können. Kiews Truppen wurden im Osten der Ukraine auseinandergenommen, einige Einheiten eingekreist und zerstört. Im Westen des Landes mehrte sich der Widerspruch durch Ukrainer, die keine Bereitschaft hatten, in den Kampf zu ziehen. […] Russland und die Kämpfer im Osten der Ukraine haben nichts durch den Abschuss einer Zivilmaschine zu gewinnen, aber alles zu verlieren.“[34] Anmerkungen [1] http://www.smh.com.au/world/obama-says-malaysia-airlines-plane-was-shot-down-in-rebelcontrolled-ukraine-20140719-zuq2j.html [2] http://www.nytimes.com/2014/07/19/world/europe/malaysia-airlines-plane-ukraine.html?hp&action=click&pgtype=Homepage&version=BannerSubHedSumLargeMedia&module=a-lede-package-region®ion=lede-package&WT.nav=lede-package&_r=2 [3] http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Politik/d/5090800/merkel—sehr-viele-indizien–fuer-einen-abschuss.html [4] http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/nach-dem-flugzeugabschuss-merkel-fordert-von-putin-bemuehungen-um-waffenruhe-13053879.html [5] http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/nach-dem-flugzeugabschuss-merkel-fordert-von-putin-bemuehungen-um-waffenruhe-13053879.html; Einen Tag später zog die Ukraine-Hardlinerin Rebecca Harms, Co-Vorsitzende der Europäischen Grünen Fraktion im Europäischen Parlament, nach: „Ich glaube, man sollte jetzt wirklich als allererstes Russland dahin bringen, dass im Zweifelsfall auch mit Blauhelmen diese Grenze zwischen Russland und der Ukraine dicht gemacht wird. Wichtig für alle Diplomatie ist, man muss die Ukraine als Staat, man muss die ukrainische Regierung in diesem Versuchen, das zu lösen, auch weiter ernst nehmen.“ (http://www.deutschlandfunk.de/ukraine-konflikt-harms-fordert-einsatz-notfalls-mit.694.de.html?dram:article_id=292313) [6] http://www.spiegel.de/politik/ausland/mh17-absturz-an-der-grenze-ukraine-russland-wer-war-es-a-981666.html [7] http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/abschuss-von-mh-017-massenmord-ueber-der-ostukraine-13052563.html [8] http://www.sueddeutsche.de/politik/abgestuerzte-malaysia-airlines-maschine-das-monster-das-putin-schuf-1.2052424; Der SZ-Kollege Stefan Ullrich fordert die EU-Staaten ebenfalls zu weitreichenden Konsequenzen auf: „Sie könnten die ukrainischen Dramen zum Anlass nehmen, ihre Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu überdenken. Die Wehretats dürfen nicht länger sinken. Die EU-Staaten müssen wieder mehr für ihre Sicherheit ausgeben, zumal die USA immer widerwilliger dafür eintreten.“ (http://www.sueddeutsche.de/politik/weltordnung-nach-mh-der-krieg-ist-zurueck-1.2052526) Eine Zusammenstellung mit den übelsten journalistischen Entgleisungen findet sich etwa auf Telepolis: http://www.heise.de/tp/artikel/42/42317/1.html [9] Fragen zur Flugroute wirft u.a. Pepe Escobar auf: http://www.atimes.com/atimes/Central_Asia/CEN-01-190714.html [10] http://www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?dossierID=076#b [11] „Als Brutkastenlüge wird die Behauptung bezeichnet, irakische Soldaten hätten bei der Invasion Kuwaits im Jahr 1990 kuwaitische Frühgeborene getötet, indem sie sie aus ihren Brutkästen rissen und auf dem Boden sterben ließen. Sie hatte großen Einfluss auf die öffentliche Debatte über die Notwendigkeit eines militärischen Eingreifens zugunsten Kuwaits und wurde unter anderem vom damaligen US-Präsidenten George H. W. Bush und von Menschenrechtsorganisationen vielfach zitiert.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Brutkastenl%C3%BCge) [12]„Die Bilder von 40 Toten in Racak gingen kurz vor dem Kriegseintritt der Nato gegen Serbien um die Welt. Viele sahen in den Bilder den Beweis, dass die Serben planmäßig Albaner umbringen. Doch wie sich jetzt herausstellt, scheint es in Racak kein Massaker gegeben zu haben.” (http://www.spiegel.de/politik/ausland/kosovo-krieg-keine-beweise-fuer-massaker-von-racak-a-112775.html) [13] „Als Begründung für den Irakkrieg 2003 gab die angreifende ‚Koalition der Willigen‘ unter der Führung der USA vor allem eine akute Bedrohung durch Massenvernichtungsmittel seitens des irakischen Diktators Saddam Hussein an. Diese und weitere Begründungen waren vor dem Irakkrieg stark umstritten. Daher verweigerte der UN-Sicherheitsrat die Legitimation des Krieges durch ein UN-Mandat, so dass er völkerrechtlich als illegaler Angriffskrieg gilt. Die genannten Kriegsgründe sind historisch widerlegt und werden oft als absichtliche Irreführung der Weltöffentlichkeit bewertet, da im Irak weder Massenvernichtungsmittel noch Beweise akuter Angriffsabsichten gefunden wurden. Stattdessen wird angeführt, die USA habe durch den Krieg lediglich wirtschaftliche Interessen, insbesondere im Zusammenhang mit Erdöl verfolgt.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Begr%C3%BCndung_f%C3%BCr_den_Irakkrieg) [14] In der Antwort auf eine Anfrage der LINKEN wurde eingeräumt: „Der Bundesregierung liegen keine detaillierten Informationen über Angriffe der libyschen Luftwaffe auf Zivilisten vor.“ (http://www.sevimdagdelen.de/serveDocument.php?id=1038&file=b/2/257b.pdf) [15] http://www.spiegel.de/politik/ausland/verhandlungen-taliban-wollten-angeblich-bin-laden-loswerden-a-165012.html [16] Die Taliban stellten bestimmte Bedingungen, die aber alles andere als unerfüllbar gewesen wären – hätte ein ernsthaftes Interesse bestanden, den Krieg noch abzuwenden: „Itar-Tass berichtete ohne Quellenangaben aus Islambad, die Taliban verlangten, dass Bin Laden in einem neutralen Land der Prozess gemacht wird und dass die internationalen Strafmaßnahmen gegen Afghanistan aufgehoben werden. Eine weitere Bedingung sei, dass das Ausland keine Waffen mehr an die gegnerische Nord-Allianz liefere und sie auch sonst nicht länger unterstütze, meldete die Agentur.“ (http://www.welt.de/print-welt/article476568/Itar-Tass-Taliban-stellen-Bedingungen-fuer-Laden-Auslieferung.html) [17] http://www.imi-online.de/2013/09/17/syrien-un-giftgasbericht-als-interventionsvorwand/ [18] http://www.focus.de/tagesthema/unfaelle-poroschenko-nennt-flugzeugtragoedie-terroristischen-akt_id_3999948.html [19] https://www.freitag.de/autoren/hans-springstein/nachrichtenmosaik-ukraine-folge-35 [20] http://www.bild.de/ (18.07.2014 um 13h46) [21] http://www.t-online.de/nachrichten/specials/id_70299080/ukraine-flugzeug-mh17-offenbar-aus-versehen-abgeschossen.html [22] http://www.t-online.de/nachrichten/specials/id_70299080/ukraine-flugzeug-mh17-offenbar-aus-versehen-abgeschossen.html [23] http://www.t-online.de/nachrichten/specials/id_70299080/ukraine-flugzeug-mh17-offenbar-aus-versehen-abgeschossen.html [24] Russia Today, das natürlich interessiert ist, die Quelle zu diskreditieren, weist auf eine Reihe Ungereimtheiten der Telefonate hin: http://rt.com/news/173964-ukraine-malaysia-intercepted-calls/ [25] http://de.ria.ru/society/20140718/269044569.html [26] http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Politik/d/5090800/merkel—sehr-viele-indizien–fuer-einen-abschuss.html; Wörtlich sagte Jarema: „Die Militärs berichten, dass die Terroristen nicht unsere ‚Buk’-Raketen haben. Das heißt, dass unsere Militärtechnik in Gestalt der ‚Buk-‚ und S-300-Komplexe nicht in die Zonen der aktiven Handlungen der Antiterroroperation gelangt ist.“ (http://www.pravda.com.ua/articles/2014/07/18/7032354/) Der zweite Teil der Aussage widerspricht offensichtlich den russischen Aussagen, nachdem Buk-Systeme der ukrainischen Armee im Osten der Ukraine stationiert sein sollen. [27] http://www.wsj.de/article/SB10001424052702304058404580040994252695772.html [28] http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/malaysian-airlines-mh17-experten-glauben-an-abschuss-aus-versehen-durch-buk-a-981754.html [29] http://edition.cnn.com/2014/07/17/world/europe/malaysia-airlines-crash-missile/ [30] http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/ukrainischer-ministerpraesident-das-waren-profis-keine-betrunkenen-gorillas-13054293.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2 [31] http://www.wsj.de/article/SB10001424052702304058404580040994252695772.html [32] http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/malaysian-airlines-mh17-experten-glauben-an-abschuss-aus-versehen-durch-buk-a-981754.html [33] http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Jede-Terrorzelle-ist-in-der-Lage-sich-eine-Rakete-zu-beschaffen/story/20826450 [34] http://www.globalresearch.ca/malaysian-airlines-flight-mh17-downed-over-warzone-ukraine-who-was-behind-it-cui-bono/5391840

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